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Regelwerk, EU 1996, Strahlenschutz/Arbeitsschutz

Richtlinie 96/29/Euratom des Rates vom 13. Mai 1996 zur Festlegung der grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen

(ABl. Nr. L 159 vom 29.06.1996 S. 1;
RL 2013/59/EURATOM - ABl. Nr. L 13 vom 17.01.2014 S. 1 Umsetzung Inkrafttretenaufgehoben)



aufgehoben/ersetzt zum 06.02.2018 gem. Art. 107 der RL 2013/59/EURATOM - Entsprechungstabelle - Umsetzung

Hebt RL'en auf - s. Art. 56

Der Rat der Europäischen Union-

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 31 und 32,

auf Vorschlag der Kommission, der nach Stellungnahme der Gruppe der vom Ausschuß für Wissenschaft und Technik bestellten wissenschaftlichen Sachverständigen der Mitgliedstaaten ausgearbeitet worden ist,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments 1,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Artikel 2 Buchstabe b) des Vertrags sieht vor, daß einheitliche Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Arbeitskräfte und der Bevölkerung festgelegt werden sollen.

Gemäß Artikel 30 des Vertrages sind die Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen definiert als

  1. die zulässigen Höchstdosen, die ausreichende Sicherheit gewähren;
  2. die Höchstgrenze für die Aussetzung gegenüber schädlichen Einflüssen und für schädlichen Befall;
  3. die Grundsätze für die ärztliche Überwachung der Arbeitskräfte.

Jeder Mitgliedstaat erläßt gemäß Artikel 33 des Vertrags die geeigneten Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um die Beachtung der festgesetzten Grundnormen sicherzustellen, und trifft die für den Unterricht, die Erziehung und die Berufsausbildung erforderlichen Maßnahmen.

Um dieser Aufgabe nachzukommen, hat die Gemeinschaft gemäß Artikel 218 des Vertrags zum ersten Mal im Jahr 1959 Grundnormen erlassen, und zwar in den Richtlinien vom 2. Februar 1959 zur Festlegung der Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen 3. Die Richtlinien wurden überarbeitet: 1962 durch die Richtlinie vom 5. März 1962 4, 1966 durch die Richtlinie 66/45/Euratom 5, 1976 durch die Richtlinie 76/579/Euratom 6, 1979 durch die Richtlinie 79/343/Euratom 7, 1980 durch die Richtlinie 80/836/Euratom 8 und 1984 durch die Richtlinie 84/467/Euratom 9.

Die Richtlinie über die Grundnormen wurden ergänzt, und zwar durch die Richtlinie 84/466/Euratom des Rates vom 3. September 1984 zur Festlegung der grundlegenden Maßnahmen für den Strahlenschutz bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen 10, die Entscheidung 87/600/Euratom des Rates vom 14. Dezember 1987 über Gemeinschaftsvereinbarungen für den beschleunigten Informationsaustausch im Fall einer radiologischen Notstandssituation 11, die Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates vom 22. Dezember 1987 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungsmitteln und Futtermitteln im Fall eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation 12, die Richtlinie 89/618/Euratom des Rates vom 27. November 1989 über die Unterrichtung der Bevölkerung über die bei einer radiologischen Notstandssituation geltenden Verhaltensmaßregeln und zu ergreifenden Gesundheitsschutzmaßnahmen 13, die Richtlinie 90/641/Euratom des Rates vom 4. Dezember 1990 über den Schutz externer Arbeitskräfte, die einer Gefährdung durch ionisierende Strahlungen beim Einsatz im Kontrollbereich ausgesetzt sind 14, die Richtlinie 92/3/Euratom des Rates vom 3. Februar 1992 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver Abfälle von einem Mitgliedstaat in einen anderen, in die Gemeinschaft und aus der Gemeinschaft 15 und die Verordnung (Euratom) Nr. 1493/93 des Rates vom 8. Juni 1993 über die Verbringung radioaktiver Stoffe zwischen den Mitgliedstaaten 16.

Die Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich des Strahlenschutzes, wie sie insbesondere in der Empfehlung Nr. 60 der Internationalen Kommission für Strahlenschutz zum Ausdruck kommt, läßt es angezeigt erscheinen, die Grundnormen zu überarbeiten und in einem neuen Rechtsakt festzulegen.

