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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I

DGUV Information 200-005 / BGI/GUV-I 8686 - Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen
Berufsgenossenschaftliche Information für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI/GUV-I)

- Dr. Joachim Dreyer, Albert Först, Wolfgang Pechoc, Thomas Seifert, René Stieper -

(Ausgabe 06/2010; 04/2012aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung
(neue Nummer DGUV Information 209-093)

Archiv 06/2010

Vorwort

Der zunehmende Einsatz von Spannungen oberhalb von 30 V AC und 60 V DC in der Fahrzeugtechnik durch Brennstoffzelle, Hybridtechnik, Elektrofahrzeuge führt zu einer elektrischen Gefährdung durch Körperdurchströmung und Lichtbogen bei Arbeiten an Fahrzeugen. Dadurch ergibt sich für den Unternehmer die Verantwortung, seine Mitarbeiter so weiterzubilden, dass sie in der Lage sind, anfallende elektrotechnische Arbeiten zu beurteilen, mögliche Gefährdungen zu erkennen und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten.

Diese Information enthält für den Unternehmer/Vorgesetzten Hinweise, wie auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung (Mustergefährdungsbeurteilung im Anhang 1) die elektrischen Gefährdungen ermittelt werden (roter Reiter) und der notwendige Qualifizierungsbedarf für Arbeiten in

An- und Aufbaugeräte nach Maschinenrichtlinie an und auf Fahrzeugen wie Aufbauten von Abfallsammelfahrzeugen, Anbaukrane werden nicht von dieser Schrift berücksichtigt.

I. Anwendungsbereich

Diese Information findet Anwendung auf die Qualifizierung von Personen, die Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvolt-Systemen und deren Komponenten ausführen.

Die Information enthält für den Unternehmer/Vorgesetzten Hinweise, wie auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung die elektrischen Gefährdungen ermittelt werden und der notwendige Qualifizierungsbedarf für Arbeiten

bestimmt werden kann.

Sie findet keine Anwendung auf die Qualifizierung für elektrotechnische Arbeiten an spurgeführten Fahrzeugen sowie an Auf- und Anbaugeräten, die unter den Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen.

Für elektrotechnische Arbeiten an anderen Fahrzeugen, z.B. Sportbooten, kann diese Information sinngemäß angewendet werden.

II. Begriffsbestimmungen

1. Elektrofachkraft

ist, wer aufgrund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Normen die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann.

2. Verantwortliche Elektrofachkraft

ist, wer als Elektrofachkraft die Fach- und Aufsichtsverantwortung übernimmt und vom Unternehmer dafür beauftragt ist. Die verantwortliche Elektrofachkraft darf bezüglich der Einhaltung der elektrotechnischen Sicherheitsfestlegungen im zugewiesenen Arbeitsgebiet keiner Weisung von Personen unterliegen, wenn diese nicht als verantwortliche Elektrofachkraft gelten.

3. Leitung und Aufsicht

umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, damit Arbeiten an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln von Mitarbeitern, die nicht die Kenntnisse und Erfahrungen einer Elektrofachkraft haben, sachgerecht und sicher durchgeführt werden können. Leitung und Aufsicht für elektrotechnische Arbeiten kann nur durch eine Elektrofachkraft wahrgenommen werden.

4. Elektrotechnisch unterwiesene Person

ist, wer durch eine Elektrofachkraft über die ihr übertragenen Aufgaben und die möglichen Gefahren bei unsachgemäßem Verhalten unterrichtet und erforderlichenfalls angelernt sowie über die notwendigen Schutzeinrichtungen und Schutzmaßnahmen unterwiesen wurde.

5. Betrieb elektrischer Anlagen

umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, damit eine elektrische Anlage funktionieren kann, z.B. Schalten, Regeln, Überwachen, Instandhalten - einschließlich Prüfen und Warten - sowie elektrotechnische und nichtelektrotechnische Arbeiten.

6. Bedienen

ist Teil des Betriebes und umfasst das Beobachten, Steuern, Regeln und Schalten der elektrischen Einrichtung.

7. Arbeiten

ist jede Form elektrotechnischer oder nichtelektrotechnischer Tätigkeiten, bei der die Möglichkeit einer elektrischen Gefährdung besteht.

8. Elektrotechnische Arbeiten

sind Arbeiten an oder mit elektrischen Anlagen oder in deren Gefährdungsbereich, z.B. Erproben und Messen, Instandsetzen, Auswechseln, Ändern, Erweitern, Errichten und Prüfen.

9. Hochvolt (HV)

umfasst Spannungen > 60 V und< 1500 V Gleichspannung (DC) oder > 30 V und< 1000 V Wechselspannung (AC) in der Fahrzeugtechnik, insbesondere bei Hybrid- und Brennstoffzellentechnologie sowie Elektrofahrzeugen.

10. Elektrische Gefährdungen

bei Arbeiten am HV-System liegen vor, wenn die Spannung zwischen den aktiven Teilen größer als 25 V AC oder 60 V DC ist und der Kurzschlussstrom an der Arbeitsstelle den Wert von 3 ma AC oder 12 ma DC übersteigt oder die Energie mehr als 350 mJ beträgt.

11. Arbeiten unter Spannung am HV-System

im Sinne dieser Information ist jede Arbeit am HV-System, bei der ein Mitarbeiter mit Körperteilen oder Gegenständen (Werkzeuge, Geräte, Ausrüstungen oder Vorrichtungen) unter Spannung stehende Teile berührt, oder sind Arbeiten, bei denen der spannungsfreie Zustand nicht sichergestellt ist.

12. HV-eigensicheres Fahrzeug

bedeutet, dass durch technische Maßnahmen am Fahrzeug ein vollständiger Berührungs- und Lichtbogenschutz gegenüber dem HV-System gewährleistet ist.
Dies wird insbesondere erreicht durch:

13. SoP (Start of Production)

steht für den Beginn der Serienproduktion von Fahrzeugen; d. h. die Montage erfolgt nach standardisierten Arbeitsverfahren. Die Entwicklungsphase, die Prototyp- oder Vorserienfertigung ist zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen.

14. Fahrzeuge

sind Landfahrzeuge, die betriebsmäßig durch Maschinenkraft bewegt oder gezogen werden.

Landfahrzeuge sind z.B. Personen- und Lastkraftwagen, Omnibusse, Anhängefahrzeuge, landwirtschaftliche Maschinen, Bagger, Lader, gleislose Erdbaugeräte, Mobilkrane, Flurförderzeuge, Bodengeräte der Luftfahrt wie Schleppgeräte, Transportgeräte, Luftfahrzeugbe- und -entladegeräte, Ver- und Entsorgungsgeräte, Zweiräder.

15. UE (Unterrichtseinheit)

entspricht einer Zeitdauer von 45 Minuten.

III. Elektrische Gefährdungen durch Hochvolt im Fahrzeug

1. Elektrotechnische Arbeiten an Hochvolt-Systemen von Fahrzeugen

Mit elektrotechnischen Arbeiten darf erst begonnen werden, wenn Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag, Kurzschlüsse und Störlichtbögen durchgeführt sind. Nähere Ausführungen zu den Gefahren durch elektrischen Strom können der Information "Elektrofachkräfte" (BGI 548) entnommen werden.

An unter Spannung stehenden aktiven Teilen elektrischer Anlagen und Betriebsmitteln darf im Regelfall nicht gearbeitet werden. Daher ist vor Beginn der Arbeiten der spannungsfreie Zustand herzustellen und für die Dauer der Arbeiten sicherzustellen.

Dies geschieht durch Einhaltung der fünf Sicherheitsregeln.

Fünf Sicherheitsregeln

Vor Beginn der Arbeiten

Diese fünf Regeln für sicheres Arbeiten sind lebenswichtig. Im Allgemeinen sind sie in der angegebenen Reihenfolge einzuhalten.

Die fünf Sicherheitsregeln gelten grundsätzlich für Starkstromanlagen, unabhängig von der Spannungshöhe. Es bestehen für Anlagen mit Nennspannungen bis 1000 V einige Erleichterungen. Bei Arbeiten am HV-System müssen die ersten drei Regeln angewandt werden. Ob weiterhin die vierte und fünfte Regel angewendet werden müssen, ist im Einzelfall festzulegen.

Im Einzelnen lassen sich die Forderungen der fünf Sicherheitsregeln an Fahrzeugen mit HV-Systemen beispielsweise folgendermaßen umsetzen (in Abhängigkeit vom jeweiligen Hersteller):

Regel 1: Freischalten

Bild 1: Servicestecker

Regel 2: Gegen Wiedereinschalten sichern

Bild 2: Beispiele für das Sichern gegen Wiedereinschalten

Regel 3: Spannungsfreiheit feststellen

Selbst bei abgeschalteter HV-Spannung können noch Restladungen (z.B. Zwischenkreisspannung) vorhanden sein.

