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Regelwerk, Gefahrgut/Transport / See / MSC

MSC.1/Rundschreiben 1394 14. Juni 2011
Allgemeine Richtlinien für die Entwicklung zielorientierter Schiffbaunormen
(GOAL-baseD STANDARDS = GBS) der IMO

Vom 18. November 2013
(VkBl. Nr. 23 vom 15.12.2013 S. 1212; 31.03.2016 S. 239aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung

Siehe Fn. *

1 Der Schiffssicherheitsausschuss genehmigte auf seiner neunundachtzigsten Sitzung (11. bis 20. Mai 2011) die anliegenden "Allgemeinen Richtlinien für die Entwicklung zielorientierter Schiffbaunormen (goalbased standards = GBS) der IMO" mit dem Ziel der Bereitstellung des Verfahrens für die Entwicklung, Prüfung, Implementierung und Überwachung der zielorientierten Schiffbaunormen zur Unterstützung der Regelentwicklung innerhalb der IMO.

2 Mitgliedsregierungen sind aufgefordert, die anliegenden Richtlinien zu verwenden und alle betroffenen Parteien darauf aufmerksam zu machen.

Zweck

1 Diese Richtlinien beschreiben das Verfahren für die Entwicklung, Prüfung, Implementierung und Überwachung der zielorientierten Schiffbaunormen (goalbased standards = GBS) zur Unterstützung der Regelentwicklung innerhalb der IMO. GBS bilden "Vorschriften für Vorschriften".

2 Es muss beachtet werden, dass diese Richtlinien von allgemeiner Natur sind und die Verwendung von Ausdrücken wie "gefordertes Sicherheitsniveau" in ihnen keine Bevorzugung eines bestimmten technischen Ansatzes bedeutet.

Begriffsbestimmungen und Fachausdrücke

3 Ein Regelwerk auf Basis zielorientierter Schiffbaunormen besteht aus den zielorientierten Schiffbaunormen und den zugehörigen detaillierten Anforderungen der Vorschriften und Regeln für Schiffe (siehe Abbildung 1). Ein Beispiel für eine Struktur zielorientierter Regeln enthält der Anhang.

4 Unfall ist ein unbeabsichtigtes Ereignis, das mit Tod oder Verletzung, mit dem Verlust oder der Beschädigung des Schiffes, dem Verlust oder der Beschädigung sonstigen Eigentums oder mit Umweltschädigung einhergeht.

5 Zielorientierte Schiffbaunormen sind hochrangige Normen und Verfahren, die durch Regeln, Vorschriften und Normen für Schiffe zu erfüllen sind. GBS umfassen mindestens ein Ziel, eine oder mehrere diesem Ziel zugeordnete(n) funktionale(n) Anforderung(en) und eine Konformitätsprüfung hinsichtlich der Erfüllung der funktionalen Anforderungen, einschließlich der Ziele, durch die Vorschriften/Regeln.

6 Risiko ist die Kombination von Häufigkeit und Folgenschwere.

7 Kommentar zu einer Vorschrift/Regel ist eine Erklärung, welche funktionale(n) Anforderung(en) mittels der Vorschrift/Regel (Abschnitt oder Kapitel) abgedeckt werden soll(en) und auf welche Weise sie abgedeckt werden soll(en), einschließlich eines Abrisses der zum Nachweis der Tatsache durchgeführten Analyse, dass die Vorschriften/Regeln den funktionalen Anforderungen, die sie abdecken sollen, gerecht werden.

8 Sicherheit ist die Abwesenheit unakzeptabel hoher (nicht mutwillig herbeigeführter) Risiken für Leib, Leben und Gesundheit.

Grundprinzipien

9 Zielorientierte Schiffbaunormen der IMO sind:

  1. breit angelegte, übergreifende Normen zur Sicherheit, zum Umweltschutz und/oder zur Gefahrenabwehr, die Schiffe während ihrer Lebensdauer einhalten müssen;
  2. der geforderte Standard, der durch die von Klassifikationsgesellschaften und sonstigen anerkannten Organisationen, Verwaltungen und der IMO angewandten Anforderungen erreicht werden muss;
  3. unabhängig vom Entwurf und der Technologie eines Schiffes klar, nachweisbar, überprüfbar, beständig, implementierbar und erfüllbar; und
  4. spezifisch genug, um keinem Raum für unterschiedliche Auslegungen zu bieten.

Ziele (Stufe I)

10 Ziele sind hochrangige Zielvorgaben, die zu erfüllen sind. Ein Ziel muss dem (den) jeweiligen Anliegen dienlich sein und dem geforderten Sicherheitsniveau entsprechen.

Abbildung 1
Regelwerk auf Basis zielorientierter Schiffbaunormen

Funktionale Anforderungen (Stufe II)

11 Funktionale Anforderungen liefern die für die Erreichung der Ziele zu erfüllenden Kriterien. Sobald ein Ziel festgelegt wurde, werden die funktionalen Anforderungen definiert. Sie müssen alle für die Erreichung des Zieles notwendigen Funktionen/Gebiete abdecken und auf Basis von Erfahrung, einer Bewertung bestehender Regeln und/oder einer systematischen Analyse drohender Gefahren entwickelt werden.

