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Regelwerk

BGI/GUV-I 504-23h / DGUV Information 240-238 - Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 23 "Obstruktive Atemwegserkrankungen, hier: Atemwegssensibilisierende Stoffe und Stoffgruppen"
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI/GUV-I)
(DGUV-I 250-426)

(Ausgabe 05/2009)



DGUV-Newsletter 10/2022:
"Folgende Publikationen des Ausschusses Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung wurden zurückgezogen:
DGUV Informationen 240-011 bis 240-460 "Handlungsanleitungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge"

Die "Handlungsanleitungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge" datierten im Wesentlichen aus den Jahren 2009 bis 2010, gaben eine Hilfestellung für die Bestimmung von Tätigkeiten, bei denen Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen sind, und lieferten Informationen zu den Fristen der Vorsorge. Sie enthielten außerdem Hinweise für die Gefährdungsbeurteilung.
Die Vorsorgeanlässe sind inzwischen durch die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge ( ArbMedVV) mit den konkretisierenden arbeitsmedizinischen Regeln ( AMR) geregelt.
Im Rahmen der Überarbeitung der "DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen" zur Neuauflage mit dem Titel "DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen" sind die zusätzlichen Inhalte der Handlungsanleitungen direkt in die jeweiligen DGUV Empfehlungen integriert worden, so dass der Bedarf für separate Handlungsanleitungen mit Veröffentlichung der "DGUV Empfehlungen" entfällt.
Die Fristen für die arbeitsmedizinische Vorsorge werden in der AMR Nr. 2.1 "Fristen für die Veranlassung / das Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorge (Bek. d. BMAS v. 10.05.2016 - IIIb1-36628-15/7) konkretisiert."


Vorbemerkungen

Die Untersuchungsanlässe für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen werden durch die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge ( ArbMedVV) vorgegeben (siehe hierzu auch BGI/GUV-I 504-23a-f).

Darüber hinaus enthält die TRBA/TRGS 406 "Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege" zu weiteren atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen Hinweise für die arbeitsmedizinische Vorsorge.

1 Rechtsvorschriften

Gemäß Punkt 7.1 Abs. 1 der TRBA/TRGS 406 hat der Arbeitgeber die atemwegssensibilisierende Wirkung von Arbeitsstoffen im Rahmen der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung unter Einbeziehung des Betriebsarztes und der arbeitsmedizinischen Betreuung von Beschäftigten, die Tätigkeiten mit diesen Stoffen ausüben, besonders zu beachten.

2 Arbeitsmedizinische Vorsorge

Im hier abgebildeten Anhang 2 der TRBA/TRGS 406 sind Stoffe bzw. Stoffgruppen mit arbeitsmedizinischer Relevanz, die bekanntermaßen zu Sensibilisierungen an den Atemwegen führen können, aufgelistet:

Anhang 2 der TRBA/TRGS 406:

Stoffe bzw. Stoffgruppen mit arbeitsmedizinischer Relevanz, die bekanntermaßen zu Sensibilisierungen an den Atemwegen führen können.

Der Anhang 2 ist unter präventiven arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten erstellt und stellt den aktuellen Erkenntnisstand dar. Bei der Erstellung wurden nach Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG mit "R42" oder "R42/43" eingestufte Stoffe oder entsprechend MAK- und BAT-Werte-Liste mit "Sa" oder "Sah" markierte Stoffe berücksichtigt. Stoffe mit geringer (beruflicher) Relevanz oder Stoffe bei denen die Datenlage trotz Kennzeichnung mit R42 oder R42/43 nicht eindeutig ist, sind nicht aufgeführt. Die TRGS 907 und die EG-Richtlinie 2000/54/EG wurden berücksichtigt. Begründungen für Bewertungen von Stoffen in der TRGS 907 sind unter:

http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/TRGS.html

zu finden. Es werden auch einige natürliche Stoffe und -gemische aufgeführt, die keiner Einstufungspflicht unterliegen, aber bei beruflichen Tätigkeiten zu Atemwegssensibilisierungen führen können.

