Beschluss des Bundesrates
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung) - COM (2012) 11 final; Ratsdok. 5853/12

Der Bundesrat hat in seiner 895. Sitzung am 30. März 2012 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

Zur Vorlage allgemein

Zu Artikel 2 - Begrenzung und Klarstellung des sachlichen Anwendungsbereichs

Zur internationalen Rechtshilfe in gerichtlichen Verfahren

Weitere Ergänzungen zum innerstaatlichen Verfahrensrecht der Gerichte

Ausnahme des Justizvollzugs vom Anwendungsbereich

Zu den einzelnen Vorschriften

48. Zu Artikel 51 - Hilfserwägungen zur Kontrollbefugnis der Aufsichtsbehörden im Hinblick auf gerichtliche Tätigkeit

Für den Fall, dass die Datenverarbeitung durch die Gerichte vom Anwendungsbereich der Verordnung erfasst sein sollte, hält es der Bundesrat für erforderlich, die Reichweite der Kontrollbefugnisse der Aufsichtsbehörden im Hinblick auf gerichtliche Tätigkeiten in Artikel 51 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags zu präzisieren. Nach Artikel 51 Absatz 3 soll die Aufsichtsbehörde nicht zuständig sein für die Überwachung der von Gerichten im Rahmen ihrer gerichtlichen Tätigkeit vorgenommenen Verarbeitungen. Ausweislich des Erwägungsgrundes 99 soll die Regelung die Unabhängigkeit der Richter bei der Ausübung ihrer richterlichen Tätigkeit garantieren. Diesem Zweck wird nach dem Wortlaut des Artikels 51 Absatz 3 jedoch nicht umfassend Rechnung getragen. Nach diesem Wortlaut wäre die Aufsichtsbehörde auch dann zuständig, wenn ein Gericht etwa aufgrund eines Richtervorbehalts eine Datenverarbeitung durch eine Behörde angeordnet oder gestattet hat oder durch Urteil oder Beschluss eine Datenverarbeitung für rechtmäßig erklärt hat. Denn in solchen Fällen erklärt das Gericht zwar eine beabsichtigte Datenverarbeitung für zulässig, nimmt die Datenverarbeitung aber gerade nicht selbst vor. Die Aufsichtsbehörde wäre folglich nicht gehindert, gegen eine richterlich angeordnete oder bestätigte, aber in Verantwortung einer anderen Stelle durchgeführte Datenerhebung vorzugehen.

Ein solches Ergebnis wäre jedoch nicht mit der - verfassungsrechtlich gewährleisteten - richterlichen Unabhängigkeit in Einklang zu bringen. Die richterliche Unabhängigkeit steht einer Überprüfung rechtsprechender Tätigkeiten durch andere staatliche Gewalten entgegen. Der Richter muss bei der Rechtsfindung frei von Einwirkungen anderer staatlicher Organe sein. Dies gilt auch für Maßnahmen informeller Art wie etwa Empfehlungen oder fallbezogene Vorhaltungen. Nicht nur in laufenden Verfahren ist jede Einflussnahme auf die richterliche Entscheidung - also die Einwirkung auf den zur Entscheidung berufenen Richter in anderer als prozessual zulässiger Weise - verfassungsrechtlich untersagt. Auch nach ihrem Abschluss sind gerichtliche Verfahren kontrollresistent. Um klarzustellen, dass eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit in jeder Form ausgeschlossen sein muss, sollte Artikel 51 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags dahin ergänzt werden, dass die Aufsichtsbehörde auch nicht zuständig ist, soweit Datenverarbeitungen gerichtlich angeordnet, bestätigt oder für zulässig erklärt wurden.

Vorlagenbezogene Vertreterbenennung

Direktzuleitung der Stellungnahme