A. Problem und Ziel
Das durch Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz (GG) geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht ist in der jüngeren Zeit besonderen Gefährdungen ausgesetzt. Diese Gefährdungen resultieren insbesondere daraus, dass sich Bildaufnahmegeräte in einem Umfang und in einer Form verbreitet haben, die es jedermann ermöglichen, an nahezu jedem Ort und zu jeder Zeit Bildaufnahmen von Dritten in hoher Qualität zu erstellen. Das geschieht häufig, ohne dass betroffene Personen dies bemerken und auf unbefugte Aufnahmen reagieren könnten. Durch die ständige Verfügbarkeit von Smartphones oder anderen technischen Geräten mit Bildaufnahmefunktion und deren unauffällige wie auch einfache Handhabbarkeit besteht die für Dritte unabsehbare Gefahr, ungewollt zum Gegenstand einer fremden Bildaufnahme zu werden. Bereits die Herstellung und nicht erst die Verbreitung derartiger Aufnahmen erweist sich gerade in den Fällen als tiefgreifender Rechtseingriff, in denen der Intimbereich betroffen ist.
Gravierendes und auch strafwürdiges, bislang regelmäßig aber nicht strafbares Unrecht verwirklicht dabei derjenige, der absichtlich unter die Bekleidung einer anderen Person filmt oder fotografiert und auf diese Weise eine Bildaufnahme von deren Intimbereich herstellt oder überträgt. Durch dieses - zumeist heimlich vorgenommene - Verhalten wird der durch das Bekleidungsstück bezweckte Sichtschutz überwunden. Die Betroffenen können sich daher häufig nicht oder nur unzureichend wehren und müssen zumeist erdulden, dass sie hierdurch gegen ihren Willen zu Zwecken persönlicher Bedürfnisbefriedigung der Täter gleichsam instrumentalisiert werden. Entsprechende Verhaltensweisen haben, auch wenn sie bereits seit einiger Zeit festgestellt werden können, durch die massenhafte Verwendung von Bildaufnahmegeräten und die Möglichkeiten der Verbreitung entsprechender Aufnahmen im Internet eine Dimension erreicht, die angesichts ihrer Sozialschädlichkeit und des bislang defizitären Schutzes der Betroffenen einen strafgesetzgeberischen Handlungsbedarf hervorruft.
Im anglo-amerikanischen Rechtskreis, in dem zur Bekämpfung dieses Fehlverhaltens bereits vielerorten besondere Strafvorschriften geschaffen wurden, wird das Phänomen sehr prägnant mit dem Begriff "Upskirting" erfasst.
Durch dieses Verhalten wird nicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen verletzt, sondern speziell das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Diesem ist das Recht des Einzelnen zuzuordnen, nicht gegen seinen Willen zum Objekt sexuellen Begehrens anderer gemacht zu werden (Schönke/Schröder-Eisele, StGB, 30. Aufl. 2019, Vor §§ 174 ff. Rn. 1b). Dazu gehört auch das Recht, selbst darüber zu bestimmen, ob und in welcher Weise eine Person durch die Abbildung ihres Intimbereichs zum Gegenstand sexuell konnotierter Betrachtung durch andere werden will. Durch das "Upskirting" missachtet der Täter dieses Recht, indem er sich und gegebenenfalls Dritten unerlaubt den Blick auf den Intimbereich verschafft und diesen Anblick in der Regel durch eine Speicherung der Aufnahme fixiert. Nicht selten werden die Aufnahmen über das Internet anderen zugänglich gemacht, was die Rechtsverletzung vertieft. In den meisten Fällen liegt der Tat eine sexuelle Motivation zugrunde, sei es, dass sich der Täter bereits durch die Aufnahmesituation sexuellen Lustgewinn verschaffen will, sei es, dass er selbst oder ein Dritter, dem die Aufnahme zugänglich gemacht wird, sich durch die Betrachtung der Aufnahme sexuellen Lustgewinn verschaffen will. Unabhängig vom konkreten Motiv des einzelnen Täters sehen sich die Opfer durch dieses Verhalten zum Gegenstand der sexuellen Phantasien anderer herabgewürdigt. Auch der allgemeinen Vorstellung vom Tatbild entspricht es, im "Upskirting" einen Angriff auf das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen zu sehen.
B. Lösung
Der Entwurf sieht im Kern die Einführung eines neuen § 184k Strafgesetzbuch (StGB) "Bildaufnahme des Intimbereichs" vor. Danach macht sich strafbar, wer absichtlich eine Bildaufnahme des Intimbereichs einer anderen Person unbefugt herstellt, indem er unter deren Bekleidung fotografiert oder filmt, oder eine derartige Bildaufnahme überträgt. Gleichfalls unter Strafe gestellt wird das Gebrauchen oder Zugänglichmachen einer solcherart hergestellten Aufnahme.
Mit dieser Strafvorschrift soll erreicht werden, dass
- − das Unrecht derartiger Taten in das Bewusstsein der Bevölkerung gebracht wird,
- − potentielle Täter abgeschreckt werden,
- − ein wirksamerer Schutz der Opfer bewirkt wird und
- − Täter auch strafrechtlich wegen eines Sexualdelikts zur Verantwortung gezogen werden können.
Mit der Einstufung der Strafnorm als Sexualdelikt sind Folgeänderungen veranlasst, die insbesondere im Hinblick auf die Befugnis zum Anschluss als Nebenkläger (§ 395 der Strafprozessordnung [StPO]) und die Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand ( § 397a StPO) den Schutz der betroffenen Opfer weiter verbessern.
C. Alternativen
Beibehaltung des bisherigen, unbefriedigenden Zustands.
D. Haushaltsaufgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Keiner.
F. Weitere Kosten
Durch die Einführung der neuen strafrechtlichen Regelung können den Länderhaushalten Verfahrens- und Vollzugskosten in überschaubarem Umfang entstehen, deren Höhe sich nicht näher beziffern lässt.
Gesetzesantrag der Länder Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Saarland
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs - Strafbarkeit der Bildaufnahme des Intimbereichs (sog. Upskirting)
Der Bayerische Ministerpräsident München, 16. September 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung sowie der Regierungen der Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Saarland wird der als Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügte Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs - Strafbarkeit der Bildaufnahme des Intimbereichs (sog. Upskirting) mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diesen gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Es wird gebeten, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 980. Sitzung am 20. September 2019 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs - Strafbarkeit der Bildaufnahme des Intimbereichs (sog. Upskirting)
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuchs
Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 184j folgende Angabe eingefügt:
" § 184k Bildaufnahme des Intimbereichs"
2. Nach § 184j wird folgender § 184k eingefügt:
" § 184k Bildaufnahme des Intimbereichs
(1) Wer absichtlich eine Bildaufnahme des Intimbereichs einer anderen Person unbefugt herstellt, indem er unter deren Bekleidung fotografiert oder filmt, oder eine derartige Aufnahme überträgt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine durch eine Tat nach Absatz 1 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht.
(3) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
(4) Die Bildträger sowie Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden.
§ 74a ist anzuwenden."
Artikel 2
Folgeänderungen
(1) In § 44 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird die Angabe "184i, 184j," durch die Angabe "184i bis 184k," ersetzt.
(2) In § 171b Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird die Angabe "184j" durch die Angabe "184k" ersetzt.
(3) Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074), die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In § 255a Absatz 2 Satz 1 wird die Angabe "184j" durch die Angabe "184k" ersetzt.
