Antrag der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Thüringen
Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes

Punkt 22 der 844. Sitzung des Bundesrates am 23. Mai 2008

Der Bundesrat möge zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung nehmen:

Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 5b GFRG)

In Artikel 1 Nr. 2 ist in § 5b Abs. 2 der Satz 3 zu streichen.

Begründung

Der fortschreibungsfähige Bestandteil des Verteilungsschlüssels für den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer soll nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung anhand der Schlüsselmerkmale Gewerbesteueraufkommen (25 Prozent), Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (50 Prozent) sowie sozialversicherungspflichtige Entgelte (25 Prozent) ermittelt werden. Darüber hinaus ist vorgesehen, die beiden letztgenannten Schlüsselmerkmale zusätzlich mit den örtlichen Gewerbesteuerhebesätzen zu gewichten.

Diese Hebesatzgewichtung ist abzulehnen.

Die Gewerbesteuerhebesätze werden durch die Einbeziehung des Schlüsselmerkmals "Gewerbesteueraufkommen" hinreichend berücksichtigt.

Deren weitergehende Einbeziehung ist nicht sachgerecht, denn Gemeinden, in denen die Löhne und Gehälter sowie das Gewerbesteueraufkommen auf hohem Niveau liegen, verfügen in der Regel auch über vergleichsweise hohe Gewerbesteuerhebesätze. Eine Hebesatzgewichtung der Schlüsselmerkmale "Entgelte" und "Beschäftigte" bewirkt insoweit eine überproportionale Begünstigung wirtschaftsstarker Gemeinden.

Die Modellrechnungen des Statistischen Bundesamtes zeigen ferner, dass Städte und Gemeinden mit bis zu 50.000 Einwohnern durch die vorgesehene Gewichtung der Merkmale mit den Gewerbesteuerhebesätzen erheblich schlechter gestellt werden als ohne deren Berücksichtigung. In der übermäßigen Einbeziehung der Gewerbesteuerhebesätze liegt somit eine Benachteiligung des ländlichen Raumes.

Eine sachliche Rechtfertigung für die Hebesatzgewichtung von "Beschäftigten" und "Entgelten" ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt, dass der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer ursprünglich den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer kompensieren sollte. Keines der Merkmale ist geeignet, den für die Bemessung der damaligen Gewerbekapitalsteuer maßgeblichen Wert des Betriebsvermögens objektiv nachzubilden. Daran ändert auch eine Hebesatzgewichtung dieser Merkmale nichts. Zwischen den Merkmalen und dem Hebesatz besteht zudem kein sachlicher Zusammenhang.

Der Verteilungsschlüssel für den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer muss nach Artikel 106 Abs. 5a Satz 2 Grundgesetz wirtschaftsbezogen sein. Die Merkmale "Entgelte" und "Beschäftigte" mögen als solche die verfassungsrechtliche Vorgabe erfüllen. Ob der notwendige Wirtschaftsbezug fortbesteht wenn diese Merkmale mit dem örtlichen Hebesatz gewichtet werden erscheint sehr zweifelhaft. Denn der Bezug des Verteilungsschlüssels zu den eigentlichen wirtschaftlichen Größen "Beschäftigte" und "Entgelte" geht durch deren Hebesatzgewichtung in weiten Teilen verloren. So werden etwa Gemeinden mit erfolgreicher Ansiedlungspolitik und niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen benachteiligt.

Von einem Verzicht auf die Hebesatzgewichtung profitiert die Gemeindegesamtheit in der Mehrzahl der Länder. Die Umverteilungswirkungen zwischen den Ländern infolge des neuen Verteilungsschlüssels wären weniger einschneidend. Mit Hebesatzgewichtung ergeben sich zwischen den Ländern Verluste von 25,5 Prozent und Gewinne bis zu 21,8 Prozent. Ohne Hebesatzgewichtung relativiert sich die Umverteilung: der größte Verlierer muss Einbußen von nur noch 20 Prozent hinnehmen der größte Gewinner hätte einen Vorteil von nur 17,6 Prozent.

Innerhalb der Länder können unerwünschte Verteilungswirkungen auf Gemeindeebene dagegen vom kommunalen Finanzausgleich aufgefangen werden.