Bild 3: Spannungsfreiheit feststellen


Daher ist vor Beginn der Arbeiten immer die Spannungsfreiheit des HV-Systems festzustellen!

Das Feststellen der Spannungsfreiheit darf nach Unfallverhütungsvorschrift "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" (BGV/GUV-V A3) nur eine Elektrofachkraft oder eine elektrotechnisch unterwiesene Person vornehmen. Zum Feststellen der Spannungsfreiheit sind die Vorgaben des Fahrzeugherstellers zu beachten.

Es sind geeignete Spannungsprüfer oder herstellerspezifische Prüfvorrichtungen zu verwenden. Geeignet sind Prüfeinrichtungen insbesondere, wenn sie von einer Prüfstelle entsprechend der notwendigen Kriterien geprüft und ihre Eignung festgestellt wurde. Vielfachmessgeräte haben an energiereichen Anlagenteilen zu hohem Unfallgeschehen geführt. Deshalb sind sie nicht geeignet.

Sonstige ortsveränderliche Messgeräte sind zum Feststellen der Spannungsfreiheit geeignet, wenn sie auch den Bestimmungen für Spannungsprüfer nach DIN VDE 0682-401 "Spannungsprüfer Teil 3: Zweipoliger Spannungsprüfer für Niederspannungsnetze" entsprechen. Bei der Verwendung handelsüblicher Spannungsprüfer ist darauf zu achten, dass diese für die zu messende Spannungsart und -höhe geeignet sind und einwandfrei funktionieren. Die einwandfreie Funktion muss vor dem Feststellen der Spannungsfreiheit überprüft werden. Die Spannungsfreiheit muss an allen leitfähigen Teilen, die unter Spannung stehen könnten, nachgewiesen werden. Bis zum Nachweis der Spannungsfreiheit gilt das System als unter Spannung stehend.

Beendigung der Arbeiten

Nach Abschluss der Arbeiten werden die Sicherheitsregeln wieder aufgehoben. Zunächst sind alle Werkzeuge, Hilfsmittel und sonstige Geräte von der Arbeitsstelle und aus dem Gefahrenbereich zu entfernen. Vor Beginn der Arbeiten demontierte Schutzverkleidungen sind wieder ordnungsgemäß anzubringen und Warnhinweise zu entfernen.

2. Verantwortung

Die fachlichen Anforderungen an Personen, die elektrotechnische Arbeiten ausführen, werden in verschiedenen Vorschriften und VDE-Bestimmungen festgelegt, insbesondere in:

- Arbeitsschutzgesetz
- Unfallverhütungsvorschrift "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" (BGV/GUV-V A3)
- DIN VDE 0105-100 "Betrieb von elektrischen Anlagen"
- DIN VDE 1000-10 "Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen"

Unternehmer/ Vorgesetzte

Die erste und oberste Pflicht zur Unfallverhütung im Betrieb liegt immer beim Unternehmer. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur von einer Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft den elektrotechnischen Regeln entsprechend errichtet, geändert und instand gehalten werden.

Der Unternehmer ist verantwortlich für:

Zu den Unternehmerpflichten zählen beispielsweise:

Bestimmte Unternehmerpflichten können auf betriebliche Vorgesetzte übertragen werden. Dies kann durch Einzelauftrag oder arbeitsplatzbezogen, z.B. durch Stellenbeschreibung, erfolgen.

Vorgesetzte können demnach verantwortlich sein für:

Jeder Vorgesetzte muss sich vergewissern, dass sein Mitarbeiter für die vorgesehenen Tätigkeiten u. a.

besitzt.

Die Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1) führt dazu im § 7 "Befähigung für Tätigkeiten" Folgendes aus:

(1) Bei der Übertragung von Aufgaben auf Versicherte hat der Unternehmer je nach Art der Tätigkeiten zu berücksichtigen, ob die Versicherten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten.

(2) Der Unternehmer darf Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.

Zum Nachweis der Befähigung kann der Unternehmer berufliche Qualifikationen, bereits gesammelte Berufspraxis und Erfahrungswerte (Zeugnisse etc.), Sachkunde und besondere Einweisung und Unterweisung heranziehen. Jedem Mitarbeiter muss außerdem genügend Einarbeitungszeit unter Beobachtung des Vorgesetzten eingeräumt werden, um die Befähigung nachzuweisen. Des Weiteren muss in regelmäßigen Abständen die Aktualität der Befähigung überprüft werden.

Für elektrotechnische Arbeiten an HV-Systemen ist es notwendig, den Mitarbeitern die theoretischen elektrotechnischen Grundlagen zu vermitteln und sie mit den praktischen Fertigkeiten im Umgang mit den jeweiligen HV-Komponenten, Werkzeugen und Hilfsmitteln vertraut zu machen.

Bild 4: Beispiel für die Vermittlung praktischer Fertigkeiten im Umgang mit den HV-Systemen

Die notwendige Qualifizierung der Mitarbeiter muss von Personen durchgeführt werden, welche das notwendige Wissen auf dem zu vermittelnden Arbeitsgebiet, didaktisches Können sowie Erfahrungen in der Erwachsenenbildung haben. Bei der Qualifizierung müssen geeignete Schulungsunterlagen zur Verfügung gestellt und praxisgerechte Übungen durchgeführt werden. Die erfolgreiche Teilnahme ist durch den Ausbildungsträger nachvollziehbar unter Angabe der vermittelten Inhalte zu dokumentieren.

Der Unternehmer/Vorgesetzte muss sicherstellen, dass nur solche Mitarbeiter mit Arbeiten an HV-Systemen betraut werden, die über die notwendige Qualifikation verfügen. (Musterteilnahmebescheinigung siehe Anhang 10)

Fachkunde für Arbeiten an HV-Systemen

Personen, die elektrotechnische Arbeiten an HV-Systemen durchführen sollen, müssen für diese Arbeiten qualifiziert sein. Der Umfang der Qualifizierung hängt u. a. vom Grad der bei den Arbeiten auftretenden elektrischen Gefährdungen und den Vorkenntnissen ab.

Mitarbeiter mit der Fachkunde für Arbeiten an HV-Systemen dürfen elektrotechnische Arbeiten ausschließlich an Komponenten der Fahrzeugtechnik durchführen. Daher sind Arbeiten an konventionellen elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln, insbesondere an externen Ladeeinrichtungen und -zubehör für Fahrzeuge durch Fachkundige für Arbeiten an HV-Systemen nicht zulässig. Dies gilt auch für Auf- und Anbaugeräte nach Maschinenrichtlinie. Beim Einsatz der Fachkundigen ist zu berücksichtigen, ob sie für elektrotechnische Arbeiten innerhalb des Projektierungs- und Entwicklungsprozesses (vor SoP), der Montage des HV-Systems oder für Servicearbeiten an Serienfahrzeugen (nach SoP) qualifiziert sind. In welchem Arbeitsbereich der Mitarbeiter elektrotechnische Arbeiten ausführen kann, muss den entsprechenden Qualifizierungsnachweisen und Zertifikaten entnommen werden. (Musterzertifikat siehe Anhang 11)

Der Zusammenhang zwischen dem Grad der elektrischen Gefährdung, der sich aus den Tätigkeiten im jeweiligen Arbeitsbereich ergibt, und dem resultierenden Qualifizierungsumfang in Theorie und Praxis wird an nachfolgender Abbildung beispielhaft verdeutlicht.

Abb. 1: "Fachkunde für HV-Systeme" in Abhängigkeit von den durchzuführenden Tätigkeiten beispielhaft dargestellt

Mitarbeiter mit der Fachkunde für Arbeiten an HV-Systemen können elektrotechnische Arbeiten an Fahrzeugen eigenständig ausführen und tragen dafür die Fachverantwortung.

Elektrofachkraft

Eine Elektrofachkraft darf nur in denjenigen Teilgebieten/ Arbeitsgebieten der Elektrotechnik Fachverantwortung tragen und elektrotechnische Arbeiten ausführen, für die sie die

erworben hat, um die ihr übertragenen Arbeiten beurteilen, mögliche Gefahren erkennen und die notwendigen Schutzmaßnahmen festlegen zu können.

Die Forderung nach einer fachlichen Ausbildung ist in der Regel durch den Abschluss einer anerkannten elektrotechnischen Fachausbildung oder einer für die vorgesehenen Aufgaben vergleichbaren elektrotechnischen Qualifikation erfüllt. Die geforderten Kenntnisse und Erfahrungen werden durch eine zeitnahe berufliche Tätigkeit in dem jeweiligen Teilgebiet der Elektrotechnik erreicht.

