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Bestimmung der Ökotoxizität

Biologische Abbaubarkeit
C.11. - Belebtschlamm: Prüfung der Atmungshemmung

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

C.11. 1. Methode

C.11. 1.1. Einleitung

Die beschriebene Methode dient zur Bestimmung der Auswirkungen einer Prüfsubstanz auf Mikroorganismen durch Messen der Sauerstoffzehrung. Die Prüfung erfolgt unter festgelegten Bedingungen bei unterschiedlichen Konzentrationen der Prüfsubstanz.

Zweck dieser Methode ist die Schaffung eines schnellen Auswahlverfahrens, mit dem sich Substanzen feststellen lassen, die sich ungünstig auf Kläranlagen mit aeroben Mikroorganismen auswirken, sowie die Angabe geeigneter, nicht hemmender Konzentrationen von Prüfsubstanzen, die bei Prüfungen der biologischen Abbaubarkeit eingesetzt werden können.

Ein Vorversuch kann der eigentlichen Prüfung vorausgehen. Er liefert Informationen über den in der eigentlichen Prüfung zu verwendenden Konzentrationsbereich.

Die Versuchsdurchführung schließt zwei Kontrollen ohne Prüfsubstanzen ein, von denen die eine zu Beginn und die andere am Ende der Prüfreihen durchgeführt wird. Jede Belebtschlammprobe ist außerdem mit Hilfe einer Referenzsubstanz zu überprüfen.

Dieses Verfahren ist am einfachsten bei Substanzen anzuwenden, die aufgrund ihrer Wasserlöslichkeit und geringen Flüchtigkeit voraussichtlich im Wasser verbleiben.

Für Substanzen mit begrenzter Löslichkeit im Prüfmedium kann der EC50-Wert möglicherweise nicht bestimmt werden.

Wenn die Prüfsubstanz eine Entkoppelung der oxidativen Phosphorylierung bewirkt, können die auf der Sauerstoffaufnahme beruhenden Ergebnisse zu falschen Schlußfolgerungen führen.

Zur Durchführung der Prüfung sind folgende Informationen von Nutzen:

Empfehlung:

Belebtschlamm kann pathogene Organismen enthalten und ist daher mit Vorsicht zu handhaben.

C.11. 1.2. Definitionen und Einheiten

Als Sauerstoffzehrung wird der Sauerstoffverbrauch der im Belebtschlamm enthaltenen Mikroorganismen bezeichnet. Diese Zehrung wird im allgemeinen in mg O2 je mg Schlamm und Stunde ausgedrückt.

Zur Berechnung der Hemmwirkung einer Prüfsubstanz bei einer bestimmten Konzentration wird die Sauerstoffzehrung als Prozentsatz der Sauerstoffzehrung der gemittelten Werte der beiden Kontroll-Zehrungen ausgedrückt:

Hierbei sind:

Rs = Sauerstoffzehrung bei der geprüften Konzentration der Prüfsubstanz,
RC1 = Sauerstoffzehrung der Kontrolle 1,
RC2 = Sauerstoffzehrung der Kontrolle 2.

Bei diesem Verfahren ist die EC50 die Konzentration der Prüfsubstanz, bei der die Sauerstoffzehrung 50 % der in der Kontrolle unter gleichen Bedingungen erreichten Zehrung ausmacht.

C.11. 1.3. Referenzsubstanzen

Es wird empfohlen, 3,5-Dichlorphenol, das als Hemmstoff bekannt ist, als Referenzsubstanz zu verwenden und bei jeder einzelnen Belebtschlammprobe hiermit die EC50 zu prüfen, um eine anomale Empfindlichkeit des Schlammes festzustellen.

