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Regelwerk

BGV A7 - Betriebsärzte
Berufsgenossenschaftliche Vorschriften (BGV)
(16) Lederindustrie-BG

(Ausgabe 10/1996; 02/2003)



§ 1 Geltungsbereich

Diese Unfallverhütungsvorschrift gilt für Unternehmer, die nach § 2 Betriebsärzte zu bestellen haben.

DA zu § 1:

Nach § 708 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des § 21 Nr. 1 Arbeitssicherheitsgesetz vom 12. Dezember 1973 (BGBl. I S. 1885) erlassen die Berufsgenossenschaften Vorschriften über die Maßnahmen, die der Unternehmer zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz ergebenden Pflichten zu treffen hat. Diese Unfallverhütungsvorschrift regelt Maßnahmen, die der Unternehmer zur Erfüllung der sich aus § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 und § 2 Abs. 3 Arbeitssicherheitsgesetzes ergebenden Pflichten zu treffen hat. Der Text des Arbeitssicherheitsgesetzes ist dieser Unfallverhütungsvorschrift als Anhang 1 beigefügt.

§ 2 Bestellung

(1) Der Unternehmer hat Betriebsärzte zur Wahrnehmung der in § 3 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit ( Arbeitssicherheitsgesetz) bezeichneten Aufgaben für die sich aus den Merkmalen der nachstehenden Tabelle ergebenden erforderlichen Einsatzzeiten schriftlich zu bestellen oder zu verpflichten:

Betriebsart bei einer Zahl der durchschnittlich im
Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer
Einsatzzeit der Betriebsärzte
(Std./Jahr je Arbeitnehmer)
Gruppe I
Gefahrtarifstelle
1-3-6
1 - 100 0,4
101 - 3.000 ab 101. Arbeitnehmer 0,3
über 3.000 ab 3.001. Arbeitnehmer 0,2
Gruppe II
Gefahrtarifstelle
5 - 8
1 - 100 0,35
über 100 ab 101. Arbeitnehmer 0,25
Gruppe III
Gefahrtarifstelle 7
ab 1 0,30
Gruppe IV
Gefahrtarifstelle 4
ab 1 0,25
Gefahr-
tarifstelle
Gewerbszweig
1 Herstellung und Zurichtung von Leder Herstellung von Pergament und Rohhaut
2 nicht besetzt
3 Herstellung von technischen Artikeln aus Leder und ähnlichen Erzeugnissen, Arbeiterschutz- und Stanzartikel, Pressereien, Prägeanstalten
Herstellung und Zurichtung von Werkstoffen aus Lederabfällen
4 Herstellung von Koffern, Mappen, Taschen aller Art, Etuis, Riemen, Gürteln, Maßbändern, Galanteriewaren usw. (Feinsattlereien)
Lederschärfereien
Färben von Lederwaren
Herstellung von Lederhandschuhen
5 Fahrzeugausstatter
6 Herstellung von Wachstuch, Ledertuch und ähnlichen Erzeugnissen
Herstellung von Linoleum und ähnlichen Erzeugnissen
7 Handwerkliche Raumausstatter (Sattler, Polsterer, Dekorateure)
8 Industrielle Herstellung von Polsterwaren und Polstermaterial

(2) Die Berufsgenossenschaft kann im Einzelfall im Einvernehmen mit der nach § 12 des Arbeitssicherheitsgesetzes zuständigen Behörde eine Ausnahme von Absatz 1 bewilligen und geringere Einsatzzeiten festlegen, soweit im Betrieb, verglichen mit Betrieben der gleichen Art, die Unfall- und Gesundheitsgefahren unterdurchschnittlich gering sind. Die Berufsgenossenschaft kann ferner im Einzelfall im Einvernehmen mit der nach § 12 des Arbeitssicherheitsgesetzes zuständigen Behörde abweichend von Absatz 1 höhere Einsatzzeiten festsetzen, soweit im Betrieb, verglichen mit Betrieben der gleichen Art, überdurchschnittliche Unfall- und Gesundheitsgefahren bestehen, und die Bestellung eines Betriebsarztes verlangen.

(3) In der Regel sind die Einsatzzeiten jährlich zu erbringen. Liegt die betriebsbezogene jährliche Gesamteinsatzzeit unter 8 Stunden, können die Einsatzzeiten mehrerer Jahre addiert und in dem Zeitraum erbracht werden, in dem die Summe der jährlichen Einsatzzeiten 8 Stunden ergibt, längstens jedoch in einem Zeitraum von 3 Jahren. Die Mindesteinsatzzeit in diesem Zeitraum beträgt 1,5 Stunden.

(4) Ist eine betriebsärztliche Betreuung wegen spezieller (besonderer) Vorsorgeuntersuchungen zu einem früheren Zeitpunkt vorgeschrieben, muß diese in der vorgeschriebenen Frist durchgeführt werden. Der Zeitaufwand für die Durchführung von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach besonderen Rechtsvorschriften ist außerhalb der Einsatzzeit zu erbringen.