Unter dem Begriff "Kenntnisse der einschlägigen Bestimmungen" sind in erster Linie die entsprechenden VDE-Bestimmungen, staatliche Rechtsvorschriften und Unfallverhütungsvorschriften zu verstehen.

Der Begriff "Elektrofachkraft" ist keine Berufsbezeichnung, sondern stellt per Definition die Befähigung, das Vermögen und die Fertigkeit des Mitarbeiters dar, elektrotechnische Arbeiten in einem bestimmten Bereich der Elektrotechnik eigenverantwortlich und selbstständig durchzuführen. Die Elektrofachkraft trägt immer Fachverantwortung, d. h. sie steht für das fachliche Ergebnis der von ihr ausgeführten elektrotechnischen Arbeiten ein. Falls die Elektrofachkraft zusätzlich mit der Leitung und Aufsicht unterstellter Personen betraut wird, ist sie für die Führung dieser Personen sowie die fachlich korrekte und sichere Durchführung der Arbeiten verantwortlich.

Verantwortliche Elektrofachkraft

Für die verantwortliche fachliche Leitung eines elektrotechnischen Betriebes oder Betriebsteiles ist im Allgemeinen eine verantwortliche Elektrofachkraft erforderlich, die als Elektrofachkraft grundsätzlich eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker/zur staatlich geprüften Technikerin, zum Industriemeister/zur Industriemeisterin, zum Handwerksmeister/zur Handwerksmeisterin, zum Diplomingenieur/zur Diplomingenieurin, Bachelor oder Master absolviert hat.

Dies wird notwendig, wenn neben den Arbeiten vor Ort im Zusammenhang mit den elektrotechnischen Arbeiten zusätzlich Aufgaben erforderlich sind, wie

Eine verantwortliche Elektrofachkraft übernimmt zusätzlich zur Fachverantwortung die Aufsichtsverantwortung. Sie muss vom Unternehmer beauftragt werden und unterliegt hinsichtlich der Einhaltung der elektrotechnischen Sicherheitsmaßnahmen keinen fachlichen Weisungen. Für die elektrische Sicherheit ist nur die verantwortliche Elektrofachkraft und nicht ein ausschließlich disziplinarischer Vorgesetzter verantwortlich.

Für Servicewerkstätten, in denen Arbeiten an HV-eigensicheren Serienfahrzeugen durchgeführt werden, ist in der Regel keine verantwortliche Elektrofachkraft erforderlich.

Elektrotechnisch unterwiesene Person

Elektrotechnisch unterwiesene Personen dürfen eigenverantwortlich keine Arbeiten an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln ausführen. Sie dürfen nur die Arbeiten ausführen, für die sie eine fachgerechte Einweisung erhalten haben. Bei diesen Arbeiten müssen sie die vermittelten Maßnahmen und Verhaltensregeln anwenden. Elektrotechnische Arbeiten dürfen grundsätzlich nur unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft durchgeführt werden.

Leitung und Aufsicht durch eine Elektrofachkraft bedeutet die Wahrnehmung der Führungs- und Fachverantwortung, insbesondere für folgende Tätigkeiten:

3. Gefährdungsbeurteilung

Der Unternehmer hat nach dem Arbeitsschutzgesetz die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu gewährleisten, und falls erforderlich, zu verbessern. Ein wichtiger Schritt dazu ist die Gefährdungsbeurteilung.

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein Prozess zur Ermittlung von Gefährdungen und zur Bewertung der damit verbundenen Risiken. Die Beurteilung der Gefährdungen ist die Voraussetzung für das Ergreifen von wirksamen und betriebsbezogenen Arbeitsschutzmaßnahmen.

Die Gefährdungsbeurteilung besteht aus:

Eine Gefährdung kann sich unter anderem aus einer unzureichenden Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten ergeben.

Die Arbeitsschutzmaßnahmen müssen in jedem Fall den allgemeinen Grundsätzen der Gefahrenverhütung nach dem Arbeitsschutzgesetz entsprechen. Es ist das so genannte "Prinzip der Gefährdungsminimierung" anzuwenden. Auf Grund höherer Bordnetzspannungen und erhöhter elektrischer Energie durch das HV-System ergibt sich für den Fahrzeugbereich ein bisher nicht vorhandenes Niveau der elektrischen Gefährdung. Es besteht die Gefahr von irreversiblen Körperschäden durch Körperdurchströmungen und Lichtbögen.

Durch entsprechende Maßnahmen ist das räumliche und zeitliche Zusammentreffen der Gefährdungen mit dem Menschen zu verhindern.

Bild 5: Basisschutz durch Isolation und Abdeckung

Maßnahmen werden unterschieden in

Auch eine Kombination dieser Maßnahmen ist möglich. Technischen Maßnahmen ist der Vorrang vor organisatorischen oder persönlichen Maßnahmen einzuräumen.

Je nach Hersteller sind in den Fahrzeugen unterschiedliche Schutzmaßnahmen realisiert. Die Schutzmaßnahmen sind so aufgebaut, dass ein Fehler allein nicht zu einer elektrischen Gefährdung des Menschen führen kann. Hier einige ausgewählte Schutzmaßnahmen, die in verschiedenen Fahrzeugtypen teilweise umgesetzt wurden:

Eine Mustergefährdungsbeurteilung für eine Kfz-Servicewerkstatt ist im Anhang 1 angefügt.

Bei einer geeigneten Kombination von Maßnahmen kann ausschließlich mit technischen Maßnahmen ein vollständiger Berührungs- und Lichtbogenschutz gegenüber dem HV-System erzielt werden. Das Fahrzeug kann dann als "HV-eigensicher" bezeichnet werden.

Bild 6: Kennzeichnung von HV-Fahrzeugen in der Werkstatt

IV. Qualifizierungsstufen für Arbeiten vor Produktionsstart

1.1 Allgemein

Die Qualifizierung (Inhalte und zeitlicher Umfang) ist gefährdungsorientiert in Abhängigkeit von den durchzuführenden Arbeiten in drei Abstufungen festgelegt. Die aufgeführten Qualifizierungsinhalte sind beispielhaft und müssen auf die konkreten Anforderungen der Tätigkeiten angepasst werden. Die Qualifizierung ist mit einem Nachweis der erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse durch eine theoretische und praktische Prüfung abzuschließen. Der Leistungsnachweis ist zu dokumentieren.

Die notwendige Qualifikation ist in Abhängigkeit von den auszuführenden Arbeiten im nachfolgenden Stufenmodell dargestellt:

Stufe 1 beschreibt alle nichtelektrotechnischen Arbeiten, die an einem Fahrzeug oder Anlagen mit HV-System durchgeführt werden müssen. Die Mitarbeiter müssen auf die möglichen elektrischen Gefährdungen des HV-Systems hingewiesen und über die bestimmungsgemäße Verwendung des Fahrzeuges unterwiesen werden.

Für Stufe 2 ist die Fachkunde für Arbeiten an HV-Systemen, die nicht HV-eigensicher sind, notwendig. Dies beinhaltet alle elektrotechnischen Arbeiten, die im spannungslosen Zustand ausgeführt werden. Dazu ist die Außer- und Wiederinbetriebnahme der HV-Anlage entsprechend der Anwendung und Durchführung der ersten drei Regeln der "Fünf Sicherheitsregeln" erforderlich.

Voraussetzung für die Qualifizierung zur Stufe 3 ist die erfolgreiche Absolvierung der Qualifizierung zur Stufe 2 und die sichere Durchführung der damit verbundenen praktischen Tätigkeiten. Mit der Qualifizierung zum Arbeiten unter Spannung am HV-System können alle elektrotechnischen Arbeiten am Fahrzeug durchgeführt werden.

Wird während des Produktentstehungsprozesses festgestellt, dass Komponenten verbaut werden, die bezüglich der Sicherheitsstandards denen der Serienproduktion entsprechen, kann die Zuordnung zu einer Qualifizierung nach SoP erfolgen. Die Festlegung und Entscheidung darüber trifft die verantwortliche Elektrofachkraft.

Die Flussdiagramme im Anhang 2 und Anhang 3 bieten Hilfestellung bei der Ermittlung des notwendigen Qualifizierungsumfangs.

Die angegebenen Qualifizierungsumfänge beinhalten die Vermittlung der theoretischen Kenntnisse und der praktischen Fertigkeiten.

1.2 Qualifikation Stufe 1: Nichtelektrotechnische Arbeiten

Für alle nichtelektrotechnische Arbeiten, die am HV-Fahrzeug ausgeführt werden müssen, bedarf es einer Unterweisung.