C.11. 1.4. Prinzip der Prüfmethode

Die Sauerstoffzehrung eines Belebtschlammes, der mit einer genormten Menge synthetischen Abwassers beschickt wurde, wird nach Kontaktzeiten von 30 Minuten und/oder 3 Stunden gemessen. Ebenso wird die Sauerstoffzehrung desselben Belebtschlammes, dem jedoch unterschiedliche Konzentrationen der Prüfsubstanz zugesetzt wurden, gemessen. Die Hemmwirkung der Prüfsubstanz bei einer bestimmten Konzentration wird als Prozentsatz der durchschnittlichen Sauerstoffzehrung von zwei Kontrollen ausgedrückt. Aus Bestimmungen bei verschiedenen Konzentrationen wird die EC50 errechnet.

C.11. 1.5. Qualitätskriterien

Die Prüfergebnisse sind gültig, sofern:

C.11. 1.6. Beschreibung der Prüfmethode

C.11. 1.6.1. Reagenzien

C.11. 1.6.1.1. Lösungen der Prüfsubstanz

Die Lösungen der Prüfsubstanz werden aus einem Stammansatz zu Beginn jeder Untersuchung frisch zubereitet. Für das unten empfohlene Verfahren ist eine Konzentration von 0,5 g/l im Stammansatz geeignet.

C.11. 1.6.1.2. Lösung der Kontrollsubstanz

Eine 3,5-Dichlorphenol-Lösung kann z.B. wie folgt zubereitet werden: 0,5 g 3,5-Dichlorphenol in 10 ml 1 M NaOH auflösen, mit destilliertem Wasser auf etwa 30 ml verdünnen, umrühren und gleichzeitig 0,5 M H2SO4 bis zum Beginn der Ausfällung zugeben - hierzu sind etwa 8 ml erforderlich - und schließlich die Mischung mit destilliertem Wasser auf 1 Liter auffüllen. Der pH-Wert sollte dann etwa 7-8 betragen.

C.11. 1.6.1.3. Synthetisches Abwasser

Synthetisches Abwasser wird durch Auflösen folgender Stoffmengen in einem Liter Wasser hergestellt:

Anmerkung 1:Dieses synthetische Abwasser hat die hundertfache Konzentration des im technischen Bericht der OECD vom 11. Juni 1976: "Vorgeschlagenes Verfahren zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit von Tensiden in synthetischen Detergenzien" beschriebenen Abwassers und enthält außerdem Dikaliumhydrogenphosphat.

Anmerkung 2: Wenn das vorbereitete synthetische Abwasser nicht sofort benutzt wird, wird es im Dunkeln bei 4 °C unter Bedingungen, die keine Veränderung seiner Zusammensetzung verursachen, für nicht länger als eine Woche aufbewahrt. Das synthetische Abwasser kann auch vor der Lagerung sterilisiert werden, oder Pepton und Fleischextrakt können kurz vor dem Versuchsansatz zugegeben werden. Es wird vor Gebrauch gründlich gemischt und der pH-Wert eingestellt.

C.11. 1.6.2. Geräte

Meßanlage: Die Form der Anlage ist nicht entscheidend. Es darf jedoch kein Luftraum in der gefüllten Meßflasche sein, und die Sauerstoffelektrode muß genau in deren Hals passen.

Ergänzend zur normalen Laboratoriumsausrüstung sind insbesondere folgende Geräte erforderlich:

C.11. 1.6.3. Vorbereitung des Inokulums

Als Inokulum für die Prüfung wird Belebtschlamm aus einer vorwiegend kommunalen Kläranlage verwendet. Falls notwendig, können grobe Teilchen daraus durch kurzzeitiges Absetzen, z.B. für 15 Minuten, und Dekantieren der oberen Schicht abgetrennt werden. Alternativ kann der Schlamm durch kurzzeitiges Mischen - einige Sekunden - mit einem Hochleistungsrührer homogenisiert werden. Zusätzlich sollte bei Verdacht auf Anwesenheit von Hemmstoffen der Schlamm mit Trinkwasser oder einer isotonischen Lösung gewaschen werden. Der Überstand wird nach Zentrifugation dekantiert. (Dieser Vorgang wird dreifach wiederholt.)

