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Regelwerk, Strahlenschutz

Strahlenschutzmaßnahmen bei der Herstellung und Anwendung von227Th-Radioimmunokonjugaten
- Vollzug der Strahlenschutzverordnung -

Vom 21. Dezember 2018
(GMBl. Nr. 2/3 vom 11.02.2019 S. 46)



Bezug:

Die Firma Bayer stellt mehrere227Th-Radioimmunokonjugate für den Einsatz in der Radioimmuntherapie her. Vor dem Hintergrund bevorstehender Umgangsgenehmigung nach Strahlenschutzrecht für227Th erstellte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) im Juni 2016 eine Stellungnahme zu Strahlenschutzmaßnahmen bei der Herstellung und Anwendung von227Th-Präparaten in der Radioimmuntherapie. Der Fachausschuss Strahlenschutz des Länderausschusses Atomkernenergie beschloss in seiner Sitzung im Mai 2017, die vom BfS erarbeiteten Ergebnisse im Vollzug der Strahlenschutzverordnung zu berücksichtigen. Im Nachgang zur Veröffentlichung der Stellungnahme sah das BfS den Bedarf, die Stellungnahme zu überarbeiten.

Die modifizierte Stellungnahme (Stand: August 2017; siehe Anlage) wurde im Fachausschuss beraten und in seiner Sitzung im November 2018 als geeignete Grundlage für den Vollzug bewertet.

Ich bitte Sie vor diesem Hintergrund, die überarbeitete Stellungnahme des BfS zu den "Strahlenschutzmaßnahmen bei der Herstellung und Anwendung von227Th-Radioimmunokonjugaten am Menschen" (Stand: August 2017; siehe Anlage) im Vollzug der Strahlenschutzverordnung zu berücksichtigen.

1 Einleitung

Die Firma Bayer entwickelt derzeit mehrere227Th-Radioimmunokonjugate für den Einsatz in der Radioimmuntherapie.

[1] Die Substanz BAY 1862864 ist bereits in Schweden in der klinischen Prüfung. In 2017 sollen auch in Deutschland entsprechende Studien beginnen. Diese Stellungnahme bezieht sich auf Strahlenschutzmaßnahmen bei der Herstellung und Anwendung von227Th-Radioimmunokonjugaten.

Betrachtet werden dabei mögliche Expositionen und sich daraus ableitende Strahlenschutzmaßnahmen für die Beschäftigten bei der Herstellung und Anwendung (Kapitel 3), die allgemeine Bevölkerung (Kapitel 4), Familienangehörige von Patient/-innen (Kapitel 5) sowie die Konsequenzen einer Kremierung verstorbener Patient/-innen (Kapitel 6).

227Th ist ein Alphastrahler, der aus227Ac-Generatoren gewonnen wird und über eine Reihe von Tochternukliden, ebenfalls meist Alphastrahler, in stabiles207Pb zerfällt (s. Tabelle 1).

Die Herstellung von BAY 1862864 für klinische Studien soll zentral erfolgen.227Th wird als Tetrachlorid-Lösung von dessen Hersteller (Algeta) aus Norwegen bezogen, gereinigt, zu einem Antikörper-Chelat-Komplex umgesetzt und an die Studienteilnehmer versandt. Die geplante Eingangsaktivität von227Th beträgt bis zu 100 MBq. Es ist geplant, BAY 1862864 bis zu viermal in einem Abstand von vier bis zwölf Wochen mit einer Aktivität von je 20-100 kBq227Th pro kg Körpergewicht zu verabreichen.

BAY 1862864 kann nach Angaben von Bayer nach der Herstellung mit bis zu 0,002 %227Ac und bis zu 5 %223Ra (bezogen auf die227Th-Aktivität) verunreinigt sein. Zum Zeitpunkt der Applikation (angenommen 48 Stunden nach Herstellung) steigen diese Anteile auf bis zu 0,0022 % für227Ac und 16,6 % für223Ra (einschließlich des durch radioaktiven Zerfall entstandenen223Ra).

2. Annahmen

Es liegen derzeit keine vollständigen Kenntnisse zur Biokinetik und zur Anwendungsweise von BAY 1862864 vor. Zur Schließung dieser Wissenslücken sind daher bestimmte Annahmen notwendig. Dieser Stellungnahme liegen folgende, meist konservative Annahmen zu Grunde:

Zur Herstellung von BAY 1862864 wird eine Durchstechflasche mit 100 MBq227Th-Tetrachlorid verwendet. Dieses verhält sich biokinetisch entsprechend dem Modell der ICRP-Publikation 69 mit Lungenabsorptionsklasse M. [2]

Die Applikation am Patienten erfolgt 48 Stunden nach der Herstellung. Ein Patient erhält vier Injektionen227Th mit je 100 kBq/kg Körpergewicht (d. h. ein Durchschnittspatient mit 70 kg Körpergewicht erhält 7 MBq) in vierwöchigem Abstand. Die Verunreinigungen zum Zeitpunkt der Applikation betragen 0,0022 % für227Ac und 16,6 % für223Ra. Beide Radionuklide sind nicht an den Antikörper gekoppelt.

Auf Grundlage der Ergebnisse aus Affenversuchen wurde ein biokinetisches Modell für BAY 1862864 entwickelt. Für die im Körper gebildeten Tochternuklide von227Th wurde angenommen, dass sie sich sofort vom Antikörper lösen und sich mit unabhängiger Kinetik entsprechend der Modelle der ICRP-Publikation 69 für Tochternuklide von Thorium verhalten. Entsprechend diesem Modell wird insgesamt 19 % der applizierten227Th-Aktivität über Urin und Stuhl ausgeschieden. Die gesamte Ausscheidung von223Ra, das durch radioaktiven Zerfall im Körper gebildet wird, beträgt 69 % der applizierten227Th-Aktivität. Für inkorporierte223Ra-Verunreinigungen wird angenommen, dass sie sich biokinetisch wie223Ra-Chlorid, d. h. wie Xofigo, verhalten. Entsprechend wird 74 % der inkorporierten Aktivität über Urin und Stuhl ausgeschieden. Für227Th- und223Ra-Chlorid werden die biokinetischen Modelle der ICRP-Publikationen 67 und 69 mit Lungenabsorptionsklasse M verwendet. [2, 3]

Tabelle 1: Zerfallseigenschaften von227Th-227, dessen Mutternuklid227Ac sowie den relevanten Tochternukliden.

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(Stand: 14.02.2019)

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