Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen

Der Bundesrat hat in seiner 881. Sitzung am 18. März 2011 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zu Artikel 5aneu - (§ 13b Absatz 2 und 5 UStG)

Nach Artikel 5 ist folgender Artikel 5a einzufügen:

"Artikel 5a
Änderung des Umsatzsteuergesetzes

§ 13b des Umsatzsteuergesetzes, das zuletzt durch Artikel X des Gesetzes vom ... 2011 (BGBl. I S. xxxx) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Begründung:

Allgemeines und zu Nummer 1

Die Regelung dient der Bekämpfung von Umsatzsteuerausfällen in besonders betrugsanfälligen Bereichen. Sie beruht auf Artikel 1 des Durchführungsbeschlusses 2010/710/EU des Rates vom 22. November 2010 (ABl. EU 2010 Nummer L 309 vom 25. November 2010 Seite 5), wonach Deutschland ermächtigt wird, in der Zeit bis 31. Dezember 2013 abweichend von Artikel 193 der Richtlinie 2006/112/EG bei Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen vor Einbau in Endprodukte, deren Steuerbemessungsgrundlage mindestens 5 000 Euro beträgt, den steuerlichen Empfänger als Mehrwertsteuerschuldner zu bestimmen. Mit der Ermächtigung, in diesen Fällen von der Grundregel der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers abzuweichen, wird einem auch von den obersten Finanzbehörden der Länder nachdrücklich geäußerten Anliegen Rechnung getragen.

Die Neuregelung soll dazu beitragen, Umsatzsteuerausfälle zu verhindern, die dadurch eintreten, dass bei Lieferungen der genannten Gegenstände nicht sichergestellt werden kann, dass diese von den leistenden Unternehmern vollständig im allgemeinen Besteuerungsverfahren erfasst werden, bzw. der Fiskus den Steueranspruch beim liefernden Unternehmer realisieren kann. So haben Feststellungen in der Praxis gezeigt, dass auch bei Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen ab einer Größenordnung von 5 000 Euro vielfach die Steuer dem Abnehmer in Rechnung gestellt wird, dieser die in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abzieht, der liefernde Unternehmer aber die in Rechnung gestellte Steuer nicht an das Finanzamt abführt. Die Finanzämter konnten - in den meisten Fällen wegen Zahlungsunfähigkeit des leistenden Unternehmers - den Umsatzsteueranspruch nicht mehr durchsetzen. Dies wird bei einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers vermieden.

In Umsetzung der europarechtlichen Ermächtigung werden deshalb die gesonderten Bestimmungen zur Steuerentstehung und Steuerschuld nach § 13b Absatz 2 und Absatz 5 UStG erweitert.

Die Entstehungsregel des § 13b Absatz 2 wird im Wege einer neuen Nummer 10 ergänzt um steuerpflichtige Lieferungen von - Mobilfunkgeräten; Mobilfunkgeräte sind Geräte, die zum Gebrauch mittels eines zugelassenen Netzes und auf bestimmten Frequenzen hergestellt oder hergerichtet wurden unabhängig von etwaigen weiteren Nutzungsmöglichkeiten, - integrierten Schaltkreisen wie Mikroprozessoren und Zentraleinheiten für die Datenverarbeitung vor dem Einbau in ein Endprodukt.

Zugleich wird § 13b Absatz 5 um den Verweis auf diesen neuen Tatbestand ergänzt.

Bei Lieferungen dieser Gegenstände an einen Unternehmer schuldet damit nicht (mehr) der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfänger die Steuer. Steuerschuld und Vorsteuerabzug fallen somit beim Leistungsempfänger zusammen. Voraussetzung ist, dass die Summe der für die steuerpflichtigen Lieferungen dieser Gegenstände in Rechnung zu stellenden Bemessungsgrundlagen mindestens 5 000 Euro beträgt. Abzustellen ist dabei auf alle im Rahmen eines zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgangs gelieferten Gegenstände der genannten Art, um Manipulationen z.B. durch Aufspalten der Rechnungsbeträge zu unterbinden. Dies entspricht dem Regelungszweck der Betragsgrenze und ist von der europarechtlichen Ermächtigung gedeckt. Werden Anzahlungen i. S. des § 13b Absatz 4 UStG geleistet, kommt es für die Anwendung der Betragsgrenze auf das Gesamtentgelt und nicht auf die in den Anzahlungs- und Endrechnungen angegebenen Teilentgelte an.

Um eine einfache und sichere Handhabung der Regelung für die betroffenen Unternehmer sicherzustellen, bleiben nachträgliche Entgeltsminderungen für die Beurteilung der Betragsgrenze von 5 000 Euro unberücksichtigt.

Die übrigen Bestimmungen des § 13b UStG, u.a. Absatz 4, bleiben unverändert. Damit ist insbesondere sichergestellt, dass bei Anzahlungen weiterhin die sog. Mindest-Ist-Besteuerung Anwendung findet.

Zu Nummer 2

Durch die Ergänzung des letzten Halbsatzes von Absatz 5 Satz 1 wird die Steuerschuld auf den Empfänger der in Absatz 2 Nummer 10 genannten Lieferungen verlagert, wenn er ein Unternehmer ist. Bei Lieferungen an Nichtunternehmer (insbesondere also im typischen Einzelhandel) bleibt es bei der Steuerschuld des leistenden Unternehmers unabhängig vom Rechnungsbetrag.