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Bestimmung der Ökotoxizität

Abbaubarkeit
C.7. - Abiotischer Abbau:
Hydrolyse in Abhängigkeit vom pH

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

C.7. 1. Methode

Diese Methode basiert auf der Prüfrichtlinie der OECD (1).

C.7. 1.1 Einleitung

Für den abiotischen Abbau stellt die Hydrolyse eine wesentliche Reaktion dar. Sie ist bei Substanzen, die nur wenig biologisch abbaubar sind, von besonderer Bedeutung und kann sich auf den Verbleib einer Substanz in der Umwelt auswirken.

Die meisten Hydrolysereaktionen laufen nach einer Reaktion pseud4-erster Ordnung ab, so daß die Halbwertzeiten von der Konzentration unabhängig sind. Das erlaubt in der Regel die Extrapolation der Ergebnisse aus Laborkonzentrationen auf Umweltbedingungen.

Weiterhin wurden für eine Anzahl chemischer Verbindungen befriedigende Übereinstimmung der in reinem und in natürlichem Wasser gemessenen Daten erzielt (siehe 2)).

Für die Durchführung dieser Prüfung ist es von Nutzen, vorher Angaben über den Dampfdruck des Stoffes zu haben.

Diese Methode ist nur für wasserlösliche Substanzen geeignet. Verunreinigungen können die Ergebnisse beeinträchtigen.

Das Hydrolyseverhalten von Substanzen muß bei den gewöhnlich in der Umwelt vorliegenden pH-Werten untersucht werden (pH 4-9).

C.7. 1.2. Definitionen und Einheiten

Unter Hydrolyse versteht man die Reaktion einer Substanz RX mit Wasser, die sich durch den Austausch der Gruppe X mit OH darstellen läßt:

RX + HOH → ROH + HX [1]

Die Geschwindigkeit, mit der die RX-Konzentration abnimmt, ist gegeben durch

Geschwindigkeit k ⋅ [H20] ⋅ [RX] [2]

Da Wasser gegenüber der Substanz im Überschuß vorhanden ist, wird dieser Reaktionstyp gewöhnlich als Reaktion pseudo-erster Ordnung beschrieben, in der die ermittelte Geschwindigkeitskonstante durch die Beziehung

kobs = k ⋅ [H20] [3]

gegeben ist und aus der Beziehung

kobs = 2,303/t ⋅ log C0/Ct [4]

für einen pH-Wert und für eine Temperatur T bestimmt werden kann.

Dabei sind:

t = Zeit;

C0= Konzentration der Substanz zum Zeitpunkt Null;

Ct = Konzentration der Substanz zum Zeitpunkt t;

2,303 = der Umrechnungsfaktor zwischen natürlichem Logarithmus und dem Logarithmus zur Basis 10.

Die Konzentrationen können in g/l oder in mol/l angegeben werden.

Die Einheit der Konstante kobs ist (Zeit)-1.

Die "Halbwertzeit" t1/2 ist als diejenige Zeit definiert, nach der die Ausgangssubstanz um 50 % reduziert ist:

Ct = 12 ⋅ C0 [5]

Aus den Gleichungen [4] und [5] folgt:

t1/2 = 0,693/kobs[6]

C.7. 1.3. Referenzsubstanzen

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen, in denen ein neuer Stoff untersucht wird, eingesetzt werden. Sie sollen primär dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen, und die Möglichkeit bieten, die Ergebnisse mit jenen einer anderen Methode zu vergleichen.

Folgende Substanzen sind als Referenzsubstanzen eingesetzt worden (1):

C.7. 1.4. Prinzip der Prüfmethode

Die Substanz wird in geringer Konzentration in Wasser gelöst; der pH-Wert und die Temperatur werden kontrolliert.

Die Abnahme der Substanzkonzentration in Abhängigkeit von der Zeit wird durch eine geeignete Analysenmethode verfolgt.

Der Logarithmus der Konzentration wird gegen die Zeit aufgetragen. Bei linearem Verlauf erhält man aus der Steigung der Geraden die Geschwindigkeitskonstante 1. Ordnung (siehe (2)).