- 2. In § 395 Absatz 1 Nummer 1 wird die Angabe "184i und 184j," durch die Angabe "184i bis 184k," ersetzt.
3. In § 397a Absatz 1 Nummer 4 wird die Angabe "184i und 184j," durch die Angabe "184i bis 184k," ersetzt.
(4) In den §§ 32 Absatz 5, 34 Absatz 2, 41 Absatz 2 und 46 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229; 1985 I S. 195), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird jeweils die Angabe "184i, 184j," durch die Angabe "184i bis 184k," ersetzt.
(5) In § 25 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom 12. April 1976 (BGBl. I S. 965), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird nach der Angabe "184i," die Angabe "184k," eingefügt.
(6) In § 72a Absatz 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird nach der Angabe "184i," die Angabe "184k," eingefügt.
(7) In § 124 Absatz 2 Satz 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung - vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird die Angabe "184i, 184j," durch die Angabe "184i bis 184k," ersetzt.
(8) In § 75 Absatz 2 Satz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird die Angabe "184i, 184j," durch die Angabe "184i bis 184k," ersetzt.
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung des Entwurfs und Notwendigkeit der Regelungen
Das durch Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz (GG) geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht ist in der jüngeren Zeit besonderen Gefährdungen ausgesetzt. Diese Gefährdungen resultieren insbesondere daraus, dass sich Bildaufnahmegeräte in einem Umfang und in einer Form verbreitet haben, die es jedermann ermöglicht, an nahezu jedem Ort und zu jeder Zeit Bildaufnahmen von Dritten in hoher Qualität zu erstellen. Das geschieht häufig, ohne dass betroffene Personen dies bemerken und auf unbefugte Aufnahmen reagieren könnten. Durch die ständige Verfügbarkeit von Smartphones oder anderen technischen Geräten mit Bildaufnahmefunktion und deren unauffällige wie auch einfache Handhabbarkeit besteht die für Dritte unabsehbare Gefahr, ungewollt zum Gegenstand einer fremden Bildaufnahme zu werden. Bereits die Herstellung und nicht erst die Verbreitung derartiger Aufnahmen erweist sich gerade in den Fällen als tiefgreifender Rechtseingriff, in denen der Intimbereich betroffen ist.
Gravierendes und auch strafwürdiges, bislang regelmäßig aber nicht strafbares Unrecht verwirklicht dabei derjenige, der absichtlich unter die Bekleidung einer anderen Person filmt oder fotografiert und auf diese Weise eine Bildaufnahme von deren Intimbereich herstellt oder überträgt. Durch dieses - zumeist heimlich vorgenommene - Verhalten wird der durch das Bekleidungsstück bezweckte Sichtschutz überwunden. Die Betroffenen können sich daher häufig nicht oder nur unzureichend wehren und müssen zumeist erdulden, dass sie hierdurch gegen ihren Willen zu Zwecken persönlicher Bedürfnisbefriedigung der Täter gleichsam instrumentalisiert werden. Entsprechende Verhaltensweisen haben, auch wenn sie bereits seit einiger Zeit festgestellt werden können, durch die massenhafte Verwendung von Bildaufnahmegeräten und die Möglichkeiten der Verbreitung entsprechender Aufnahmen im Internet eine Dimension erreicht, die angesichts ihrer Sozialschädlichkeit und des bislang defizitären Schutzes der Betroffenen einen strafgesetzgeberischen Handlungsbedarf hervorruft.
Im anglo-amerikanischen Rechtskreis, in dem zur Bekämpfung dieses Fehlverhaltens bereits vielerorten besondere Strafvorschriften geschaffen wurden, wird das Phänomen sehr prägnant mit dem Begriff "Upskirting" erfasst.
Durch dieses Verhalten wird nicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen verletzt, sondern speziell das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Diesem ist das Recht des Einzelnen zuzuordnen, nicht gegen seinen Willen zum Objekt sexuellen Begehrens anderer gemacht zu werden (Schönke/Schröder-Eisele, StGB, 30. Aufl. 2019, Vor §§ 174 ff. Rn. 1b). Dazu gehört auch das Recht, selbst darüber zu bestimmen, ob und in welcher Weise eine Person durch die Abbildung ihres Intimbereichs zum Gegenstand sexuell konnotierter Betrachtung durch andere werden will. Durch das "Upskirting" missachtet der Täter dieses Recht, indem er sich und gegebenenfalls Dritten unerlaubt den Blick auf den Intimbereich verschafft und diesen Anblick in der Regel durch eine Speicherung der Aufnahme fixiert. Nicht selten werden die Aufnahmen über das Internet anderen zugänglich gemacht, was die Rechtsverletzung vertieft. In den meisten Fällen liegt der Tat eine sexuelle Motivation zugrunde, sei es, dass sich der Täter bereits durch die Aufnahmesituation sexuellen Lustgewinn verschaffen will, sei es, dass er selbst oder ein Dritter, dem die Aufnahme zugänglich gemacht wird, sich durch die Betrachtung der Aufnahme sexuellen Lustgewinn verschaffen will. Unabhängig vom konkreten Motiv des einzelnen Täters sehen sich die Opfer durch dieses Verhalten zum Gegenstand der sexuellen Phantasien anderer herabgewürdigt. Auch der allgemeinen Vorstellung vom Tatbild entspricht es, im "Upskirting" einen Angriff auf das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen zu sehen.
Im Einzelnen:
1. Unter dem englischen Schlagwort "Upskirting" wird das unbefugte und zumeist heimliche Herstellen oder Übertragen einer Bildaufnahme vom Intimbereich einer anderen Person verstanden, bei dem der Täter unter deren Bekleidung fotografiert oder filmt. Entsprechend dem englischen Wort "skirt" für "Rock" und "up" für "von unten nach oben" betrifft das Phänomen vor allem diejenigen Fälle, in denen der Täter unter einen Rock nach oben in Richtung des Intimbereichs fotografiert oder filmt.
Während die hiervon betroffenen Opfer in aller Regel Frauen sind, ist die Gruppe der Täter, soweit bekannt, nahezu ausschließlich männlich. Hinter deren Verhalten stehen häufig voyeuristische (sexuelle) Motive, bisweilen aber auch pervertierte Machtansprüche und im Einzelfall möglicherweise sogar kommerzielle Interessen (beispielsweise durch Verwertung im Internet). Nach dem oben Ausgeführten stellt sich das "Upskirting" als visuelles Eindringen in den körperlichen Intimbereich einer anderen Person unabhängig davon, ob der Täter mit der Aufnahme sexuelle Absichten verfolgt, als Sexualdelikt dar.
