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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I

BGI/GUV-I 5163 / DGUV Information 204-010 - Automatisierte Defibrillation im Rahmen der betrieblichen Ersten Hilfe
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information

(Ausgabe 11/2012; 11/2014aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung

Archiv 11/2012


1 Die Defibrillation

Der "plötzliche Herztod" stellt die Todesursache Nummer 1 in der westlichen Welt dar. Alleine in Deutschland sterben jährlich mehr als 100.000 Menschen außerhalb von Krankenhäusern an einem plötzlichen Versagen der Herzfunktion *. Der "plötzliche Herztod", der zunehmend auch jüngere Menschen trifft, kann überall auftreten, insbesondere zu Hause, aber auch beim Sport und am Arbeitsplatz. Sehr häufig ist der "plötzliche Herztod" Folge eines Herzinfarktes. Der "plötzliche Herztod" ist daher eine Herausforderung im Rahmen des Gesundheitsschutzes und der betrieblichen Ersten Hilfe.

Direkte Ursache für den "plötzlichen Herztod" ist in den meisten Fällen Herzkammerflimmern. Die Defibrillation (Elektroschockbehandlung) ist in dieser Situation die einzig wirksame Maßnahme zur Lebensrettung. Je früher defibrilliert wird, um so wahrscheinlicher ist es, dass der Herz-Kreislauf-Stillstand von Patienten überlebt wird. Medizinproduktehersteller haben Automatisierte Externe Defibrillatoren (AED) entwickelt, die auch von Laien bedient werden können, so dass noch vor Eintreffen des Rettungsdienstes defibrilliert werden kann.

Eine ständig wachsende Zahl von Unternehmen beschäftigt sich mit dem Thema Frühdefibrillation. Bei der Organisation der Ersten Hilfe haben bereits viele Unternehmen AED beschafft und ihre Mitarbeiter entsprechend geschult.

Diese Informationsschrift soll den Betrieben die Einsatzmöglichkeiten und organisatorischen Rahmenbedingungen verdeutlichen, die AED-Gerätetechnik in einfacher Weise erläutern und insbesondere die nötige Qualifizierung der betrieblichen Ersthelfer erklären.

1.1 Herzkammerflimmern

In über 80 % der Fälle wird der plötzliche Herztod durch Herzkammerflimmern verursacht *. Dieses kann nicht nur aufgrund einer "inneren Ursache", wie z.B. Herzinfarkt, sondern auch infolge einer "äußeren Ursache", wie z.B. durch einen Elektrounfall, auftreten. Beides bringt die Reizbildung und die Reizleitung im Herzen in elektrische Unordnung, so dass kein rhythmischer Herzschlag mehr möglich ist.

Das Herz flimmert unkoordiniert. Ein schlagartiger Herz-Kreislauf-Stillstand ist die Folge. Das Herz ist nicht mehr in der Lage, den Transport von Blut bzw. Sauerstoff zu den lebenswichtigen Organen zu gewährleisten. Die Zellen des menschlichen Körpers sterben langsam ab; am empfindlichsten reagieren die Gehirnzellen auf den Sauerstoffmangel. Bereits wenige Sekunden nach Einsetzen des Herzkammerflimmerns tritt Bewusstlosigkeit auf, dann setzt die Atmung aus. Die Defibrillation hat zum Ziel, das Herzkammerflimmern in einen normalen Herzschlag zu überführen.

1.2 Faktor Zeit

Mit jeder Minute sinkt die Überlebenschance eines Patienten mit Herzkammerflimmern um 10-12 % **. Bereits nach drei bis fünf Minuten beginnen die Gehirnzellen abzusterben.

Überlebenswahrscheinlichkeit bei Herzkammerflimmern in Abhängigkeit von der Zeit bis zur Defibrillation (geglättet; nicht lineare Funktion)

Selbst in rettungsdienstlich gut versorgten Gebieten kann es ca.10 Minuten dauern, bis der Rettungsdienst beim Patienten eintrifft.

Die Eintreffzeit des Rettungsdienstes nach einem Notruf kann kaum weiter verkürzt werden.

Frühzeitig können die Wiederbelebungsmaßnahmen (Herzdruckmassage, Beatmung usw.) nur durch Personen erfolgen, die schon vorher am Ort des Geschehens anwesend sind, z.B. Ersthelfer. Mit diesen Maßnahmen muss ein Minimalkreislauf erzeugt werden, um so das Absterben der Gehirnzellen zu verhindern. Die Wiederbelebung allein kann jedoch das Herzkammerflimmern nicht beenden. Hier kann nur eine zusätzliche, möglichst frühzeitige, Defibrillation helfen.

