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Regelwerk

Hinweise zur Privilegierung von Biomasseanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB

Vom 23. März 2012
(ARGEBAU)



Vorbemerkung

Durch die nachfolgenden Hinweise werden die am 22. März 2006 durch die Fachkommission Städtebau beschlossenen Hinweise ersetzt.

Die Überarbeitung der Hinweise wurde erforderlich, da zum einen das Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414) durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22.07.2011 (BGBl. I. S. 1509) geändert wurde und sich dadurch im § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe d BauGB die Bezugsgröße für den dort genannten Leistungswert geändert hat. Dieser wird nachfolgend unter Ziffer 5 erläutert. Zum anderen haben sich bei der praktischen Anwendung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB und durch die Rechtsprechung neue Auslegungsfragen ergeben, auf die mit den nun vorliegenden Hinweisen eingegangen werden soll. Die Hinweise gelten für sämtliche Arten von Biomasseanlagen (Anlagen zur Verwertung fester, flüssiger oder gasförmiger Biomasse). Die nachfolgend unter Ziffer 1-5 ausgeführten Privilegierungsmerkmale müssen nicht nur zum Zeitpunkt der Genehmigung, sondern dauerhaft vorliegen.

1. Energetische Nutzung der Biomasse "im Rahmen eines Betriebes" nach § 35 Abs. 1 Nr. 6, 1. Halbsatz BauGB

Die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB steht unter dem Vorbehalt, dass die energetische Nutzung von Biomasse im Rahmen des betreffenden Betriebs erfolgt. Verlangt wird also eine Zuordnung der Biomasseanlage zu dem Basisbetrieb, z.B. zu dem landwirtschaftlichen Betrieb, vergleichbar den Fällen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, bei denen eine Zuordnung der Bauvorhaben zu den landwirtschaftlichen Betrieben vorausgesetzt wird.

Diese Zuordnung liegt jedenfalls vor, wenn der Betreiber der Biomasseanlage identisch ist mit dem Inhaber des Basisbetriebs. Darüber hinaus ist die erforderliche Zuordnung aber auch nicht schon deshalb zu verneinen, weil die zu beurteilende Biomasseanlage nicht im (Allein-) Eigentum des Inhabers des Basisbetriebs steht. Eine Biomasseanlage kann dem Basisbetrieb vielmehr auch dann noch zugeordnet werden, wenn sie sich im Eigentum einer Betreibergesellschaft befindet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Betreibergesellschaft dauerhaft nur aus Gesellschaftern im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe b BauGB besteht, die die Anlage beschicken. Der Inhaber des Basisbetriebs muss dabei allerdings maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft haben.

2. Erfordernis des räumlich-funktionalen Zusammenhangs der Biomasseanlage mit dem Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a BauGB

Die baulichen Anlagen zur Herstellung und Nutzung der Energie aus Biomasse müssen nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a BauGB in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen, in dessen Rahmen die Anlage errichtet werden soll. Damit soll eine Zersplitterung des Außenbereichs verhindert werden.

Dies erfordert die räumliche Nähe zu den Schwerpunkten der betrieblichen Abläufe. Bei landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist regelmäßig von der Hofstelle als Bezugspunkt für den räumlich-funktionalen Zusammenhang auszugehen. In besonders gelagerten Einzelfällen können - über die Hofstelle hinaus - Standorte für die Biomasseanlage in Betracht kommen, die als Betriebsschwerpunkt bzw. Betriebsstandort erkennbar und durch bauliche Anlagen des Betriebs von einigem Gewicht geprägt sind. Denkbar als Anknüpfungspunkt sind z.B. große Stallgebäude oder große Maschinenhallen, nicht jedoch untergeordnete bauliche Anlagen wie z.B. Fahrsilos, landwirtschaftliche Feldscheunen oder vergleichbare untergeordnete Anlagen. Nicht ausreichend ist auch die räumliche

Nähe zu Betriebsflächen bzw. zu den die Biomasse produzierenden Flächen. Vor dem Hintergrund des bereits erwähnten Zwecks der Bestimmung, die Zersiedlung des Außenbereichs zu verhindern, knüpft der Begriff des Betriebes an dessen baulichen Bestand an.

Soll die Biomasseanlage im Zusammenhang mit einem forstwirtschaftlichen (Absatz 1 Nr. 1), gartenbaulichen (Absatz 1 Nr. 2) oder tierhaltenden Betrieb (Absatz 1 Nr. 4) errichtet werden, ist die räumliche Zuordnung zu einem Betriebsstandort erforderlich.

Für die Auslegung des räumlichen Zusammenhangs ist eine allgemein gültige Bestimmung der Entfernung nicht möglich. Sie bemisst sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe c BauGB je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben werden darf (siehe Ziffer 4).

Der funktionale Zusammenhang der Biomasseanlage mit dem Betrieb erfordert eine Verknüpfung der Biomasseverwertung mit der vorhandenen Betriebsstruktur. Dieser Zusammenhang besteht insbesondere bei landwirtschaftlichen Betrieben entweder in der Nutzung von Produkten oder Reststoffen des Hofs als Rohstoff der Biomasseanlage oder in der Nutzung der aus Biomasse gewonnenen Energie zu betrieblichen Zwecken der Hofstelle (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.2008 - 7 C 6/08).

3. Herkunft der Biomasse nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe b BauGB

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe b BauGB muss die Biomasse überwiegend aus dem Betrieb selbst oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen privilegierten land- oder forstwirtschaftlichen (Absatz 1 Nr. 1), gartenbaulichen (Absatz 1 Nr. 2) oder tierhaltenden (Absatz 1 Nr. 4) Betrieben stammen. Damit wird ausdrücklich die Kooperation verschiedener Betriebe eröffnet, die sämtlich die Privilegierungsvoraussetzungen nach § 35

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