Die Grundnormen sind, was die Gefährdung durch ionisierende Strahlung betrifft, von besonderer Bedeutung hinsichtlich anderer Richtlinien, in denen andere Risikoarten behandelt werden; es ist wichtig, bei ihrer einheitlichen Anwendung in der Gemeinschaft Fortschritte zu erzielen.

Es ist wünschenswert, beim Anwendungsbereich der Grundnormen die Tätigkeiten oder Arbeiten zu berücksichtigen, bei denen die Strahlenexposition von Arbeitskräften und Einzelpersonen der Bevölkerung durch ionisierende Strahlung aus künstlichen oder natürlichen Strahlenquellen so erheblich erhöht werden kann, daß dies aus der Sicht des Strahlenschutzes nicht außer acht gelassen werden darf; einem geeigneten Schutz bei Interventionen ist ebenfalls Rechnung zu tragen.

Um die Einhaltung der Grundnormen zu gewährleisten, sind die Mitgliedstaaten gehalten, bestimmte, mit einer Gefährdung durch ionisierende Strahlung verbundene Tätigkeiten der Meldepflicht und der Pflicht zur vorherigen Genehmigung zu unterwerfen oder sie zu verbieten.

Ein System des Strahlenschutzes für bestimmte Tätigkeiten sollte weiterhin auf dem Grundsatz der Rechtfertigung der Exposition, der Optimierung des Schutzes und der Dosisbegrenzung beruhen. Dosisbegrenzungen müssen unter Berücksichtigung der besonderen Situation der verschiedenen exponierten Personengruppen wie Arbeitskräfte, Auszubildende und Studierende sowie Einzelpersonen der Bevölkerung festgelegt werden.

Der operationelle Schutz von exponierten Arbeitskräften, Auszubildenden und Studierenden erfordert die Durchführung entsprechender Maßnahmen am Arbeitsplatz. Diese Maßnahmen müssen die vorherige Ermittlung der damit verbundenen Gefahr, die Einteilung von Arbeitsplätzen und Arbeitskräften, die Überwachung von Bereichen und Arbeitsbedingungen sowie die ärztliche Überwachung umfassen.

Die Mitgliedstaaten sollten gehalten sein, die Tätigkeiten zu bestimmen, die für Arbeitskräfte und Einzelpersonen der Bevölkerung mit einer so erheblich erhöhten Exposition gegenüber natürlichen Strahlenquellen verbunden sind, daß dies aus der Sicht des Strahlenschutzes nicht außer acht gelassen werden darf. Die Mitgliedstaaten sollten angemessene Schutzmaßnahmen in bezug auf die Tätigkeiten ergreifen, die erklärtermaßen von Belang sind.

Der operationelle Schutz der Bevölkerung unter normalen Bedingungen erfordert, daß die Mitgliedstaaten ein Überwachungssystem zur Kontrolle des Strahlenschutzes der Bevölkerung und der Einhaltung der Grundnormen schaffen.

Die Mitgliedstaaten sollten auf die Wahrscheinlichkeit potentieller radiologischer Notfälle in ihrem Hoheitsgebiet vorbereitet sein; sie sollten mit anderen Mitgliedstaaten und Drittländern zusammenarbeiten, um die Vorbereitung auf diese Situation und ihre Bewältigung zu erleichtern.

Die Richtlinien über die Grundnormen in der Fassung der Richtlinie 84/467/Euratom sollten mit Wirkung von dem Tag aufgehoben werden, an dem diese Richtlinie Geltung erlangt

- hat folgende Richtlinie erlassen:

Titel I
Begriffsbestimmungen

Artikel 1

Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

Energiedosis (D): pro Masseneinheit absorbierte Energie

Dabei ist

In dieser Richtlinie bezeichnet die Energiedosis die über ein Gewebe oder ein Organ gemittelte Dosis. Die Einheit der Energiedosis ist Gray.

Beschleuniger: Gerät oder Anlage, in denen Teilchen beschleunigt werden und die ionisierende Strahlung mit einer Energie von mehr als 1 Megaelektronvolt (MeV) aussenden.