Läßt sich eine Geschwindigkeitskonstante nicht direkt bei einer bestimmten Temperatur ermitteln, so kann sie gewöhnlich mit der Arrhenius-Beziehung abgeschätzt werden, die die Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten von der Temperatur beschreibt. Dazu trägt man den Logarithmus der bei geeigneten Temperaturen ermittelten Geschwindigkeitskonstanten gegen den reziproken Wert der jeweiligen absoluten Temperatur (K) auf. Aus dem linearen Verlauf können solche Geschwindigkeitskonstanten extrapoliert/interpoliert werden, die nicht direkt bestimmt werden konnten.

C.7. 1.5. Qualitätskriterien

In der Literatur (2) wird berichtet, daß die Messung der Geschwindigkeitskonstanten der Hydrolyse für 13 Klassen organischer Verbindungen mit großer Genauigkeit erfolgen kann.

Die Wiederholbarkeit hängt insbesondere von einer Kontrolle des pH-Wertes und der Temperatur ab und kann durch Mikroorganismen sowie in speziellen Fällen durch die Konzentration gelösten Sauerstoffs beeinflußt werden.

C.7. 1.6. Beschreibung der Methode

C.7. 1.6.1. Reagenzien

C.7. 1.6.1.1. Pufferlösungen

Der Versuch wird bei drei pH-Werten durchgeführt: 4,0, 7,0 und 9,0.

Zu diesem Zweck sind Pufferlösungen unter Verwendung von analysenreinen Chemikalien und destilliertem oder deionisiertem Wasser vorzubereiten. In der Anlage sind einige Beispiele für Puffersysteme zusammengestellt.

Das verwendete Puffersystem kann die Hydrolysegeschwindigkeit beeinflussen. In diesem Fall sollte eine andere Pufferlösung verwendet werden. In (2) wird die Verwendung von Borat- oder Azetatpuffernanstelle von Phosphat empfohlen.

Wenn der pH-Wert der Pufferlösungen für die jeweilige Testtemperatur nicht bekannt ist, muß er mit einem geeichten pH-Meßgerät bei der gewählten Temperatur auf ± 0,1 pH-Einheiten genau bestimmt werden.

C.7. 1.6.1.2. Versuchslösungen

Die Prüfsubstanz wird in der ausgewählten Pufferlösung gelöst. Die Konzentration sollte 0,01 mol/l, oder die halbe Sättigungskonzentration nicht überschreiten je nachdem welcher Wert niedriger ist.

Die Verwendung von mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmitteln wird nur für Substanzen niedriger Wasserlöslichkeit empfohlen.

Die Menge des Lösungsvermittlers sollte geringer als 1 % sein und den Hydrolyseverlauf nicht beeinflussen.

C.7. 1.6.2. Apparatur

Für die Hydrolysereaktion werden Glaskolben mit Stopfen (kein Fett) verwendet.

Wenn die Substanz oder das Puffersystem flüchtig ist oder bei höheren Temperaturen gearbeitet wird, sollte man vorzugsweise abgeschmolzene oder mit Septum verschlossene Probengefäße verwenden und große Lufträume vermeiden.

C.7. 1.6.3. Analysenmethode

Die Analysenmethode muß ausreichend spezifisch sein, um die Prüfsubstanz bei der Prüfkonzentration bestimmen zu können, dabei kann auch eine Kombination geeigneter Analysentechniken zur Anwendung kommen.

Die verwandte Analysenmethode ergibt sich aus der Art der zu untersuchenden Substanz. Sie muß ausreichend genau und empfindlich sein, um eine Abnahme der Anfangskonzentration auf 10 % bestimmen zu können.

C.7. 1.6.4. Versuchsbedingungen

Die Versuche werden unter Verwendung einer temperaturkontrollierten Vorrichtung oder unter Benutzung eines Thermostatbades durchgeführt, wobei die gewählte Temperatur auf ± 0,5 °C genau eingehalten werden muß. Die Temperatur selbst muß auf ± 0,1 °C genau gemessen werden. Photolytische Einflüsse müssen durch geeignete Maßnahmen verhindert werden.

Bei leicht oxidierbaren Substanzen muß die Gegenwart gelösten Sauerstoffs ausgeschlossen werden (z.B. indem man 5 Minuten lang Stickstoff oder Argon vor Zubereitung der Lösung durchleitet).