Die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Defibrillation wird entscheidend durch den Faktor Zeit begrenzt. Je früher die Wiederbelebungsmaßnahmen und die Defibrillation durchgeführt werden können, um so größer ist der Erfolg.

Durchführung der Defibrillation mit AED

Wenn die Defibrillation frühzeitig nach Eintritt des Ereignisses erfolgt und durch weiterführende Maßnahmen der Wiederbelebung des Rettungsdienstes (Intubation, Infusion, Medikation etc.) ergänzt wird, werden Überlebensraten von mindestens 30-40 % erreicht. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten sogar zeigen, dass die Überlebenschancen des Betroffenen auf über 75 % steigen, wenn innerhalb von drei Minuten nach Eintritt des Herzkammerflimmerns eine Defibrillation durchgeführt wird ***.

Überlebensraten bei Kammerflimmern in Abhängigkeit vom Beginn der Maßnahmen
(HLW = Herz-Lungen-Wiederbelebung)

1.3 Wirkungsweise der Defibrillation

Die Defibrillation hat zum Ziel, das Herzkammerflimmern zu beenden. Dazu wird ein Elektroschock über zwei auf den Brustkorb des Patienten geklebten Elektroden verabreicht. Nach einer erfolgreichen Herz-Lungen-Wiederbelegung mit Defibrillation kann das Herz wieder geordnet schlagen.

Elektrokardiogramm (EKG): Herzkammerflimmern/normaler Herzrhythmus

1.4 Durchführung der Automatisierten Externen Defibrillation

Ersthelfer führen die Defibrillation mit AED durch. Diese sind in der Handhabung einfach und haben nur wenige Bedienungselemente. AED haben zwei Flächenelektroden, die auf den Brustkorb fest aufgebracht werden müssen. Alle Schritte, die zu tun sind, werden über eine Sprachsteuerung per Ansage und/oder über gut sichtbare Text- oder Piktogrammhinweise mitgeteilt. Nach Aufkleben der Elektroden erfolgt automatisch eine EKG-Analyse. Danach erhält man bei Vorliegen einer defibrillierbaren Herzrhythmusstörung die Aufforderung, durch Knopfdruck den Elektroschock auszulösen (halbautomatischer AED) oder es erfolgt eine automatische Schockabgabe des Gerätes innerhalb weniger Sekunden (vollautomatischer AED). Nach der Schockabgabe gibt das Gerät Anweisungen zum weiteren Vorgehen.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit einer Defibrillation wird mittels modernster Medizintechnik vom AED übernommen, so dass sie auch von Ersthelfern, die über keinerlei EKG-Kenntnisse verfügen, einfach und sicher eingesetzt werden können.

Eine versehentliche oder falsche Schockabgabe durch den Anwender oder das Gerät ist ausgeschlossen. Denn nur wenn der AED ein Herzkammerflimmern sicher erkannt hat, gibt er den Elektroschock frei. Selbstverständlich ist wie bei jedem Notfall auch beim Einsatz eines AED der Rettungsdienst sofort zu rufen, damit frühzeitig die erweiterten Maßnahmen eingeleitet werden können.


2 Rahmenbedingungen

Bei der Entscheidung über die Anschaffung eines AED kann die Gefährdungsbeurteilung zu Grunde gelegt werden. Dabei sollten folgende Parameter berücksichtigt werden:

Viele Betriebe schaffen auch ohne direkte Verpflichtung aus eigenen Beweggründen einen AED an, z.B. nach konkreten Todesfällen oder zur Vorbeugung des plötzlichen Herztodes.

Werden AED im Unternehmen angeschafft, sollen betriebliche Ersthelfer und das medizinische Personal im Betrieb in der Anwendung des AED qualifiziert sein.

2.1 Medizinproduktegesetz/ Medizinprodukte-Betreiberverordnung

Nach Medizinproduktegesetz (MPG) und Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV) haben die Unternehmen eine beauftragte Person ("Gerätebeauftragter") zu benennen, die in die sachgerechte Handhabung, die Anwendung und den Betrieb des AED vom Hersteller oder einer beauftragten Person eingewiesen ist. Ein Muster zur Bestellung eines Gerätebeauftragten finden Sie im Internet unter www.dguv.de Webcode: d97465. Die beauftragte Person hat insbesondere die Aufgabe, den vorhandenen AED regelmäßig zu überprüfen, um die Einsatzbereitschaft sicherzustellen (z.B. Batterie, Akku, Klebeelektroden). Außerdem führt sie das Medizinproduktebuch.