Unfallbedingte Strahlenexposition: Strahlenexposition von Einzelpersonen infolge eines Unfalls. Hiervon ausgenommen sind Notfallexpositionen.

Aktivierung: Vorgang, bei dem ein stabiles Nuklid in ein Radionuklid umgewandelt wird durch Bestrahlung der es enthaltenden Materie mit Partikeln oder hochenergetischen Gammastrahlen.

Aktivität (A): die Aktivität a einer Menge eines Radionuklids in einem bestimmten Energiezustand zu einer gegebenen Zeit ist der Quotient aus dN und dt; dabei ist dN der Erwartungswert der Anzahl der spontanen Kernübergänge aus diesem Energiezustand im Zeitintervall dt.

Die Einheit der Aktivität ist das Becquerel.

Auszubildender: Person, die innerhalb eines Unternehmens im Hinblick auf die Ausübung eines bestimmten Berufes ausgebildet oder unterrichtet wird.

Zugelassene Dosismeßstelle: für das Kalibrieren, Ablesen und Auswerten der von individuellen Überwachungsgeräten registrierten Werte bzw. für die Messung der Radioaktivität im menschlichen Körper oder in biologischen Proben bzw. für die Bewertung von Dosen zuständige Stelle, deren Qualifikation in dieser Hinsicht von den zuständigen Behörden anerkannt ist.

Ermächtigter Arzt: für die ärztliche Überwachung von Arbeitskräften der Kategorie a im Sinne des Artikels 21 verantwortlicher Arzt, dessen Qualifikation in dieser Hinsicht von den zuständigen Behörden anerkannt ist.

Ermächtigte arbeitsmedizinische Dienste: eine Stelle bzw. Stellen, denen die Zuständigkeit für den Strahlenschutz strahlenexponierter Arbeitskräfte und/oder die ärztliche Überwachung von Arbeitskräften der Kategorie a zugewiesen werden kann. Deren Qualifikation in dieser Hinsicht ist von den zuständigen Behörden anerkannt.

Künstliche Strahlenquellen: andere als natürliche Strahlenquellen.

Genehmigung: die von der zuständigen Behörde auf Antrag erteilte schriftliche Erlaubnis oder die nach einzelstaatlichem Recht gegebene Erlaubnis zur Durchführung einer von dieser Richtlinie erfaßten Tätigkeit oder sonstigen Maßnahme.

Becquerel (Bq): besonderer Name für die Einheit der Aktivität. Ein Becquerel entspricht einem Zerfall pro Sekunde.

1 Bq = 1 s-1

Freigabewerte: von den zuständigen nationalen Behörden festgelegte Werte, ausgedrückt als Aktivitätskonzentrationen und/oder Gesamtaktivität, bis zu deren Erreichen radioaktive Stoffe oder radioaktive Stoffe enthaltendes Material aus einer Tätigkeit, die der Anmelde- oder Genehmigungspflicht unterliegt, von den Anforderungen dieser Richtlinie ausgenommen werden können.

Effektive Folgedosis: (E(τ )): die Summe der Organ- oder Gewebe-Äquivalent-Folgedosen (HT(τ )) aus einer Inkorporation, jeweils multipliziert mit dem entsprechenden Gewebe-Gewichtungsfaktor wT. Sie wird definiert durch:

E(τ) = Στ wTHT(τ)

Bei der Angabe von E(τ) ist τ die Zahl der Jahre, über die die Integration erfolgt. Die Einheit der effektiven Folgedosis ist das Sievert.

Folgeäquivalentdosis (HT(τ)): Zeitintegral (t) der Äquivalentdosisleistung im Gewebe oder Organ T, die eine Einzelperson aufgrund einer Inkorporation radioaktiver Stoffe erhält. Sie wird ausgedrückt durch

für eine Inkorporation zum Zeitpunkt t0; dabei ist

Bei der Angabe von HT(τ ) wird τ in Jahren angeführt. Erfolgt keine Angabe für τ , so wird für Erwachsene ein Zeitraum von 50 Jahren, für Kinder ein Zeitraum bis zum Alter von 70 Jahren unterstellt. Die Einheit der Folgeäquivalentdosis ist das Sievert.

