Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk; Erneuerbare Energien

Grundsätze zur Planung von großflächigen Solar-Freiflächenanlagen im Außenbereich
- Schleswig-Holstein -

Vom 1. September 2021
(Amtsbl. Schl.-H. Nr. 6 vom 07.02.2022 S. 118; 09.09.2024 S. 1498aufgehoben)
Gl.-Nr.: 2131.17



Zur aktuellen Fassung

Archiv 2006

A. Ziel und Anlass

Als Beitrag zur Erreichung der Klimaziele verfolgt die Landesregierung das Ziel, die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien/EE auszubauen. Für 2030 wird daher ein Ausbauziel für die Stromerzeugung aus Erneuerbare-Energien-Anlagen an Land von mindestens 34 Terawattstunden/TWh formuliert mit einer Bandbreite von bis zu 38 TWh. Diesem liegt die Annahme zugrunde, dass EU- und bundesweit, und damit auch in Schleswig-Holstein, die Treibhausgasminderungs- und EE-Ausbauziele erhöht werden und mehr Strom für die Sektorkopplung eingesetzt wird. Um dieses Ausbauziel zu erreichen, ist ein weiterer Zuwachs an Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen erforderlich.

Aufgrund der Bedeutung des Wärmesektors soll der Anteil der Wärme aus Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2025 auf mindestens 22 Prozent steigen. Solarthermie bietet gute Möglichkeiten, auf fossile Brennstoffe zu verzichten.

In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Solar-Freiflächen-Projekte deutlich zugenommen: Die Anlagen sind inzwischen auch außerhalb der EEG-Flächenkulisse wirtschaftlich tragfähig. In der Folge hat sich die Anzahl und Dichte der Einzelvorhaben deutlich erhöht. Die Projektansätze gehen dabei als Einstiegsgröße häufig von 10 bis 20 Hektar (ha) aus, teilweise erreichen sie Größenordnungen von 40 bis 80 ha.

Im Juni 2021 existierten in Schleswig-Holstein Baurechte für rund 1.850 ha Solar-Freiflächen-Projekte. Der Landesplanung liegen aktuell formelle Planungsanzeigen für weitere Projekte mit einem Gesamtumfang von rund 1.700 ha vor.

Die Nutzung Erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung liegt im öffentlichen Interesse, dient dem Klimaschutz und der Versorgungssicherheit. Daher sollen in Schleswig-Holstein auch die Potenziale der Stromerzeugung mittels Photovoltaikanlagen und die Wärmeerzeugung mittels Solarthermieanlagen genutzt werden.

Das Ziel der Landesregierung, den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter zu forcieren, erfordert neben dem Ausbau der Gebäudeanlagen die Entwicklung bestehender und neuer Standorte für Solar-Freiflächenanlagen. Der weitere Ausbau soll dabei möglichst raumverträglich erfolgen. Der Ausbau der Solar-Anlagen soll auf geeignete Räume gelenkt und die Planung der Standorte geordnet und unter Abwägung aller schutzwürdigen Belange erfolgen. Dabei sind vorrangig die Kommunen gefordert. Die Landesregierung gibt im Landesentwicklungsplan (LEP) für Solarenergie einen Rahmen, nimmt aber keine Ausweisung von Eignungs- oder Vorrangflächen vor, wie sie aus der Windkraftplanung bekannt sind.

Dieser Erlass soll Hilfestellungen für die planenden Gemeinden sowie die Kreise, Investorinnen und Investoren als auch Projektentwicklerinnen und Projektentwickler bieten, die in der erforderlichen Bauleitplanung zu beachtenden Belange verdeutlichen und Planungsempfehlungen zur Ausgestaltung der Solar-Freiflächenanlagen - und zwar sowohl Photovoltaik als auch Solarthermie geben.