Eine kleine Menge des Schlammes wird gewogen und getrocknet. Daraus kann die Menge feuchten Schlammes berechnet werden, die in Wasser suspendiert werden muß, um einen Schlammgehalt zwischen 2 und 4 g/l einzustellen. Dies ergibt einen Schlammgehalt zwischen 0,8 und 1,6 g/l im Kulturmedium, wenn die unten vorgeschlagene Verfahrensweise befolgt wird.

Kann der Schlamm nicht am Tag der Entnahme verwendet werden, gibt man 50 ml synthetischen Abwassers zu jedem Liter des wie oben beschrieben zubereiteten Belebtschlamms hinzu. Diese Mischung wird dann bis zur Verwendung am nächsten Tag sowie während des Versuchs bei 20 ± 2 °C belüftet. Vor der Verwendung wird der pH-Wert der Mischung geprüft und - falls erforderlich - mit Hilfe einer Natriumbikarbonatlösung auf einen pH-Wert von 6,0 bis 8,0 abgepuffert.

Die in der Flüssigkeit suspendierten Feststoffe sind nach dem im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Verfahren zu bestimmen.

Muß die gleiche Schlammprobe an aufeinanderfolgenden Tagen (höchstens 4 Tage) verwendet werden, gibt man weitere 50 ml synthetischen Abwassers pro Liter Schlamm am Ende jedes Arbeitstages hinzu.

C.11. 1.6.4. Durchführung der Prüfung

Kontaktzeit/Dauer: 30 Minuten und/oder 3 Stunden unter ständiger Belüftung
Wasser: Trinkwasser (entchlort, falls erforderlich)
Luftversorgung: saubere, ölfreie Luft. Luftstrom: 0,5 bis 1 Liter/Minute
Meßanlage: Gefäß mit flachem Boden, beispielsweise eine BSB-Flasche
Sauerstoffmeßgerät: geeignete Sauerstoffelektrode mit Anzeige
Nährlösung: synthetisches Abwasser (siehe oben)
Prüfsubstanz: die Prüflösung wird zu Beginn der Prüfung frisch zubereitet
Referenzsubstanz: beispielsweise 3,5-Dichlorphenol (mindestens 3 Konzentrationen)
Kontrollen: beimpfter Ansatz ohne Prüfsubstanz
Temperatur: 20 ± 2 °C.

Für eine dreistündige Kontaktzeit kann folgendes Versuchsverfahren sowohl für die Prüf- als auch für die Referenzsubstanz angewandt werden:

Es werden mehrere Gefäße (beispielsweise 1-Liter-Bechergläser) verwendet.

Es sind mindestens 5 Konzentrationen, die sich durch einen konstanten Faktor (möglichst nicht über 3,2) unterscheiden, zu verwenden.

Zum Zeitpunkt "0" werden 16 ml des synthetischen Abwassers mit Wasser auf 300 ml aufgefüllt. Dann werden 200 ml des Inokulums zugesetzt und die Gesamtmischung (500 ml) in das erste Gefäß gegeben (erste Kontrolle C1).

Die Versuchsgefäße sollten kontinuierlich belüftet werden, so daß sichergestellt ist, daß die Konzentration an gelöstem Sauerstoff 2,5 mg/l nicht unterschreitet und daß unmittelbar vor Messung der Sauerstoffzehrung die Sauerstoffkonzentration mindestens 6,5 mg/l beträgt.

Zum Zeitpunkt "15 Minuten" (15 Minuten sind ein willkürliches, jedoch geeignetes Intervall) wird der oben beschriebene Vorgang wiederholt. Diesmal werden jedoch 100 ml der Prüfsubstanz-Stammlösung zu den 16 ml synthetischen Abwassers zugegeben und anschließend mit Wasser auf 300 ml aufgefüllt. Dann wird das Inokulum zugesetzt und das Volumen auf 500 ml aufgefüllt. Diese Mischung wird in das zweite Gefäß gegeben und wie oben beschrieben belüftet.

Dieser Vorgang wird in Abständen von 15 Minuten mit unterschiedlichen Mengen der Prüfsubstanz-Stammlösung wiederholt, um eine Reihe von Gefäßen mit unterschiedlichen Konzentrationen der Prüfsubstanz zu erhalten. Schließlich wird eine zweite Kontrolle hergestellt (C2).