Die Tatbegehung erfolgt zumeist im öffentlichen Raum. Insbesondere dort, wo sich eine Vielzahl von Menschen aufhält oder wo ein erheblicher Publikumsverkehr herrscht, suchen und finden die Täter Gelegenheit, unter dem Anschein sozialadäquaten Verhaltens die erforderliche räumliche Nähe zu ihren Opfern aufzubauen und möglichst unbemerkt Bildaufnahmen des Intimbereichs unter dem Rock oder Kleid herzustellen. Häufige Tatorte s i.d.R. lltreppen, öffentlicher Nahverkehr, Volksfeste und andere Massenveranstaltungen sowie Sitzbereiche wie
Treppen oder Mauern. Ungeachtet medial berichteter Einzelfälle ist das tatsächliche Ausmaß des Phänomens nur schwer abzuschätzen, da hierzu keine empirisch verlässlichen Zahlen existieren. Für England und Wales wird immerhin von einem erheblichen Anstieg von Anzeigen wegen "Upskirting" bei den dortigen Polizeibehörden berichtet. Während es von April 2015 bis 2017 insgesamt 78 Anzeigen gegeben habe, seien es im Jahr 2018 bereits 94 gewesen. Nach den Angaben einer britischen Kinderhilfsorganisation, Plan International UK, die 1.004 Mädchen zwischen 14 und 21 Jahren in Großbritannien hierzu befragt hat, hätten 9 Prozent dieser Mädchen Erfahrungen mit "Upskirting" gemacht, wobei 52 Prozent der Betroffenen niemandem hiervon etwas erzählt hätten. Insbesondere aufgrund der weiten Verbreitung von Smartphones und sonstigen elektronischen Kleingeräten mit Kamerafunktion, deren jederzeitiger Verfügbarkeit im alltäglichen Leben und deren unauffälliger Handhabbarkeit, unterstützt etwa auch durch weitere Hilfsmittel wie sog. Selfie-Sticks, dürfte - auch für Deutschland - von einem beachtlichen Dunkelfeld auszugehen sein. Hierfür spricht auch, dass eine Auswertung öffentlich zugänglicher Internetseiten zahlreiche Bilder zu dem Thema zutage fördert. Im Internet sollen laut Medienberichten zahlreiche Foren existieren, in denen sich User über besonders geeignete Aufnahmegeräte, über Konstruktionen, wie Kameras in Einkaufstüten versteckt und fixiert werden können, und wie man sich möglichst unauffällig verhält, austauschen sowie "ihre Ausbeute" zur Schau stellen und die "Qualität" der Bilder wie auch der Frauen bewerten .
Die vorgenannten Berichte weisen darauf hin, dass die Täter typischerweise die Gelegenheit für die Herstellung der Aufnahmen bewusst und gewollt herbeiführen und hierbei unter Verschleierung ihrer Absicht planmäßigberechnend vorgehen.
Angesichts des typischerweise heimlichen Vorgehens der Täter ist davon auszugehen, dass die Opfer die Herstellung der Bildaufnahmen häufig nicht bemerken. Sofern sie das Verhalten im Einzelfall wahrnehmen, fühlen sie sich der Situation zumeist hilflos ausgeliefert und in ihrer Würde verletzt. Insbesondere sehen sie sich in ihrem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung verletzt, da sie in der Regel zu Recht davon ausgehen, dass die Aufnahme dem Täter selbst oder einer Person, der die Aufnahme zugänglich gemacht wird, der Befriedigung sexueller Bedürfnisse dienen soll. Damit fühlen sich die Opfer zum Gegenstand der sexuellen Phantasien anderer herabgewürdigt. Da die Tatbegehung regelmäßig im Lichte der Öffentlichkeit stattfindet, geht mit dem Tatverhalten zusätzlich eine demütigende Wirkung einher. Die Unbefangenheit, sich auch mit Kleidern und Röcken sicher und geschützt in der Öffentlichkeit bewegen zu können, geht verloren. Zusätzlich belastend ist für die Opfer, dass sie über den Umgang des Täters mit den Bildaufnahmen im Ungewissen bleiben. So findet sich eine Vielzahl der getätigten Aufnahmen innerhalb kurzer Zeit im Internet wieder. Damit bekommen die Bilder, auch wenn sie keine Identifizierung des Opfers erlauben sollten, eine unüberschaubare Öffentlichkeit. Außerdem perpetuiert sich die Rechtsverletzung, zumal es sich häufig als unmöglich erweist, einmal in das Internet eingestellte Aufnahmen dort wieder gänzlich zu löschen
2. Das geltende Recht bietet bislang nur eingeschränkten Schutz vor und gegen "Upskirting".
a) Strafrecht
Die genannten Verhaltensformen des "Upskirtings" erfüllen nur ausnahmsweise den Tatbestand eines Strafgesetzes.
aa) Eine Strafbarkeit wegen Beleidigung gemäß § 185 StGB scheidet regelmäßig aus.
Eine Beleidigung im Sinne dieser Vorschrift ist die Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung. Zwar lässt sich argumentieren, dass der Täter das Opfer durch seine Handlung aus Sicht eines Außenstehenden zu einem Objekt voyeuristischer Begierde herabwürdigt und dadurch in seiner Rechtspersönlichkeit missachtet. Allerdings fallen sexuelle oder sexualbezogene Handlungen und Belästigungen nur dann unter diese Vorschrift, wenn besondere Umstände einen selbständigen beleidigenden Charakter erkennen lassen. Die schlichte Vornahme einer von der anderen Person nicht gewollten sexualbezogenen Handlung ist nicht per se eine Beleidigung. Nur wenn damit - vom Täter gewollt - eine herabsetzende Bewertung des Opfers verbunden wird, erfüllt das Verhalten den Beleidigungstatbestand. Ob heimlichen Bildaufnahmen des Intimbereichs einer anderen Person ein solcher Äußerungswert zukommt, erscheint höchst zweifelhaft. Jedenfalls fehlt es in aller Regel an einem für § 185 StGB erforderlichen Kundgabewillen, da die Herstellung der Bildaufnahme aus Sicht des Täters sowohl für das Opfer als auch für Dritte unbemerkt erfolgen soll (vgl. zum Ganzen auch OLG Nürnberg, NStZ 2011, 217; LG München I, Urt. v. 17.09.2014, Az. 25 Ns 381 Js 163103/12, nicht veröffentlicht).
bb) Foto- oder Filmaufnahmen, die den Intimbereich unter der Bekleidung zum Gegenstand haben, können grundsätzlich nicht als sexuelle Belästigung gemäß § 184i StGB geahndet werden.
Der mit Wirkung vom 10. November 2016 neu eingeführte Tatbestand der sexuellen Belästigung setzt eine sexuell motivierte körperliche Berührung und eine dadurch herbeigeführte Belästigung des Opfers voraus. Zwar muss die Berührung nicht notwendigerweise "von Körper zu Körper", sondern kann auch mittels eines Gegenstandes erfolgen (vgl. MüKo-Renzikowski, StGB, 3 Aufl. 2017, § 184i Rn. 7; Schönke/Schröder-Eisele, StGB, 30. Aufl. 2019, § 184i Rn. 4). Beim "Upskirting" kommt es dem Täter aber gerade darauf an, das Opfer nicht zu berühren, weil er sonst sein Ziel, das (heimliche) Anfertigen eines Fotos oder Videos "unter den Rock", nicht erreichen kann.
cc) Eine Strafbarkeit wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gemäß § 201a StGB kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.
Im Einzelnen:
Nach § 201a Absatz 1 Nummer 1 StGB wird bestraft, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.
Vorausgesetzt wird dabei nach verbreiteter Ansicht zunächst, dass die Person grundsätzlich identifizierbar ist (so etwa Fischer, StGB, 66. Aufl. 2019, § 201a Rn. 5). Wann hiervon gerade für die Konstellation, dass, wie in den Fällen des "Upskirtings", nur intime Detailaufnahmen vorliegen, auszugehen ist, ist umstritten und letztlich ungeklärt (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 05.02.2019 - 3 StR 563/18, Rn. 6, bei juris; BGH, NStZ-RR 2015, 141; LK-Valerius, StGB, 12. Aufl. 2010, § 201a Rn. 11; MüKo-Graf, StGB, 3 Aufl. 2017, § 201a Rn. 23, 25; Fischer a.a. O. Rn. 5; Schmitz, Strafrechtlicher Schutz vor Bild- und Wortaufnahmen, 2011, S. 34 f.; Koch, GA 2005, 589, 594 f.). Bereits unter diesem Aspekt kann damit eine Strafbarkeit ausscheiden.