DA zu § 2 Abs. 1:

1. Die Betriebsärzte können als ständig oder zeitweise tätige Kräfte bestellt werden. Sie können vom Unternehmer eingestellt oder freiberuflich tätig sein oder auch einem überbetrieblichen Dienst angehören, den der Unternehmer nach § 19 des Arbeitssicherheitsgesetzes verpflichtet hat oder dem er aufgrund einer Satzungsbestimmung der Berufsgenossenschaft angehört, wenn er selbst nach Ablauf einer festgelegten Frist keinen Betriebsarzt verpflichtet hat. Die Einsatzzeit ist die Arbeitszeit, die den Betriebsärzten zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Betrieb je Jahr und Arbeitnehmer mindestens zur Verfügung stehen muß. So können z.B. Wegzeiten eines nicht im Betrieb eingestellten Betriebsarztes nicht als Einsatzzeit angerechnet werden. Die Einsatzzeit des Betriebsarztes sollte im Durchschnitt in drei etwa gleichen Teilen für Untersuchung und Beratung von Beschäftigten, Betriebsbegehung und Beratung des Unternehmers sowie Vor- und Nachbereitung und Auswertungen verwandt werden.

Mit einer Übertragung der Aufgaben nach § 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes in Verbindung mit dieser Unfallverhütungsvorschrift an einen überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienst erfüllt der Unternehmer seine gesetzliche Verpflichtung, wenn die Ärzte dieses überbetrieblichen Dienstes mindestens die Forderungen erfüllen, die ein Betriebsarzt aufgrund des Arbeitssicherheitsgesetzes zu erfüllen hätte.

2. Den berechneten Einsatzzeiten liegen die Gefährdungspotentiale sowie die Organisations- und Arbeitnehmerstruktur typischer Unternehmenszweige bei Beachtung der Arbeitsschutz- und Unfailverhütungsvorschriften zugrunde. Diese Einsatzzeiten werden benötigt, wenn an den Arbeitsplätzen die Unfallverhütungsvorschriften und sonstigen Vorschriften zum Arbeitsschutz eingehalten sind. Entsprechend ist der Unternehmer verpflichtet, dem Betriebsarzt darüber hinausgehende Einsatzzeiten zur Verfügung zu stellen, wenn besondere Umstände dies erfordern (z.B. Störfall, Reparaturfall, Erfordernis von über das übliche Maß hinausgehender besonderer Vorsorgeuntersuchungen).

Zu den Aufgaben des Betriebsarztes zählen Betriebsbegehungen, Beratungen des Unternehmers und der sonst für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz verantwortlichen Personen im Betrieb sowie arbeitsmedizinische Untersuchungen, um die Versicherten zu beraten und ihren Gesundheitszustand zu beurteilen. Durch Erfassung und Auswertung der Untersuchungsergebnisse sollen Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen untersucht werden und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Erkrankungen vorgeschlagen werden.

3. Unter "Betrieb" ist eine räumlich und technisch abgegrenzte, nach Aufgabenbereich und Organisation eigenständige, wenn auch nicht vollständig selbständige Unternehmenseinheit zu verstehen.

Entsprechend der Regelung des § 4 Betriebsverfassungsgesetz gelten Betriebsteile als selbständige Betriebe bei Anwendung der Tabelle zu § 2 Abs. 1, wenn sie

  1. räumlich weit entfernt vom Hauptbetrieb oder
  2. durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind.

DA zu § 2 Abs. 3:

Liegt die Summe der Einsatzzeiten in einem Jahr unter 8 Stunden, so können die Einsatzzeiten mehrerer Jahre zusammengerechnet werden, so daß eine sinnvolle Zeit für die Betreuung, d.h. die Beratung im Betrieb und Untersuchungen der Arbeitnehmer zur Verfügung steht. Eine Betreuung muß dann innerhalb des Zeitraumes stattfinden, in dem die Summe 8 Stunden erreicht, mindestens jedoch einmal innerhalb von 3 Jahren (auch wenn dann die Summe 8 Stunden unterschreitet).

DA zu § 2 Abs. 4:

Spezielle (besondere) Vorsorgeuntersuchungen sind solche nach der Unfallverhütungsvorschrift " Vorsorgeuntersuchungen" (BGV A4), der Gefahrstoffverordnung oder sonstigen staatlichen Vorschriften. Die Untersuchungsfristen sind einzuhalten, weshalb die Regelung des Betreuungszeitraumes darauf keine Auswirkungen haben darf. Allerdings sollte versucht werden, Vorsorgeuntersuchungen und allgemeine Untersuchungen der Arbeitnehmer möglichst organisatorisch zusammenzufassen.