12 Abbildung 2 zeigt ein vereinfachtes Beispiel dafür, wie zielorientierte funktionale Anforderungen für die Schiffstruktur gewonnen werden könnten.

Abbildung 2
Vereinfachtes Beispiel dafür, wie zielorientierte kunktionale Anforderungen für die Schiffstruktur gewonnen werden könnten

Konformitätsprüfung (Stufe III)

13 Die Konformitätsprüfung liefert das für den Nachweis und die Prüfung der Konformität der zugehörigen Vorschriften und Regeln für Schiffe mit den Zielen und funktionalen Anforderungen notwendige Instrumentarium. Das Prüfungsverfahren muss auf die Konformität mit den funktionalen Anforderungen konzentriert sein. Das Prüfungsverfahren muss transparent sein und zu einheitlichen, vom jeweiligen Gutachter unabhängigen Ergebnissen führen.

14 Die Konformitätsprüfung muss die während des Prüfungsverfahrens anzuwendenden Methoden und Kriterien festlegen und die folgenden Elemente berücksichtigen:

  1. die Angabe der von den Vorschriften/Regeln angesprochenen funktionalen Anforderung(en);
  2. das Ausmaß, in dem die Vorschriften/Regeln die funktionalen Anforderungen abdecken und zur Erreichung des Ziels (der Ziele) beitragen;
  3. den Kommentar zu einer Vorschrift/Regel;
  4. die technische Dokumentation, die folgendes enthalten kann:
    4.1 den Mechanismus zur Erfüllung der funktionalen Anforderungen durch die Vorschriften/Regeln (betrieblich, technisch, Entwurf usw.);
    4.2 eine Erklärung der Art und Weise, in der die Vorschrift/Regel abgefasst bzw. entworfen wurde, einschließlich technischer Hintergrundinformationen; und
    4.3 die bei der Herleitung der Vorschrift /Regel verwendete Methodik, begleitet von untermauernden Beweggründen/Rechtfertigungen;
  5. die beim Entwicklungsprozess der Vorschrift/Regel durchgängig angewandten Qualitätssicherungsverfahren; und
  6. Methoden zur Einholung von Rückmeldungen über die Wirksamkeit der Vorschriften/Regeln und zur Förderung fortlaufender Verbesserungen.

15 Die Konformitätsprüfung muss:

  1. auf Methoden beruhen, die von der Aufstellung auf Grundprinzipien basierender Modelle bis hin zur Auswertung von Datensammlungen reichen;
  2. auf Analysen beruhen, die bewährte und akzeptierte Technologie nutzen;
  3. auf klaren qualitativen und quantitativen Kriterien beruhen, wobei die quantitativen vorzuziehen sind; und
  4. prüfen, ob derzeit bekannte Versagensformen und -ursachen abgedeckt werden;
  5. nach Maßgabe der IMO von unabhängigen Auditoren und/oder zuständigen Organen der IMO überprüft werden.

16 Der Entwickler der zu betrachtenden Vorschriften/ Regeln ist verantwortlich für die Durchführung einer Analyse, die nachweist, dass die Vorschriften/Regeln den funktionalen Anforderungen, die sie abdecken sollen, gerecht werden.

Vorschriften und Regeln für Schiffe (Stufe IV)

17 Vorschriften und Regeln für Schiffe sind die detaillierten Anforderungen, die von der IMO, nationalen Verwaltungen, und/oder Klassifikationsgesellschaften entwickelt und von nationalen Verwaltungen und/ oder Klassifikationsgesellschaften, die als anerkannte Organisationen tätig sind, angewendet werden, um den Zielen und funktionalen Anforderungen gerecht zu werden. Diese detaillierten Anforderungen werden Bestandteil eines Regelwerks auf Basis zielorientierter Schiffbaunormen, sobald ihre Konformität mit den zielorientierten Schiffbaunormen nachgewiesen ist.

Branchenübliche Praxis und Normen (Stufe V)

18 Die Regeln/Vorschriften dürfen Industrienormen, Ausführungsbestimmungen sowie Sicherheits- und Qualitätssysteme für Schiffbau, Schiffsbetrieb, Instandhaltung, Ausbildung, Schiffsbesetzung usw. enthalten oder darauf Bezug nehmen. Die Verantwortung für die Rechtfertigung der Angemessenheit solcher branchenüblicher Praxis und Normen, auf die in miteinander zusammenhängenden Vorschriften Bezug genommen wird oder die deren Bestandteil sind, liegt bei demjenigen, der Vorschriften/Regeln einreicht. Diese Rechtfertigung muss Teil des Konformitätsprüfungsverfahrens sein.