Aufgrund der dynamischen Entwicklung der letzten Jahre werden die zuständigen Ressorts die in diesem Erlass enthaltenen Empfehlungen zum Umgang mit entsprechenden Vorhaben zur Errichtung von Solar-Freiflächenanlagen im Außenbereich im Jahr 2023 evaluieren und mit Blick auf die Erfordernisse des Klimaschutzes und die Belange der Raumplanung gegebenenfalls anpassen. Die Prüfung und Entscheidung über Änderungen der zugrundeliegenden gesetzlichen Rahmenbedingungen obliegt den jeweils zuständigen Ressorts bzw. dem Bund. Sie ist von der Erlass-Evaluierung nicht mit umfasst.

Nicht Gegenstand dieses Erlasses sind Solar-Anlagen an oder auf Gebäuden sowie an oder auf anderen baulichen Anlagen.

B. Bauplanungsrechtlicher Rahmen

C. Fachliche und überfachliche Vorgaben

Im Folgenden werden wichtige überfachliche und fachliche Belange beschrieben, die bei einer raumverträglichen Standortwahl von Solar-Freiflächenanlagen zu prüfen sind. Eine abschließende Darstellung aller fachlichen Belange ist hier nicht möglich, da im Einzelfall nahezu alle Belange der § 1 Abs. 5 und 6 sowie § 1a BauGB relevant sein können.

I.
Raumordnerische Vorgaben

Auszug aus der Landesverordnung über den Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein - Fortschreibung 2021 vom 25. November 2021 (LEP-VO, GVOBl. Schl.-H. S. 1409):

Kapitel 4.5.2 Solarenergie

Grundsätze und Ziele der Raumordnung

1 G

Die Potenziale der Solarenergie sollen in Schleswig-Holstein an und auf Gebäuden beziehungsweise baulichen Anlagen und auf Freiflächen genutzt werden. Bei der Solarenergienutzung werden zwei Anwendungsarten unterschieden: die Stromerzeugung mittels Photovoltaikanlagen und die Wärmeerzeugung mittels Solarthermieanlagen.

2 G

Die Entwicklung von raumbedeutsamen Solar-Freiflächenanlagen (Photovoltaik- und Solarthermie) soll möglichst freiraumschonend sowie raum- und landschaftsverträglich erfolgen. Um eine Zersiedelung der' Landschaft zu vermeiden, sollen derartige raumbedeutsame Anlagen vorrangig ausgerichtet werden auf

Solarthermie-Freiflächenanlagen sollen in guter städtebaulicher Anbindung, räumlicher Nähe zu Verbraucherinnen und Verbrauchern oder in räumlicher Nähe von Nah- oder Fernwärmenetzen beziehungsweise Wärmespeichern geplant und errichtet werden.

3 G

Die Inanspruchnahme von bisher unbelasteten Landschaftsteilen soll vermieden werden. Bei der Entwicklung von Solar-Freiflächenanlagen sollen längere bandartige Strukturen vermieden werden. Einzelne und benachbarte Anlagen sollen eine Gesamtlänge von 1.000 Metern nicht überschreiten. Sofern diese Gesamtlänge überschritten wird, sollen jeweils ausreichend große Landschaftsfenster zu weiteren Anlagen freigehalten werden, räumliche Überlastungen durch zu große Agglomerationen von Solar-Freiflächenanlagen sollen vermieden werden.

Z

Raumbedeutsame Solar-Freiflächenanlagen dürfen nicht

errichtet werden.

4 G

Planungen zu Solar-Freiflächenanlagen sollen möglichst gemeindegrenzenübergreifend abgestimmt werden, um räumliche Überlastungen durch zu große Agglomerationen von Solar-Freiflächenanlagen zu vermeiden.

5 G

Für größere raumbedeutsame Solar-Freiflächenanlagen ab einer Größe von 20 Hektar soll in der Regel ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden. Dies gilt auch für Erweiterungen von vorhandenen Anlagen in diese Größenordnung hinein und bei Planungen, die mit weiteren Anlagen in räumlichem Zusammenhang stehen und gemeinsam diese Größenordnung erreichen.

