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Regelwerk

Anforderungen an die Rechtfertigung individueller Früherkennungsuntersuchungen mit ionisierender Strahlung

Vom 13. Januar 2007
(BAnz. Nr. 55 vom 20.03.2007 S. 2944)



Nachfolgend wird die Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 208. Sitzung der Kommission am 11./12. Juli 2006, bekannt gegeben.

Empfehlung der Strahlenschutzkommission

1 Vorbemerkungen

In Deutschland besteht, wie in anderen industrialisierten Ländern, ein zunehmendes Interesse vieler Menschen an der Krankheitsfrüherkennung, woraus sich eine Inanspruchnahme von Untersuchungen unter Anwendung ionisierender Strahlung ergeben kann.

Früherkennung kann nicht mit "Vorsorge" gleichgesetzt werden. In der Hierarchie präventivmedizinischer Maßnahmen verdient die Primärprävention (Verhinderung der Entstehung der Krankheit) absolute Priorität. Ist diese nicht möglich oder bei Latenzschäden nicht effektiv einsetzbar, kommen Maßnahmen der Sekundärprävention (Entdeckung der Erkrankung in einem frühen Stadium = Früherkennung) in Betracht. Bei vielen Erkrankungen ist die primäre Prävention sehr viel sinnvoller als die sekundäre Prävention.

Notwendig ist die wissenschaftlich fundierte Information interessierter Personen über Früherkennungsuntersuchungen. Ziel sollte es sein, die betreffende Person in die Lage zu versetzen, Vor- und Nachteile einer Früherkennungsuntersuchung mit ionisierender Strahlung einschätzen zu können. Außerdem sollte sie den Ablauf der Untersuchung kennen und darüber aufgeklärt werden, dass sich aus dem Resultat ggf. weitere Maßnahmen ergeben. Diese Informationen sind notwendig, um sich nicht allein für oder gegen eine bestimmte Untersuchung entscheiden zu können, sondern sich auch der Kette der ggf. daran anschließenden Maßnahmen bewusst zu sein.

Die Strahlenschutzverordnung ( StrlSchV) und die Röntgenverordnung ( RöV) fordern in jedem Fall eine rechtfertigende Indikation, d. h. eine Überprüfung durch den anwendenden Arzt mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz, dass der gesundheitliche Nutzen einer Anwendung gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt.

2 Abgrenzung zwischen Röntgen-Reihenuntersuchungen (Screeningprogrammen) und individueller Früherkennung

Organisierte Reihenuntersuchungen mit ionisierender Strahlung an großen Personengruppen mit Einladungsverfahren (Screening) bedürfen einer Zulassung durch die obersten Landesbehörden. Derartige Programme werden in Deutschland derzeit für das Brustkrebs-Screening von Frauen zwischen 50 und 69 Jahren mittels Röntgenmammographie eingeführt.

Demgegenüber ist die Anwendung ionisierender Strahlung zur Früherkennung asymptomatischer Erkrankungen außerhalb dieser Reihenuntersuchungen generell nur als individuelle Untersuchung nach Überprüfung der rechtfertigenden Indikation in jedem Einzelfall zulässig (individuelle Früherkennungsuntersuchung, siehe Nummer 3).

Im rechtlichen Graubereich zwischen den beiden o. g. Fällen ist das sog. "graue" Screening - provokant auch als "Screening im Wellness-Bereich" bezeichnet - anzusiedeln. Derartige Früherkennungsmaßnahmen sind nach RöV und StrlSchV nicht zulässig. Da sie keiner adäquaten Qualitätskontrolle unterliegen, ist zu befürchten, dass die Strahlenrisiken sowie die unerwünschten Folgen einer unreflektierten Früherkennung zu wenig beachtet werden. Dies trifft um so mehr. zu, wenn diese Früherkennungsmaßnahmen im Rahmen der Selbstzuweisung erfolgen.

Die im folgenden dargestellten Anforderungen können als Entscheidungsgrundlage bei der Erarbeitung von Empfehlungen für Untersuchungen mit ionisierender Strahlung dienen. Sie sollten aber auch bei Empfehlungen berücksichtigt werden, die für Untersuchungen ohne ionisierende Strahlung erstellt werden (Früherkennungsuntersuchungen mittels Magnetresonanztomographie, Sonographie, Laboruntersuchungen etc.) .

3 Voraussetzungen für effektive Früherkennungsuntersuchungen

Aus Sicht der Strahlenschutzkommission darf die rechtfertigende Indikation für die Anwendung ionisierender Strahlung zur Früherkennung einer Erkrankung nicht allein aufgrund des Wunsches des Patienten gestellt werden, dem in der Regel die Sachkenntnis fehlt, um Vor- und Nachteile der Untersuchung abwägen zu können. Vielmehr darf die Indikationsstellung nur auf dem Stand des ärztlichen Wissens nach abgestimmten Empfehlungen und Leitlinien der wissenschaftlichen Fachgesellschaften sowie nach Überprüfung aller relevanter Faktoren erfolgen.

Wesentliche Voraussetzungen für effektive sekundärpräventive Maßnahmen im Sinne der Krankheits-Früherkennung sind:

  1. Das individuelle Risikoprofil ist bekannt oder kann präzise definiert werden.
  2. Die Schwere der vermuteten Erkrankung rechtfertigt eine Früherkennungsmaßnahme.
  3. Die Erkrankung, die im asymptomatischen Stadium nachgewiesen werden soll, hat eine für die Untersuchungseffektivität ausreichend hohe Prävalenz.
  4. Die Erkrankung weist eine Phase auf, die noch nicht zu Symptomen führt (präklinische Phase), in der sie jedoch bereits durch eine Untersuchung nachweisbar ist.
  5. Für die Erkrankung sind grundsätzlich effektive Therapieformen vorhanden und im Gesundheitswesen verfügbar, die bei frühzeitigem Einsatz die Prognose und/oder die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.

4 Anforderungen an die Untersuchungsmethoden

Es sind folgende Anforderungen an eine Früherkennungsmaßnahme zu stellen:

  1. Die Untersuchung sollte einen hinreichend hohen positiven Vorhersagewert und einen hinreichend hohen negativen Vorhersagewert besitzen.
  2. Die Untersuchung ist für die zu untersuchende Person akzeptabel (Belastung, Kosten) .
  3. Es stehen keine anderen Untersuchungsverfahren mit geringerem Risiko als bei der Anwendung ionisierender Strahlung zur Verfügung.

5 Indikationsstellung zu einer individuellen Früherkennungsuntersuchung

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