Weiterhin ist erforderlich, dass sich die abgebildete Person in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Bereich aufhält. Dies ist in Fällen des "Upskirting", die typischerweise gerade im öffentlichen Raum stattfinden, regelmäßig nicht der Fall. Allenfalls in den Sonderfällen, in denen die Tat innerhalb einer Wohnung oder anderen besonders geschützten Räumlichkeiten stattfindet, kommt damit eine entsprechende Strafbarkeit in Betracht.
dd) Eine strafbare Verletzung des Rechts am eigenen Bild nach dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (Kunsturhebergesetz, KUG) erfasst nicht bereits den Vorgang des Fertigens der Aufnahmen, sondern nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung. Aber selbst für diese Fälle dürfte das Erfordernis einer Identifizierbarkeit der betroffenen Personen einem strafrechtlichen Schutz in den hier relevanten Konstellationen vielfach entgegenstehen. Im Einzelnen:
Gemäß § 33 Absatz 1 KUG macht sich strafbar, wer entgegen §§ 22, 23 KUG und damit unter Verletzung des sog. Rechts am eigenen Bild ein Bildnis einer anderen Person verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.
Ein Recht am eigenen Bild im Sinne des § 22 KUG besteht aber nur dann, wenn die Person auf dem Bild erkennbar ist (vgl. Wandtke/Bullinger-Fricke, 4. Aufl. 2014, § 22 KunstUrhG Rn. 5: "erkennbare Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes einer Person"). Erforderlich ist damit stets, dass das Opfer im Zusammenhang mit der Verbreitung des durch "Upskirting" hergestellten Fotos oder Videos identifiziert wird oder zumindest identifizierbar ist. Ausreichend ist dabei nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die abgebildete Person begründeten Anlass zu der Annahme hat, sie könne als abgebildet identifiziert werden (BGH GRUR 2010, 940 Tz. 13f. - Überwachter Nachbar; Dreier/Schulze-Specht, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 22 KUG Rn. 4). Objektiver Maßstab ist dabei die Erkennbarkeit der abgebildeten Person in ihrem Bekanntenkreis (Fricke, ebd. Rn. 7; Specht, ebd.). Eine Torso- oder Ganzkörperaufnahme kann hierfür genügen (Specht, ebd. Rn. 1; Paschke/Berlit/Meyer-Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 3 Aufl. 2016, 32. Abschn. Rn. 8). Ob alleine die Aufnahme von Körperteilen diesen Anforderungen genügt, erscheint hingegen als sehr zweifelhaft (dagegen etwa Kröner a.a. O.). Beim sog. Upskirting werden gerade nur einzelne Körperteile aufgenommen, welche zudem zum Intimbereich der Person zählen und schon deswegen eine Identifizierung der Person im Bekanntenkreis kaum jemals erlauben dürften. Die Identifizierbarkeit muss sich auch aus der Darstellung selbst ergeben; es genügt daher nicht, dass dem Bild der Name der angeblich abgebildeten Person zugeordnet wird (vgl. auch Kröner a.a. O.). "Upskirting"-Aufnahmen unterfallen somit allenfalls in Ausnahmefällen dem Recht am eigenen Bild im Sinne des § 22 KUG.
Selbst wenn das Recht am eigenen Bild im Einzelfall doch einschlägig sein sollte, erfasst der Straftatbestand des § 33 Absatz 1 KUG als Tathandlungen nur das Verbreiten oder öffentliche Zurschaustellen der fraglichen Aufnahme. Nicht als strafrechtlich relevante Tathandlung erfasst ist das Anfertigen der Aufnahme; damit kommt strafrechtlicher Schutz aus Sicht der Opfer regelmäßig zu spät. Ein Verbreiten ist immer dann anzunehmen, wenn der Täter einem Dritten zumindest vorübergehend die Verfügungsgewalt über das Bild einräumt (Erbs/Kohlhaas-Kaiser, Strafrechtliche Nebengesetze, 223. EL 2019, § 33 KunstUrhG Rn. 10). Ein Verbreiten kommt damit dann in Betracht, wenn die Bilder im Anschluss an das eigentliche "Upskirting" auf Online-Plattformen/-Foren oder sozialen Netzwerken geteilt oder über Messengerdienste versandt werden (vgl. Kaiser a.a. O.).
b) Ordnungswidrigkeitenrecht
Das Fotografieren oder Filmen unter den Rock einer Frau kann den Ordnungswidrigkeitentatbestand der Belästigung der Allgemeinheit nach § 118 Absatz 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) erfüllen (vgl. etwa die bereits oben genannte Entscheidung des Landgerichts München I, Urt. v. 17.09.2014, Az. 25 Ns 381 Js 163103/12). Bei einer genaueren Betrachtung erweist sich die Regelung aber als nicht hinreichend geeignet, das Unrecht entsprechender Taten angemessen zu erfassen. Im Einzelnen:
Gemäß § 118 Absatz 1 OWiG handelt ordnungswidrig, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen.
Ein Verhalten ist dann als grob ungehörig im Sinne der Norm anzusehen, wenn es in einer solchen Weise gegen die anerkannten Regeln von Sitte, Anstand und Ordnung verstößt, dass dadurch eine unmittelbare psychische oder physische Belästigung oder Gefährdung der Allgemeinheit und gleichzeitig eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung einhergeht oder dies zumindest möglich erscheint. Es genügt die Eignung der Belästigung der Allgemeinheit, worunter eine unbestimmte Mehrheit von Personen zu verstehen ist, die untereinander nicht durch persönliche Beziehungen verbunden sind. Eine grob ungehörige Handlung ist dann belästigend, wenn sie bei anderen ein nicht nur geringfügiges körperliches oder seelisches Unbehagen hervorruft (BeckOK-OWiG/Weiner, 22. Ed. 2019, § 118 OWiG Rn. 3-5; KK-Senge, OWiG, 5. Aufl. 2018, § 118 Rn. 5 f., 8 f.). Das Filmen unter den Rock einer Frau betrifft die Gesamtheit der gesamtgesellschaftlich anerkannten sozialen Verhaltensnormen, die als unerlässliche Voraussetzung für ein geordnetes menschliches Zusammenleben zu beachten sind, in derart massiver Art und Weise, dass ein solches Verhalten als sozial unerträglich und per se geeignet anzusehen ist, ein mehr als nur geringfügiges psychisches Unbehagen auszulösen. Es stellt damit eine grob ungehörige Handlung mit Belästigungspotential dar (ebenso VGH München, BeckRS 2009, 43260 Rz. 9 f.). Dass sich die Handlung beim "Upskirting" gegen eine bestimmte Einzelperson richtet, ändert nichts daran, dass die Handlung zugleich die Allgemeinheit belästigen kann. Die Handlung muss "nur" für die Allgemeinheit wahrnehmbar und so geartet sein, dass als Folge einer Wahrnehmung eine unmittelbare Belästigung oder Gefährdung auch der Allgemeinheit in Betracht käme (KK-Senge a.a.O. Rn. 10; Göhler-Gürtler, OWiG, 17. Aufl. 2017, § 118 Rn. 6). Auf eine tatsächliche Wahrnehmung der Handlung kommt es nicht an.
