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Regelwerk, Arbeitsschutz, Arbeits- und Sozialrecht

Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 4301
"Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen* (einschließlich Rhinopathie),die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können"

Stand 1979
(BArbBl. 7/8/1979)


Zur Übersicht in Anlage 1 BKV

vgl. BGR 210 Regeln "Vermeidung von Atemwegserkrankungen in Backbetrieben"

I. Gefahrenquellen

Berufliche Allergene sind Arbeitsstoffe mit allergisierender Potenz. Sie kommen an den verschiedensten Arbeitsplätzen vor. Meist handelt es sich um einatembare Stoffe pflanzlicher oder tierischer Herkunft. Bekannte Gefahrenquellen sind beispielsweise die Exposition gegenüber folgenden Allergenen:

Pflanzliche Allergene
z.B. Staub von Mehl und Kleie aus Getreide, Stäube verschiedener Holzarten, Rizinusbohnenstaub, Rohkaffeebohnenstaub, Kakaobohnenstaub, Lykopodiumstaub, algenhaltige Aerosole, z.B. aus Luftbefeuchtungsgeräten, Schalenstaub und Saft der Zwiebeln von Narzissen und Tulpen, Futtermittelstaub wie von Luzerne, Staub von Jute, Kapok.

Tierische Allergene
z.B. Insektenstaub, Federnstaub, Haarstaub, Rohseidenstaub, Perlmutterstaub, Ascarisgeruchsstoffe.

Sonstige.Allergene
Daneben kommen zahlreiche weitere Arbeitsstoffe, z.B. auch Arzneimittel wie Antibiotika, Sulfonamide, Salvarsan, ferner auch Proteasen sowie p-Phenylendiamin (Ursol) als berufliche Inhalationsallergene in Betracht.

II. Pathophysiologie

Haupteintrittspforte beruflicher Inhalationsallergene in den Organismus ist das Atemorgan. In Abhängigkeit von der allergenen Potenz des Arbeitsstoffes sowie der Dauer, Häufigkeit und Konzentration des inhalativen Allergeneinstromes können disponierte Personen Antikörper, z.B. Immunglobulin E, bilden. Eine derartige substratspezifische Sensibilisierung führt nach erneutem inhalativem Kontakt zu einer Antigen-Antikörper-Reaktion.

Am Arbeitsplatz herrschen Allergien vom Sofortreaktionstyp (Typ 1 nach COOMBS u. GELL) vor. Hierbei kommt es zur Freisetzung verschiedener Mediatorsubstanzen. Sie üben speziell über bestimmte Rezeptoren des autonomen Nervensystems eine bronchokonstriktorische Wirkung aus. Als Leitsymptom resultiert die akut-intermittierende obstruktive Ventilationsstörung, vor allem infolge des funktionellen Bronchiolospasmus. Eine damit einhergehende akute Lungenüberblähung (akutes Volumen pulmonum auctum) wird beobachtet. Als Kennzeichen des Sofortreaktionstyps ist das klinische und pathophysiologische Erscheinungsbild in den ersten 60 Minuten nach inhalativer Auslösung des allergischen Schockfragments am stärksten ausgeprägt. Die allergisch verursachte akute obstruktive Atemwegserkrankung ist im Stadium ohne Sekundärkomplikationen in der Regel nach etwa 4 Stunden spontan, d. h. auch ohne Behandlung abgeklungen.

Seltener kommt ein verzögerter Reaktionstyp (Typ III) der obstruktiven Atemwegserkrankung vor. Die obstruktive Ventilationsstörung setzt meist 4 bis 36 Stunden nach der Allergeninhalation ein. Hierbei können präzipitierende Antikörper, z.B. Immunglobulin G, unter Bildung von Immunkomplexen bronchokonstriktorisch wirken. Der weitere Verlauf kann durch diffuse fibrotische Gewebsreaktion im Sinne einer "allergischen Alveolitis" gekennzeichnet sein.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die durch allergisierende Arbeitsstoffe verursachten obstruktiven Aternwegserkrankungen vom Soforttyp verlaufen häufig in drei Stadien:

Anfangsstadium

Es beginnt häufig mit Reizerscheinungen der Augenbindehäute und insbesondere im Bereich der Atemwege als allergische Rhinopathie. Kennzeichen sind: Augenbrennen, vor allem aber zahlreich aufeinanderfolgendes Niesen, wäßriges Nasensekret und Verlegung der Nasenatmung. Niessalven und Fließschnupfen folgen der Allergenexposition zeitlich unmittelbar und sind reproduzierbar. NasennebenhöhlenbeteWgung kommt vor.

Stadium ohne Sekundärkomplikationen

Anfallsartige Beschwerden in Form von Luftnot, Husten und z. T. Auswurf zeigen das Übergreifen der Erkrankung auf die tieferen Luftwege an.

Objektiv läßt sich eine akut-intermittierende obstruktive Ventilationsstörung, meist in Verbindung mit akuter Lungenüberblähung, nachweisen. Oft sind auch Atemnebengeräusche (Pfeifen, Giemen, Brummen) feststellbar. Der zeitliche Abstand zwischen Beginn der allergischen Rhinopathie und dem erstmaligen Auftreten des allergisch verursachten funktionellen Bronchiolospasmus ist individuell unterschiedlich. Es kommen Zeiträume in der Größenordnung von Tagen, aber auch von mehreren Jahren vor. Allergenkarenz führt in diesem Erkrankungsstadium noch zu Beschwerde- und Symptomfreiheit, z.B. an arbeitsfreien Wochenenden oder während des Urlaubs. Die vorgenannten Stadien sind bei Fortfall der Exposition im allgemeinen reversibel.

Stadium mit Sekundärkomplikationen .

Als Komplikation ist häufig die unspezifische bronchiale Hyperreagibilität anzutreffen. Anamnestisch wird hierbei angegeben, daß nach Beginn der Atemwegsallergie auch unspezifische inhalative Noxen, wie Bratdünste, Tabakrauch, Stäube ohne allergene Potenz, Kaltluft, Nebel usw. Atembeschwerden verursachen. Objektiv läßt sich im Inhalationstest eine in der Regel vorübergehende obstruktive Ventilationsstörung messen. Differentialdiagnostisch ist sie aufgrund der kürzeren zeitlichen Dauer, des geringeren Schweregrads und des andersartigen zeitlichen Verlaufs von der allergisch verursachten akut-intermittierenden obstruktiven Ventilationsstörung meist abzugrenzen.

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