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Regelwerk; BGI / DGUV-I

BGI 755 / DGUV Information 203-013 - Sicherer Betrieb von Niederspannungs- Innenraumschaltungen ISa 2000
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI)
(bisher ZH 1/50)

(Ausgabe 01/1995)



Zurückgezogen, nur zur Information

Vorbemerkung

An Niederspannungs-Innenraumschaltanlagen vom Typ ISa 2000, die in großer Anzahl betrieben werden, bestehen z.T. erhebliche sicherheitstechnische Mängel.

Ergänzend zu den bereits eingeleiteten Maßnahmen /1/ und den veränderten gesetzlichen Bestimmungen werden den Betreibern Möglichkeiten zur Abwendung der Gefährdungen aufgezeigt.

Eine Änderung von bestehenden Anlagen kann nach § 61a der Unfallverhütungsvorschrift "Allgemeine Vorschriften" (BGV A1) von den Berufsgenossenschaften verlangt werden, wenn vermeidbare Gefahren für Leben oder Gesundheit zu befürchten sind.

1 Anwendungsbereich

Diese Regeln gelten für Niederspannungs-Innenraumschaltanlagen ISa 2000. Sie enthalten Maßnahmen, die die Sicherheit beim Bedienen und Arbeiten an diesen Anlagen gewährleisten.

2 Gefährdungen an ISa 2000-Anlagen

Beim Betrieb von ISa 2000-Anlagen bestehen wegen der mangelhaften Konstruktion, insbesondere der Einschubtechnik und dem unzureichenden Berührungsschutz folgende Gefährdungen:

In Anlagen über 500V Nennspannung bestehen außerdem Gefährdungen durch das Versagen von Leistungsschaltern.

Besonders hoch ist die Gefährdung aufgrund der hohen Energiedichte in Schaltfeldern (SF) und Schaltgerüsten (SG), insbesondere wenn keine Gruppensicherungen vorhanden sind.

Bei der Bewertung der Gefährdungen sind der Zustand, das Baujahr, die Varianten der Feldtypen und ggf. vom Betreiber bereits realisierte Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit zu berücksichtigen.

3 Schutzmaßnahmen

3.1 Organisatorische Maßnahmen

3.1.1 Allgemeine Anforderungen

Das Bedienen von und das Arbeiten an den ISa 2000-Anlagen hat entweder im spannungsfreien Zustand oder mit persönlicher Schutzausrüstung zu erfolgen, soweit die bestehenden Gefährdungen nicht durch Nachrüstung beseitigt sind.

Die Entscheidung, ob der spannungsfreie Zustand hergestellt werden muss oder ob persönliche Schutzausrüstung ausreichenden Schutz bietet, hängt von der Dauer und der Größe des fließenden Stromes des zu erwartenden Störlichtbogens ab.

Die Lichtbogendauer ergibt sich aus der Gesamtausschaltzeit tag des vorgeordneten Kurzschlussauslösers oder einer Sicherung.

Der im Störlichtbogen fließende Kurzschlussstrom ILB ergibt sich aus dem dreipoligen metallischen Anfangs- Kurzschlusswechselstrom IK" und dem Strombegrenzungsfaktor kB des Lichtbogens. /2/

IKLB = kB * IK"

IK" dreipoliger Anfangs-Kurzschlusswechselstrom (siehe DIN VDE 0102)
kB Minderungsfaktor des Lichtbogenstromes (übliche Werte: 0,6< kB< 0,9)

Die Ermittlung der kB- Werte ist sehr aufwendig. Deshalb werden die IK" -Werte zugrunde gelegt. / 1 /

Zur Orientierung sind für 400 V-Anlagen die zu erwartenden maximalen dreipoligen Anfangskurzschlusswechselströme angegeben. Dabei gelten folgende Annahmen:

  1. Die Impedanz des einspeisenden Mittelspannungsnetzes bleibt bei hoher Kurzschlussleistung (SK" > 175 MVA) unberücksichtigt.
  2. Die Kurzschlussspannung des einspeisenden Trafos beträgt 6%.
  3. Der ohmsche Spannungsfall des einspeisenden Trafos beträgt 1%.
Trafoleistung [KVA] 630 1000 1600
IK`` [kA] an den US-Klemmen des Trafos 15,2 24,0 37,5
IK`` [kA] im Einspeisefeld einer SL-Station 14,7 23,3 36,4
IK`` [kA] im Einspeisefeld einer Trafostation bei 10 m Schienenführung vom Trafo 14,1 22,3 34,9


Bei der Ermittlung des tatsächlichen Anfangskurzschlusswechselstromes IK" ist die Impedanz des einspeisenden Mittelspannungsnetzes zu berücksichtigen. Gegebenenfalls sollte das zuständige Energieversorgungsunternehmen konsultiert werden.

Die Gesamtausschaltzeit tag ist aus der Anlagendokumentation zu entnehmen oder zu bestimmen, z.B. aus dem Auslösediagramm einer Sicherung oder durch Messen der Auslösezeit am Leistungsschalter.

Mit den so ermittelten Werten kann anhand der Kennlinie im Bild 1 die Entscheidung getroffen werden, ob persönliche Schutzausrüstung ausreichenden Schutz gewährleistet oder ob der freigeschaltete und gesicherte Zustand erforderlich ist.

Im Bereich (1) ist der Schutz durch persönliche Schutzausrüstung ausreichend. Liegen die Werte im Bereich (2), ist Freischalten erforderlich.

