Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen

Der Bundesrat hat in seiner 948. Sitzung am 23. September 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 3 Nummer 2 ( § 214a Satz 1 FamFG)

In Artikel 3 Nummer 2 sind in § 214a Satz 1 nach dem Wort "diesen" die Wörter "auf Antrag eines Beteiligten" einzufügen.

Begründung:

Den Belangen der Verfahrensökonomie und der Privatautonomie muss durch die Einführung eines Antragserfordernisses Rechnung getragen werden. Vereinbarungen in Gewaltschutzsachen werden häufig dann geschlossen, wenn die Voraussetzungen für eine Anordnung (noch) nicht zweifelsfrei erfüllt sind, zum Beispiel aufgrund unklarer Beweislage. In vielen Fällen dient die Vereinbarung daher der Vermeidung der Niederlage des Opfers. Eine antragslose Prüfung und Versagung der Bestätigung würde die unerwünschte Teilniederlage des Opfers bewirken. Insoweit ist zwar die Tatsache hilfreich, dass keine förmliche Ablehnung der Bestätigung erfolgt. Dies ist aber nicht ausreichend. Denn es bleibt beim (Teil-) Unterliegen des Opfers in obengenannter Konstellation. Zudem gibt es Fälle, in denen sich die Beteiligten darüber einig sind, wechselseitig keinen Kontakt mehr aufzunehmen, ohne dass es einer Aufklärung des Vorgefallenen oder eines strafrechtlichen Schutzes bedarf. Schließlich könnte sich die zwingende Folge der Strafbewehrung in bestimmten Fallkonstellationen auch negativ auf die Vergleichsbereitschaft auswirken. Das Antragserfordernis ermöglicht es, angemessen und flexibel auf die verschieden gelagerten Fälle zu reagieren.

2. Zu Artikel 3 Nummer 2 (§ 214a Satz 1a - neu - FamFG)

In Artikel 3 Nummer 2 ist in § 214a nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:

" § 1 Absatz 1 Satz 2 des Gewaltschutzgesetzes gilt entsprechend."

Begründung:

Die Befristung ist Ausdruck des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgebots und daher auch bei bestätigten strafbewehrten Vergleichen unverzichtbar. Ein Hinweis in der Begründung des Gesetzentwurfes (BR-Drucksache 420/16 (PDF) , S. 11 unten), dass "der Vergleich in der Regel auch eine Befristung der darin vorgesehenen Schutzmaßnahmen enthalten sollte (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 GewSchG)" ersetzt keine Regelung im Gesetzestext. Es ist auch kein Grund ersichtlich, die Möglichkeit der Befristung nicht in den Gesetzestext aufzunehmen, um klare Verhältnisse zu schaffen und die verfassungsmäßigen Vorgaben einzuhalten.

3. Zu Artikel 4 (§ 4 Satz 1 GewSchG)

In Artikel 4 sind in § 4 Satz 1 die Wörter "einem Jahr" durch die Wörter "zwei Jahren" zu ersetzen.

Begründung:

§ 4 Satz 1 GewSchG-E sieht bislang - entsprechend dem geltenden Recht - als Sanktion Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor. Zur effektiven Verbesserung des Schutzes vor Nachstellungen und Gewalt ist eine Anhebung dieser Strafdrohung erforderlich. Ein trotz gerichtlicher Anordnung bzw. Verpflichtung aus einem gerichtlich bestätigten Vergleich erfolgender Verstoß kann nicht glaubhaft geahndet werden, wenn ihn das Sanktionsmaß oder die Art der Reaktion - wie bislang - als Bagatelle ausweist. Vielmehr läuft die strafrechtliche Maßnahme dann Gefahr, in der Wahrnehmung des Täters die Verbindlichkeit der vorangegangenen familiengerichtlichen Anordnung bzw. Bestätigung zu relativieren. Durch eine Anhebung der Strafrahmenobergrenze auf eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren wird daher nicht nur präventiven Belangen besser Rechnung getragen, sondern auch eine situationsgerechte(re) Sanktionierung ermöglicht, welche die strafbewehrte Anordnung bzw. Verpflichtung in dem gerichtlich bestätigten Vergleich zu bekräftigen geeignet ist.