Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts

Der Bundesrat hat in seiner 948. Sitzung am 23. September 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 4 Nummer 01 - neu - (§ 35 Absatz 2 Satz 1 JGG)

In Artikel 4 ist der Nummer 1 folgende Nummer voranzustellen:

Begründung:

Nach der bisherigen Rechtslage ist die Zahl der Personen, die in die Vorschlagsliste aufzunehmen ist, in § 35 Absatz 2 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) dergestalt geregelt, dass mindestens doppelt so viele Personen aufgenommen werden müssen, wie als Jugendschöffinnen und Jugendschöffen erforderlich sind.

Das beruht auf der Überlegung, dass von einer echten Wahl nur dann gesprochen werden kann, wenn erheblich mehr Personen vorgeschlagen werden als zu wählen sind.

Besonderes Augenmerk ist bei der Vorschlagsliste der Gemeinde darauf zu legen, dass die aufgestellten Personen sich aus freien Stücken um die Übernahme des Schöffenamtes bemühen, weil nur eine freiwillige Übernahme des Amtes in Kenntnis der damit verbundenen Verpflichtungen die Gewähr dafür bietet, dass die Ausübung des Schöffenamtes während der fünfjährigen Amtszeit trotz der damit einhergehenden möglichen Belastungen (etwa durch Großverfahren) angemessen wahrgenommen wird.

In größeren Gemeinden gestaltet sich die Erstellung der Vorschlagslisten mitunter als schwierig, weil keine ausreichende Zahl von Freiwilligen gefunden wird. Ferner entsteht bei den Bürgerinnen und Bürgern, die sich freiwillig gemeldet haben und dann bei der doppelten Anzahl von Wahlvorschlägen keine Berücksichtigung finden konnten, ein erhebliches Frustrationspotential, das in der Regel dazu führt, dass sich diese in einer neuen Kampagne nicht wieder zur Wahl stellen werden.

Eine Änderung des § 35 Absatz 2 Satz 1 JGG, die es ausreichen lässt, dass mindestens das Eineinhalbfache der zu wählenden Personen in die Vorschlagslisten aufgenommen wird, erfüllt immer noch die an eine echte Wahl zu stellenden Anforderungen und wird zu einer Reduzierung der genannten Schwierigkeiten und einer Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bei den Wahlen führen. Bei der Berufung anderer ehrenamtlicher Richter (mit Ausnahme der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit, siehe § 28 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 25 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung wird auf die Vorgabe einer Mindestzahl von Kandidaten ganz verzichtet, oder diese wird auf das Anderthalbfache der Zahl der zu Berufenden beschränkt. Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Arbeits- und Sozialgerichtbarkeit sind Vorschlagslisten zu entnehmen, die keine Mindestzahl von Kandidaten enthalten müssen ( § 20 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 14 des Sozialgerichtsgesetzes).

Die Ernennung der Handelsrichterinnen und Handelsrichter erfolgt auf einzelnen gutachtlichen Vorschlag der Industrie- und Handelskammer nach § 108 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in Landwirtschaftssachen werden aufgrund einer Vorschlagsliste berufen, die das Eineinhalbfache der erforderlichen Anzahl enthalten soll (§ 4 Absatz 4 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen).

Auch die Vorschlagsliste für die Bestellung der notariellen Beisitzer im Senat für Notarsachen muss (nur) die Hälfte mehr als die erforderliche Zahl von Notarinnen und Notaren enthalten (§ 103 Absatz 1 Satz 5 der Bundesnotarordnung).

Nach dem Gesetzentwurf bleibt es im Übrigen allen Gemeinden unbenommen, weiterhin mehr als das Eineinhalbfache an Wahlvorschlägen zu beschließen.

2. Zu Artikel 7 Nummer 3 - neu - (§ 36 Absatz 4 Satz 1 GVG) Dem Artikel 7 ist folgende Nummer anzufügen:

Begründung:

Nach der bisherigen Rechtslage ist die Zahl der Personen, die in die Vorschlagsliste aufzunehmen ist, in § 36 Absatz 4 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) dergestalt geregelt, dass mindestens doppelt so viele Personen aufgenommen werden müssen wie als Haupt- und Hilfsschöffen erforderlich sind.

Das beruht auf der Überlegung, dass von einer echten Wahl nur dann gesprochen werden kann, wenn erheblich mehr Personen vorgeschlagen werden als zu wählen sind.

Besonderes Augenmerk ist bei der Vorschlagsliste der Gemeinde darauf zu legen, dass die aufgestellten Personen sich aus freien Stücken um die Übernahme des Schöffenamtes bemühen, weil nur eine freiwillige Übernahme des Amtes in Kenntnis der damit verbundenen Verpflichtungen die Gewähr dafür bietet, dass die Ausübung des Schöffenamtes während der fünfjährigen Amtszeit trotz der damit einhergehenden möglichen Belastungen (etwa durch Großverfahren) angemessen wahrgenommen wird.

In größeren Gemeinden gestaltet sich die Erstellung der Vorschlagslisten mitunter als schwierig, weil keine ausreichende Zahl von Freiwilligen gefunden wird. Ferner entsteht bei den Bürgerinnen und Bürgern, die sich freiwillig gemeldet haben und dann bei der doppelten Anzahl von Wahlvorschlägen keine Berücksichtigung finden konnten, ein erhebliches Frustrationspotential, das in der Regel dazu führt, dass sich diese in einer neuen Kampagne nicht wieder zur Wahl stellen werden.

Eine Änderung des § 36 Absatz 4 Satz 1 GVG, die es ausreichen lässt, dass mindestens das Eineinhalbfache der zu wählenden Personen in die Vorschlagslisten aufgenommen wird, erfüllt immer noch die an eine echte Wahl zu stellenden Anforderungen und wird zu einer Reduzierung der genannten Schwierigkeiten und einer Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bei den Wahlen führen. Bei der Berufung anderer ehrenamtlicher Richter (mit Ausnahme der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit, s. § 28 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 25 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung wird auf die Vorgabe einer Mindestzahl von Kandidaten ganz verzichtet, oder diese wird auf das Anderthalbfache der Zahl der zu Berufenden beschränkt. Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Arbeits- und Sozialgerichtbarkeit sind Vorschlagslisten zu entnehmen, die keine Mindestzahl von Kandidaten enthalten müssen ( § 20 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 14 des Sozialgerichtsgesetzes).

Die Ernennung der Handelsrichterinnen und Handelsrichter erfolgt auf einzelnen gutachtlichen Vorschlag der Industrie- und Handelskammer nach § 108 GVG.

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in Landwirtschaftssachen werden aufgrund einer Vorschlagsliste berufen, die das Eineinhalbfache der erforderlichen Anzahl enthalten soll (§ 4 Absatz 4 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen).

Auch die Vorschlagsliste für die Bestellung der notariellen Beisitzer im Senat für Notarsachen muss (nur) die Hälfte mehr als die erforderliche Zahl von Notarinnen und Notaren enthalten (§ 103 Absatz 1 Satz 5 der Bundesnotarordnung).

Nach dem Gesetzentwurf bleibt es im Übrigen allen Gemeinden unbenommen, weiterhin mehr als das Eineinhalbfache an Wahlvorschlägen zu beschließen.