§ 118 Absatz 1 OWiG läuft damit im Gegenschluss dann leer, wenn im konkreten Fall örtlich und/oder zeitlich bedingt ausgeschlossen werden kann, dass der Vorfall zur unmittelbaren Kenntnis anderer gelangt (KK-Senge a.a. O.). Die Möglichkeit einer Ahndung des Verhaltens auf der Grundlage von § 118 Absatz 1 OWiG hängt damit letztlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Wahrnehmbarkeit durch die Allgemeinheit ab. Gerade bei immer unauffälligeren Formen des Fotografierens oder Filmens, etwa durch auf Schuhen aufgebrachten Miniaturkameras, wird die Anwendbarkeit der Regelung zunehmend zweifelhafter.
Letztlich zeigt sich darin auch, dass die Norm des § 118 Absatz 1 OWiG dem eigentlich betroffenen Schutzinteresse nicht gerecht wird. Anders als bei § 118 Absatz 1 OWiG steht bei den hier relevanten Verhaltensweisen des "Upskirtings" nicht der Schutz des äußeren Bestands der öffentlichen Ordnung inmitten, sondern vielmehr der Schutz vor solchen Bildaufnahmen, die einen tiefgreifenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen. Darüber hinaus bietet die Regelung des § 118 Absatz 1 OWiG auch nicht die erforderliche Grundlage für die Einziehung der Tatmittel und Tatprodukte (vgl. § 22 Absatz 1 OWiG). Gerade auf die Einziehung der Aufnahme- und Wiedergabegeräte sollte in den Fällen des "Upskirtings" bereits aus präventiven Gründen nicht verzichtet werden.
c) Zivilrecht
Das Fotografieren unter die Bekleidung, gerichtet auf den Intimbereich und dabei insbesondere die (äußeren) Geschlechtsorgane, kann auch zivilrechtliche Ansprüche auslösen. So liegt in einem solchen Verhalten zweifellos ein erheblicher Eingriff in die Intimsphäre als Kernbereich des aus Artikel 2 Absatz 1 i.V.m. Artikel 1 Absatz 1 GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Opfer (VGH München, BeckRS 2009, 43250 Rn. 9; vgl. hierzu auch Maunz/Dürig-Di Fabio, Grundgesetz-Kommentar, 85. EL 2018, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 200), welcher zivilrechtliche Ansprüche des Opfers, insbesondere Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche aus §§ 823 Absatz 1, 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), begründet (zum zivilrechtlichen Schutz der Privatsphäre vgl. auch Di Fabio a.a. O. Rn. 163 f.).
d) Zusammenfassung
Somit ist festzustellen, dass bestehende Strafnormen das sog. "Upskirting" nur ausnahmsweise erfassen. Soweit diese nicht bereits bei der Aufnahme, sondern erst, wie das Kunsturhebergesetz, bei der Verbreitung oder öffentlichen Zuschaustellung von Aufnahmen ansetzen, kommt der strafrechtliche Schutz zu spät, da die nachhaltige Verletzung der Rechtssphäre des Opfers bereits darin liegt, dass sich der Täter mit der Aufnahme die Verfügungsgewalt über eine den Intimbereich des Opfers zeigende Abbildung verschafft, deren weitere Verwendung vom Opfer nicht kontrolliert werden kann. Durch eine Verweisung auf zivilrechtliche Reaktionsmöglichkeiten fühlen sich Opfer entsprechender Taten nachvollziehbar vom Staat im Stich gelassen.
3. Es besteht strafgesetzgeberischer Handlungsbedarf. Das Verhalten der Täter stellt sich als massiver Eingriff in die Intimsphäre der Betroffenen und als Verletzung von deren Recht auf sexuelle Selbstbestimmung dar. Diese können sich vielfach nur unzureichend gegen derartige Verhaltensweisen wehren und müssen zumeist erdulden, dass sie hierdurch gegen ihren Willen zu Zwecken persönlicher Bedürfnisbefriedigung der Täter gleichsam instrumentalisiert werden.
Fälle des sog. Upskirtings stehen in ihrem Unrechtsgehalt anderen, bereits nach geltendem Recht strafbaren Verhaltensweisen nicht nach. Vergleichbar sind die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB) und die sexuelle Belästigung (§ 184i StGB).
Wer heimlich einer Frau unter den Rock fotografiert, begeht vergleichbares Unrecht wie derjenige, der unter der Wand einer Umkleidekabine hindurch eine Bildaufnahme von einer Person in Unterwäsche macht. Es verwundert daher auch nicht, wenn unter dem Aspekt des Sichtschutzes vereinzelt sogar vertreten wird, dass auch der "aufzeichnende Blick unter den Rock" in der Öffentlichkeit den Tatbestand des § 201a Absatz 1 Nummer 1 StGB verwirklichen soll (so Flechsig, ZUM 2004, 605, 610; abl. LK-Valerius, StGB, 12. Aufl. 2010, § 201a Rn. 17; SSW-Bosch, StGB, 4. Aufl. 2019, § 201a Rn. 6).
Mit der Einführung des § 184i StGB "sexuelle Belästigung" durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 hat der Gesetzgeber ein Sexualdelikt geschaffen, das unterhalb der Schwelle der sexuellen Handlung im Sinne des § 184h StGB ansetzt. Es ist durch eine körperliche Berührung in sexuell bestimmter Weise gekennzeichnet, durch welche die andere Person belästigt wird. Auch durch das "Upskirting" belästigt der Täter das Opfer in sexuell bestimmter Weise. Allerdings vermeidet er im Interesse der Heimlichkeit eine körperliche Berührung. Dieses im Fehlen eines unmittelbaren Zugriffs auf den Körper der anderen Person liegende Minus in der Tathandlung wird dadurch ausgeglichen, dass die Beeinträchtigung der sexuellen Selbstbestimmung durch die regelmäßige Perpetuierung durch Speicherung der Aufnahme des Intimbereichs und gegebenenfalls deren Verfügbarkeit über das Internet nachhaltiger ist.
Ungeachtet des Umstands, dass - jedenfalls für Deutschland - keine belastbaren Erkenntnisse zur Prävalenz des "Upskirtings" bestehen, erweist sich das entsprechende Verhalten sowohl als strafwürdig als auch strafbedürftig. Durch die zumeist dauerhafte Fixierung der Bilder können diese immer wieder betrachtet und selbst für Nichtanwesende beobachtbar gemacht werden. Bezogen auf den geltenden § 201a StGB wird gerade dieser Aspekt als strafbegründend herangezogen (so MüKo-Graf, StGB, 3. Aufl. 2017, § 201a Rn. 24). Auch kann ein Fotografieren oder Filmen des Intimbereichs in den erfassten Konstellationen unter keinen denkbaren Umständen als sozialadäquat angesehen werden. Demgegenüber fällt es mit Blick auf die mit der Neuregelung verfolgten Belange der Generalprävention nicht entscheidend ins Gewicht, dass die Handlung häufig nicht entdeckt oder der Täter nicht identifiziert oder gestellt werden kann. Das durch die Tat verwirklichte Unrecht kann von diesen rechtstatsächlichen Fragen nicht abhängen.
Mit einer das Phänomen des "Upskirtings" erfassenden Strafnorm kann und soll erreicht werden, dass
- − das Unrecht derartiger Taten in das Bewusstsein der Bevölkerung gebracht wird,
- − potentielle Täter abgeschreckt werden,
- − ein wirksamerer Schutz der Opfer bewirkt wird und
- − Täter auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.
