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Regelwerk

Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem Notfall mit Freisetzung von radioaktivem Jod
- Empfehlung der Strahlenschutzkommission -

Vom 12. September 2018
(BAnz AT 07.05.2019 B4)



Archiv 2004 2011

Verabschiedet in der 294. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 26. April 2018

Vorwort

Auf Grundlage der Erfahrungen aus dem Reaktorunfall in Fukushima und der aktuellen Leitlinie der WHO zur Jodblockade der Schilddrüse hat das Bundesumweltministerium die Strahlenschutzkommission (SSK) um Überprüfung und gegebenenfalls Aktualisierung der zuletzt 2011 veröffentlichten Merkblätter zur " Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall" (sog. Jodmerkblätter) gebeten.

Die Überarbeitung der Jodmerkblätter, die zu der vorliegenden Empfehlung führte, wurde durch die Arbeitsgruppe "Medizinischer Notfallschutz" der Ausschüsse "Strahlenschutz in der Medizin" und "Notfallschutz" der Strahlenschutzkommission vorgenommen. Die folgenden Mitglieder gehörten der Arbeitsgruppe an:

Die Überprüfung ergab insgesamt nur geringfügigen Bedarf an inhaltlichen Änderungen, sowohl im Merkblatt für Ärzte und Apotheker als auch im Merkblatt für die Bevölkerung. Allerdings wurden die Merkblätter mit dem Ziel der besseren Verständlichkeit und der umfassenderen Information über das Schutzkonzept redaktionell überarbeitet und ergänzt.

1 Empfehlung und Begründung

Auf Grundlage der Erfahrungen aus dem Reaktorunfall in Fukushima und der aktuellen Leitlinie der WHO zur Jodblockade der Schilddrüse (im Folgenden Jodblockade genannt) hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) die Strahlenschutzkommission (SSK) um Überprüfung der zuletzt 2011 veröffentlichten Merkblätter zur " Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall" (sog. Jodmerkblätter) gebeten.

Die Überprüfung ergab insgesamt nur geringfügigen Bedarf an inhaltlichen Änderungen sowohl im Merkblatt für Ärzte und Apotheker als auch im Merkblatt für die Bevölkerung. Die Merkblätter wurden aber mit dem Ziel der besseren Verständlichkeit und der umfassenderen Information über das Schutzkonzept redaktionell überarbeitet und ergänzt.

Ziel der Jodblockade in Form der Einnahme von hohen Dosen stabilen Jods (wissenschaftliche Schreibweise Iod) in der Größenordnung des 100- bis 1.000-fachen der täglich mit der Nahrungszufuhr aufgenommenen Menge ist in erster Linie die Verhinderung von strahleninduziertem Schilddrüsenkrebs bei besonders vulnerablen Gruppen der Bevölkerung (Ungeborene, Kinder und Jugendliche). Schwangere und Stillende zählen auch zur Gruppe der besonders vulnerablen Personen, da über sie die Ungeborenen und die Säuglinge geschützt werden.

Deutschland galt in der Vergangenheit als Gebiet mit ausgeprägtem ernährungsbedingtem Jodmangel. Diese Situation hat sich mit der Einführung jodierten Speisesalzes in Deutschland seit 1989 deutlich verbessert. Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass weiterhin ein leichter Jodmangel nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) besteht, der nicht mehr regional, sondern durch die Ernährungsgewohnheiten bestimmt ist. Deshalb kommt der Jodblockade in Deutschland eine höhere Bedeutung zu als in ausreichend jodversorgten Ländern.

Die bisherige Empfehlung der SSK besagt, Personen, die älter als 45 Jahre sind, keine Kaliumiodidtabletten zur Jodblockade (im Folgenden Jodtabletten genannt) zu verabreichen, da mit steigendem Lebensalter das Risiko von Nebenwirkungen wie der Auslösung einer Überfunktion in einer durch Jodmangel vorgeschädigten Schilddrüse höher ist als das geringe Risiko, durch notfallbedingte Expositionen mit radioaktivem Jod an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Die SSK empfiehlt, an der Altersgrenze von 45 Jahren bis auf weiteres als Orientierungswert festzuhalten, weil sich der Schilddrüsenstatus durch Verbesserung der Jodversorgung gerade bei älteren Personen noch nicht so stark verändert hat wie bei jüngeren Personen. Die genannte Altersgrenze gilt nicht für Personen, die während eines Notfalls bzw. unmittelbar danach in einer kerntechnischen Anlage tätig sind.

Im Regelfall genügt die einmalige Einnahme von tabletten mit einer ausreichend hohen Menge stabilen Jods. Auf Ausnahmen von dieser Regel wurde bereits in den Jodmerkblättern von 2011 hingewiesen. Nicht zuletzt der Ablauf des Reaktorunfalls in Fukushima zeigte, dass radioaktives Jod wiederholt über einen Zeitraum von Tagen freigesetzt werden kann. Für den Fall der wiederholten oder länger anhaltenden Jodfreisetzung sowie bei Freisetzung mehr als einige Stunden nach zurückliegender tabletteneinnahme empfiehlt die SSK die erneute Einnahme von Jodtabletten.

Neu in die aktuelle Empfehlung aufgenommen werden Hinweise auf weitere frühe Schutzmaßnahmen wie Aufenthalt in Gebäuden, Evakuierung und Vermeidung des Verzehrs von kontaminierter Nahrung und kontaminiertem Trinkwasser. Die Verwendung von partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP3-Masken) wird nicht empfohlen, da der durch sie erzielbare Schutz nicht ausreicht, um eine Jodblockade zu ersetzen.

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