Durch diese Unterweisung sollen die Mitarbeiter im Umgang mit den HV-Systemen sensibilisiert werden, damit sie sicher am Fahrzeug arbeiten können. Es soll erreicht werden, dass die Mitarbeiter die HV-Komponenten sicher bedienen können, den Aufbau und die Wirkungsweise verstehen und mit den Kennzeichnungen der Komponenten vertraut sind. Inhalt der Unterweisung muss auch sein, dass elektrotechnische Arbeiten an den HV-Komponenten unzulässig sind. Ein Nichtbeachten dieser Vorgaben kann zu gefährlicher Körperdurchströmung oder Lichtbogenbildung führen.

Inhalte dieser Unterweisung müssen unter anderem sein:

Der zeitliche Umfang für die Unterweisung in der Stufe 1 muss 2 bis 4 UE betragen.

1.3 Qualifikation Stufe 2: Elektrotechnische Arbeiten

Für alle elektrotechnischen Arbeiten der Stufe 2, die am HV-Fahrzeug ausgeführt werden müssen, bedarf es einer elektrotechnischen Qualifikation der Mitarbeiter.

Die Qualifizierung zur Stufe 2 erfolgt unter Berücksichtigung der bereits erworbenen individuellen elektrotechnischen Kenntnisse.

Stufe 2a: Personen ohne elektrotechnische Vorkenntnisse mit technischer Ausbildung

Qualifizierungsinhalte:

Eine Spezifikation der Qualifizierungsinhalte erfolgt in Anhang 4.

Der zeitliche Umfang für die Qualifizierung muss mindestens 100 UE betragen.

Stufe 2b: Personen mit elektrotechnischen Vorkenntnissen im Kraftfahrzeugbereich, z.B. Kfz-Elektriker, Kfz-Mechatroniker, Kfz-Mechaniker

Qualifizierungsinhalte:

Eine Spezifikation der Qualifizierungsinhalte erfolgt in Anhang 5.

Der zeitliche Umfang für die Qualifizierung muss mindestens 48 UE betragen.

Stufe 2c: Elektrofachkräfte, z.B. Industrieelektroniker, Elektromonteure, Elektroingenieure

Qualifizierungsinhalte:

Eine Spezifikation der Qualifizierungsinhalte erfolgt in Anhang 6. Die Inhalte müssen an den aktuellen Wissensstand der Teilnehmer angepasst werden.

Der zeitliche Umfang für die Qualifizierung muss mindestens 20 UE betragen.

1.4 Qualifikation Stufe 3: Elektrotechnische Arbeiten unter Spannung

Hier ist als Grundlage die erfolgreiche Qualifizierung nach Stufe 2 erforderlich. Die Qualifizierung für das Arbeiten unter Spannung am HV-System erfordert grundsätzlich fundierte theoretische elektrotechnische Kenntnisse und anwendungsbereite praktische elektrotechnische Fertigkeiten, Nachweis der gesundheitlichen Eignung insbesondere durch die arbeitsmedizinische Untersuchung nach dem DGUV Grundsatz G25 "Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten", Mindestalter 18 Jahre und Erste-Hilfe-Ausbildung (einschließlich Herz-Lungen-Wiederbelebung).

Stufe 3a: Mitarbeiter mit einer Qualifikation nach Stufe 2b und Stufe 2c

Mitarbeiter, die eine Qualifikation nach Stufe 2b und 2c absolviert haben, erfüllen durch ihre Vorkenntnisse bereits die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Qualifizierung zur Stufe 3.

Diese Mitarbeiter benötigen zusätzlich eine Ausbildung zum Arbeiten unter Spannung am HV-System.

Qualifizierungsinhalte:

Der zeitliche Umfang für die Qualifizierung muss mindestens 8 UE betragen.

Stufe 3b: Mitarbeiter mit einer Qualifikation nach Stufe 2a

Mitarbeiter mit einer Qualifikation nach Stufe 2a besitzen nicht zwangsläufig in ausreichendem Maße die für das Arbeiten unter Spannung am HV-System erforderlichen fundierten theoretischen und praktischen elektrotechnischen Kenntnisse und Fähigkeiten. Daher müssen die vorhandenen Kenntnisse der Mitarbeiter überprüft werden, um zu entscheiden, welche weiteren zusätzlichen Kenntnisse und Fähigkeiten als Voraussetzung für die Qualifizierung nach Stufe 3 notwendig sind.

(1) Vorbildung: ingenieur- oder naturwissenschaftliches Studium

Mitarbeiter, die beispielsweise ein ingenieur- oder naturwissenschaftliches Studium absolviert haben, besitzen theoretische elektrotechnische Grundkenntnisse, um die Arbeiten nach Stufe 3 beurteilen zu können. Für diese Mitarbeiter ist eine Vermittlung praktischer Fähigkeiten als Voraussetzung für das Arbeiten unter Spannung am HV-System erforderlich.

Die Vermittlung der praktischen Fähigkeiten kann dabei folgende Schwerpunkte beinhalten:

Zusätzlich benötigen diese Mitarbeiter die Ausbildung für das Arbeiten unter Spannung am HV-System entsprechend Stufe 3a.

Qualifizierungsinhalte:

Der zeitliche Umfang für die Qualifizierung muss mindestens 48 UE betragen.

(2) Vorbildung: nichtelektrotechnische Facharbeiter- oder Gesellenausbildung

Mitarbeiter mit einer nichtelektrotechnischen Facharbeiter- oder Gesellenausbildung besitzen nicht die erforderlichen elektrotechnischen Grundkenntnisse und die praktischen Fähigkeiten, um die Arbeiten nach Stufe 3 beurteilen zu können. Für diese Mitarbeiter ist eine Vermittlung weitergehender theoretischer und praktischer Kenntnisse als Voraussetzung für das Arbeiten unter Spannung am HV-System erforderlich.

Die Vermittlung der theoretischen und praktischen Kenntnisse kann dabei folgende Schwerpunkte beinhalten:

Zusätzlich benötigen diese Mitarbeiter die Ausbildung für das Arbeiten unter Spannung am HV-System entsprechend Stufe 3a.

Qualifizierungsinhalte:

Der zeitliche Umfang für die Qualifizierung muss mindestens 100 UE betragen.

2. Qualifizierung für Arbeiten bei der Erstellung und Inbetriebnahme im Fertigungsprozess

2.1 Montage

Das Erstellen einer HV-Anlage erfordert elektrotechnische Arbeiten. Die Leitung und Aufsicht für diese elektrotechnischen Arbeiten kann innerhalb der Montage durch die verantwortlichen Führungskräfte auf der Grundlage standardisierter Arbeitsverfahren ausgeübt werden. Dies erfordert die Erstellung von verbindlichen Arbeitsanweisungen, welche die Vorgehensweise bei diesen Arbeiten inklusive der dabei auftretenden Gefährdungen und der dabei zu berücksichtigenden Schutzmaßnahmen beinhalten. Die Überprüfung der standardisierten Arbeitsanweisungen auf fachliche Richtigkeit obliegt einer Elektrofachkraft, die aufgrund fundierter Fähigkeiten und Kenntnisse diese Arbeiten qualifiziert beurteilen kann.

Die Inhalte der Arbeitsanweisungen sind den Mitarbeitern durch Einweisung (z.B. im Rahmen der Produktschulung) oder Unterweisung zu vermitteln. Die Mitarbeiter müssen die Inhalte verstanden haben.

Für die nachhaltige Integration der standardisierten Arbeitsverfahren in den Produktionsprozess, die Erstellung erforderlicher Dokumentationen und die Kontrolle der Umsetzung sind die jeweiligen Vorgesetzten verantwortlich.

2.2 Inbetriebnahme (Finish) nach der Montage

Mit der Inbetriebnahme des HV-Systems durch Einspeisung über die Spannungsquelle erhöht sich das Gefährdungspotential. Dies kann je nach Tätigkeit am Fahrzeug weitere Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitarbeiter notwendig machen. Dabei sind insbesondere folgende Unterscheidungen zu treffen, die unterschiedliche Gefährdungspotenziale berücksichtigen:

a) Batterieinbetriebnahme mit vollständigem Berührungs- und Lichtbogenschutz

Die Inbetriebnahme durch eine elektrotechnisch unterwiesene Person nach standardisierten Arbeitsverfahren (wie bei der Montage beschrieben) ist ausreichend.

b) Batterieinbetriebnahme ohne vollständigen Berührungs- und Lichtbogenschutz

Der Schutz gegen elektrische Körperdurchströmung und Lichtbogen ist nicht ausschließlich mit technischen Mitteln sichergestellt. Diese Arbeiten dürfen nur von Mitarbeitern mit einer Qualifikation nach dem Stufenmodell Stufe 2 ausgeführt werden.

c) Nacharbeit ohne Fehler im HV-System

Wenn die Nacharbeit keinen Eingriff in das HV-System erfordert, können diese Arbeiten von einer elektrotechnisch unterwiesenen Person nach standardisierten Arbeitsverfahren, wie bei der Bandmontage beschrieben, ausgeführt werden. Dies schließt auch Arbeiten am konventionellen Bordsystem bis 30 V AC und 60 V DC ein.

d) Nacharbeit mit Fehler im HV-System

Sind elektrotechnische Arbeiten am HV-System notwendig, muss der spannungsfreie Zustand des HV-Systems sichergestellt werden. Diese Arbeiten erfordern einen Mitarbeiter mit einer Qualifikation nach dem Stufenmodell Stufe 2. Diese Festlegungen beinhalten auch Arbeiten am konventionellen Bordsystem bis 30 V AC und 60 V DC, wenn Komponenten des HV-Systems betroffen sind.
Für die Fehlersuche im HV-System können Arbeiten unter Spannung erforderlich sein. In diesem Falle ist die Qualifikation nach dem Stufenmodell Stufe 3 notwendig.