6 G

Bestehende Dach- und Gebäudeflächen beziehungsweise bauliche Anlagen sollen für Solaranlagen genutzt werden. Durch die Aufstellung von Bauleitplänen soll die Nutzung von solarer Strahlungsenergie an und auf baulichen Anlagen durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen ermöglicht werden.

7 G

Eine Konkretisierung der Vorgaben zu Freiflächen-Photovoltaik- und Solarthermieanlagen kann in den Regionalplänen durch Festlegung von Grundsätzen und Zielen der Raumordnung erfolgen.

Die im Landesentwicklungsplan und in den Regionalplänen dargestellten Ziele der Raumordnung (Texte und Karten) müssen von der Gemeinde zwingend beachtet werden. 7 Im Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens nach § 13 Landesplanungsgesetz ( LaplaG) kann geprüft werden, ob eine Abweichung von einem tangierten Ziel ausnahmsweise zugelassen werden kann. Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung 8 . sind nach § 4 Abs. 2 ROG zu berücksichtigen. Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung sind im Rahmen einer sachgerechten Abwägung überwindbar. Dies muss von der Gemeinde ausreichend begründet werden.

Für raumbedeutsame Solar-Freiflächen-Vorhaben wird eine raumordnerische Prüfung durch die Landesplanungsbehörde durchgeführt. In deren Rahmen wird festgestellt, ob Vorhaben mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar sind bzw. unter welchen Bedingungen eine Vereinbarkeit hergestellt werden kann. Soweit erforderlich wird das Prüfergebnis der Gemeinde in einer landesplanerischen Stellungnahme mitgeteilt ( § 11 Abs. 2 LaplaG). Reagiert die Landesplanungsbehörde innerhalb einer Frist von zwei Monaten nicht, kann die Gemeinde ihr Planverfahren fortsetzen. Die Pflicht, Ziele der Raumordnung zu beachten, bleibt unberührt.

II.
Bauplanungsrechtliche und umweltbezogene Leitprinzipien

Das Baugesetzbuch gibt der Bauleitplanung verschiedene grundsätzliche Planungsprinzipien ( § 1 sowie § 1a BauGB) vor, die die Gemeinde in ihrer Planungsentscheidung zu berücksichtigen hat, u.a.

III.
Belange des Umwelt- und Naturschutzrechts

Hinsichtlich der Belange und Ziele des Umwelt- und Naturschutzrechts sind für die konkret in Frage kommenden Standorte die Auswirkungen der Planung auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Klima (Mikroklima) und die sie betreffenden Wechselwirkungen zu berücksichtigen.

Folgende einschlägige umwelt- und naturschutzgesetzliche Regelungen sind dabei insbesondere zu beachten (die Reihenfolge der Aufzählung beinhaltet keine Gewichtung der betroffenen öffentlichen Belange):

IV.
Geeignete Standorte - Potenzialflächen mit besonderer Eignung

Der Ausbau der Solar-Freiflächenanlagen soll auf geeignete Räume gelenkt und die Planung weiterer Standorte geordnet und unter Abwägung aller schutzwürdigen Belange erfolgen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Nutzung vorbelasteter Flächen bzw. die Wiedernutzbarmachung von Industrie- oder Gewerbebrachen. In diesen Bereichen sollen Gemeinden und Planungsträger bevorzugt Flächen für Solar-Freiflächenanlagen suchen. Zum einen bestehen dort bereits Vorbelastungen des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes und zum anderen sind im Einzelfall bereits für Solarparks nutzbare Infrastrukturen (Betriebswege, Netzanbindungsknoten o.ä.) vorhanden.

Als geeignete Suchräume kommen dabei folgende Bereiche in Betracht:

Bei allen oben genannten Standortbereichen sind bei der weiteren Prüfung die fachrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten, die - trotz grundsätzlicher Eignung - zu einem Ausschluss der Fläche führen können.

