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2.2. Anwendbarkeit der Ta Lärm

Durch die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm ( Ta Lärm) werden

  1. die Betreiberpflichten aus § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG konkretisiert,
  2. Art und Umfang der behördlichen Ermittlungen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) festgelegt und
  3. das Ermessen beim Erlaß nachträglicher Anordnungen gesteuert.

Die Ta Lärm ist zwar noch als Verwaltungsvorschrift zu den durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz aufgehobenen §§ 16 ff der Gewerbeordnung ergangen. Gemäß § 66 Abs. 2 BImSchG ist sie aber weiter maßgebend, bis eine entsprechende allgemeine Verwaltungsvorschrift nach § 48 BImSchG in Kraft tritt.

Bei Auslegung und Anwendung der Ta Lärm muß berücksichtigt werden, daß diese Verwaltungsvorschrift nicht eigenes Recht schafft, sondern normkonkretisierende und ermessenlenkende Funktionen im Hinblick auf die Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes hat. Daraus folgt, daß die Ta Lärm gesetzeskonform auszulegen ist. Soweit das nicht möglich ist und ihr Inhalt offensichtlich im Widerspruch zu dem inzwischen geänderten materiellen Recht (insbesondere des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) steht, ist die Ta Lärm nicht (mehr) anwendbar. Entsprechendes gilt, soweit neue gesicherte Erkenntnisse vorliegen, die der Vorschriftengeber der Ta Lärm noch nicht berücksichtigen konnte und die eine abweichende Entscheidung erfordern. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wird im einzelnen folgendes geregelt:

2.2.1 Soweit die Ta Lärm in Nr. 2.2 allgemeine Grundsätze enthält und in Nr. 2.3.2 Immissionsrichtwerte festsetzt, ist sie als im Grundsatz zutreffende Konkretisierung der Pflichten aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG und als Ermessensrichtlinie für Entscheidungen nach § 17 Abs. 1 BImSchG anzusehen. Die Immissionsrichtwerte kennzeichnen - soweit keine speziellen Regelungen bestehen für den Regelfall die Grenze, ab der schädliche Umwelteinwirkungen durch Anlagengeräusche hervorgerufen werden.

Bei der Anwendung der Nr. 2.2.11 Satz 1 Buchstabe b Ta Lärm muß die Formulierung "ohne Berücksichtigung einwirkender Fremdgeräusche" gesetzeskonform dahin ausgelegt werden, daß die Verdeckung der Anlagengeräusche durch ständig einwirkende Fremdgeräusche beim Vergleich mit den Immissionsrichtwerten nicht zu berücksichtigen ist (vgl. dazu die Sonderregelung Nr. 2.2.13 Ta Lärm). Sie kann nicht dahin verstanden werden, daß nur die von der einzelnen Anlage ausgehende Geräuschbelastung an den Immissionsrichtwerten zu messen ist

2.2.2 Nr. 2.213 Ta Lärm kann nicht dahin ausgelegt werden, daß von Vorsorgemaßnahmen, insbesondere der Einhaltung des Standes der Lärmminderungstechnik (Lärmbekämpfungstechnik), abgesehen werden darf, wenn nicht mit konkreten schädlichen Umwelteinwirkungen zu rechnen ist. Eine solche Interpretation stände offensichtlich im Widerspruch zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Dabei ist zu beachten, daß die Definition des Standes der Technik nunmehr § 3 Abs. 6 BImSchG und nicht mehr Nr. 2.3.1 Ta Lärm zu entnehmen ist. Anhaltspunkte zur die Bestimmung des Standes der Lärmminderungstechnik sind den vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit oder von der für den Immissionsschutz zuständigen obersten Landesbehörde bekanntgegebenen Emissionsdaten zu entnehmen.

2.2.3 Ständig einwirkende Fremdgeräusche im Sinne der Nr. 2.2.1.3 Ta Lärm sind nur anzunehmen, wenn die Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage nicht auffällig (d.h. weder impuls- noch informations- oder tonhaltig) sind und - bezogen auf jede volle Stunde der Mittelungspegel aller auf den Immissionsort einwirkenden Fremdgeräusche - ermittelt entsprechend den jeweils für sie geltenden Ermittlungsverfahren - bei Anlagengeräuschen um mindestens 5 dB(A), bei Verkehrsgeräuschen um mindestens 10 dB(A) oberhalb des Mittelungspegels der Anlagengeräusche für den entsprechenden Zeitraum liegt.

Durch Nebenbestimmungen zum Genehmigungsbescheid oder durch nachträgliche Anordnung ist sicherzustellen, daß die zu beurteilende Anlage auch nach einer Verminderung der Fremdgeräusche nicht relevant (vgl. Nr. 2.1 Abs. 3) zu schädlichen Umwelteinwirkungen beiträgt.

2.2.4 Wird eine Genehmigung zur wesentlichen Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer Anlage beantragt, so sind die Anlagenteile und Verfahrensschritte, die geändert werden sollen, sowie die Anlagenteile und Verfahrensschritte, auf die sich die Änderung voraussichtlich auswirken wird, zu prüfen (vgl. die insoweit allgemein anwendbare Regelung in Nr. 2.2.3.1 Abs. 2 Ta Luft). Soweit eine Änderung nicht ausschließlich oder weit überwiegend der Verminderung der Immissionen dient (vgl. Nr. 2.2.3.2 Satz 3 Ta Luft), darf eine Genehmigung nur erteilt werden, wenn die Einhaltung der Pflichten aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG auch im Hinblick auf die entstehenden Geräuschimmissionen sichergestellt. Nr. 2.2.2.2 Satz 2 Ta Lärm ist insoweit einschränkend auszulegen.

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