Überwachung

19 Überwachung ist eine Methode zur Bewertung der Wirksamkeit von Zielen (Stufe I), funktionalen Anforderungen (Stufe II), Vorschriften und Regeln (Stufe IV) und Normen/Praxis (Stufe V) sowie zum Versuch, Risiken zu erkennen, die bei der ursprünglichen Entwicklung der Vorschriften/Regeln nicht beachtet wurden. Um zu überprüfen, ob das mit der Schifffahrt verbundene Risiko so gering gehalten wird, wie es vernünftigerweise durchführbar ist, muss das Regelwerk auf Basis zielorientierter Schiffbaunormen fortlaufend überwacht und systematisch analysiert werden. Der Detaillierungsgrad der Datenaufzeichnung hängt vom zu überwachenden Gegenstand ab.

20 Wie in Abbildung 1 dieser Richtlinien dargestellt, wird zwischen zwei Überwachungsverfahren unterschieden:

  1. die Überwachung der Wirksamkeit einzelner Vorschriften/Regeln; und
  2. die Überwachung der Wirksamkeit der Ziele (Stufe I) und der funktionalen Anforderungen (Stufe II).

21 Das einzurichtende Überwachungssystem muss auf folgendes gerichtet sein (die Reihenfolge ist keine Wertung der Wichtigkeit):

  1. Sicherheit der Fahrgäste;
  2. Gemeinwohl;
  3. Arbeitssicherheit von Seeleuten;
  4. Sicherheit des Schiffes;
  5. Umweltschutz; und
  6. Schutz der Ladung.

22 Für beide Verfahren muss die Überwachung Datensammlungen wie z.B. Unfallberichte, Betriebserfahrungen, Unfalluntersuchungen, Berichte über Vorfälle, Berichte über Beinahe-Unfälle, neue wissenschaftliche Erkenntnisse, wie sie in der Branche veröffentlicht werden sowie Risikoanalysen berücksichtigen, ohne darauf beschränkt zu bleiben.

23 Die Zuständigkeiten für die Überwachung müssen bezüglich der Überwachungsaufgaben wie folgt zugewiesen werden:

1. Stufe I:

  1. Überwachung (einschließlich Datensammlung): IMO
  2. Analyse: IMO
  3. Bewertung: Ausschüsse

2. Stufe II:

  1. Überwachung (einschließlich Datensammlung): Unterausschüsse
  2. Analyse: Unterausschüsse
  3. Bewertung: Unterausschüsse

3. Stufe IV:

  1. Vorschriften: Überwachung (einschließlich Datensammlung) und Analyse durch den Ersteller der Vorschrift, Bewertung durch den Ersteller der Vorschrift unter Aufsicht der IMO
  2. Anforderungen: Überwachung und Analyse durch IMO-Unterausschüsse, Bewertung durch IMO-Unterausschüsse, Ersteller der Vorschrift.

24 Die für die Überwachung und Analyse verantwortliche(n) Organisation(en) ist (sind) auch für die Entwicklung und Aktualisierung der Form der Berichte zuständig.

.

  Ein Beispiel für den Aufbau zielorientierter Regeln Präambel Anhang

1 Der internationale Code für ...

2 Dieser Code wurde entwickelt ...

3 Verweis auf die Beziehung zu anderen relevanten Codes/Normen

Allgemeines

...

Einleitung

Dieser Teil des Codes enthält ...

Begriffsbestimmungen

Im Sinne des Codes haben die verwendeten Ausdrücke, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist, die in den folgenden Absätzen festgesetzte Bedeutung. Ausdrücke, die im Code verwendet werden, nicht aber definiert sind, sind so zu verstehen, wie sie in den relevanten Übereinkommen definiert sind.

Anwendung

...

Ziele

Das Ziel dieses Codes ist ...

Funktionale Anforderungen

Zur Erreichung seines Ziels enthält dieser Code ...

Regel A-1

Ziele

Das Ziel dieser Regel ist es, dafür zu sorgen, dass ...

Funktionale Anforderungen

Zur Erreichung der oben genannten Ziele ... die folgenden funktionalen Anforderungen ...

  1. Sorge für ...;
  2. Sorge für ...;

Regeln/Anforderungen

...

Regel A-2

Ziele

Das Ziel dieser Regel ist es, dafür zu sorgen, dass ...

Funktionale Anforderungen

Zur Erreichung der oben genannten Ziele ...

die folgenden funktionalen Anforderungen ...:

  1. Sorge für ...;
  2. Sorge für ...;

Regeln/Anforderungen

...

Regel A-3

Ziele

Das Ziel dieser Regel ist es, dafür zu sorgen, dass ... usw.

*) Durch die Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr wird hiermit das Rundschreiben des Schiffssicherheitsausschusses MSC der IMO MSC.1/Rundschreiben 1394, "Allgemeine Richtlinien für die Entwicklung zielorientierter Schiffbaunormen (goalbased standards = GBS) der IMO", in deutscher Sprache amtlich bekannt gemacht.

ENDE

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