Das Abwägungsgebot des § 2 Abs. 3 BauGB bleibt auch bei grundsätzlich geeigneten Flächen bestehen.

V.
Flächen mit besonderem Abwägungs- und Prüferfordernis

Auch in den folgenden Bereichen können Solar-Freiflächenanlagen zulässig sein; sie unterliegen jedoch einem besonderen Abwägungs- und Prüferfordernis. Im Rahmen der Bauleitplanung können öffentliche Belange mit einem besonderen Gewicht der Errichtung der Solar-Freiflächenanlagen entgegenstehen. In der Abwägung kann aber auch der öffentliche Belang der Nutzung Erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung überwiegen. Die Umsetzbarkeit von Solar-Freiflächenanlagen ist vom Prüfergebnis abhängig. Es können fachliche Genehmigungserfordernisse bestehen. Die zuständigen Fachbehörden sind frühzeitig einzubeziehen.

VI.
Flächen mit fachrechtlicher Ausschlusswirkung

Folgende Flächen sind grundsätzlich von vornherein auszuschließen, da der Errichtung von Solar-Freiflächenanlagen fachliche Bestimmungen entgegenstehen, die keiner Abwägung oder Ermessensentscheidung der Gemeinde zugänglich sind.

Auf diesen Flächen kommt die Errichtung von Anlagen nur in Betracht, wenn eine Ausnahme oder Befreiung von den fachrechtlichen Bestimmungen erteilt werden kann:

VII.
Besonderheiten bei Solarthermie-Freiflächenanlagen

Grundsätzlich weisen Solarthermie-Freiflächenanlagen ähnliche Wirkzusammenhänge wie Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf. Beide werden als Kollektorenfelder errichtet und weisen ein ähnliches Erscheinungsbild auf.

Solarthermie-Freiflächenanlagen haben jedoch andere Standortvoraussetzungen als Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Photovoltaik-Anlagen benötigen einen Zugang zu einem leistungsfähigen Stromnetz und einem Umspannwerk. Solarthermie-Anlagen müssen hingegen möglichst nah an den mit einem Wärmenetz zu versorgenden Siedlungsstrukturen errichtet werden, um die Wärmeverluste möglichst gering zu halten. Die Leitungen von Wärmenetzen werden in der Regel unterirdisch verlegt. Um die Wärme optimal zu nutzen, kann ein saisonaler Speicher, z.B. in Form eines Erdbeckenwärmespeichers, errichtet werden. Solarthermie-Anlagen benötigen häufig Flächen für entsprechende Wärmespeicher, Heizhäuser und Wärmeübergabestationen. Dies muss bei der Planung frühzeitig mit berücksichtigt werden.

VIII.
Besonderheiten bei Agri-Solar-Freiflächenanlagen

Mit Agri-Solar-Freiflächenanlagen können Freiflächenanlagen und Landwirtschaft kombiniert und Flächenkonkurrenzen vermieden werden. Photovoltaikmodule werden in einer Höhe montiert, die den Einsatz von üblichen landwirtschaftlichen Maschinen und andere landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden unter ihnen zulässt. Durch die Doppelnutzung einer Fläche durch die Kombination von Solarnutzung mit einer landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Nutzung können Synergieeffekte zum Schutz empfindlicher Kulturen, z.B. im Gemüse- oder Obstanbau, generiert werden. Obst- und Sonderkulturen, die von zunehmendem Hagel-, Frost- und Dürreschäden betroffen sind, könnten zudem gegebenenfalls von einer Schutzfunktion durch die Teilüberdachung mit Photovoltaikmodulen profitieren.