2.3 Elektrische Prüfungen

Wenn im Fertigungs-/Montageprozess elektrische Prüfungen durchgeführt werden, z.B. Durchgängigkeit des Schutzpotentialausgleichs, Isolationsmessungen, Spannungsmessungen, sind hinsichtlich der erforderlichen Qualifikation folgende Unterscheidungen zu berücksichtigen:

Es sind die Vorgaben der DIN EN 50191 (VDE 0104) und der Informationsschrift BGI 891 zu berücksichtigen.

Abb. 2: Paralleler Hybridantrieb beispielhaftes Blockschaltbild

V. Qualifizierung für Arbeiten an Serienfahrzeugen

In den Servicewerkstätten fallen an HV-Fahrzeugen

Im Bereich der Nutzfahrzeuge werden in den Servicewerkstätten aufgrund des hohen Werts der Fahrzeuge auch umfangreichere Schäden behoben, die beim Pkw in der Regel zur Verschrottung führen.

1. Bedienen von Fahrzeugen

Die Mitarbeiter müssen auf die fahrzeugspezifischen Eigenschaften der HV-Fahrzeuge hingewiesen und mit dem bestimmungsgemäßen Gebrauch vertraut gemacht werden. Für das Bedienen von HV-Fahrzeugen ist es ausreichend, die Mitarbeiter auf die dabei zu beachtenden Besonderheiten einzuweisen. Dies gilt auch für Servicearbeiten, die bezüglich der elektrischen Gefährdung mit dem Bedienen vergleichbar sind. Dazu gehören z.B.:

Der Aufwand für die Einweisung orientiert sich am Umfang der fahrzeugspezifischen Besonderheiten und den auszuführenden Tätigkeiten.

Diese Mitarbeiter dürfen keine Arbeiten am HV-System oder Arbeiten in der Nähe von HV-Komponenten durchführen, wenn diese dabei beschädigt werden könnten.

2. Nichtelektrotechnische Arbeiten

Über den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Fahrzeugs hinaus müssen nichtelektrotechnische Arbeiten am Fahrzeug (z.B. Karosseriearbeiten, Öl- und Radwechsel, Bremsenwechsel in der Nähe von Radnabenmotoren, Arbeiten an Gelenkdämpfern neben den HV-Leitungen) und elektrotechnische Arbeiten am konventionellen Bordnetz (bis 30 V AC und 60 V DC) durchgeführt werden. Mitarbeiter könnten bei diesen Arbeiten durch Fehlhandlungen oder im Fehlerfall einer elektrischen Gefährdung ausgesetzt sein. Sie müssen über diese Gefährdungen, die Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln unterwiesen werden. Der inhaltliche und zeitliche Umfang der Unterweisung orientiert sich an der Art der durchzuführenden Arbeiten und dem dabei zu erwartenden Gefährdungspotenzial.

Für umfangreichere mechanische Arbeiten, die unter Umständen in der Nähe von HV-Komponenten durchgeführt werden, wie Schweiß-, Bohr- und Schleifarbeiten, ist die Kenntnis der genauen Lage der HV-Komponenten erforderlich. Die Mitarbeiter müssen beim Umgang mit Werkzeugen und Hilfsmitteln in der Nähe des HV-Systems für die möglichen Gefährdungen sensibilisiert werden. Sie müssen mit den Kennzeichnungen der Komponenten vertraut sein. Inhalt der Unterweisung muss auch sein, dass Arbeiten an den HV-Komponenten unzulässig sind. Versehentliches Beschädigen, Knicken oder Quetschen von HV-Leitungen ist dem zuständigen Fachkundigen zu melden. Ein Nichtbeachten dieser Vorgaben kann zu gefährlicher Körperdurchströmung oder Lichtbogenbildung führen.

Die Unterweisung muss dokumentiert werden.

Inhalte dieser Unterweisung müssen unter anderem sein:

Der zeitliche Umfang für die Unterweisung muss je nach Art und Umfang der Arbeiten 0,5 bis 2 UE betragen.

3. Elektrotechnische Arbeiten

Arbeiten am konventionellen Bordnetz bis 30 V AC/60 V DC sind grundsätzlich von den Arbeiten an HV-Komponenten zu unterscheiden. Der Umfang der Qualifizierung hängt vom Grad der elektrischen Gefährdung (Umsetzung der HV-Eigensicherheit am Fahrzeug) und von den Vorkenntnissen des Mitarbeiters ab.

In den Ausbildungsberufen der Kfz-Branche werden in Abhängigkeit von den jeweils gültigen Rahmenlehrplänen elektrotechnische Grundkenntnisse im theoretischen Teil und der Umgang mit dem konventionellen Bordnetz bis 30 V AC/60 V DC im praktischen Teil vermittelt. Darüber hinaus werden das Messen elektrischer Größen und das Arbeiten an elektrotechnischen Aggregaten und Systemen sowohl in der überbetrieblichen wie auch in der betrieblichen Ausbildung praktisch vermittelt. Dies trifft u. a. für Kfz-Mechaniker, Kfz-Elektriker und Kfz-Mechatroniker seit 1973, für Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker bzw. Mechaniker für Karosserieinstandhaltungstechnik seit 2002 zu. Personen, die nach den genannten Zeitpunkten einen der genannten Ausbildungsberufe oder eine vergleichbare berufliche Ausbildung, z.B. Studium der Fahrzeugtechnik, erfolgreich absolviert haben oder eine entsprechende Zusatzausbildung als Kfz-Servicetechniker oder Kfz-Meister nachweisen können, besitzen bereits notwendige elektrotechnische Grundkenntnisse. Auf der Grundlage dieses Wissens- und Erfahrungsstandes erfolgt bei diesen Mitarbeitern die Qualifizierung für Arbeiten an Kraftfahrzeugen mit HV-Systemen. Personen ohne elektrotechnische Vorkenntnisse muss zusätzlich elektrotechnisches Grundlagenwissen vermittelt werden.

Um den aktuellen Wissens- und Erfahrungsstand des potenziellen Teilnehmers vor der Qualifizierungsmaßnahme zu erfassen, sollten die erforderlichen elektrotechnischen Kenntnisse durch einen Vortest festgestellt werden. Dadurch erhält sowohl der Teilnehmer als auch der Unternehmer die Sicherheit, dass die Qualifizierungsmaßnahme bezüglich der notwendigen Vorkenntnisse erfolgreich absolviert werden kann.

Die durchgeführten theoretischen und praktischen Qualifizierungen sind mit einem Nachweis der erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse abzuschließen. Der Leistungsnachweis ist zu dokumentieren.

3.1 Servicewerkstätten für HV-eigensichere Fahrzeuge - insbesondere Personenkraftwagen

Die nachfolgend beschriebenen Qualifizierungen basieren auf der Voraussetzung, dass die Arbeiten an HV-eigensicheren Fahrzeugen durchgeführt werden. Sollte die HV-Eigensicherheit nicht gewährleistet sein, ist eine Qualifizierung wie im Kapitel 3.2 für die Servicearbeiten an Nutzfahrzeugen beschrieben erforderlich.

Das Flussdiagramm im Anhang 7 bietet Hilfestellung bei der Ermittlung des notwendigen Qualifizierungsumfangs.

Die aufgeführten Qualifizierungsinhalte sind beispielhaft und müssen an die konkreten Anforderungen der Tätigkeiten angepasst werden.

a) Vorbildung: Personen ohne elektrotechnische Vorkenntnisse mit technischer Ausbildung

Qualifizierungsinhalte

Eine Spezifikation der Qualifizierungsinhalte erfolgt in Anhang 4.