Zuständige Behörde: jede von einem Mitgliedstaat benannte Behörde.

Kontrollbereich: Bereich, der aus Gründen des Schutzes gegen ionisierende Strahlungen und zur Verhinderung der Ausbreitung einer radioaktiven Kontamination besonderen Vorschriften unterliegt und dessen Zugang geregelt ist.

Beseitigung: die Einlagerung von Abfällen in einem Endlager oder an einem bestimmten Ort ohne die Absicht einer Rückholung. Dies umfaßt auch die genehmigte direkte Ableitung von Abfällen in die Umwelt mit anschließender Verbreitung.

Dosisbeschränkung: eine Einschränkung der voraussichtlichen Dosen für Einzelpersonen, die aus einer bestimmten Strahlenquelle resultieren können, die im Strahlenschutz während des Planungsstadiums im Zusammenhang mit der Optimierung angewendet wird.

Dosisgrenzwerte: in Titel IV festgelegte maximale Bezugswerte für die Dosen, die aus der Exposition der Arbeitskräfte, der Auszubildenden und der Studierenden sowie der Einzelpersonen der Bevölkerung durch ionisierende Strahlung im Sinne dieser Richtlinie herrühren, wobei diese Grenzwerte für die Summe der jeweiligen Dosen aus externen Expositionen im angegebenen Zeitraum und den Folgedosen für 50 Jahre (für Kinder bis zum Alter von 70 Jahren) aus Inkorporation im gleichen Zeitraum gelten.

Effektive Dosis (E): die Summe der gewichteten Äquivalentdosen in allen in Anhang II angegebenen Geweben und Organen des Körpers aus interner und externer Strahlenexposition. Sie wird definiert durch die Gleichung

E = ΣTWTHT = ΣT WT ΣR WR DT,R

Dabei ist

Die entsprechenden Werte für WT und WR sind in Anhang II angegeben. Die Einheit der effektiven Dosis ist das Sievert.

Notfallexposition: Strahlenexposition von Einzelpersonen, die die erforderlichen Sofortmaßnahmen durchführen, um in Gefahr befindlichen Einzelpersonen Hilfe zu leisten, die Strahlenexposition einer großen Zahl von Personen zu verhindern oder eine wertvolle Anlage oder wertvolle Sachgüter vor der Zerstörung zu bewahren, und bei der einer der individuellen Dosisgrenzwerte, die den für strahlenexponierte Arbeitskräfte festgelegten Dosisgrenzwerten entsprechen, überschritten werden könnte. Derartigen Strahlenexpositionen dürfen nur Freiwillige ausgesetzt werden.

Äquivalentdosis (HT): Energiedosis im Gewebe oder Organ T, gewichtet nach Art und Qualität der Strahlung R. Sie wird ausgedrückt durch:

HT,R = WR DT,R

Dabei ist:

Besteht das Strahlungsfeld aus Arten und Energien mit unterschiedlichen Werten von WR, so gilt für die gesamte Äquivalentdosis HT

HT = ΣR WR DT,R

Die entsprechenden Werte für WR sind in Anhang II angegeben. Die Einheit der Äquivalentdosis ist das Sievert.

Strahlenexponierte Arbeitskräfte: Selbständige oder Arbeitnehmer, die einer Strahlenexposition aus den in dieser Richtlinie erfaßten Tätigkeiten ausgesetzt sind, die Dosen bewirken können, die einen der Dosisgrenzwerte, die den für Einzelpersonen der Bevölkerung festgelegten Dosisgrenzwerten entsprechen, übersteigen.

Strahlenexposition: Exposition durch ionisierende Strahlung.

Gray (Gy): besonderer Name für die Einheit der Energiedosis. Ein Gray = 1 Joule pro Kilogramm:

1 Gy = 1 J kg-1

Gesundheitliche Beeinträchtigung: abgeschätztes Risiko einer Verkürzung und qualitativen Verschlechterung des Lebens in einer Bevölkerungsgruppe aufgrund einer Exposition durch ionisierende Strahlungen. Hierzu zählen Beeinträchtigungen infolge von somatischen Auswirkungen, Krebs und schwerwiegenden genetischen Störungen.