Substanz / Stoff / Stoffgruppe in einatembarer Form (Aerosole, Dämpfe) Beispiele für das Vorkommen (Tätigkeit/Branche) Technische Regeln
Chemische Stoffe
Azodicarbonamid Kunststoffindustrie (Treibmittel)  
Beryllium1 Röntgenfensterherstellung, Flug- und Raumfahrt, Leuchtstoffröhrenherstellung und -entsorgung, Herstellung und Bearbeitung nicht funkenreißender Werkzeuge  
Chloramin T (Natriumsalz) Desinfektionsmittel  
Cobalt und seine Verbindungen Hartmetallherstellung und -bearbeitung, Glas, Keramik- und Emailleindustrie  
Dicarbonsäureanhydride wie
  • Hexahydrophthalsäureanhydrid
  • Maleinsäureanhydrid
  • Methyltetrahydrophthalsäureanhydrid
  • Phthalsäureanhydrid
  • Pyromellitsäureanhydrid
  • Tetrachlorphthalsäureanhydrid
  • Tetrahydrophthalsäureanhydrid
  • Trimellitsäureanhydrid
Verarbeitung von anhydridhaltigen (heiß härtenden) Epoxidharz-Systemen, Elektro- und Elektronikindustrie  
Enzyme wie
  • Bromelain
  • Cellulasen
  • Hemicellulasen
  • Papain
  • Pepsin
  • Subtilisine
Nahrungsmittel-, Futtermittel-, Arzneimittel und Waschmittelindustrie, Bäckereien, Landwirtschaft  
Ethylendiamin (1,2-Diaminoethan) Kunstharzherstellung (Diaminhärter)  
Glutardialdehyd Desinfektionsmittel, Fixiermittel (Pathologie)  
Isocyanate wie
  • Diisocyanattoluol (Toluylendiisocyanat, TDI)
  • Diphenylmethan-Diisocyanat (Methylendiphenylisocyanat, MDI)
  • Hexamethylen-Diisocyanat (HDI)
  • Dicyclohexylmethan-4,4'-Diisocyanat (HMDI)
  • Naphthylen-Diisocyanat (NDI)
  • Isophoron-Diisocyanat (IPDI)
Polyurethanherstellung und -verarbeitung, Herstellung und Verarbeitung von PUR-Schäumen und -Formteilen, PUR-Klebstoffe, Bergbau, Baugewerbe, Coldbox-Verfahren in Gießereien, Oberflächenbeschichtung (detaillierte Hinweise in der TRGS 430)
  • TRGS 430 "Isocyanate"
Nickel und seine Verbindungen Galvanik (Vernickeln), Verwendung nickelhaltiger Schweißzusätze  
Persulfate wie
  • Alkalipersulfate
  • Diammoniumperoxodisulfat
Herstellung und Verwendung (Friseure) von Blondiermitteln
  • TRGS 530
    "Friseurhandwerk"
Piperazin Pharmazeutische Industrie  
Platinverbindungen (vor allem Chloroplatinate) Katalysatorherstellung, Platinscheidereien  
Pflanzliche Stoffe
Getreide und Futtermittel (verschiedene) Landwirtschaftliche Berufe, Transport und Lagerung, Getreidemühlen
  • TRBa 230 "Landwirtschaftliche Nutztierhaltung"
  • TRGS 907 und Begründungen
Hölzer (verschiedene, insbesondere Rotzeder (Thuja plicata), Abachi (Triplochiton scleroxylon), Limba (Terminalia superba)) Holzver- und -bearbeitung
  • TRGS 553 "Holzstaub"
  • TRGS 907 und Begründungen
Mehl
(Weizenmehl, Roggenmehl u.a.)
Bäckereien, Konditoreien, Getreidemühlen
  • TRGS 907 und Begründungen
Naturgummilatex Tätigkeiten, bei denen latexhaltige Schutzhandschuhe getragen werden (z.B. Heil- und Pflegeberufe, Lebensmittelindustrie, Einzelhandel, Raumpflege), Herstellung von Latexprodukten
  • TRGS 907 und Begründungen
Zier- und Nutzpflanzen (bzw. Teile davon), insbesondere
  • Blumen, Obst, Gemüse; auch Pollen
  • Sojabohneninhaltsstoffe
  • Rizinusproteine
  • Gewürze und Kräuter, auch Pollen
  • Tee
  • Kaffeebohnen (unbehandelt und geröstet)
  • Unkräuter, z.B. Beifuß, Ambrosia
Gärtnereien, Einzelhandel (z.B. Floristen), Transport und Lagerung, Verpackung, Futter- und Lebensmittelherstellung und -verarbeitung, Landwirtschaft, Forschung
  • TRGS 907 und Begründungen
Tierische Stoffe
Haare, Borsten, Federn, Horn, Kot, Urin Land- und Forstwirtschaft, Tierversuchslaboratorien, Tierpflege, Veterinärwesen, Tierverarbeitung
  • TRBa 230 "Landwirtschaftliche Nutztierhaltung"
  • TRBa 120 "Versuchstierhaltung"
  • TRGS 907 und Begründungen
Fische und Schalentiere Verarbeitung und -zubereitung, Futtermittelherstellung  
Milben
(Vorrats-, Hausstaub-, Spinnmilben)
Landwirtschaft, Gärtnereien, Tierpflege, Transport und Lagerung von Naturstoffen
  • TRGS 907 und Begründungen
Zuckmückenlarven Zoofachhandel, Fischfutterindustrie, Fischzucht
  • TRGS 907 und Begründungen
Biologische Arbeitsstoffe2
Bakterien wie z.B.
  • Thermoactinomyces vulgaris
    Saccharopolyspora rectivirgula (= Micropolyspora faeni)
  • Landwirtschaft/Gartenbau3
  • TRBa 230 "Landwirtschaftliche Nutztierhaltung"
Schimmelpilze wie
  • Aspergillus spp.
  • Penicillium spp.
  • Cladosporium spp.
  • Alternaria spp.
  • Archive / Bibliotheken / Museen
  • TRBa 240 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit mikrobiell kontaminiertem Archivgut"
  • Abfallwirtschaft
  • TRBa 212 "Thermische Abfallbehandlung: Schutzmaßnahmen"
  • TRBa 213 "Abfallsammlung: Schutzmaßnahmen"
  • TRBa 214 "Abfallbehandlungsanlagen einschließlich Sortieranlagen in der Abfallwirtschaft"
  • Forschungslaboratorien
TRBa 100 "Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien"
  • Raumlufttechnische (RLT) Anlagen
  • Holzwirtschaft
  • Papierherstellung
  • Lebensmittelindustrie
  • Bodensanierung
  • Transport und Lagerung
  • Gebäudesanierung
  • Spanabhebende Metallverarbeitung
  • TRGS 907 und Begründungen
Sonstige Stoffe
Antibiotika wie einige
  • Cephalosporine
  • Gyrasehemmer
  • Makrolide
  • Penicilline
  • Tetracycline
Pharmazeutische Industrie, Heil- und Pflegeberufe  
1) Im Unterschied zu den meisten anderen bekannten allergischen Reaktionen an den Atemwegen, beruht die durch Beryllium hervorgerufene Reaktion sehr wahrscheinlich auf einer zellvermittelten immunologischen Reaktion vom Spättyp.