Gleichzeitig ist - im Gegensatz zu flacheren Modulanlagen - davon auszugehen, dass höhere Aufständerungen andere und auch weitreichendere Umweltauswirkungen nach sich ziehen können. Hierdurch können sich im Rahmen der Standortalternativensuche die geeigneten Flächenanteile verringern. Umweltauswirkungen und erforderliche Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen sowie die Anforderungen hinsichtlich der Kompensation unvermeidbarer Beeinträchtigungen sind im Einzelfall zu bestimmen. Im Rahmen der gemeindlichen Bauleitplanung sollten alle einschlägigen Festsetzungsmöglichkeiten für eine bestmögliche Einfügung geprüft und eingesetzt werden.

D. Planungsempfehlungen zur Ausgestaltung der Anlagen

Eine Vielzahl von begleitenden Maßnahmen können dazu beitragen, Beeinträchtigungen auf den Naturhaushalt zu vermeiden oder zu minimieren, aber auch die Biodiversität der Flächen zu erhöhen und zu verbessern., Unvermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen sind durch entsprechende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auszugleichen.

Hinsichtlich der Ausgestaltung von Solar-Freiflächenanlagen gelten folgende Planungsempfehlungen. Bei entsprechender Umsetzung kann dies teilweise zu einer Reduzierung des Kompensationsbedarfes anerkannt werden (siehe Kapitel E Hinweise zur Eingriffsregelung):

Die entsprechenden Unterlagen sind mit der Antragstellung einzureichen und deren Tragfähigkeit gegenüber der jeweils zuständigen Behörde nachzuweisen. Die oben beschriebenen Anforderungen werden als Standardbau- und -betriebsweise der weiteren Betrachtung zur Eingriffsregelung zugrunde gelegt.

E. Hinweise zur Eingriffsregelung

Der Bau von Solar-Freiflächenanlagen stellt einen Eingriff in Natur und Landschaft dar. Da diese Anlagen in der Regel,im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens umgesetzt werden, ist die Eingriffsregelung gemäß § 14 ff. BNatSchG nicht unmittelbar einschlägig. Gleichwohl sind die erheblichen Umweltauswirkungen im Rahmen der Umweltprüfung zu ermitteln sowie im Umweltbericht zu beschreiben und zu bewerten ( § 2 Abs. 4 BauGB). Die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe a bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem BNatSchG) sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen.

Soweit eine Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen geplant wird, sind gemäß § 1a Abs. 3 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 3 BNatSchG die agrarstrukturellen Belange zu berücksichtigen.

Wegen der spezifischen Auswirkungen großflächiger Solaranlagen auf die Naturgüter und das Landschaftsbild können die Regelungen des Gemeinsamen Runderlasses "Verhältnis der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zum Baurecht vom 9. Dezember 2013 (Amtsbl. Schl.-H. S. 1170)" bezüglich der dort angegebenen Kompensationsanforderungen nur begrenzt angewendet werden, so dass aufgrund der in der Regel geringeren Eingriffsschwere bei flächenhaften Solaranlagen abweichende Kompensationsansätze wie folgt angewendet werden können:

Für die Anlagenteile innerhalb des umzäunten Bereichs, zuzüglich der bebauten Fläche außerhalb der Umzäunung (z.B. Nebenanlagen, Zufahrten etc.), sind Kompensationsmaßnahmen zur Einbindung der Anlagen in die Landschaft und zum Ausgleich bzw. Ersatz betroffener Funktionen des Naturhaushalts im Verhältnis von 1:0,25 herzustellen. Eingrünungsmaßnahmen und größere ungestörte Freiflächen zwischen den Teilflächen der Anlage (Querungskorridore) können angerechnet werden und führen zu einem reduzierten Kompensationserfordernis. Für Solar-Freiflächenanlagen in oder auf Gewässern ist in der Regel der Kompensationsbedarf im Verhältnis 1:0,25 (ohne Reduktionsmöglichkeit) in Bezug auf die installierte Kollektorfläche zu ermitteln.

Bei vollständiger Umsetzung der oben definierten naturschutzfachlichen Anforderungen an die Ausgestaltung von Solar-Freiflächenanlagen kann eine Reduzierung der Kompensationsanforderung bis auf den Faktor 1:0,1 erfolgen (vergleiche Kap. D Planungsempfehlungen zur Ausgestaltung der Anlagen).