Nach drei Stunden wird der pH-Wert gemessen, dann eine gut gemischte Probe des Inhalts des ersten Gefäßes in die Meßanlage gegeben und die Sauerstoffzehrung über einen Zeitraum von höchstens 10 Minuten gemessen.

Diese Zehrungsmessung wird mit den Inhalten der einzelnen Gefäße in Intervallen von 15 Minuten durchgeführt, so daß die Kontaktzeit in jedem Gefäß drei Stunden beträgt.

Die Referenzsubstanz wird bei jeder Probe des Inokulums auf die gleiche Weise geprüft.

Ein geändertes Verfahren (beispielsweise mit mehr als einem Sauerstoffmeßgerät) ist erforderlich, falls die Messungen nach 30 Minuten Kontaktzeit durchgeführt werden sollen.

Ist eine Messung des chemischen Sauerstoffbedarfs erforderlich, werden weitere Gefäße mit Prüfsubstanz, synthetischem Abwasser und Wasser, jedoch ohne Belebtschlamm, vorbereitet. Der Sauerstoffbedarf wird nach einer Belüftungszeit von 30 Minuten und/oder drei Stunden Kontaktzeit gemessen und aufgezeichnet.

C.11. 2. Daten und Auswertung

Die Sauerstoffzehrung wird aus der Aufzeichnung des Meßschreibers zwischen etwa 6,5 mg O2/l und 2,5 mg O2/l oder, bei niedriger Sauerstoffzehrung, über einen Zeitraum von 10 Minuten gemessen und als mg O2/l⋅ h berechnet.

Der Teil der Zehrungskurve, bei dem die Zehrung gemessen wird, sollte linear sein.

Sofern die Sauerstoffzehrungen der beiden Kontrollen mehr als 15% voneinander abweichen oder der EC50-Wert (30 Minuten und/oder 3 Stunden) der Referenzsubstanz nicht im gültigen Bereich liegt (5 bis 30 mg/l für 3,5-Dichlorphenol), ist die Prüfung ungültig und muß wiederholt werden.

Der Prozentsatz der Hemmung wird für jede Prüfkonzentration wie oben beschrieben berechnet, auf normalem Logarithmenpapier (oder Wahrscheinlichkeitspapier) gegen die Konzentration aufgetragen und der EC55-Wert hieraus ermittelt. 95 %-Vertrauensbereiche der EC50-Werte werden nach Standardverfahren ermittelt,

C.11. 3. Abschlußbericht

C.11. 3.1. Prüfbericht

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, folgendes anzugeben:

C.11. 3.2. Interpretation der Werte

Der EC50-Wert sollte vornehmlich nur als Hinweis auf die mögliche Toxizität der Prüfsubstanz, entweder gegenüber dem Belebtschlamm bei der Abwasserbehandlung oder gegenüber Abwasser-Mikroorganismen, angesehen werden, da die in der Umwelt stattfindenden komplexen Wechselwirkungen bei einer Laboratoriumsprüfung nicht vollständig simuliert werden können.

Weiterhin können nitrifikationshemmende Substanzen atypische Hemmkurven verursachen. Solche Kurven sollten deshalb mit Vorsicht interpretiert werden.

C.11. 4. Literatur

(1) International Standard 150 8192-1986

(2) Broecker, B. and Zahn, R., Water Research 11, 1977, S. 165.

(3) Brown D., Hitz, H. R. and Schaefer L., Chemosphere 10, 245 (1981).

(4) ETAD (Ecological and Toxicological Association of Dyestuffs Manufacturing Industries) Recommended Method No. 103, also Described by

(5) Robra, B., Wasser/Abwasser 117, (1976), S. 80.

(6) Schefer, W., Textilveredlung 6, (1977), S. 247.

(7) OECDE, Paris, 1981, Test Guideline 209, Beschluß des Rates C(81)30 endg.

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