Inkorporation: Aufnahme von Radionukliden aus der äußeren Umgebung durch den Organismus.

Intervention: menschliches Handeln zur Verhütung oder Reduzierung der Strahlenexposition von Einzelpersonen durch Strahlenquellen, die nicht Teil einer Tätigkeit sind oder außer Kontrolle sind, durch Einwirkung auf Strahlenquellen, Übertragungspfade und Einzelpersonen.

Interventionsschwelle: Wert der zu vermeidenden Äquivalentdosis, der zu vermeidenden effektiven Dosis oder ein abgeleiteter Wert, bei dem Interventionsmaßnahmen erwogen werden sollten. Die zu vermeidende Dosis oder der abgeleitete Wert entspricht nur dem Expositionspfad, für den die Interventionsmaßnahme gelten soll.

Ionisierende Strahlung: Transfer von Energie in Form von Teilchen oder elektromagnetischen Wellen mit einer Wellenlänge von 100 Nanometer oder weniger oder einer Frequenz von 3×1015 Hertz oder mehr, die direkt oder indirekt Ionen erzeugen können.

Einzelpersonen der Bevölkerung: Einzelpersonen, ausgenommen strahlenexponierte Arbeitskräfte, Auszubildende und Studierende während ihrer Arbeitszeit sowie Einzelpersonen bei den in Artikel 6 Absatz 4 Buchstaben a), b) und c) genannten Expositionen.

Natürliche Strahlenquellen: Quellen ionisierender Strahlung natürlichen terrestrischen oder kosmischen Ursprungs.

Potentielle Strahlenexposition: Strahlenexposition, von der nicht erwartet wird, daß sie mit Sicherheit eintreten wird, mit einer vorhersehbaren Wahrscheinlichkeit.

Tätigkeit: menschliche Betätigung, die die Strahlenexposition von Einzelpersonen aus einer künstlichen Strahlenquelle - oder bei der Verarbeitung natürlicher Radionuklide aufgrund deren Radioaktivität, Spaltbarkeit oder Bruteigenschaft - aus einer natürlichen Strahlenquelle erhöhen kann, mit Ausnahme von Notfallexpositionen.

Qualifizierter Sachverständiger: Person, die über die erforderliche Sachkenntnis und Ausbildung verfügt, um physikalische, technische oder radiochemische Untersuchungen zur Bewertung von Dosen durchführen und Rat geben zu können, um den wirksamen Schutz von Einzelpersonen und den einwandfreien Betrieb von Schutzausrüstungen zu gewährleisten, und deren Fähigkeit, als qualifizierter Sachverständiger tätig zu werden, von den zuständigen Behörden anerkannt ist. Einem qualifizierten Sachverständigen kann die technische Verantwortung für die Aufgaben des Strahlenschutzes von Arbeitskräften und Einzelpersonen der Bevölkerung zugewiesen werden.

Radioaktive Kontamination: Kontamination eines beliebigen Materials, einer beliebigen Oberfläche, einer beliebigen Umgebung oder einer Person durch radioaktive Stoffe. Im Sonderfall des menschlichen Körpers umfaßt diese radioaktive Kontamination sowohl die äußere Kontamination der Haut als auch die innere Kontamination, gleichgültig, auf welche Weise die Inkorporation erfolgt.

Radioaktiver Stoff: jeder Stoff, der ein Radionuklid oder mehrere Radionuklide enthält und dessen Aktivität oder Konzentration im Zusammenhang mit dem Strahlenschutz nicht außer acht gelassen werden kann.

Radiologische Notstandssituation: eine Situation, die Dringlichkeitsmaßnahmen zum Schutz von Arbeitskräften, Einzelpersonen der Bevölkerung, Teilen der Bevölkerung oder der gesamten Bevölkerung erfordert.

Bezugsgruppe der Bevölkerung: eine Gruppe, die Personen umfaßt, die einer einigermaßen homogenen Strahlenexposition durch eine Strahlenquelle ausgesetzt sind, die für die stärker gegenüber dieser Strahlenquelle exponierten Einzelpersonen der Bevölkerung repräsentativ ist.