C.7. 1.6.5. Meßverfahren

C.7. 1.6.5.1. Vortest

Für alle Substanzen muß ein Vortest bei 50 °C ± 0,5 °C bei jedem der drei pH-Werte 4,0, 7,0 und 9,0 ausgeführt werden. Eine ausreichende Zahl von Messungen muß vorgenommen werden, um für jeden pH-Wert entscheiden zu können, ob bei 50 °C die Halbwertzeit (t1/2) kleiner als 2,4 Stunden ist oder ob weniger als 10 % nach 5 Tagen hydrolysieren (Man kann abschätzen, daß diese Daten Halbwertzeiten von weniger als einem Tag oder mehr als einem Jahr unter den Bedingungen entsprechen, die in der Umwelt anzutreffen sind (25 °C)).

Keine weiteren Versuche sind erforderlich, wenn sich aus dem Vortest ergibt, daß bei 50 °C 50 % oder mehr der Prüfsubstanz in 2,4 Stunden oder weniger als 10 % nach 5 Tagen bei allen drei pH-Werten (4, 7 und 9) hydrolysieren.

Anderenfalls wird jeweils für einzelne pH-Werte, bei denen dieser Sachverhalt nicht vorliegt, Test Nr. 1 durchgeführt.

C.7. 1.6.5.2. Test Nr. 1

Test Nr. 1 wird bei den pH-Werten ausgeführt, für welche sich im Vortest die Notwendigkeit weiterer Prüfungen ergeben hat. Gearbeitet wird bei einer Temperatur, vorzugsweise bei 50 ± 0,5 °C, wenn möglich unter sterilen Bedingungen.

Um den Reaktionsverlauf nach pseudo-erster Ordnung bei den entsprechenden pH-Werten zu prüfen, nimmt man zur Abdeckung des Bereichs zwischen 20 % und 70 % Hydrolyse eine ausreichende Zahl von Proben (nicht weniger als vier).

Für jeden pH-Wert, bei dem Test Nr. 1 durchgeführt wird, bestimmt man die Reaktionsordnung.

Abschätzung der Geschwindigkeitskonstanten bei 25 °C:

Die Entscheidung über das weitere experimentelle Vorgehen hängt davon ab, ob aus dem Test Nr. 1 auf eine Reaktion pseudo-erster Ordnung geschlossen werden kann oder nicht.

Wenn aus dem Test Nr. 1 nicht sicher eine Reaktion pseudo-erster Ordnung gefolgert werden kann, müssen weitere Versuche nach Test Nr. 2 ausgeführt werden.

Folgt aus dem Test Nr. 1 sicher eine Reaktion pseudo-erster Ordnung, werden weitere Versuche nach Test Nr. 3 durchgeführt (Alternativ können unter besonderen Umständen möglicherweise die Geschwindigkeitskonstanten bei 25 °C aus den unter Benutzung der Daten von Test Nr. 1 errechneten Konstanten bei 50 °C berechnet werden.) (siehe Abschnitt 3.2).

C.7. 1.6.5.3. Test Nr. 2

Dieser Test wird bei jedem pH-Wert ausgeführt, für den sich aus den Ergebnissen von Test Nr. 1 die Notwendigkeit dazu ergeben hat:

Bei jedem pH-Wert und jeder Temperatur, für die Test Nr. 2 durchgeführt wird, sollen mindestens 6 Meßpunkte in angemessenen Abständen im Bereich 20 bis 70 % Hydrolyse aufgenommen werden.

Bei einem pH-Wert wird bei einer Temperatur eine Wiederholungsmessung ausgeführt. Wird Test Nr. 2 bei zwei Temperaturen über 50 °C durchgeführt, soll die Wiederholungsmessung vorzugsweise bei der tieferen dieser beiden Temperaturen durchgeführt werden.

Bei jedem pH-Wert und jeder Temperatur, für die Test Nr. 2 ausgeführt wird, sollte möglichst eine graphische Abschätzung der Halbwertzeit (t1/2) vorgenommen werden.

C.7. 1.6.5.4. Test Nr. 3

Dieser Test wird bei jedem pH-Wert ausgeführt, für den sich aus den Ergebnissen von Test Nr. 1 die Notwendigkeit dazu ergeben hat:

Bei jedem pH-Wert und bei jeder Temperatur, für die Test Nr. 3 durchgeführt wird, werden drei Meßpunkte gewählt, der erste beim Zeitpunkt 0, der zweite und dritte bei einem Hydrolysegrad größer als 30 %. Die Konstante kobs und t1/2, sind zu berechnen.