Abb. 1: Strom-Zeit Kennlinie zur Beurteilung der Schutzmaßnahmen [1] s. Anhang 1

3.1.2 Persönliche Schutzausrüstung

Mit mindestens folgender normgerechter persönlicher Schutzausrüstung (DIN VDE 0680 T 1) kann die erforderliche Schutzwirkung im Bereich (1) erreicht werden:

3.1.3 Betriebsanweisung

Für jede Anlage ist eine Betriebsanweisung zu erstellen. Es ist festzulegen, ob persönliche Schutzausrüstung benutzt werden darf oder freigeschaltet werden muss.

Bei der Aufstellung der Betriebsanweisung ist zu berücksichtigen, dass das Anwenden der Fünf Sicherheitsregeln das höchste Maß an Sicherheit gewährleistet.

Für Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile sind alle Arbeitsschritte festzulegen. Wegen der engen Bauweise der ISa 2000-Anlagen ist der Schutz durch Abstand nicht möglich. In jedem Fall sind daher unter Spannung stehende Teile in der Nähe abzudecken.

Unter Spannung stehende NH-Sicherungen sind auch im lastfreien Zustand mit Sicherungsaufsteckgriff mit Stulpe und Gesichtsschutzschirm zu wechseln.

Das Arbeiten unter Spannung gemäß der Unfallverhütungsvorschrift "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" (BGV A3) § 8 Nr. 2 aus zwingenden Gründen ist unzulässig.

Weitere organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung von Gefährdungen sind ausgehend von den betrieblichen Verhältnissen in Festlegungen

Führen Fremdfirmen Tätigkeiten an ISa 2000-Anlagen aus, so müssen die Festlegungen der Betriebsanweisung auch von diesen eingehalten werden.

3.1.4 Unterweisung

Die Beschäftigten sind vor erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit und danach mindestens jährlich über die besonderen Gefahren beim Betrieb von ISa 2000-Anlagen und über die besonderen Festlegungen dieser Regeln zu unterweisen.

3.2 Technische Maßnahmen

Durch geeignete technische Maßnahmen müssen die ISa 2000-Anlagen ertüchtigt werden, dass beim Bedienen und Arbeiten eine Personengefährdung durch Körperdurchströmung oder Lichtbogenbildung weitgehend ausgeschlossen ist.

Folgende technische Verbesserungen an den Anlagen sind vorzunehmen, damit die Gefahr durch Störlichtbogen verringert und der Berührungsschutz verbessert wird:

  1. Gewährleistung des teilweisen Schutzes gegen direktes Berühren nach DIN VDE 0106 T 100 an elektrischen Betriebsmitteln auf der Türinnenseite.
  2. Nachrüstung der Einschubtechnik mit entsprechenden Vorrichtungen zur Vermeidung von Potentialbrücken:
  3. Vermeidung des Verfahrens von Leistungsschaltereinschüben unter Last durch Verriegelungen.
  4. Gewährleistung des teilweisen Schutzes gegen direktes Berühren nach DIN VDE 0106 T 100.
  5. Austausch einpoliger NH-Sicherungen ohne Berührungsschutz gegen mehrpolige Sicherungstrennschalter bzw. Sicherungslasttrennschalter oder Nachrüstung von geeigneten isolierenden Trennplatten zwischen NH-Sicherungen unterschiedlichen Potentials.

Beispiele für die Nachrüstung der Punkte 1 - 5 enthält Anhang 2.

Weitere technische Maßnahmen können sich aus der Anlagenspezifik ergeben.

Dies kann Forderungen nach Schottungen, Austausch von Schaltgeräten und andere Maßnahmen ergeben.

An den Anlagen ISa 2000-EV in den Netzen der öffentlichen Energieversorgung kann die Ertüchtigung auf den Punkt 4 im Bereich des Einspeiseschalters beschränkt werden.

Eine Verringerung der Gefährdung durch Störlichtbögen kann zusätzlich durch eine Verkürzung der Lichtbogenbrenndauer erreicht werden. Hierbei sollten Abschaltzeiten unter 100 ms angestrebt werden.

4 Zeitpunkt der Anwendung

Die Festlegungen des Abschnittes 3.1 organisatorische Maßnahmen sind anzuwenden ab 01.09.1995.

Für die technischen Maßnahmen des Abschnittes 3.2 gelten folgende Übergangsfristen:

sofern nicht Bestimmungen dieser Regeln nach geltender Rechtsnorm oder als allgemein anerkannte Regeln der Technik bereits zu beachten sind.

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Literatur

 

/1/ Montage-, Bedienungs- und Wartungsvorschrift ISA-2000SF, -SG, -SK, -SS Nr. 13-990.00/00.41.00 09-4 Magdeburg: VEB Starkstrom-Anlagenbau Magdeburg, 1980
/2/ Projektierungsvorschrift Kurzschlussströme in Drehstrom-Anlagen Teil 6: Berücksichtigung von Störlichtbögen in Anlagen bis 1000V Ordnungs- Nr. 1.8/2.87 Berlin: VEB Kombinat Automatisierungsanlagenbau, 1987

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Strom-Zeit-Kennlinie zur Beurteilung der Schutzmaßnahmen Anhang 1


 

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Beispiele für Anpassung von ISa 2000-Anlagen Anhang 2


Abb. 1: SF-Feld mit festeingebauten Schaltgeräten und nachgerüsteten Berührungsschutzabdeckungen

Abb. 2: SF-Einspeisungsfeld mit modernem Leistungsschalter mit sicherer Einschubtechnik

Abb. 3 + 4: SF-Abgangsfelder mit nachgerüsteten Berührungsschutzabdeckungen

Abb. 4:

Abb. 5: Isoliersstege an Einschubkontakten zur Vermeidung von Potentialbrücken beim Betätigen

Abb. 6: SG-Feld mit Sicherungs-Lasttrennschalter und nachgerüsteten Berührungschutzabdeckungen

Abb. 7: SG-Feld mit neukonstruierten sicheren Einschüben


ENDE

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