Anmeldepflicht: Verpflichtung zur Vorlage eines Schriftstücks bei der zuständigen Behörde, mit dem die Absicht mitgeteilt wird, eine von dieser Richtlinie erfaßte Tätigkeit oder sonstige Maßnahme durchzuführen.

Umschlossene Strahlenquelle: Strahlenquelle, deren Aufbau so beschaffen ist, daß bei üblicher betriebsmäßiger Beanspruchung jede Verbreitung der radioaktiven Stoffe in die Umwelt verhindert wird.

Sievert (Sv): besonderer Name für die Einheit der Äquivalent- oder effektiven Dosis. Ein Sievert entspricht einem Joule pro Kilogramm:

1 Sv = 1 J kg-1

Strahlenquelle: Apparat, radioaktiver Stoff oder Anlage, die die Fähigkeit haben, ionisierende Strahlung oder radioaktive Stoffe auszusenden.

Überwachungsbereich: Bereich, der aus Gründen des Schutzes gegen ionisierende Strahlungen einer angemessenen Überwachung unterliegt.

Unternehmer: jede natürliche oder juristische Person, die Tätigkeiten oder Arbeiten gemäß Artikel 2 dieser Richtlinie ausführt und die nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die gesetzliche Verantwortung für diese Tätigkeiten oder Arbeiten trägt.

Titel II
Anwendungsbereich

Artikel 2

(1) Diese Richtlinie gilt für alle Tätigkeiten, die mit einer Gefährdung durch ionisierende Strahlung aus einer künstlichen Strahlenquelle oder aus einer natürlichen Strahlenquelle verbunden sind, wenn hierbei natürliche Radionuklide aufgrund ihrer Radioaktivität, Spaltbarkeit oder Bruteigenschaft verarbeitet werden oder verarbeitet worden sind, d. h. für

  1. die Herstellung, Bearbeitung, Handhabung, Verwendung, den Besitz, die Lagerung, die Beförderung, die Einfuhr in und Ausfuhr aus der Gemeinschaft und die Beseitigung radioaktiver Stoffe;
  2. den Betrieb jeder elektrischen Ausrüstung, die ionisierende Strahlung aussendet und Komponenten enthält, die mit einer Potentialdifferenz von mehr als 5 kV betrieben werden;
  3. jegliche andere von einem Mitgliedstaat besonders angegebene Tätigkeit.

(2) Sie gilt gemäß Titel VII auch für Arbeiten, die nicht unter Absatz 1 fallen, bei denen aber natürliche Strahlenquellen vorhanden sind und durch die sich die Exposition der Arbeitskräfte oder von Einzelpersonen der Bevölkerung so erheblich erhöht, daß dies aus der Sicht des Strahlenschutzes nicht außer acht gelassen werden darf.

(3) Sie gilt gemäß Titel IX auch für sämtliche Interventionen im Fall radiologischer Notstandssituationen oder im Fall einer dauerhaften Exposition aufgrund der Folgen einer radiologischen Notstandssituation oder der Ausübung einer vergangenen oder früheren Tätigkeit oder Arbeit.

(4) Diese Richtlinie gilt nicht für die Exposition durch Radon in Wohnungen oder infolge des natürlichen Strahlenniveaus, d. h. weder für im menschlichen Körper enthaltene Radionuklide noch für kosmische Strahlen in Bodenhöhe noch für die oberirdische Exposition durch in der nicht durch Eingriffe beeinträchtigten Erdrinde vorhandene Radionuklide.

Titel III
Anmeldung und Genehmigung der Tätigkeiten

Artikel 3 Anmeldung

(1) Jeder Mitgliedstaat unterwirft die Durchführung der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Tätigkeiten einer Anmeldepflicht, sofern in diesem Artikel nichts anderes bestimmt ist.

