Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Lampedusa

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 307115 - vom 23. Mai 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 14. April 2005 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Lampedusa
Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Lampedusa mitten in der Meerenge von Sizilien liegt und eine kleine Insel von 20 Quadratkilometern ist, die von 5 500 Menschen bewohnt wird und deren Kapazität, die zahlreichen Immigranten und Asylbewerber aufzunehmen und zu beherbergen, die regelmäßig - oft unter verzweifelten Umständen - an ihrer Küste landen, offenkundig begrenzt ist,

B. besorgt über die von den italienischen Behörden von Oktober 2004 bis März 2005 von der italienischen Insel Lampedusa nach Libyen durchgeführten Kollektivausweisungen von Migranten,

C. in der Erwägung, dass seitens des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) die Ausweisung von 180 Personen am 17. März 2005 kritisiert und erklärt wurde, dass bei weitem nicht feststeht, dass Italien die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hat, um zu gewährleisten, dass keine echten Flüchtlinge nach Libyen ausgewiesen werden, das keinesfalls als sicheres Asylland betrachtet werden kann, sowie in der Erwägung, dass seitens des UNHCR zutiefst die mangelnde Transparenz von Seiten der italienischen wie der libyschen Behörden bedauert wird,

D. besorgt über die Weigerung der italienischen Behörden, dem UNHCR am 15. März 2005 Zugang zum Aufnahmelager auf Lampedusa zu gewähren, wohingegen Informationen des UNHCR zufolge die italienischen Behörden diesen Zugang libyschen Beamten gestatteten,

E. tief besorgt über das Schicksal Hunderter Asylbewerber, die nach Libyen zurückgebracht wurden, da dieses Land nicht zu den Unterzeichnerstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention gehört, kein funktionierendes Asylsystem hat, keine echte Garantie der Flüchtlingsrechte bietet sowie willkürliche Festnahmen, Inhaftierungen und Ausweisungen vornimmt, sowie in der Erwägung, dass die ausgewiesenen Personen im Allgemeinen in Handschellen verbracht werden und ihren Bestimmungsort nicht kennen,

F. beunruhigt über die Behandlung und die miserablen Lebensbedingungen der in den Lagern in Libyen festgehaltenen Personen sowie die jüngst erfolgten massiven Rückführungen von Ausländern aus Libyen in ihr Herkunftsland unter Bedingungen, die weder ihre Würde noch ihr Überleben gewährleisten, sowie in Kenntnis der Informationen libyscher Quellen, wonach infolge dieser Ausweisungen 106 Todesfälle zu verzeichnen seien,

G. in Erwägung des inhaltlich noch geheimen bilateralen Abkommens zwischen Italien und Libyen, wonach den libyschen Behörden die Überwachung der Migration übertragen und das Land verpflichtet würde, die von Italien zurückgewiesenen Personen wieder aufzunehmen,

H. besorgt über das Fehlen eines Gesetzes über das Asylrecht in Italien,

I. in Erwägung des Ersuchens vom 6. April 2005 des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an Italien, im Anschluss an den Klageantrag Nr. 11593/05 einer Gruppe von ausgewiesenen Migranten Auskünfte über die Lage auf Lampedusa zu erteilen,