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Regelwerk

Influenzaviren
- Stellungnahmen des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit-

Vom 30. Mai.2007
(Bundesgesundheitsbl. Nr. 9 vom 05.09.2007 S. 1184)



Der Arbeitskreis Blut des Bundesministeriums für Gesundheit gibt als nationales Beratungsgremium Stellungnahmen zu neuartigen Erregern ab, bewertet neue Erkenntnisse zu bekannten Erregern und erarbeitet entsprechende Empfehlungen für die Fachöffentlichkeit. Diese Serie von Stellungnahmen zu einzelnen Erregern werden als Zusammenfassung des aktuellen Wissensstandes veröffentlicht, speziell unter transfusionsmedizinisch relevanten Aspekten (Bundesgesundhbl., 41, 53, 1998).

Frühere Beiträge befassten sich mit der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung, dem Parvovirus B19 und dem GB-Virus Typ C (Hepatitis-G-Virus), (Bundesgesundheitsbl., 41, 78-90, 1998), HTLV I/ II, (Bundesgesundheitsbl., 41, 512, 1998), Yersinia enterocolitica, (Bundesgesundheitsbl., 42, 613,1999), TT-Virus (Bundesgesundheitsbl., 43, 154-156, 2000), Hepatitis B Virus (HBV), (Bundesgesundheitsbl., 43, 240-248, 2000) und Humanes Cytomegalovirus (HCMV), (Bundesgesundheitsbl., 43, 653-659, 2000), Hepatitis a Virus (Bundesgesundheitsbl., 44, 844-850, 2001), Treponema pallidum (Bundesgesundheitsbl. 45, 818-826, 2002), Hepatitis-C-Virus (Bundesgesundheitsbl. 46, 712-722, 2003), Humanes Immunschwächevirus (HIV) (Bundesgesundheitsbl. 47, 83-95, 2004), Arboviren - durch Arthropoden übertragbare Viren (Bundesgesundheitsbl. 47, 910-918, 2004), Coxiella burnetii - Erreger des Q-(query-)Fiebers (Bundesgesundheitsbl. 48, 814-821, 2005) und Variante Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (Bundesgesundheitsbl. 48, 1082-1090, 2005).

1. Wissensstand über die Erreger

1.1 Erregereigenschaften

Influenzaviren gehören zur Familie der Orthomyxoviren, bei denen es sich um behüllte Viren mit einem segmentierten Einzelstrang-RNA-Genom in Negativorientierung handelt. Innerhalb dieser Virusfamilie unterscheidet man 4 Genera: Influenzavirus A, Influenzavirus B und Influenzavirus C sowie Thogotovirus, von denen aber lediglich die Genera Influenzavirus a und B eine klinische Relevanz für den Menschen haben. Im Viruspartikel sind die 8 Genomsegmente durch das Nukleoprotein geschützt, an das der Polymerase-Komplex assoziiert ist. Dieses helikale Kapsid ist von einer Membran zellulären Ursprungs umgeben, die durch das Ml-Matrixprotein unterlagert wird. Im Elektronenmikroskop sind Spikeartige Projektionen auf der Virusoberfläche erkennbar, die gemäß ihrer Funktion als Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) bezeichnet werden [ 1]. Das Ha wird als Vorläuferprotein synthetisiert und durch zelluläre Serinproteasen in die funktionellen Proteine HAI und HA2 gespalten. Die Aminosäuresequenz im Bereich der Spaltstelle determiniert die Prozessierung des Ha durch zelluläre Proteasen und damit auch den Organtropismus. Verändert sich die Aminosäuresequenz der Spaltstelle durch Insertion von basischen Aminosäuren, so können ubiquitär vorkommende Proteasen wie Furin das Ha spalten und somit eine systemische Ausbreitung ermöglichen. Durch diesen Mechanismus entsteht aus einem niedrigpathogenen ein hochpathogenes Influenzavirus.

Der Erreger ist als behülltes Virus gegen schädigende Umwelteinflüsse relativ empfindlich, in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen (z.B. Feuchtigkeit und Temperatur) kann er allerdings über mehrere Stunden persistieren, bei niedrigen Temperaturen (z.B. < 20°C) in Wasser auch deutlich länger (bis zu einigen Monaten). Influenzaviren sind empfindlich gegen Lipidlösungsmittel und Detergentien. In Abhängigkeit vom Virussubtyp sind Influenzaviren empfindlich gegen niedrigen pH und Hitze, wobei Influenza-A-Viren mit ungespaltenem Ha offensichtlich stabiler sind (Verlust der Infektiosität bei pH < 4,5) als Viren mit gespaltenem Ha (Verlust der Infektiosität bei pH < 5) [ 2].

Das herausragende Charakteristikum der Influenzaviren ist ihre schnelle Evolution, die vor allem bei Influenza-A-Viren zu einer hohen Wandlungsfähigkeit führt. Aufgrund der antigenen Eigenschaften ihrer Hüllproteine sind Influenza-A-Viren in eine Vielzahl von Subtypen unterteilt. Bislang wurden 16 verschiedene HA- und 9 verschiedene NA-Typen identifiziert, die zur Benennung der Viren nach dem Schema H(x)N(y) herangezogen werden [ 1, 3]. Bei Influenza-B-Viren erfolgt keine Differenzierung in Subtypen. Die Anhäufung von Punktmutationen führt stufenweise zu einer Veränderung der Virusproteine (vor allem bei den beiden Oberflächenantigenen Ha und NA). Dieser Mechanismus wird als "Antigendrift" bezeichnet und ist ebenfalls typisch für Influenza-B-Viren. Die Variabilität der Typ-B-Viren ist aber auch durch andere Mechanismen wie Insertion und Deletion gekennzeichnet, wie die seit mehr als 20 Jahren kozirkulierenden stabilen Influenza-B-Linien zeigen [ 4, 5].

Unter einem "Antigenshift" (Reassortment) versteht man den Austausch ganzer Genomsegmente, vor allem der HA-Gene, wodurch es zum Auftreten von Influenzaviren kommen kann, die gegenüber den Elternviren einen Selektionsvorteil haben. Voraussetzung für das Reassortment ist die Doppelinfektion einer Zelle mit 2 verschiedenen Influenza-A-Viren. Dabei entsteht eine Vielzahl verschiedener Mischviren, die über die einzelnen Genomsegmente der Elternviren unterschiedliche Eigenschaften erhalten haben. Ein Beispiel stellt das Auftreten des Subtyps Influenza A/H2N2 im Jahre 1957 dar, der die bis dahin zirkulierenden Influenza-A/H1N1-Viren ablöste [ 6, 7].

Besondere Aufmerksamkeit hat die Influenza durch die Todesfälle bei Menschen gefunden, die durch das hochpathogene Vogelinfluenza-A/H5N1-Virus verursacht wurden. Hier zeigt sich, dass für den Menschen völlig neue Influenza-A-Viren tödlich verlaufende Infektionen auslösen können. Humane H5N1-Transmissionen mit hoher Mortalität sind seit den ersten Ausbrüchen von H5N1-bedingter Geflügelpest bei Geflügel in Südostasien im Jahr 2003 mittlerweile in 10 Ländern aufgetreten [ 8

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