Rechnungsbeispiele:

1. Einsatzzeit: 0,25 Stunden je Arbeitnehmer und Jahr

 
Zahl der Arbeitnehmer 1 2 3 4 5 6 10 11 32
Betreuungszeitraum 3 3 3 3 3 3 3 2J/10M 1
Summe der Einsatzzeit im Betreuungszeitraum *)1,5 1,5 2,25 3 3,75 4,5 7,5 8 8
2. Einsatzzeit: 0,30 Stunden je Arbeitnehmer und Jahr
Zahl der Arbeitnehmer 1 2 3 4 5 6 8 9 27
Betreuungszeitraum 3 3 3 3 3 3 3 3 1
Summe der Einsatzzeit im Betreuungszeitraum *) 1,5 1,8 2,7 3,6 4,5 5,4 7,2 8 8
3. Einsatzzeit: 0,35 Stunden je Arbeitnehmer und Jahr
Zahl der Arbeitnehmer 1 2 3 4 6 8 23    
Betreuungszeitraum 3 3 3 3 3 2J/11M 1    
Summe der Einsatzzeit im Betreuungszeitraum * 1,5 2,1 3,15 4,2 6,3 8 8    
4. Einsatzzeit: 0,40 Stunden je Arbeitnehmer und Jahr
Zahl der Arbeitnehmer 1 2 3 4 5 6 7 10 20
Betreuungszeitraum 3 3 3 3 3 3 2J/11M 2 1
Summe der Einsatzzeit im Betreuungszeitraum * 1,5 2,4 3,6 4,8 6 7,2 8 8 8
*) Mindesteinsatzzeit 1,5 Stunden

§ 3 Fachkunde

(1) Der Unternehmer darf als Betriebsärzte nur Ärzte bestellen, die über die erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde verfügen.

(2) Der Unternehmer kann die erforderliche Fachkunde als gegeben ansehen bei Ärzten, die nachweisen, daß sie berechtigt sind,

  1. die Gebietsbezeichnung "Arbeitsmedizin" oder
  2. die Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" zu führen.

(3) Der Unternehmer kann die erforderliche Fachkunde ferner als gegeben ansehen bei Ärzten während ihrer Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" in der hierfür erforderlichen mindestens zweijährigen durchgehenden regelmäßigen Tätigkeit, wenn sie durch eine von der zuständigen Ärztekammer erteilte Bescheinigung nachweisen, daß sie bereits

  1. eine in der Weiterbildungsordnung vorgeschriebene klinische oder poliklinische Tätigkeit und
  2. mindestens ein Drittel des dreimonatigen theoretischen Kurses über Arbeitsmedizin

absolviert haben. Dies gilt nur, wenn gewährleistet ist, daß der theoretische Kurs nach Nummer 2 innerhalb von 2 Jahren nach der Bestellung beendet wird. Den Nachweis hat der Betriebsarzt dem Unternehmer gegenüber zu erbringen.

(4) Der Unternehmer kann abweichend von den Absätzen 2 und 3 davon ausgehen, daß Ärzte über die erforderliche Fachkunde verfügen, wenn sie

  1. eine Bescheinigung der zuständigen Ärztekammer darüber besitzen, daß sie vor dem 1. Januar 1985 ein Jahr klinisch oder poliklinisch tätig gewesen sind und an einem arbeitsmedizinischen Einführungslehrgang teilgenommen haben und
  2.  
    1. bis zum 31. Dezember 1985 mindestens 500 Stunden innerhalb eines Jahres betriebsärztlich tätig waren oder
    2. bis zum 31. Dezember 1987 einen dreimonatigen Kurs über Arbeitsmedizin absolviert haben

und über die Voraussetzungen nach Nummer 2 Buchstabe a) oder b) eine von der zuständigen Ärztekammer erteilte Bescheinigung beibringen.

Die Bescheinigung der zuständigen Ärztekammer muß spätestens bis zum 31. Dezember 1996 erteilt sein.

§ 4 Fortbildung

(1) Der Unternehmer hat dem Betriebsarzt die Teilnahme Fortbildungsmaßnahmen zu ermöglichen.

(2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, daß der von ihm bestellte Betriebsarzt für seinen Betrieb maßgebende branchenbezogene Fortbildungsmaßnahmen der Berufsgenossenschaft absolviert.

§ 5 Bericht

Der Unternehmer hat den Betriebsarzt nach § 2 Abs. 1 zu verpflichten, über die Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben regelmäßig einen Bericht zu erstatten.

DA zu § 5:

Die Berichtspflicht besteht für jeden bestellten Betriebsarzt oder für den bestellten überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienst. Hauptamtlich tätige Betriebsärzte sollten mindestens einmal im Jahr die Ergebnisse ihres Einsatzes im Betrieb in einem Bericht zusammenfassen; für nebenamtlich tätige Betriebsärzte oder für überbetriebliche arbeitsmedizinische Dienste richtet sich die Berichtsabgabe nach der Häufigkeit, mit der sie für den Betrieb im Einsatz sind, d.h., erfolgt der Einsatz in Abständen von mehr als einem Jahr, so ist mindestens nach jeder Betriebsbegehung ein Bericht zu erstatten.

§ 6 Inkrafttreten

Diese Unfallverhütungsvorschrift tritt am ersten Tage des Monats April oder des Monats Oktober in Kraft, der als erster der Bekanntmachung der Unfallverhütungsvorschrift folgt. Gleichzeitig tritt die Unfallverhütungsvorschrift "Betriebsärzte" (VBG 123) vom 1. Oktober 1975 in der Fassung vom 01.04.1989 außer Kraft.

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