Der zeitliche Umfang des theoretischen Teils der Qualifizierung muss mindestens 72 UE betragen.

b) Vorbildung: Personen mit elektrotechnischen Vorkenntnissen im Kraftfahrzeugbereich (z.B. Kfz-Elektriker, Kfz-Mechatroniker, Kfz-Mechaniker)

Qualifizierungsinhalte theoretischer Teil:

Eine Spezifikation der Qualifizierungsinhalte erfolgt in Anhang 8.

Der zeitliche Umfang des theoretischen Teils der Qualifizierung muss mindestens 8 UE zuzüglich Prüfung betragen.

c) Elektrofachkräfte, z.B. Industrieelektroniker, Elektromonteure, Elektroingenieure

Elektrofachkräfte wie Industrieelektroniker oder Elektromonteure besitzen die erforderlichen elektrotechnischen Grundkenntnisse und benötigen zusätzlich praktische Kenntnisse im Umgang mit den Hochvoltkomponenten.

Zusätzlich durchzuführender praktischer Teil

Nach der theoretischen Ausbildung sind in jedem Fall je nach Art und Umfang des jeweiligen HV-Systems (z.B. Hybridantrieb, Brennstoffzelle, Elektrofahrzeug) zusätzliche praktische Qualifizierungsanteile zu vermitteln. Der konkrete Umfang muss in Anlehnung an die Herstellervorgaben erfolgen. Das praktische Wissen kann durch unterschiedliche Lehrmethoden unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeiten am HV-System vermittelt werden. Der praktische Teil kann auch von den Ausbildungsträgern des theoretischen Teils durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein der jeweiligen oder vergleichbarer HV-Systeme zur Durchführung der praktischen Tätigkeiten.

Im praktischen Teil sind die erworbenen theoretischen Kenntnisse anzuwenden.

Bezüglich der aktuell am Markt befindlichen Hybridtechnik wird ein Umfang von 4 bis 8 UE gefordert.

Die Durchführung des praktischen Teils muss der Unternehmer sicherstellen.

Die erfolgreiche Qualifizierung befähigt die Mitarbeiter an HV-eigensicheren Fahrzeugen selbstständig und sicher zu arbeiten. Zu diesen Arbeiten zählen u. a. Anwenden der fünf Sicherheitsregeln, Wechsel von HV-Komponenten wie Klimaanlagen und Ölpumpen im spannungslosen Zustand, Fehlersuche an berührungssicher ausgeführten HV-Komponenten. Die Mitarbeiter müssen in der Lage sein, die übertragenen Arbeiten zu beurteilen, mögliche Gefahren zu erkennen und die für das HV-System notwendigen Schutzmaßnahmen ableiten und umsetzen zu können.

3.2 Servicewerkstätten für nicht HV-eigensichere Fahrzeuge - insbesondere Nutzfahrzeuge

Als elektrische Energiespeicher werden u. a. in Nutzfahrzeugen Akkumulatoren, Kondensatoren (Super-Caps) und Brennstoffzellen mit Spannungen bis 1000 V Gleichspannung eingesetzt. Nutzfahrzeuge sind in der Regel nicht durchgängig HV-eigensicher ausgeführt. Sollte die HV-Eigensicherheit gewährleistet sein, ist eine Qualifizierung wie im Kapitel 3.1 für die Servicearbeiten an Pkw beschrieben ausreichend. Die erfolgreiche Qualifizierung befähigt die Mitarbeiter, an nicht HV-eigensicheren Fahrzeugen selbstständig und sicher zu arbeiten. Zu diesen Arbeiten zählen u. a. Anwenden der fünf Sicherheitsregeln, Wechseln von HV-Komponenten wie Fahrmotoren, Energiespeicher im spannungslosen Zustand. Dazu gehört auch die Fehlersuche an nicht zwangsläufig berührungssicher ausgeführten HV-Komponenten mit berührungssicheren Prüfadaptern. Die so qualifizierten Mitarbeiter müssen in der Lage sein, die übertragenen Arbeiten zu beurteilen, mögliche Gefahren zu erkennen und die für das HV-System notwendigen Schutzmaßnahmen umzusetzen.

Das Flussdiagramm im Anhang 9 bietet Hilfestellung bei der Ermittlung des notwendigen Qualifizierungsumfangs.

Die aufgeführten Qualifizierungsinhalte sind beispielhaft und müssen an die konkreten Anforderungen der Tätigkeiten angepasst werden.

a) Vorbildung: Personen ohne elektrotechnische Vorkenntnisse mit technischer Ausbildung

Qualifizierungsinhalte theoretischer Teil:

Eine Spezifikation der Qualifizierungsinhalte erfolgt in Anlehnung an Anhang 4.

Der zeitliche Umfang des theoretischen Teils der Qualifizierung muss mindestens 84 UE betragen.

Umfang des praktischen Teils

Neben der Theorie ist die Praxis insbesondere bei der Einführung neuer Technologien und Arbeitsabläufe wichtig. Beispielsweise ist gerade beim Ersteinsatz von Fahrzeugen mit Hybridantrieb ein ausführlicher Praxisteil in der Fortbildung der Mitarbeiter einzuplanen. Besitzen die Mitarbeiter bereits für vergleichbare Technologien, z.B. Super-Caps und Akkumulatoren, die erforderliche elektrotechnische Qualifikation, so reicht es aus, die technologischen Unterschiede und deren Einfluss auf die Arbeitsabläufe praxisgerecht zu vermitteln. Der konkrete Umfang der Schulung sollte in Abstimmung mit dem Fahrzeughersteller erfolgen. Der praktische Teil kann auch von den Ausbildungsträgern des theoretischen Teils durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein der jeweiligen oder vergleichbarer HV-Systeme zur Durchführung der praktischen Tätigkeiten.

Im praktischen Teil sind die erworbenen theoretischen Kenntnisse anzuwenden.

Aufgrund der verschiedenartigen Hochvolt-Technologien und deren herstellerspezifischen Umsetzungen sollte der Umfang 12 bis 16 UE betragen.

Besteht bereits eine Qualifikation entsprechend Kapitel 3.1 a), so müssen insbesondere Themen wie fehlender Berührungs- und Lichtbogenschutz, Schutzmaßnahmen, Prüfungen und Messungen zusätzlich zur bereits erfolgten Qualifikation vermittelt werden. Der zeitliche Umfang der ergänzenden Qualifizierung muss 10 bis 12 UE für den theoretischen Teil und 8 bis 12 UE für den praktischen Teil betragen.

b) Vorbildung: Personen mit elektrotechnischen Vorkenntnissen im Kraftfahrzeugbereich (z.B. Kfz-Elektriker, Kfz-Mechatroniker, Kfz-Mechaniker)

Qualifizierungsinhalte theoretischer Teil:

Eine Spezifikation der Qualifizierungsinhalte erfolgt in Anlehnung an Anhang 5.

Der zeitliche Umfang des theoretischen Teils der Qualifizierung muss je nach Grad der HV-Eigensicherheit mindestens 24 UE betragen.

Umfang des praktischen Teils

Neben der Theorie ist die Praxis insbesondere bei der Einführung neuer Technologien und Arbeitsabläufe wichtig. Beispielsweise ist gerade beim Ersteinsatz von Fahrzeugen mit Hybridantrieb ein ausführlicher Praxisteil in der Fortbildung der Mitarbeiter einzuplanen. Besitzen die Mitarbeiter bereits für vergleichbare Technologien, z.B. Super-Caps und Akkumulatoren, die erforderliche elektrotechnische Qualifikation, so reicht es aus, die technologischen Unterschiede und deren Einfluss auf die Arbeitsabläufe praxisgerecht zu vermitteln. Der konkrete Umfang der Schulung sollte in Abstimmung mit dem Fahrzeughersteller erfolgen. Der praktische Teil kann auch von den Ausbildungsträgern des theoretischen Teils durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein der jeweiligen oder vergleichbarer HV-Systeme zur Durchführung der praktischen Tätigkeiten.

Im praktischen Teil sind die erworbenen theoretischen Kenntnisse anzuwenden.

Aufgrund der verschiedenartigen Hochvolt-Technologien und deren herstellerspezifischen Umsetzungen sollte der Umfang 12 bis 16 UE betragen.

Besteht bereits eine Qualifikation entsprechend Kapitel 3.1 b), so müssen insbesondere Themen wie fehlender Berührungs- und Lichtbogenschutz, Schutzmaßnahmen, Prüfungen und Messungen zusätzlich zur bereits erfolgten Qualifikation vermittelt werden. Der zeitliche Umfang der ergänzenden Qualifizierung muss 10 bis 12 UE für den theoretischen Teil und 8 bis 12 UE für den praktischen Teil betragen.

