umwelt-online: Verordnung (EG) Nr. 440/2008 zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der VO (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) (10)

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B.12 Erythrozyten-Mikrokerntest bei Säugern 17

Einleitung

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 474 (2016). Sie ist Teil einer Reihe von Prüfmethoden zur genetischen Toxikologie. Es wurde ein OECD-Dokument erstellt, das kurz gefasste und hilfreiche Informationen zu Untersuchungen zur genetischen Toxikologie sowie eine Übersicht über die jüngsten Änderungen dieser Prüfrichtlinien enthält ( 1).

DerIn-vivo-Mikrokerntest bei Säugern ist insbesondere für die Bewertung der Genotoxizität relevant, da trotz artenspezifischer Unterschiede Faktoren desIn-vivo-Stoffwechsels, der Pharmakokinetik und von DNA-Reparaturprozessen aktiv sind und zu den Reaktionen beitragen. EinIn-vivo-Versuch ist ferner hilfreich für weitere Untersuchungen zu gentoxischen Wirkungen, die in einemIn-vitro-System nachgewiesen wurden.

DerIn-vivo-Mikrokerntest bei Säugern dient zum Nachweis einer von der Prüfchemikalie in den Chromosomen oder im mitotischen Apparat von Erythroblasten hervorgerufenen Schädigung. Der Test untersucht die Bildung von Mikrokernen in Erythrozyten, von denen Stichproben entweder aus dem Knochenmark oder dem peripheren Blut von Tieren, in der Regel Nagern, entnommen wurden.

Zweck des Mikrokerntests ist der Nachweis von Chemikalien, die zytogenetische Schäden hervorrufen, durch die es zur Bildung von Mikrokernen mit zurückgebliebenen Chromosomenfragmenten oder ganzen Chromosomen kommt.

Wenn sich ein Knochenmarkerythroblast zu einem unreifen Erythrozyten (manchmal auch als polychromatischer Erythrozyt oder Retikulozyt bezeichnet) entwickelt, wird der Hauptkern ausgestoßen. Dabei kann aber ein möglicherweise entstandener Mikrokern im Zytoplasma verbleiben. Die Sichtbarmachung bzw. das Aufspüren der Mikrokerne wird in diesen Zellen dadurch erleichtert, dass sie keinen Hauptkern aufweisen. Eine Zunahme der Häufigkeit von mikrokernhaltigen unreifen Erythrozyten in behandelten Tieren deutet auf die Verursachung struktureller oder numerischer Chromosomenaberrationen hin.

Neu gebildete mikrokernhaltige Erythrozyten werden durch Färben identifiziert und quantifiziert und im Anschluss daran visuell mithilfe eines Mikroskops oder anhand eines automatisierten Verfahrens analysiert. Das Zählen einer ausreichenden Zahl unreifer Erythrozyten im peripheren Blut oder Knochenmark geschlechtsreifer Tiere wird erheblich erleichtert durch die Verwendung eines automatisierten Auswertungssystems. Solche Systeme stellen vertretbare Alternativen zur manuellen Auswertung dar ( 2). Vergleichende Studien haben ergeben, dass solche Verfahren unter Verwendung geeigneter Kalibrierstandards eine bessere Reproduzierbarkeit und Empfindlichkeit (innerhalb und zwischen Labors) bieten als eine mikroskopische Auswertung ( 3) ( 4). Automatisierte Systeme zur Messung der Häufigkeit von mikrokernhaltigen Erythrozyten umfassen unter anderem Durchflusszytometer ( 5), Bildanalyseplattformen ( 6) ( 7) und Laser-Scanning-Zytometer ( 8).

Auch wenn dies im Rahmen des Tests normalerweise nicht erfolgt, können Chromosomenfragmente von ganzen Chromosomen anhand einiger Kriterien unterschieden werden. Dazu zählt die Feststellung des Vorhandenseins oder Fehlens einer Kinetochor- bzw. Zentromer-DNa in den Mikrokernen; beides ist charakteristisch für intakte Chromosomen. Das Fehlen einer Kinetochor- bzw. Zentromer-DNa deutet darauf hin, dass der Mikrokern nur Fragmente von Chromosomen enthält, wohingegen das Vorhandensein auf einen Chromosomenverlust hinweist.

Die Definitionen zur verwendeten Terminologie sind Anlage 1 zu entnehmen.

Ausgangsüberlegungen

Zielgewebe für genetische Schäden ist in diesem Test das Knochenmark junger geschlechtsreifer Nagetiere, da Erythrozyten in diesem Gewebe gebildet werden. Die Mikrokernuntersuchung in unreifen Erythrozyten in peripherem Blut ist auch bei anderen Säugetierarten vertretbar, für die eine entsprechende Empfindlichkeit zum Nachweis von Chemikalien, die strukturelle oder numerische Chromosomenaberrationen in diesen Zellen auslösen, nachgewiesen (durch Induktion von Mikrokernen in unreifen Erythrozyten) und eine wissenschaftliche Begründung geliefert wurde. Hauptendpunkt ist die Häufigkeit der nicht ausgereiften mikrokernhaltigen Erythrozyten. Werden die Tiere kontinuierlich über einen Zeitraum behandelt, der die Lebensdauer des Erythrozyten in der verwendeten Spezies überschreitet (z.B. 4 Wochen oder länger bei Mäusen), kommt aber auch der Anteil der Mikrokerne enthaltenden ausgereiften Erythrozyten im peripheren Blut von Spezies, bei denen in der Milz kein übermäßiger Abbau von Mikrokernzellen erfolgt, als Endpunkt des Tests in Betracht.

Wenn Anzeichen dafür bestehen, dass die Prüfchemikalie(n) oder ein reaktiver Metabolit bzw. reaktive Metaboliten das Zielgewebe nicht erreicht bzw. erreichen, ist dieser Test nicht geeignet.

Bevor die Prüfmethode auf ein Gemisch angewendet wird, um unter bestimmten gesetzgeberischen Aspekten Daten zu gewinnen, sollte geprüft werden, ob, und falls ja, warum, sie für diesen Zweck geeignete Ergebnisse liefert. Diese Überlegungen erübrigen sich, sofern die Durchführung von Tests für das Gemisch gesetzlich vorgeschrieben ist.

Prinzip der Prüfmethode

Die Prüfchemikalie wird den Tieren über einen geeigneten Applikationsweg verabreicht. Bei Verwendung von Knochenmark werden sie zu einem geeigneten Zeitpunkt nach der Behandlung human getötet. Das Knochenmark wird entnommen, präpariert und gefärbt ( 9) ( 10) ( 11) ( 12) ( 13) ( 14) ( 15

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