(2) Für Tätigkeiten, die folgendes betreffen, braucht jedoch keine Anmeldung vorgeschrieben zu werden:

  1. radioaktive Stoffe, wenn die betreffenden Mengen insgesamt die Freigrenzen in Spalte 2 der Tabelle a des Anhangs I oder - unter außergewöhnlichen Umständen in einem einzelnen Mitgliedstaat - von den zuständigen Behörden genehmigte abweichende Werte, die jedoch den allgemeinen Grundkriterien des Anhangs I genügen, nicht überschreiten; oder
  2. radioaktive Stoffe, wenn deren Aktivitätskonzentration je Masseneinheit die Freigrenzen in Spalte 3 der Tabelle a des Anhangs I oder - unter außergewöhnlichen Umständen in einem einzelnen Mitgliedstaat - von den zuständigen Behörden genehmigte abweichende Werte, die jedoch den allgemeinen Grundkriterien des Anhangs I genügen, nicht überschreitet; oder
  3. Geräte, die radioaktive Stoffe enthalten, die die unter Buchstabe a) oder b) angegebenen Werte oder Aktivitätskonzentrationen überschreiten; dabei gilt folgendes:
    1. Ihre Bauart muß von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats zugelassen sein, und
    2. sie müssen als umschlossene Strahlungsquellen ausgeführt sein, und
    3. die Dosisleistung darf unter normalen Betriebsbedingungen im Abstand von 0,1 m von der berührbaren Oberfläche des Gerätes 1 µSv h-1 nicht überschreiten, und
    4. die zuständigen Behörden haben Anforderungen für die Beseitigung gestellt; oder
  4. den Betrieb aller elektrischen Geräte, auf die die Richtlinie Anwendung findet, mit Ausnahme der unter Buchstabe e) genannten Geräte; dabei gilt folgendes:
    1. Ihre Bauart muß von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats zugelassen sein, und
    2. die Dosisleistung darf unter normalen Betriebsbedingungen im Abstand von 0,1 m von der berührbaren Oberfläche des Gerätes 1 µSv h-1 nicht überschreiten; oder
  5. den Betrieb von für die Darstellung von Bildern bestimmten Kathodenstrahlröhren oder mit einer Potentialdifferenz von nicht mehr als 30 kV betriebenen sonstigen elektrischen Geräten, bei denen die Dosisleistung unter normalen Betriebsbedingungen im Abstand von 0,1 m von der berührbaren Oberfläche des Gerätes 1 µSv h-1 nicht überschreitet; oder
  6. Materialien, die mit radioaktiven Stoffen aus genehmigten Freigaben kontaminiert sind, für die die zuständigen Behörden keine weiteren Kontrollen vorschreiben.

Artikel 4 Genehmigung

(1) Sofern in diesem Artikel nichts anderes bestimmt ist, schreibt jeder Mitgliedstaat eine vorherige Genehmigung für folgende Tätigkeiten vor:

  1. den Betrieb und die Stillegung jeder Anlage des nuklearen Brennstoffkreislaufs sowie den Betrieb und die Stillegung von Uranbergwerken;
  2. den absichtlichen Zusatz radioaktiver Stoffe bei der Produktion und Herstellung von Arzneimitteln und die Einfuhr oder die Ausfuhr solcher Erzeugnisse;
  3. den absichtlichen Zusatz radioaktiver Stoffe bei der Produktion und Herstellung von Konsumgütern und die Einfuhr oder die Ausfuhr solcher Erzeugnisse;
  4. die absichtliche Verabreichung radioaktiver Stoffe an Personen und, sofern Strahlenschutz von Menschen betroffen ist, Tiere zum Zwecke der ärztlichen oder tierärztlichen Diagnose, Behandlung oder Forschung;
  5. die Verwendung von Röntgenanlagen oder radioaktiven Strahlenquellen für die industrielle Radiographie oder die Behandlung von Erzeugnissen oder die Forschung oder zum Zweck der ärztlichen Behandlung sowie die Verwendung von Beschleunigern mit Ausnahme von Elektronenmikroskopen.

(2) Für andere als die in Absatz 1 angegebenen Tätigkeiten kann eine vorherige Genehmigung vorgeschrieben werden.

(3) Die Mitgliedstaaten können bei einer Tätigkeit vom Erfordernis einer Genehmigung absehen, sofern

  1. bei in Absatz 1 Buchstaben a), c) und e) beschriebenen Tätigkeiten die Tätigkeit von der Anmeldepflicht ausgenommen ist oder
  2. in Fällen, in denen wegen einer begrenzten Expositionsgefahr für Menschen eine Einzelfallprüfung nicht erforderlich ist, die Tätigkeit im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften durchgeführt wird.


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