2) In Anhang III der EG-Richtlinie 2000/54/EG sind folgende Pilze mit "a - mögliche allergene Wirkungen" gekennzeichnet: Aspergillus fumigatus, Candida albicans, Coccidioides immitis, Cryptococcus neoformans, Epidermophyton floccosum, Microsporum spp., Penicilium marneffei

3) Tätigkeiten (nicht abschließend), die in den entsprechenden Arbeitsbereichen/Branchen zu einer Sensibilisierung gegenüber biologischen Arbeitstoffen führen können:

  • Landwirtschaft/Gartenbau: Tätigkeiten mit mikrobiell befallenem Gut
  • Archive/Bibliotheken/Museen: Tätigkeiten mit mikrobiell befallenem Gut, Restaurierung, Entstauben und Reinigen der Bestände
  • Abfallwirtschaft: Abfallsortierung, Kompostierung, mechanisch-biologische Abfallbehandlung, thermische Müllverbrennungsanlagen, Straßenreinigung, Abfallsammlung
  • Forschungslaboratorien: Gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit Pilzen oder Bakterien (v.a. Actinomyceten) (Forschungsarbeiten, Untersuchung von Proben)
  • Raumlufttechnische (RLT) Anlagen: Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an/in RLT-Anlagen (s. VDI-Richtlinie 6022 "Hygiene-Anforderungen an Raumlufttechnische Anlagen und Geräte")
  • Spanabhebende Metallverarbeitung: Tätigkeiten mit keimbelasteten wassergemischten Kühlschmierstoffen
  • Holzwirtschaft: Arbeitsplätze mit Anfall oder Verarbeitung von Baumrinden, Sägespänen, Lagerung, Transport und Verarbeitung von verschimmeltem Holz
  • Papierherstellung: Erzeugung von Holzschnitzeln bei der Zellstoffherstellung
  • Lebensmittelindustrie: Käseerzeugung, -reifung und -verpackung (Waschen von Käselaiben, auch gezielter Einsatz von Edelschimmelkulturen), Entfernen von Schimmel auf geräucherten bzw. luftgetrockneten Fleischwaren
  • Bodensanierung: Eintrag organischer Substanzen (Rindenmulch, Stroh, Kompost), Transport/Umlagerung von Bodenmaterial (siehe auch BGI 583 "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung (BioStoffV) - Tätigkeiten mit Boden sowie bei Grundwasser- und Bodensanierungsarbeiten", Stand: April 2009)
  • Transport und Lagerung: Verschimmeltes Transportgut und verschimmelte Rohmaterialien
  • Gebäudesanierung: Sanierung schimmelpilzbefallener bzw. taubenkotverunreinigter Gebäude, siehe auch BG-Information "Handlungsanleitung Gesundheitsgefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung" (BGI 858).

3 Bemerkungen

Zusätzliche Aussagen über Stoffeigenschaften und Gesundheitsgefahren sowie Sicherheitshinweise sind z.B. in folgenden Vorschriften, Regelungen und Schriften enthalten:

Verordnung zur arbeitsmedizischen Vorsorge ( ArbMedVV)

Gefahrstoffverordnung ( GefStoffV)

Technische Regeln für Gefahrstoffe, insbesondere

Berufskrankheitenverordnung ( BKV)

§ 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), Nr. 4301 der Anlage der Berufskrankheitenverordnung (BKV): "Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können".

ENDE