Um die genannten Zwecke zu erfüllen, kann die Strafnorm inhaltlich eng an § 201a Absatz 1 und 2 StGB angelehnt werden. Das ergibt sich insbesondere aus der im Vergleich zu anderen den persönlichen Lebensbereich verletzenden Bildaufnahmen gleichartigen Vorgehensweise der Täter. Allerdings ist die Strafnorm in den 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" einzustellen. Das Fehlverhalten verletzt das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person, indem sich der Täter über die Bildaufnahme den visuellen Zugriff auf den körperlichen Intimbereich, der typischerweise der Sexualsphäre zuzuordnen ist, verschafft. Dem Recht der sexuellen Selbstbestimmung ist auch die Befugnis zuzuordnen, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise eine Person durch Abbildung ihres Intimbereichs zum Gegenstand sexuell konnotierter Betrachtung durch andere werden will. Regelmäßig liegt dem Verhalten eine sexuelle Motivation des Täters zugrunde, indem er bereits aus der Aufnahmesituation oder aus der Betrachtung der Aufnahme sexuellen Lustgewinn ziehen oder dies Dritten ermöglichen will.
Die Einstufung des "Upskirtings" als Sexualdelikt entspricht dem Opferinteresse. Eine Tat mit sexuellem Bezug sollte vom Gesetzgeber als Sexualdelikt eingestuft werden, da nur die Feststellung und Sanktionierung als solches das Strafbedürfnis hinreichend befriedigt. So wurde es vor Inkrafttreten des § 184i StGB am 10. November 2016 als unbefriedigend empfunden, dass selbst im Falle der Bestrafungsmöglichkeit eines "Grapschers" wegen Körperverletzung oder Beleidung die vom Opfer zu Recht als Schwerpunkt der Rechtsverletzung empfundene sexuelle Komponente nicht zum Ausdruck kam. Dieser Gesichtspunkt trägt auch die im "Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Versuchsstrafbarkeit des Cybergroomings" der Bundesregierung (Bundesrats-Drucksache 365/19 (PDF) ) vorgesehene Beschränkung der Subsidiaritätsklausel des § 184i StGB auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist es unbefriedigend, wenn in Fällen, in denen die sexuelle Belästigung zum Beispiel mit einer Körperverletzung, einer Nötigung oder einem Diebstahl einhergehe, die vom Opfer oft als schwerwiegender empfundene Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung im Schuldspruch unberücksichtigt bleibe.
Strafbarkeitslücken in den Fällen, in denen eine sexuelle Motivation des Täters nicht festzustellen ist, beispielsweise weil er entsprechende Aufnahmen im Rahmen einer Mutprobe oder eines "Wettbewerbs" herstellt, sind durch die Einstufung des "Upskirtings" als Sexualdelikt nicht zu erwarten. Die Verurteilung wegen eines Sexualdelikts setzt die Feststellung einer sexuellen Motivation des Täters im konkreten Einzelfall nicht voraus. Zutreffend hat der Bundesgerichtshof in einer grundlegenden Entscheidung zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der körperlichen Berührung "in sexuell bestimmter Weise" in § 184i StGB (BGH Beschl. v. 13.03.2018 - 4 StR 570/17, bei juris) auf die ständige Rechtsprechung zur sexuellen Handlung im Sinne des § 184h Nummer 1 StGB hingewiesen, wonach diese nicht von sexuellen Motiven des Täters geleitet sein müsse, sondern auch aus Wut, Sadismus, Scherz oder zur Demütigung des Opfers vorgenommen werden könne (BGH, aaO. Rn. 33). Dies gelte auch für § 184i Absatz 1 StGB, soweit es sich bereits nach den äußeren Umständen um eine sexualbezogene Berührung handele. Verlangte man für eine Strafbarkeit nach § 184i StGB stets eine sexuelle Tatmotivation, würde dies den Tatbestand in erheblichem Maße einschränken, da gerade bei den von § 184i StGB ins Auge gefassten Berührungen, unter anderem flüchtiger Griff in den Schritt oder "Begrapschen des Gesäßes", häufig keine eigentlich sexuelle Motivation des Täters - insbesondere in Form eines angestrebten Lustgewinns - feststellbar sein werde. Vielmehr würden solche Berührungen oftmals aus anderen Gründen erfolgen, etwa um das Gegenüber zu belästigen, zu demütigen oder durch Distanzlosigkeit zu provozieren. An der Beeinträchtigung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung ändere sich hierdurch nichts (BGH, aaO. Rn. 32).
Dies kann auf den neuen Straftatbestand des § 184k StGB-E übertragen werden. Der objektive Sexualbezug ergibt sich daraus, dass sich der Täter mittels eines Aufnahmegeräts unter Überwindung eines Blickschutzes gezielt den visuellen Zugriff auf den Intimbereich einer anderen Person verschafft. Auf seine individuelle Motivation für dieses sexualbezogene Verhalten kommt es für die Erfüllung des Tatbestandes nicht an.
Besonders deutlich kommt der Verzicht des Gesetzgebers auf eine beim Täter festzustellende sexuelle Motivation für die Erfüllung eines Delikts aus dem Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bei dem mit Wirkung vom 10. November 2016 eingeführten Tatbestand der "Straftaten aus Gruppen" (§ 184j StGB) zum Ausdruck. Hier ist die Vornahme einer Handlung mit Sexualbezug durch eine andere Person nur objektive Bedingung der Strafbarkeit; der Täter des § 184j StGB muss in sein Vorstellungsbild nicht einmal aufgenommen haben, dass es zu einer sexuellen Handlung kommen könnte.
II. Gesetzgebungskompetenz; Vereinbarkeit mit EU-Recht
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (Strafrecht).
Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.
III. Auswirkungen
Auswirkungen auf den Bundeshaushalt sind durch den Entwurf nicht zu erwarten. Durch die Einführung der neuen strafrechtlichen Regelung können den Länderhaushalten Verfahrens- und Vollzugskosten in überschaubarem Umfang entstehen, deren Höhe sich nicht näher beziffern lässt. Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuchs)
Die neue Regelung zur Strafbarkeit des Filmens oder Fotografierens unter die Bekleidung in den Intimbereich einer anderen Person wird in Anlehnung an die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB) gefasst. Aus den unter A.I.3. dargelegten Gründen wird sie in den 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" eingestellt.
Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung zur Einführung von § 184k StGB-E.
Zu Nummer 2 (§ 184k StGB-E)
Zu § 184k Absatz 1 StGB-E
Gegenstand der Strafbarkeit nach dem neuen § 184k Absatz 1 StGB-E ist die absichtliche Herstellung oder Übertragung einer Bildaufnahme des Intimbereichs einer anderen Person, die dadurch zustande gekommen ist, dass der Täter unbefugt unter die Bekleidung einer anderen Person fotografiert oder gefilmt hat.
Unter den Begriff "Herstellung" einer Bildaufnahme im Sinne dieser Vorschrift fallen wie in § 201a StGB alle Handlungen, mit denen ein (reales) Bild auf einem Aufnahmemedium festgehalten wird, sei es auf Filmmaterial oder - inzwischen ganz überwiegend - auf elektronischen Datenträgern unterschiedlicher Art. Daneben werden auch "Übertragungen" von Bildern erfasst, die entsprechend dem Wortlaut nicht abgespeichert werden müssen, und beispielsweise von sog. Spycams herrühren können: Diese Aufnahmegeräte ermöglichen es, Aufnahmen in Echtzeit oder leicht verzögert vom Kamerastandort zu entfernten TV-Geräten und Computern oder aber direkt ins Internet zu übertragen. Aus dem Begriff des Herstellens oder Übertragens folgt nicht, dass ein Täter die Bildaufnahmen sofort oder überhaupt zur Kenntnis nehmen muss (vgl BT-Drs. 015/1891, S. 7).