C.7. 2. Daten

Bei einem Reaktionsverhalten nach pseudo-erster Ordnung kann man die Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten kobs, für jeden pH-Wert und jede Temperatur aus der graphischen Darstellung der Logarithmen der Konzentration gegen die Zeit ermitteln, indem man den Ausdruck

kobs = - Steigung x 2,303 [7]

anwendet.

Weiterhin kann t1/2 aus Gleichung [6] berechnet werden.

Wenn möglich, sollte k25°C durch Anwendung der Arrhenius-Gleichung ermittelt werden.

Für ein Verhalten, das nicht der pseudo-ersten Ordnung entspricht, siehe 3.1.

C.7. 3 Abschlußbericht

C.7. 3.1. Prüfbericht

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, folgendes anzugeben:

C.7. 3.2. Interpretation der Ergebnisse

Annehmbare Werte für die Geschwindigkeitskonstanten (bei 25 °C) von Prüfsubstanzen können dann berechnet werden, wenn experimentelle Daten für die Aktivierungsenergie bereits für ähnliche Stoffklassen vorliegen und vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, daß die Aktivierungsenergie der Prüfsubstanz in derselben Größenordnung liege.

C.7. 4. Literatur

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 111, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2) W. Mabey und T. Mill, "Critical Review of Hydrolysis of Organic Compounds in Water Under Environmental Conditions", J. Phys. Chem. Ref. Data, 1978, vol. 7 (2), 383-415.

Anlage
zur RL 67/548/EWG Anhang V C.7.

Puffermischungen

A. Clark und Lubs

Die in diesen Tabellen aufgeführten pH-Werte wurden ausgehend von den Potentialmessungen unter Verwendung der Sörensen'schen Standardgleichungen errechnet. Die tatsächlichen pH-Werte liegen um 0,04 Einheiten über den Werten in dieser Tabelle.

Zusammensetzung pH
Kaliumhydrogenphthalat (0,1 mol/l) und HCI (0,1 mol/l) bei 20 °C  
2,63 ml HCl + 50 ml Phthalat auf 100 ml 38
Kaliumhydrogenphthalat (0,1 mol/l) und NaOH (0,1 mol/l) bei 20 °C  
0,40 ml NaOH + 50 ml Phthalat auf 100 ml 4,0
3,70 ml NaOH + 50 ml Phthalat auf 100 ml 4,2
Monokaliumphosphat (0,1 mol/l) und NaOH (0,1 mol/l) bei 20 °C  
23,45 ml NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml 6,8
29,63 ml NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml 7,0
35,00 ml NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml 7,2
H3BO3 (0,1 mol/l) in KCI (0,1 mol/l) und NaOH (0,1 mol/l) bei 20 °C  
16,30 ml NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml 8,85
21,30 ml NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml 9,0
26,70 ml NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml 9,2

B. Kolthoff und Vleeshouwer

Zusammensetzung pH
Monokaliumzitrat (0,1 mol/l) und NaOH (0,1 mol/l) bei 18 °C
(kleine Thymolkristalle hinzufügen, um Schimmelbildung zu vermeiden):
 
2,0 ml NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml 3,8
9,0 ml NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml 4,0
16,3 ml NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml 4,2

C. Sörensen

Borax (0,05 mol/l) + HCI (0,1 mol/l)

Zusammensetzung pH
ml Borax ml HCI Sörensen
18 °C
Walbaum
10 °C 40 °C 70 °C
8,0 2,0 8,91 8,96 8,77 8,59
8,5 1,5 9,01 9,06 8,86 8,67
9,0 1,0 9,09 9,14 8,94 8,74
9,5 0,5 9,17 9,22 9,01 8,80
10,0 0,0 9,24 9,30 9,08 8,86

Borax (0,05 mol/l) + NaOH (0,1 mol/l)

Zusammensetzung pH
ml Borax ml NaOH Sörensen Walbaum
10 °C 40 °C 70 °C
10,0 0,0 9,24 9,30 9,08 8,86
9,0 1,0 9,36 9,42 9,18 8,94
8,0 2,0 9,50 9,57 9,30 9,02
7,0 3,0 9,68 9,76 9,44 9,12
  1. ABl. Nr. L 383 vom 29.12.1992 S. 113.


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