Abb. 3: Qualifizierungsgrafik - nicht HV-eigensichere Fahrzeuge

c) Elektrofachkräfte, z.B. Industrieelektroniker, Elektromonteure, Elektroingenieure

Elektrofachkräfte besitzen die erforderlichen elektrotechnischen Grundkenntnisse. Sie benötigen zusätzlich praktische Kenntnisse im Umgang mit den Hochvoltkomponenten.

Aufgrund der verschiedenartigen Hochvolt-Technologien und deren herstellerspezifischen Umsetzungen sollte der Umfang 12 bis 16 UE betragen.

Besteht bereits eine Qualifikation entsprechend Kapitel 3.1 c), so muss eine ergänzende praktische Qualifizierung von 8 bis 12 UE erfolgen, die insbesondere die Gefährdungen von nicht HV-eigensicheren Systemen beinhaltet.

Bild 7: Beispiel für technisch sichere Abschaltung beim Entfernen von Abdeckungen über Pilotkontakt

3.3 Arbeiten an unter Spannung stehenden Energiespeichern und an Prüfplätzen

Arbeiten an Fahrzeugen mit HV-Komponenten sind grundsätzlich im spannungsfreien Zustand unter Einhaltung der fünf Sicherheitsregeln durchzuführen. Fallen Arbeiten an, bei denen unter Spannung stehende Teile nicht zwangsläufig gegen Berühren geschützt sind, z.B. Arbeiten bei der Fehlersuche, an Energiespeichern oder elektrischen Prüfplätzen, so ist eine zusätzliche Qualifizierung der Mitarbeiter erforderlich. Voraussetzung ist in jedem Fall eine Ausbildung nach Kapitel 3.2 für Arbeiten an nicht HV-eigensicheren Fahrzeugen und der Nachweis der gesundheitlichen Eignung insbesondere durch die arbeitsmedizinische Untersuchung nach DGUV Grundsatz G 25 "Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten", Mindestalter 18 Jahre und Erste-Hilfe-Ausbildung (einschließlich Herz-Lungen-Wiederbelebung) der beteiligten Personen.

Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen von Energiespeichern fallen beispielsweise an, wenn diese auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht komplett getauscht werden können sondern vor Ort repariert werden müssen.

Beim Prüfen von HV-Komponenten sind grundsätzlich die Vorgaben des Herstellers und die Anforderungen an Prüfplätze nach DIN EN 50191 (VDE 0104) und Informationsschrift BGI 891 zu beachten. Die Mitarbeiter müssen Erfahrung im Umgang mit den zu prüfenden Komponenten haben.

Wesentliche Qualifizierungsinhalte:

Der zeitliche Umfang für die Qualifizierung von Fachkundigen nach Kapiteln 3.2 b) und 3.2 c) sollte mindestens 8 UE betragen. Je nach Komplexität der eingesetzten Technologie und der durchzuführenden Arbeiten sind zusätzliche Praxiseinheiten notwendig, z.B. für den Zellentausch an HV-Batterien zusätzlich 4 UE.

Aufgrund der unterschiedlichen Eingangsqualifikationen ist für Fachkundige nach Kapitel 3.2 a) der Umfang der Qualifizierung in Anlehnung an Kapitel 1.4 in Abschnitt IV individuell zu ermitteln.

Bild 8: Beispiel für Absichern des Arbeitsbereichs bei Prüfarbeiten

4. Unfallhilfe

Der Unfallhilfsdienst repariert kleinere Schäden an havarierten oder verunfallten Fahrzeugen vor Ort, um die Fahrbereitschaft der Fahrzeuge möglichst unverzüglich wieder herzustellen. Größere Schäden werden grundsätzlich in der Werkstatt behoben.

Sind Fahrzeuge z.B. durch Fremdeinwirkung so schwer beschädigt, dass brennbare Flüssigkeiten auslaufen, so hat der Unfallhilfsdienst die Aufgabe den Gefahrenbereich abzusichern.

Die HV-Komponenten sind in den Fahrzeugen gegen Beschädigung bei Unfällen konstruktiv geschützt eingebaut. Trotzdem könnte nach einem Unfall mit Sachschaden Spannung am verunfallten Fahrzeug anliegen. Die Sicherheit der Unfallhilfskräfte ist in diesem Fall zu gewährleisten. Hierbei muss der Unfallhilfsdienst das Fahrzeug spannungsfrei schalten und eventuell freiliegende, unter Spannung stehende Teile sichern. Für Rettungskräfte und Unfallhilfsdienste existieren Rettungsleitfäden, in denen die fahrzeugspezifischen Informationen enthalten sind.

Für die im Folgenden genannten Unterweisungsinhalte wird vorausgesetzt, dass Reparaturen am HV-System nicht außerhalb der Werkstatt durchgeführt werden.

Unterweisungsinhalte:

Der zeitliche Umfang für die Unterweisung muss mindestens 2 UE betragen.

5. Verschrotten

Beim Verschrotten müssen die vom HV-Fahrzeug ausgehenden elektrischen Gefährdungen berücksichtigt werden. Die HV-Fahrzeuge sind dabei nicht immer von außen als solche zu erkennen. Daher müssen die Fahrzeuge vor dem Verschrotten auf das Vorhandensein von HV-Komponenten überprüft werden. Die orangefarbenen Kabel, die Aufkleber mit dem Hinweis auf Hochvolt und Batterien mit der Aufschrift höherer Voltzahlen als die bisher üblichen 12, 24 und 42 Volt sind eindeutige Hinweise auf ein vorhandenes HV-System. Von den verbauten HV-Komponenten geht bei HV-eigensicheren Serienfahrzeugen unter normalen Bedingungen keine elektrische Gefahr aus. Bei Zerstörung oder Beschädigung der Kabelisolierung oder der Abdeckung der HV-Komponenten besteht die Gefahr der Lichtbogenbildung durch Kurzschluss oder der Körperdurchströmung beim Berühren der unter Spannung stehenden Teile.

Bild 9: Beispiele für die Kennzeichnung von HV-Komponenten

Vor dem Verschrotten muss das HV-System von einem Mitarbeiter mit der Befähigung für Arbeiten an HV-Systemen in Fahrzeugen unter Anwendung der fünf Sicherheitsregeln und Beachtung der konkreten Herstelleranweisungen spannungsfrei geschaltet, die HV-Komponenten vom Bordnetz getrennt und für den Ausbau vorbereitet werden. Danach sind die elektrischen Energiespeicher (z.B. Batterien, Supercaps u. a.) entsprechend der Herstelleranweisungen auszubauen und fachgerecht zu entsorgen.

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Mustergefährdungsbeurteilung Anhang 1


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Flussdiagramm Qualifizierungsbedarf für Arbeiten in der Entwicklung, an Prüfständen (spannungsfrei) Anhang 2


Ermittlung des Qualifizierungsbedarfs für Arbeiten im spannungsfreien Zustand vor SoP

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Flussdiagramm Qualifizierungsbedarf für Arbeiten in der Entwicklung, an Prüfständen (unter Spannung) Anhang 3


Ermittlung des Qualifizierungsbedarfs für Arbeiten unter Spannung

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Qualifizierungsinhalte für Personen ohne elektrotechnische Vorbildung mit technischer Ausbildung Anhang 4


Die nachfolgend aufgeführten Inhalte sind beispielhaft und spiegeln den derzeitigen Stand der im Fahrzeug eingesetzten HV-Technik wider. Je nach auszuführenden Arbeiten kann auf nicht zutreffende Inhalte verzichtet werden. Gegebenenfalls sind sie durch andere relevante Themen zu ergänzen.

Elektrotechnische Grundkenntnisse

Elektrische Gefährdungen und Erste Hilfe

Schutzmaßnahmen gegen elektrische Körperdurchströmung und Störlichtbögen

Anforderungen und entsprechende Maßnahmen

Organisation von Sicherheit und Gesundheit bei elektrotechnischen Arbeiten

Fach- und Führungsverantwortung

Mitarbeiterqualifikationen im Tätigkeitsfeld der Elektrotechnik

Einsatz von HV-Systemen in Fahrzeugen


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Qualifizierungsinhalte für Personen mit elektrotechnischen Vorkenntnissen im Kraftfahrzeugbereich Anhang 5


Zeitlicher Umfang mindestens 48 UE

Die nachfolgend aufgeführten Inhalte sind beispielhaft und spiegeln den derzeitigen Stand der im Fahrzeug eingesetzten HV-Technik wider. Je nach auszuführenden Arbeiten kann auf nicht zutreffende Inhalte verzichtet werden. Gegebenenfalls sind sie durch andere relevante Themen zu ergänzen.