Die Bildaufnahme muss dadurch bewirkt werden, dass der Täter "unter die Bekleidung" einer anderen Person fotografiert oder filmt. Diese besondere Modalität bei der Anfertigung der Aufnahme soll das typische Vorgehen der Täter erfassen, die den durch die (Ober-)Bekleidung gewährten Blickschutz durch zumeist heimliches Vorgehen überwinden. Im Vordergrund stehen dabei Handlungen, die diesen Blickschutz aktiv umgehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Täter das Aufnahmegerät in eine Position bringt, die ihm einen durch das Aufnahmegerät vermittelten Blick auf den durch die (Ober-)Bekleidung sonst verborgenen Intimbereich erschließt, den der "normale Betrachter" nicht hat. Aber auch über diese typischen Fallgestaltungen hinaus treten strafwürdige Fälle auf, die durch den vorgenannten Wortlaut, der nicht auf Fälle aktiver Umgehung des Blickschutzes begrenzt ist, erfasst werden können. Als Beispiel können Fallgestaltungen genannt werden, in denen gezielt der gegebenenfalls sehr kurze Moment erfasst wird, in welchem beim Aussteigen aus einem Fahrzeug oder beim Übereinanderschlagen der Beine einer sitzenden Frau der Intimbereich unter einem Rock oder Kleid sichtbar wird. Auch in solchen Fällen wird, ohne dass der Täter das Aufnahmegerät in eine besondere, niedrige Position bringen muss, "unter die Bekleidung" fotografiert.
Durch den Gesetzeswortlaut wird der Kreis der in Betracht kommenden Bekleidungsstücke nicht näher eingegrenzt. In der Realität stehen Bildaufnahmen unter den Rock oder das Kleid bislang ganz im Vordergrund. Kennzeichnend für einen Rock oder ein Kleid ist, dass diese Bekleidungsstücke von der Hüfte an abwärts beide Beine gleichzeitig umschließen, was im Vergleich zur Hose auch die Gefahr erhöht, in ungünstigen Situationen oder aufgrund listiger Vorgehensweise Dritter Einblicke in den Intimbereich zu eröffnen, auch wenn die Betroffenen berechtigterweise annehmen dürfen, dass ihr Intimbereich durch den Schutz der Bekleidung für andere grundsätzlich nicht sichtbar ist. Als Bekleidung in Betracht kommen mit Blick auf die vom Täter verfolgte Absicht aber auch etwa kurze, luftige Hosen.
Die auf diese Weise hergestellte Bildaufnahme muss den "Intimbereich" zum Gegenstand haben. Der Intimbereich ist bei einer derartigen Aufnahme dann betroffen, wenn diese sich auf den Bereich der Genitalien, des Gesäßes oder unmittelbar angrenzende Bereiche der Oberschenkel erstreckt. Erfasst die Bildaufnahme diesen Bereich, ist es nicht von entscheidender Bedeutung, ob er - insbesondere durch Unterwäsche - bedeckt oder unbedeckt ist. Andererseits ist der Intimbereich beispielsweise dann nicht betroffen, wenn die Bildaufnahme sich lediglich auf die Knie oder die Unterschenkel erstreckt.
Die Bildaufnahme muss den Intimbereich "einer anderen Person" betreffen. Andere Personen sind solche jedweden Geschlechts, die nicht als Täter oder Teilnehmer an der Tat beteiligt sind. Zwar sind in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle Frauen von den Taten betroffen. Allerdings kommt beispielsweise auch bei Männern das Tragen von Röcken im Einzelfall vor. Die Person muss nicht erkenn- oder ermittelbar sein. Zwar wird für den Anwendungsbereich des vergleichbaren § 201a StGB weithin, wenn auch mit im Einzelnen unterschiedlichen Nuancierungen, vertreten, dass die "andere Person" grundsätzlich identifizierbar sein muss (vgl. die Nachweise oben unter A. I. 2. a cc) . Dies kann jedoch nicht für die Fälle des neuen § 184k StGB-E gelten. Fälle des "Upskirtings" erfassen typischerweise nicht nur lediglich einen für sich gesehen begrenzten Ausschnitt des Körpers, sondern zudem einen solchen, der in der Regel den Blicken Dritter entzogen ist und oftmals auf Bildaufnahmen keine zur Identifizierung der Person geeigneten Merkmale aufweisen wird, so dass selbst Betroffene ihre Körperteile vielfach auf solchen Aufnahmen nicht wiedererkennen werden. Angesichts der gleichwohl mit der Fertigung auch einer solchen Aufnahme verbundenen Beeinträchtigung der Rechte der Betroffenen kann es für die Strafbarkeit nicht darauf ankommen, ob und wer eine Zuordnung des Bildes zu einer konkreten Person vornehmen könnte. Insbesondere die von den Opfern berichteten Ohnmachts-, aber auch Schuldgefühle weisen zutreffend darauf hin, dass sich für die Opfer der in der Bildaufnahme verstetigte visuelle Einbruch des Täters in ihre Intimsphäre als entscheidender Rechtseingriff erweist und die Gefahr, auf einer solchen Aufnahme wiedererkannt zu werden, demgegenüber von allenfalls nachrangiger Bedeutung ist. Dies entspricht der Schutzrichtung der Norm. Im Gegensatz zu § 33 KUG schützt die Vorschrift gerade nicht das "Recht am eigenen Bild", das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen darüber, auf welche Weise sein Bildnis in der Öffentlichkeit erscheint, sondern die sexuelle Selbstbestimmung. Es ist zudem nicht einzusehen, weshalb besonders anstößig vorgehende Täter, die sich bei ihren Bildaufnahmen von vornherein auf bestimmte Ausschnitte konzentrieren, privilegiert werden sollten (so zutreffend Koch, GA 2005, 589, 595). Ausgeschlossen sind schon nach dem Wortlaut der Regelung lediglich solche Aufnahmen, deren Bildqualität schon nicht die Feststellung ermöglicht, dass es sich um die Abbildung einer (anderen) Person handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 05.02.2019 - 3 StR 563/18, Rn. 6, bei juris).
In beiden Tatalternativen des § 184k Absatz 1 StGB muss der Täter mit dolus directus ersten Grades handeln, d.h. sein Handeln muss von der Absicht getragen sein, eine Bildaufnahme des Intimbereichs einer anderen Person herzustellen oder eine derartige Aufnahme zu übertragen. Damit wird das typische Unrechtshandeln der - in aller Regel planmäßig vorgehenden (s.o. bei A. I. 1.) - Täter erfasst und der Gefahr einer Überkriminalisierung vorgebeugt. Die erforderliche Absicht liegt insbesondere dort nahe, wo die Aufnahmen einen erkennbaren Fokus auf den Intimbereich haben, sie durch heimlichverdeckendes Vorgehen entstanden oder eine Vielzahl entsprechender Fotos beim Täter vorhanden sind. Wie auch sonst gilt für den Nachweis der Grundsatz, dass das Recht nicht gebietet, zu Gunsten des Beschuldigten Sachverhaltsvarianten zu unterstellen, für die es keine zureichenden Anhaltspunkte gibt (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. 2019, § 261 Rn. 26a m.w. N.). Auf weitergehende Ziele, Beweggründe oder Absichten, wie insbesondere sexuelle Motive oder Schädigungsabsichten, kommt es nicht an.
