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Regelwerk, Strahlenschutz

Überwachung der Augenlinsendosis vom 2. Februar 2010
- Stellungnahme der Strahlenschutzkommission -

Vom 13. September 2010
(BAnz. Nr. 17 vom 01.02.2011 S. 374)


Nachfolgend wird die Stellungnahme der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 240. Sitzung der Kommission am 2. Februar 2010, bekannt gegeben.

Einleitung

Die Trübung der Augenlinse (Katarakt) infolge Bestrahlung mit ionisierender Strahlung ist ein bekannter Effekt, der dazu geführt hat, im Rahmen der Strahlenschutzvorsorge die Exposition der Augenlinse speziell zu begrenzen. Die ICRP hat zum Ausschluss von deterministischen Schäden (im Wesentlichen die Trübung der Augenlinse) spezielle Dosisgrenzwerte für die Augenlinse festgelegt (150 mSv pro Jahr für beruflich strahlenexponierte Erwachsene, 15 mSv pro Jahr für allen anderen Personen) (ICRP 1991).

Lange Zeit wurde die Kataraktbildung als Folge einer Exposition mit ionisierender Strahlung als deterministischer Effekt angesehen, bei dem eine Schwellendosis (> 500 mSv) existiert, unterhalb der kein nachweisbarer Effekt auftritt. Diese Ansicht ist in den letzten Jahren aufgrund neuerer Untersuchungen vermehrt bezweifelt worden (s. z.B. Worgul et al. 2007 und Chodick et al. 2008). Es wird gefordert, die Schwellendosis wesentlich niedriger anzusetzen, wobei nicht klar ist, ob überhaupt eine solche existiert. Damit wären auch niedrigere Dosisgrenzwerte für die Augenlinse in Betracht zu ziehen. Die Strahlenschutzkommission (SSK) hat dazu im Jahr 2009 eine Empfehlung abgegeben (SSK 2009). Die neuen ICRP-Empfehlungen von 2007 haben vorerst diese Frage offen gelassen, da die Forschungsergebnisse noch nicht umfassend genug sind. Unabhängig davon hat die Diskussion zu der Frage geführt, ob in der Praxis des beruflichen Strahlenschutzes eine genauere Überwachung der Augenlinsendosis erfolgen sollte und mit welchen Mitteln dies erfolgen könnte.

Die folgende Stellungnahme befasst sich insbesondere mit Fragen nach den geeigneten Messgrößen zur Abschätzung der Augenlinsendosis unter Berücksichtigung verschiedener Strahlungsarten und nach den geeigneten Messverfahren. Dabei wird speziell auf folgende Fragen eingegangen:

  1. Gibt es neue Erkenntnisse über die in SSK-Band 43 (1998, 2. Auflage 2006) dargelegten Daten zur Organdosis der Augenlinse hinaus, insbesondere in Bezug auf die Abschnitte 3.2.1 und 5.4.3 in diesem Band?
  2. Welche Messgrößen sind für eine konservative Abschätzung der Organdosis der Augenlinse für durchdringende Strahlung und für Strahlung mit geringer Eindringtiefe geeignet?
  3. Welche Messgröße ist insbesondere für eine konservative Abschätzung der Organdosis der Augenlinse für niederenergetische Photonen-Strahlung im Bereich unter 100 keV geeignet?
  4. Gibt es Besonderheiten bei der dosimetrischen Erfassung der Organdosis der Augenlinse, die zu beachten sind?
  5. Gibt es Handlungsempfehlungen hinsichtlich der Notwendigkeit der Einführung von Hp(3) und Hp(0,07) (Kalibrierung auf dem Quader-Phantom)?
  6. Welche Schutzausrüstungen sind für die Augenlinse geeignet?

Stellungnahme

Die oben angesprochenen Fragen lassen sich nur zum Teil aus der vorliegenden wissenschaftlichen Literatur eindeutig beantworten. Sie haben deshalb zu einer Reihe weiterer Untersuchungen geführt, deren Ergebnisse in Ausschnitten in der ausführlicheren wissenschaftlichen Begründung zu dieser Stellungnahme dargestellt werden.

Auf der Basis dieser im wissenschaftlichen Anhang erläuterten neuen Daten wird zu den oben aufgeworfenen Fragen die folgende Stellungnahme abgegeben:

  1. Die im SSK-Band 43 publizierten Daten zur Organdosis der Augenlinse entsprechen dem damaligen international anerkannten Stand der Wissenschaft. Diese Daten beruhen insbesondere für Elektronen auf Rechnungen mit einem sehr groben Modell des menschlichen Auges. Deshalb sind insbesondere für Beta-Strahlung die Schlussfolgerungen im Abschnitt 5.4.3 dieses SSK-Bandes, dass für beruflich strahlenexponierte Personen die Überwachung der Hautdosis mit ihrem Grenzwert von 500 mSv pro Jahr auch die Einhaltung des Grenzwertes von 150 mSv pro Jahr für die Dosis der Augenlinse garantiert (sofern das Dosimeter in der Nähe der Augen linse positioniert ist), nicht mehr aufrechtzuerhalten. Dieser Teil von Band 43 muss deshalb überarbeitet werden.
    Es sollten Dosis-Konversionsfaktoren für die Augenlinsendosis verwendet werden, die auf einer realistischeren Simulation des menschlichen Auges basieren und die unterschiedliche Empfindlichkeit von Bereichen innerhalb der Augenlinse bezüglich einer Kataraktbildung infolge einer Exposition berücksichtigen.
    Bei Photonen-Strahlung wird in Abschnitt 3.2.1 des SSK-Bandes 43 nur auf das Verhältnis von Augenlinsendosis zur Umgebu ngs-Äqu ivalentdosis Bezug genommen. Das ist unter den heute betrachteten Expositionssituationen in der Radiologie nicht ausreichend und muss überarbeitet werden.
  2. Bei der Frage, welche Messgrößen für eine konservative Abschätzung der Organdosis der Augenlinse für durchdringen- de Strahlung und für Strahlung mit geringer Eindringtiefe geeignet sind, müssen die Verhältnisse bei Photonen (insbesondere Röntgenstrahlung) und Beta-Strahlung getrennt betrachtet werden.
    Bei Photonen-Strahlung reichen die Personendosis-Messgrößen Hp(0,07) bei Energien < 200 keV und Hp(10) bei Energien > 100 keV zur Abschätzung der Augenlinsendosis völlig aus. Deshalb besteht bei Photonenfeldern keine Notwendigkeit, für den speziellen Fall der Augenlinsenüberwachung die zusätzliche Personendosis-Messgröße Hp(3) - und damit möglicherweise auch die Ortsdosis-Messgröße H'(3 ,,, Ω) - zusätzlich einzuführen.
    Für die Messgröße Hp(0,07) muss das verwendete Personendosimeter aber wie ein Ganzkörperdosimeter auf einem ISO-Quader-Wasser-Phantom (Quader-Phantom) kalibriert werden und nicht auf einem ISO-Stab-Phantom wie ein Teilkörperdosimeter.

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