Elektrische Gefährdungen und Erste Hilfe

Schutzmaßnahmen gegen elektrische Körperdurchströmung und Störlichtbögen

Anforderungen und entsprechende Maßnahmen

Organisation von Sicherheit und Gesundheit bei elektrotechnischen Arbeiten

Fach- und Führungsverantwortung

Mitarbeiterqualifikationen im Tätigkeitsfeld der Elektrotechnik

Einsatz von HV-Systemen in Fahrzeugen


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Qualifizierungsinhalte für Elektrofachkräfte im Niederspannungsbereich Anhang 6


Die nachfolgend aufgeführten Inhalte sind beispielhaft und spiegeln den derzeitigen Stand der im Fahrzeug eingesetzten HV-Technik wider. Je nach auszuführenden Arbeiten kann auf nicht zutreffende Inhalte verzichtet werden. Gegebenenfalls sind sie durch andere relevante Themen zu ergänzen.

Nachfolgende Inhalte müssen auf den aktuellen Wissensstand der Teilnehmer angepasst werden.


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Flussdiagramm Qualifizierungsbedarf für Servicearbeiten HV-eigensichere Fahrzeuge Anhang 7


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Qualifizierungsinhalte für Personen mit elektrotechnischen Vorkenntnissen im Kraftfahrzeugbereich für Arbeiten an HV-eigensicheren Kraftfahrzeugen in Servicewerkstätten Anhang 8


Die nachfolgend aufgeführten Inhalte sind beispielhaft und spiegeln den derzeitigen Stand der im Fahrzeug eingesetzten HV-Technik wider. Je nach auszuführenden Arbeiten kann auf nicht zutreffende Inhalte verzichtet werden. Gegebenenfalls sind sie durch andere relevante Themen zu ergänzen.

Fachverantwortung

Elektrische Gefährdungen und Erste Hilfe

Schutzmaßnahmen gegen elektrische Körperdurchströmung und Störlichtbögen

Elektrische Anlagen und Betriebsmittel nach Unfallverhütungsvorschrift BGV/GUV-V A3 und DIN VDE 0105-100

HV-Konzept und Fahrzeugtechnik

Allgemeines praktisches Vorgehen


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Flussdiagramm Qualifizierungsbedarf für Servicearbeiten nicht HV-eigensichere Fahrzeuge Anhang 9


Personen, die bereits für HV-eigensichere Systeme qualifiziert sind, werden im nachfolgenden Ablaufdiagramm nicht berücksichtigt.


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Musterteilnahmebescheinigung für elektrotechnisch unterwiesene Personen für HV-eigensichere Systeme in Fahrzeugen Anhang 10

Herr Martin Mustermann

Autohaus für E-Mobilität, Mustergasse 17, 77777 Musterstadt
hat am ... ... ... ... an folgender Schulung mit einem Umfang von ... ... ... ... UE* teilgenommen:

Elektrotechnisch unterwiesene Person für Hochvolteigensichere Systeme in Fahrzeugen

Der Teilnehmer wurde durch einen "Fachkundigen für Arbeiten an Hochvolteigensicheren Systemen in Kfz-Servicewerkstätten" über die übertragenen Aufgaben und die möglichen Gefahren bei unsachgemäßem Verhalten sensibilisiert sowie über die notwendigen Schutzeinrichtungen und Schutzmaßnahmen unterwiesen.

Schulungsinhalte nach Informationsschrift: BGI/GUV-I 8686:

Der Teilnehmer hat die Inhalte verstanden:
Ausbildungsträger:
... ... ... ... ... ..., den ... ... ... ... ... Lehrgangsleitung

* Unterrichtseinheit (entspricht 45 Minuten)


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Musterzertifikat Fachkundiger für Hochvolt (HV)-Systeme in Kraftfahrzeugen für Arbeiten an HV-eigensicheren Fahrzeugen in Servicewerkstätten Anhang 11


Herr Martin Mustermann

Autohaus für E-Mobilität, Mustergasse 17, 77777 Musterstadt
hat vom ... ... ... ... bis ... ... ... ... an dem Lehrgang

Fachkundiger für Hochvolt (HV)-Systeme in Kraftfahrzeugen für Arbeiten an HV-eigensicheren Fahrzeugen in Servicewerkstätten

teilgenommen und die Prüfung mit Erfolg abgelegt.

Als Eingangsvoraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme besitzt der Teilnehmer durch seine Aus- und Weiterbildung im Fahrzeugbereich umfangreiche elektrotechnische Grundkenntnisse, die er in einem Vortest nachgewiesen hat.

Lehrgangsinhalte (können auch auf der Rückseite angeordnet werden): UE*
Elektrische Gefährdungen, Verhalten bei Elektrounfällen und Erste Hilfe
Schutzmaßnahmen gegen elektrische Körperdurchströmung und Störlichtbögen
Elektrotechnische Arbeiten nach BGV/GUV-V A3, DIN VDE 0105-100 und BGI/GUV-I 8686
Fach- und Führungsverantwortung, rechtliche Grundlagen
HV-Konzept und Fahrzeugtechnik (HV-eigensicheres Fahrzeug, Technik in HV-Fahrzeugen: Drehstrommotoren, DC-DC-, DC-AC-Wandler, ...)
HV-Konzepte an konkreten Fahrzeugbeispielen
... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...
Praktische Übungen:
Elektrisches Freischalten, Feststellen und Dokumentieren der Spannungsfreiheit an folgenden HV-Systemen:
Hier die konkreten HV-Systeme eintragen, auf die praktisch geschult wurde, z.B. Hersteller, Typ , ... ... ... ... ... ... ..., ... ... ... ..., ... ... .... ...
Gesamtumfang der Qualifizierung

*Unterrichtseinheit (entspricht 45 Minuten)

Die Qualifizierung befähigt den Teilnehmer, selbstständig an HV-eigensicheren Fahrzeugen gefährdungsfrei zu arbeiten. Zu diesen Arbeiten zählen u. a. Umsetzen der fünf Sicherheitsregeln, Wechseln von HV-Komponenten wie Klimaanlagen und Ölpumpen in spannungslosem Zustand, Fehlersuche an berührsicher ausgeführten HV-Komponenten inklusive des Einsatzes berührsicherer Prüfadapter. Er ist in der Lage, die übertragenen Arbeiten zu beurteilen, mögliche Gefahren zu erkennen und die für das HV-System notwendigen Schutzmaßnahmen umzusetzen.

Diese Qualifizierungsmaßnahme erfüllt die Mindestanforderungen der Informationsschrift BGI/GUV-I 8686.

Ausbildungsträger:
... ... ... ... ... ..., den ... ... ... ... ... Lehrgangsleitung


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Vorschriften, Regeln, Literatur


1. Gesetze, Verordnungen, Technische Regeln

Arbeitsschutzgesetz

Betriebssicherheitsverordnung

Technische Regeln für Betriebssicherheit ( TRBS)

2. Vorschriften, Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Unfallverhütungsvorschriften:

"Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1)

"Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" (BGV/GUV-V A3)

Informationen

"Elektrofachkräfte" (BGI 548)

"Errichten und Betreiben von elektrischen Prüfanlagen" (BGI 891)

3. Normen/VDE-Bestimmungen

Bezugsquelle:
Beuth-Verlag GmbH,
Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin bzw.
VDE-Verlag,
Bismarckstraße 33, 10625 Berlin

DIN EN 60529 (VDE 0470-1) "Schutzarten durch Gehäuse (IP-Code)"
DIN VDE 0682-401 " Spannungsprüfer Teil 3: Zweipoliger Spannungsprüfer für Niederspannungsnetze"
DIN VDE 0105-100 "Betrieb von elektrischen Anlagen"
DIN VDE 1000-10 " Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen"
DIN VDE 0100-600 " Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannung bis 1000 V"
ISO 6469-3 "Electrically propelled road vehicles - Safety specifications"
Part 3: "Protection of persons against electric shock"
DIN EN 61140 (VDE 0140-1) Schutz gegen elektrischen Schlag
Gemeinsame Anforderungen für Anlagen und Betriebsmittel
DIN EN 50191 (VDE 0104) Federal ECE Regel 100 "Errichten und Betreiben elektrischer Prüfanlagen" ECE Regelung Nr. 100 "Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge hinsichtlich der besonderen Anforderungen an die Bauweise und die Betriebssicherheit"


Literatur

Motor Vehicle Safety Standard 305 (FMVSS 305) "LABORATORY TEST PROCEDURE FOR ELECTRIC POWERED VEHICLES: ELECTROLYTE SPILLAGE AND ELECTRICAL SHOCK PROTECTION" U.S. DEPARTMENT OF TRANSPORTATION, NATIONAL HIGHWAY TRAFFIC SAFETY ADMINISTRATION


ENDE

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