Wie in § 201a Absatz 1 StGB, an dem sich die neue Strafnorm wegen der Ähnlichkeit der Tathandlungen orientiert, wird auch für § 184k Absatz 1 StGB-E vorausgesetzt, dass die Tathandlungen jeweils unbefugt vorgenommen werden. Das Merkmal "unbefugt" entfällt insbesondere in den Fällen, in denen ausnahmsweise die (vorherige) Zustimmung der abgebildeten Person vorliegt. Angesichts des mit der Tat bewirkten Eingriffs in die Intimsphäre, des damit einhergehenden Schutzinteresses der Betroffenen und auch der typischen Heimlichkeit des Vorgehens wird das Handeln des Täters sich in aller Regel als "unbefugt" darstellen.
Zu § 184k Absatz 2 StGB-E
Die Strafvorschrift des § 184k Absatz 2 StGB-E greift die Regelung des § 201a Absatz 1 Nummer 3 StGB auf. Auch für die Fälle der "Upskirting"-Bildaufnahmen wird damit eindeutig geregelt, dass sich strafbar macht, wer eine entsprechend § 184k Absatz 1 StGB-E hergestellte Aufnahme gebraucht, also etwa speichert, kopiert oder archiviert, oder einer dritten Person zugänglich macht. Die Regelung ist notwendig, weil sich erfahrungsgemäß eine nicht unbeträchtliche Anzahl an "Upskirting"-Aufnahmen zeitnah nach ihrer Herstellung auf einschlägigen Seiten im Internet wiederfindet. Es gibt offenbar eine nicht ganz zu vernachlässigende Gruppe von Menschen, die eine Bedürfnisbefriedigung aus dem Konsum derartiger Bilder ziehen. Die Regelung zur Sanktionierung des Zugänglichmachens entsprechender Bildaufnahmen in § 184k Absatz 1 StGB-E erfasst diese Fälle nicht zwangsläufig. Zudem sind dort nicht auch die Fälle des "Gebrauchens" unter Strafe gestellt. Gerade mit den Handlungen des Speicherns, Kopierens oder Archivierens perpetuiert sich aber das begangene Unrecht. Außerdem werden so Fälle fassbar, in welchen nicht sicher feststellbar ist, ob derjenige, der die Aufnahmen gespeichert oder archiviert hat, diese auch hergestellt hat.
Für die Tathandlungen des "Gebrauchens" und des "Zugänglichmachens" kann auf die bereits in § 201a Absatz 1 Nummer 3 StGB verwendeten und anerkannten Begriffsbestimmungen zurückgegriffen werden.
Auf besondere Anforderungen an den Tatvorsatz kann hier ebenso verzichtet werden wie auf das Merkmal "unbefugt".
Zu § 184k Absatz 3 StGB-E
Die Verfolgung der Taten nach § 184k Absatz 1 und 2 StGB-E soll nur auf Antrag des Verletzten erfolgen, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Diese Verfolgungsvoraussetzung entspricht den Bestimmungen zu den "verwandten" Strafnormen des § 201a StGB (§ 205 Absatz 1 StGB) und des § 184i StGB (§ 184i Absatz 3 StGB). Dabei wird zu beachten sein, dass es sich bei den Tätern nicht selten um Wiederholungstäter handelt und sich im Zuge der Durchsicht der sichergestellten Bildaufnahmegeräte weitere einschlägige Aufnahmen finden lassen. Auch in diesen Fällen, in denen weitere hinreichend konkretisierbare Taten vorliegen, muss - insbesondere aus präventiven Erwägungen - auch dann eine Strafverfolgung möglich sein, wenn die Geschädigten unbekannt sind und nicht identifiziert werden können.
Zu § 184k Absatz 4 StGB-E
Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, Bildträger, Bildaufnahmegeräte und andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, einzuziehen. Auch auf die in § 74a StGB normierte erweiterte Einziehungsmöglichkeit ist zu verweisen.
Die Regelung entspricht § 201a Absatz 5 StGB. Selbst wenn eine hinreichende Konkretisierung der Tat im Einzelfall nicht möglich sein sollte, ist die Einziehung der Bildträger oder Bildaufnahmegeräte gemäß § 184k Absatz 4 StGB-E in Verbindung mit §§ 74 Absatz 1, 74a, 76a Absatz 1 StGB in Betracht zu ziehen.
Zu Artikel 2 (Folgeänderungen)
Zu Absatz 1 (§ 44 Absatz 3 Satz 3 Asylgesetz)
Es handelt sich um eine Folgeänderung. Das neue Sexualdelikt des § 184k StGB-E ist in die dem Schutz vor Sexualstraftaten durch Wiederholungstäter dienende Vorschrift einzubeziehen.
Zu Absatz 2 ( § 171b Absatz 2 Gerichtsverfassungsgesetz)
Es handelt sich um eine Folgeänderung, die der Erweiterung des 13. Abschnitts des Strafgesetzbuches Rechnung trägt.
Zu Absatz 3 (Änderung der Strafprozessordnung)
Zu Nummer 1 (§ 255a Absatz 2 Satz 1)
Es handelt sich um eine Folgeänderung, die der Erweiterung des 13. Abschnitts des Strafgesetzbuches Rechnung trägt.
Zu Nummer 2 (§ 395 Absatz 1 Nummer 1)
Es handelt sich um eine Folgeänderung. Bisher sind in den Katalog der zum Anschluss als Nebenkläger berechtigenden Vorschriften unter anderem die Strafnormen der sexuellen Belästigung (§ 184i StGB) und der Straftaten aus Gruppen (§ 184j StGB) eingestellt. Es ist sachgerecht, auch die neue Strafnorm des § 184k StGB-E (Bildaufnahme des Intimbereichs) als Nebenklagedelikt auszugestalten.
Zu Nummer 3 (§ 397a Absatz 1 Nummer 4)
Es handelt sich um eine Folgeänderung. Auch insoweit ist der bisher die §§ 184i und 184j StGB enthaltende Straftatenkatalog um § 184k StGB-E zu ergänzen, so dass unter den in § 397a Absatz 1 Nummer 4 StPO genannten Voraussetzungen auf Antrag des Nebenklägers ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen ist.
Zu Absatz 4 (§§ 32, 34, 41 und 46 Bundeszentralregistergesetz)
Es handelt sich um Folgeänderungen, die der Erweiterung des 13. Abschnitts des Strafgesetzbuches Rechnung tragen.
Zu Absatz 5 (§ 25 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Jugendarbeitsschutzgesetz)
Es handelt sich um eine Folgeänderung. Es erscheint sachgerecht, den Straftatenkatalog, der bisher den vergleichbaren § 184i StGB (sexuelle Belästigung) umfasst, um § 184k StGB-E zu ergänzen.
Zu Absatz 6 (§ 72a Absatz 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch)
Es handelt sich um eine Folgeänderung. Es erscheint sachgerecht, den Straftatenkatalog, der bisher den vergleichbaren § 184i StGB (sexuelle Belästigung) umfasst, um § 184k StGB-E zu ergänzen.
Zu Absatz 7 ( § 124 Absatz 2 Satz 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch)
Es handelt sich um eine Folgeänderung, die der Erweiterung des 13. Abschnitts des Strafgesetzbuches Rechnung trägt.
Zu Absatz 8 ( § 75 Absatz 2 Satz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch)
Es handelt sich um eine Folgeänderung, die der Erweiterung des 13. Abschnitts des Strafgesetzbuches Rechnung trägt.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.