Für Standorte, die bereits vollständig versiegelt sind, ist in der Regel keine zusätzliche Kompensation für den Naturhaushalt erforderlich, da regelmäßig eine Kompensation für die bestehende Vollversiegelung bereits erfolgt ist (Vermeidung Doppelkompensation). Die Regelungen zum Landschaftsbild bleiben unberührt.

Grundsätzlich sind auf Flächen mit fachrechtlicher Ausschlusswirkung Solar-Freiflächenanlagen nicht zulässig. Sofern für Eingriffe (auch temporäre) in Schutzgebiete (Natura 2000, Nationalparks, NSG, LSG) gesetzlich geschützte Biotope oder hochwertige Naturflächen (Naturschutzfachwert 4 bis 5) aufgrund ihrer Vorrangigkeit im Einzelfall im Zuge einer Ausnahme oder Befreiung doch zugelassen werden, ist eine zusätzliche Kompensation im Verhältnis 1:1 erforderlich (vergleiche Kap. C VI). Sofern bestehende oder festgesetzte Kompensationsmaßnahmen sowie Funktionselemente mit besonderer Bedeutung für die Schutzgüter Boden und Wasser (vergleiche Kap. C V) betroffen sind, ist gleichfalls eine zusätzliche Kompensation im Verhältnis 1:1 erforderlich (vergleiche hierzu auch Orientierungsrahmen Straßenbau SH 2004).

Bei großflächigen oder großvolumigen Wärmespeichern von. Solarthermie-Freiflächenanlagen sind neu zu versiegelnde Flächen mit dem Faktor 1:1 zu kompensieren, da hier von einer Vollversiegelung ausgegangen werden muss. Böschungsflächen sind standortheimisch und standortgerecht einzugrünen. Die oben beschriebenen Regelungen für geschützte oder besonders wertvolle Bereiche bleiben unberührt.

Bei Abweichungen von der oben beschriebenen Standardbau- und -betriebsweise (vergleiche Kap. D Planungsempfehlungen zur Ausgestaltung der Anlagen) bedarf es einer Einzelfallprüfung, insbesondere hinsichtlich der Faktoren für die Eingriffsschwere.

Für Eingriffe in das Landschaftsbild sind Eingrünungsmaßnahmen (Gehölzpflanzungen) um Solar-Freiflächenanlagen obligatorisch, um das Landschaftsbild wiederherzustellen bzw. neu zu gestalten. Sofern geeignet, können sie multifunktional auch als Kompensation für Eingriffe in den Naturhaushalt anerkannt werden.

Hinsichtlich der Anforderungen des Artenschutzrechts gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG und des Habitat-Schutzrechts (Natura 2000) nach § 34 BNatSchG sind die einschlägigen Regelungen und Hinweise zu beachten. Gegebenenfalls erforderliche Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen sind im Umweltbericht darzustellen und zwingend zu beachten, ebenso wie gegebenenfalls erforderliche vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (sogenannte CEF-Maßnahmen) oder Kohärenzsicherungsmaßnahmen bei vorrangigen Solar-Freiflächenanlagen und fehlenden Alternativstandorten. Sofern geeignet, können diese Maßnahmen multifunktional auch als Kompensation für Eingriffe in den Naturhaushalt anerkannt werden.

Weiterführende Informationen sind z.B. über das Bundesamt für Naturschutz (BfN) 2009: Naturschutzfachlich Bewertungsmethoden für Freilandphotovoltaikanlagen (BfN Skript 247) zu erhalten.

