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Regelwerk, Biotechnololgie, Technische Regeln, TRBA

Beschluss 605 - Tätigkeiten mit poliowildvirusinfiziertem und/oder potentiell infektiösem Material einschließlich der sicheren Lagerung von Poliowildviren in Laboratorien
Beschluss des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS)

Stand: Oktober 2002
(BArbBl. 10/2002 S. 146; GMBl. 11.12.2023 S. 1092,aufgehoben)



Zur Nachfolgeregelung =>

Der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) hat in seiner Sitzung am 22.05.2002 beschlossen, mit dem folgenden Beschluss die Bemühungen der WHO und der Nationalen Kommission für die Polioeradikation in der Bundesrepublik Deutschland zur Ausrottung der Poliomyelitis zu unterstützen.

1 Allgemeines

1988 verabschiedete die WHO eine Resolution, die zur weltweiten Eradikation der Poliomyelitis bis zum Jahre 2000 aufrief, inzwischen wurde diese Zeitvorstellung auf 2005 korrigiert.

Das WHO-Regionalbüro für Europa hat einen regionalen Aktionsplan für die Lagerung von Poliowildviren im Labor (Anlage 1) aufgestellt um sicherzustellen, dass zukünftig alles poliowildvirus-infizierte und/ oder potentiell poliowildvirus-infektiöse Material vernichtet oder nachweislich sicher gelagert wird.

Nach den WHO-Leitlinien soll dieses Ziel in 3 Phasen erreicht werden:

1. Phase: "Nach der Zertifizierung einer Region als poliofrei"

2. Phase:"Nach der globalen Polio-Eradikation"

3. Phase:"Nach der Immunisierung mit oraler Poliovakzine (OPV)"

2 Gefährdungsbeurteilung

Seit Ende 1998 sind in der europäischen Region keine Poliomyelitisfälle mehr aufgetreten. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass zukünftig biomedizinische Laboratorien die einzige potenzielle Quelle von Polioviren darstellen, d.h. Laboratorien, die für die Diagnostik, Forschung, Lehre und Vakzineproduktion zuständig sind. Daneben können über einen unbestimmten Zeitraum Einzelfälle von Poliodauerausscheidern auftreten. Diese Fälle, die auch für die WHO ein ernstzunehmendes Problem bei der weltweiten Polioeradikation darstellen, werden in diesem Beschluss jedoch nicht berücksichtigt.

Bisher verringerten die weltweite Immunisierung mit inaktivierter Poliovakzine oder oraler Poliovakzine die Gefährdung der Beschäftigten in Laboratorien und die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung.

Das Poliomyelitis-Virus ist gemäß RL 2000/54/EG EU-weit rechtsverbindlich in die Risikogruppe 2 eingestuft.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung hat der Arbeitgeber zu ermitteln; ob Tätigkeiten mit poliovirusinfiziertem und/oder potentiell infektiösem Material durchgeführt oder diese Materialien gelagert werden. Zu dieser Ermittlung kann die Checkliste in Anlage 2 herangezogen werden.

Für die Gefährdungsbeurteilung erforderliche Definitionen zu Polioviren, Aussagen zum Vorkommen von poliowildvirus-infiziertem und potentiell poliowildvirus-infiziertem Material sowie entsprechende Beispiele hierzu enthält Anlage 1.

Gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit poliovirusinfiziertem und/ oder potentiell infektiösem Material sind der Schutzstufe 2 zuzuordnen

3 Schutzmaßnahmen

Nach Biostoffverordnung sind für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit Polioviren entsprechend der Einstufung des Poliovirus in die Risikogruppe 2 die Sicherheitsmaßnahmen der Schutzstufe 2 erforderlich, die in der TRBa 100 für Laboratorien konkretisiert werden.

Bei Einhaltung der Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2 nach Biostoffverordnung werden auch die nach Anhang IV der Anlage 1 erforderlichen Anforderungen der Biosicherheitsstufe BSL-2 einschließlich der Regelungen zur guten mikrobiologischen Technik erfüllt.

Auch die in den Leitlinien zusätzlich zu den Maßnahmen für BSL-2-Labore gestellten, nachfolgend aufgeführten "poliospezifischen" Anforderungen entsprechen grundsätzlichen Forderungen der Biostoffverordnung:

Es gelten:

4 Weiteres Vorgehen

Während die von der WHO geforderten Schutzmaßnahmen für die erste Phase der Polio-Eradikation national bereits durch Einhaltung der bestehenden Regelungen der Biostoffverordnung erfüllt werden, ist die Durchsetzung der Maßnahmen der zweiten und dritten Phase noch vorzubereiten. Hierzu wird der ABAS zu gegebener Zeit entsprechende Vorschläge unterbreiten.

Unabhängig davon gilt, dass die für die zweite Phase geforderte Unschädlichmachung bzw. Vernichtung von nicht mehr benötigtem poliovirusinfiziertem und/oder potentiell poliowildvirus-infektiösem Material unter sachgerechten Bedingungen unter Zugrundelegung des Minimierungsgebotes bereits in der ersten Phase eingeleitet ggf. auch abgeschlossen werden sollte.

.

  Anlage 1

in BArbBl 10/2002 S. 146 nicht enthalten 

.

Checkliste zur Klärung,
ob in Ihrem Laborbereich Poliowildviren oder mit Poliowildviren infiziertes Material vorhanden ist
Anlage 2

1) Wird in Ihrem Laborbereich mit einem der nachfolgenden Materialien gearbeitet oder werden diese dort gelagert?

Poliowildvirusstämme Ja [ ] Nein [ ]
vollständige Poliovirus-RNa oder cDNa mit von Poliowildviren abgeleiteten Kapsidsequenzen Ja [ ] Nein [ ]
Poliowildvirus-infizierte Zellkulturen Ja [ ] Nein [ ]
Material von mit Poliowildviren infizierten Tieren Ja [ ] Nein [ ]
klinisches Material (Rachenabstrich, Stuhl-, Blut-, Liquor-, Autopsie- oder Biopsie-Proben) von bestätigten oder yermuteten Poliomyelitis-Fällen Ja [ ] Nein [ ]

2) Werden in Ihrem Laborbereich nachfolgende Materialien in gefrorenem Zustand gelagert, die zu Routine-, Forschungs- oder sonstigen Zwecken zu Zeiten endemischer Poliowildvirus-Infektionen gesammelt worden sind? (Für Deutschland* betrifft dies Proben, die vor 1991 gesammelt worden sind).

Wasser oder Abwasserproben aus der Umwelt Ja [ ] Nein [ ]
Rachenabstriche oder Stuhlproben Ja [ ] Nein [ ]
nicht typisierte Enterovirus-ähnliche Zellkultur-Isolate Ja [ ] Nein [ ]

*Stammt Ihr Probenmaterial nicht aus Deutschland, können Sie anhand unserer beigefügten Ländertabelle prüfen, ob in dem betreffenden Herkunftsland Poliowildviren zum Zeitpunkt der Probennahme endemisch waren bzw. noch sind.

3) Wie viele Tiefkühltruhen /-schränke / Aufbewahrungsbehälter mit Flüssigstickstoffkühlung gibt es in Ihrem Laborbereich? (Anzahl)

4) Wurden alle diese Behältnisse (sofern vorhanden) auf die Lagerung von Poliowildviren oder Poliowildviren-verdächtigem Material überprüft? Ja [ ] Nein [ ]

__________________
1
) BSL-2/Polio = Biosafety level 2/Polio-Anforderungen







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