Im Medizinproduktebuch des AED werden Gerätedaten, Daten zur ersten Inbetriebnahme, Geräteverantwortliche, notwendige sicherheitstechnische Kontrollen sowie Wartungsintervalle dokumentiert.

AED in der Halle im Einsatz

2.2 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

2.2.1 Qualifizierung der Ersthelfer

Auch wenn grundsätzlich ein AED durch jede Person angewendet werden kann, sollte die praktische Anwendung vom AED im Unternehmen vorzugsweise durch die betrieblichen Ersthelfer erfolgen.

Erste-Hilfe-Aus- und Fortbildung

Im Rahmen der Erste-Hilfe-Aus- und Fortbildung erlangt der Ersthelfer neben den Basismaßnahmen der Wiederbelebung grundlegende Kenntnisse zum AED:

2.2.2 Unterweisung der Ersthelfer

Ersthelfer müssen in angemessenen Zeitabständen, mindestens jedoch einmal jährlich, zum sicheren Umgang mit dem AED unterwiesen werden. Im Rahmen dieser Unterweisung wird der Ersthelfer anhand der Betriebsanweisung in die Handhabung des AED im Betrieb eingewiesen (Anlage 2).

Betriebsanweisungen regeln arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogen das Verhalten im Betrieb und sind Grundlage für die Unterweisung (siehe auch § 4 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention").

Mit der Unterweisung kann der Unternehmer geeignete Personen beauftragen, z.B. den Betriebsarzt, den Gerätebeauftragten, medizinisches Personal etc.

2.2.3 Unterweisung aller Mitarbeiter

Im Rahmen der jährlichen Unterweisung über Erste Hilfe im Betrieb (§ 4 DGUV Vorschrift 1) sind alle Beschäftigten zusätzlich über die Standorte der AED und die Erreichbarkeit der Ersthelfer zu informieren.

Wiederbelebung

2.3 Ärztliche Fachaufsicht

Nach dem Arbeitssicherheitsgesetz ( ASiG) hat der Betriebsarzt den Unternehmer bei der Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb, welches die Implementierung von AED einschließt, zu beraten und zu unterstützen. Dazu sollte der Betriebsarzt über notfallmedizinische Kenntnisse verfügen. Verschiedene Institutionen bieten dazu sogenannte Refresher-Kurse an, die die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Beirates für Erste Hilfe und Wiederbelebung der Bundesärztekammer berücksichtigen.

2.4 Rechtliche Einordnung der AED-Anwendung

Die Anwendung des AED geschieht genauso wie die Wiederbelebung immer im Rahmen des "rechtfertigenden Notstandes" entsprechend § 34 Strafgesetzbuch ( StGB) und der mutmaßlichen Einwilligung des Betroffenen. Demnach ist davon auszugehen, dass der Anwender eines AED strafrechtlich nicht belangt werden kann, sofern er nicht die gebotene Sorgfaltspflicht verletzt. Hinweise hierzu sind in der Broschüre "Rechtsfragen bei Erste-Hilfe-Leistungen durch Ersthelfer" der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zu finden.

- > http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/erstehilfeweb.pdf

3 Gerätetechnik

In Deutschland werden von verschiedenen Firmen AED angeboten. Eine Liste mit Angabe zu Herstellern, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und auch keine Wertung vornimmt ist unter www.dguv.de
- > Webcode d97465, hinterlegt.

Neben den reinen Gerätepreisen sollten bei der Anschaffung die Folgekosten für das Zubehör (z.B. Elektroden), die Datenaufzeichnung, die evtl. Wartung, die Auswertungssoftware oder ein evtl. EKG-Monitoring berücksichtigt werden. Viele Geräte bieten die Möglichkeit zu einer Softwareaktualisierung (Update).

3.1 Analysesicherheit der AED

Die Analysesicherheit der Geräte ist sehr groß: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein defibrillationspflichtiger Rhythmus richtig erkannt wird, wenn er nach objektiven Kriterien vorliegt, liegt je nach Gerät bei bis zu 97 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gerät fälschlicherweise eine Defibrillation empfiehlt, wenn hierzu keine Notwendigkeit besteht, kann geräteabhängig kleiner als 2 % sein ****.

3.2 Energieversorgung

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