F. Instrumentelle und sonstige Hinweise zur Bauleitplanung

Neben den rechtlich erforderlichen Planwerken der Bauleitplanung stellen sich folgende Instrumente als besonders geeignet dar:

Informelle Rahmenplanung
Das oben dargestellte informelle gesamträumliche Rahmenkonzept stellt sich als Basis der Steuerung der Gesamtentwicklung und der Bauleitplanung für das einzelne Projekt als ein sehr flexibles Instrument dar. Die Vorprüfung der Flächen ermöglicht ein zügiges Bauleitplanverfahren für die dort erfassten geeigneten Flächen. Die Gemeinde ist damit nicht zwingend an ein festes Standortkonzept gebunden. Wenn sich neue Entwicklungsoptionen darstellen, kann sie bei Bedarf gegebenenfalls zügig nachsteuern.

G. Inkrafttreten/Außerkrafttreten

Dieser Erlass tritt mit seiner Veröffentlichung in Kraft und ist befristet bis zum 31. Dezember 2025.

1) Unbenommen hiervon besteht die Möglichkeit der Zulassung nach anderen fachlichen Grundlagen, z.B. im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens (z.B. Deponie mit PV-Nutzung).

2) "Die grundsätzliche Pflicht zu einer solchen Prüfung von Alternativen folgt aus dem Gebot der Proportionalität der Abwägung und damit aus dem rechtstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vergleiche Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 5. Aufl. 2015, a Rn. 1776; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 23. Januar 2013 - 8 C 10782/12 -). Ein Bebauungsplan (...) erweist sich (...) im Ergebnis als fehlerhaft, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung, unter Berücksichtigung aller abwägungserheblicher Belange, eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Variante sich hätte aufdrängen müssen. (VGH Baden-Württemberg Urteil vom 22. Mai 2019 - 8 S 2431/17 -)."

3) BVerwG, Beschluss vom 6. März 2018 - 4 BN 15/17 -, Rn. 31, juris.

4) Zu Ersterem: OVG Münster 12. November 2003 - 3 0 22/00 -; zu Zweitem: allgemein: BVerwG 40, 323 und zu den verschiedenen Ausprägungen: Schrödter/Wahlhäuser in: Schrödter, BauGB, Kommentar, 8. Aufl., § 2 Rn. 59 ff. mit Fn. 155 ff.

5) BVerwG, Urteil vom 1. August 2002 - 4 C 5/01 -, BVerwG 117, 25-42, Rn. 21.

6) Vermerk MILIG vom 9. August 2021, Seite 2.

7) Die in § 4 Abs. 1 ROG angeordnete Beachtungspflicht schließt aus, dass ein Ziel der Raumordnung in Abwägungs- und Ermessensentscheidungen durch* andere öffentliche Belange überwunden werden kann. Neben der Anpassungspflicht der Bauleitpläne der Gemeinden an die Ziele der Raumordnung stellt § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ROG klar, dass Ziele der Raumordnung außerdem bei Genehmigungen, Planfeststellungen und sonstigen Entscheidungen, die die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen betreffen, zu beachten sind.

8) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG sind sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen.

9) Es können im Einzelfall auch schwimmende Solaranlagen auf Gewässern zugelassen werden, soweit sie auch bauplanungsrechtlich zulässig sind. Der Bau (einschließlich Verankerungen) von Solar-Freiflächenanlagen darf in und an Gewässern nicht zu einer Verschlechterung des Zustands der Gewässer führen (Verschlechterungsverbot gemäß Wasserrahmenrichtlinie WRRL) und auch dessen Entwicklung hin zu einem guten ökologischen Zustand- nach WRRL nicht beeinträchtigen (Zielerreichungsgebot gemäß WRRL). Die Auswirkungen des Vorhabens auf Wasserflächen und Uferzonen (mindestens 10 Meter Breite) sind in einem Fachbeitrag zu prüfen und zu dokumentieren. Bei möglichen Havarien sind schädliche Auswirkungen auf Wasserflächen und Uferzonen durch geeignete Maßnahmen zu verhindern.

10) Publikationen/Informationen/Bundeseinheitliche Qualitätsstandards - Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) (lagaonline.de).

ENDE

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 09.10.2024)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: ab 105.- € netto

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion