Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister
(Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz - KFRG)

Der Bundesrat hat in seiner 901. Sitzung am 12. Oktober 2012 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 65c Absatz 2 Satz 2 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 65c Absatz 2 Satz 2 nach dem Wort "beschließt" die Wörter "im Einvernehmen mit den Ländern" einzufügen.

Begründung:

Den Ländern soll die Durchführungsverantwortung für die klinischen Krebsregister übertragen werden. Daher ist es auch zwingend notwendig, dass die inhaltliche und damit auch finanzwirksame Ausgestaltung im Einvernehmen mit den Ländern erfolgt. Gesetzgebungs- und Finanzierungsverantwortung ohne Mitentscheidung bei den Förderkriterien und den Vorgaben ist seitens der Länder nicht konsensfähig.

2. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 65c Absatz 4 Satz 2 und Absatz 6 Satz 2 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 4 ist § 65c wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zum Aufgabenspektrum der klinischen Krebsregister gehört die Erfassung der Daten für die epidemiologischen Krebsregister. Die wesentliche Voraussetzung eines einheitlichen Konzepts für die Krebsregistrierung ist das Angleichen epidemiologischer und klinischer Registrierung. Aufgabe der flächendeckend zu errichtenden klinischen Krebsregister ist die Erfassung von Daten aller bösartigen Neubildungen inklusive ihrer Frühstadien sowie von gutartigen Hirntumoren. Dazu gehören auch die nichtmelanotischen Hautkrebsarten. Die Herausnahme von nichtmelanotischen Hautkrebsfällen aus der Finanzierung der fallbezogenen Krebsregisterpauschale würde zur unvollzähligen Registrierung dieser Tumoren in den klinischen und damit auch in den epidemiologischen Krebsregistern führen, die nicht wünschenswert ist. Daher sollten die nichtmelanotischen Hautkrebsfälle sowohl bei der fallbezogenen Registerpauschale als auch bei der Meldevergütung berücksichtigt werden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 65c Absatz 4 Satz 2 und Satz 4a - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 4 ist § 65c Absatz 4 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Mit der vorgesehenen Pauschale können nach Aussage der bestehenden klinischen Krebsregister die im Gesetz vorgeschriebenen Leistungen nicht erbracht werden. Das Ziel des Gesetzes würde damit verfehlt.

Derzeit gibt es noch Defizite in der Vollzähligkeit der Daten, in der Aktualität der Erfassung und im Langzeit-Follow-up, was die im Prognos-Gutachten dargestellten, der Berechnung der Pauschale zugrunde liegenden Kosten beeinflusst. Nach Auffassung der bestehenden klinischen Krebsregister führt eine vom Prognos-Gutachten ausgehende, alle relevanten Aspekte des Gutachtens berücksichtigende Betrachtung zu einer Pauschale von rund 132 Euro, und damit zu einem 90-prozentigen Kassenanteil in Höhe von rund 119 Euro. Die Differenz von 13 Euro fallen damit für die Länder an.

Zu Buchstabe b:

Wie in der Begründung des Gesetzentwurfs zur Höhe der fallbezogenen Krebsregisterpauschale nach § 65c Absatz 4 SGB V ausgeführt wird, wird davon ausgegangen, dass 10 Prozent der Betriebskosten für klinische Krebsregister von den Ländern zu tragen sind. Soweit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, nach § 65c Absatz 4 Satz 4 SGB V auf der Landesebene eine abweichende Höhe der fallbezogenen Krebsregisterpauschale zu vereinbaren, sollte das kalkulatorisch ermittelte Verhältnis der Kostenteilung in Höhe von 90 Prozent durch die Krankenkassen und 10 Prozent durch die Länder unverändert bestehen bleiben. Die Einfügung dient somit der Klarstellung der jeweiligen Finanzierungsanteile.

4. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe c - neu - (§ 92 Absatz 7e Satz 4 - neu - SGB V)

In Artikel 1 ist der Nummer 5 folgender Buchstabe c anzufügen:

'c) Dem Absatz 7e wird folgender Satz angefügt:

"Die Sätze 1 bis 3 gelten bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 und 13 entsprechend." '

Begründung:

Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung sind den Akteuren des Gesundheitswesens auf Landesebene weitere Instrumente an die Hand gegeben worden, Angebot und Nachfrage nach Gesundheitsleistungen besser als heute aufeinander abzustimmen und dabei auf regionale Besonderheiten zu reagieren. Den Ländern wurden in begrenztem Umfang Mitsprachemöglichkeiten eingeräumt. Für eine weitere Stärkung der regionalen Perspektive und ein qualitätsorientiertes Versorgungsangebot ist den Ländern auch in Fragen der Qualitätssicherung ein Mitspracherecht im Gemeinsamen Bundesausschuss einzuräumen.

5. Zu Artikel 1 Nummer 7 - neu - (§ 285 Absatz 3 Satz 7a - neu - SGB V)

Dem Artikel 1 wird folgende Nummer 7 angefügt:

'7. In § 285 Absatz 3 wird nach Satz 7 folgender Satz eingefügt:

"Die Kassenärztlichen Vereinigungen dürfen rechtmäßig erhobene und gespeicherte Sozialdaten der zuständigen Heilberufskammer übermitteln, soweit dies zur Erfüllung von deren Aufgaben, insbesondere zur Vornahme berufsrechtlicher Maßnahmen, erforderlich ist." '

Begründung:

Nach den Datenschutzgesetzen oder den Heilberufsgesetzen der Länder dürfen die Heilberufskammern personenbezogene Daten ihrer Mitglieder an die Kassenärztlichen Vereinigungen übermitteln, wenn dies zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der Heilberufskammern als übermittelnden oder der Kassenärztlichen Vereinigung als empfangenden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist und für Zwecke erfolgt, für die eine Nutzung zulässig wäre.

Dagegen richtet sich die Zulässigkeit der Übermittlung von Sozialdaten der Ärzte nach § 285 SGB V von den Kassenärztlichen Vereinigungen an die Heilberufskammern nicht nach Landesrecht, sondern nach den bundesrechtlichen Bestimmungen des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch. Da den Kassenärztlichen Vereinigungen eine solche Übermittlungsbefugnis weder in den §§ 68 bis 77 SGB X noch in anderen Rechtsvorschriften eingeräumt worden ist, ist die Übermittlung von Sozialdaten an die Heilberufskammern nach § 67d Absatz 1 SGB X derzeit nicht zulässig.

Die dringende Notwendigkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung von Sozialdaten von der Kassenärztlichen Vereinigung an die zuständige Heilberufskammer (Ärztekammer, Zahnärztekammer oder Psychotherapeutenkammer) folgt insbesondere daraus, dass ein der Kassenärztlichen Vereinigung bekanntes Handeln eines Arztes, Zahnarztes oder Psychotherapeuten auch eine Verletzung seiner Berufspflichten darstellt und insoweit von der zuständigen Heilberufskammer zu ahnden wäre. Diese hat jedoch keine Kenntnis von dem Vorgang und ist daher auf eine Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung angewiesen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können.

Auch in dem Fall, dass ein Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeut die fachlichen Voraussetzungen zur Durchführung bestimmter, gemäß § 135 Absatz 2 SGB V im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung genehmigungspflichtiger Leistungen mit der Folge nicht mehr erfüllt, dass ihm die betreffende Genehmigung seitens der Kassenärztlichen Vereinigung widerrufen wurde, ist eine Datenübermittlung an die zuständige Heilberufskammer erforderlich, damit der Arzt die Leistungen im Rahmen der Privatliquidation nicht weiterhin erbringen kann.

Auch in weiteren Fallkonstellationen ergibt sich die Notwendigkeit der Datenübermittlung von der Kassenärztlichen Vereinigung an die Heilberufskammer.

Die jeweiligen Datenübermittlungsbefugnisse gelten entsprechend für die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen.

6. Zu Artikel 1a - neu - (§ 121 Absatz 1 Nummer 1, 2, 5 und 6 SGB XI) und Artikel 1b - neu - (§ 193 Absatz 8 - neu - VVG)

Nach Artikel 1 sind folgende Artikel 1a und 1b einzufügen:

'Artikel 1a
Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch

§ 121 Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung -, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 1b
Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag

Dem § 193 des Versicherungsvertragsgesetzes, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Absatz 8 angefügt:

(8) Absatz 4 gilt entsprechend bei dem Abschluss eines Versicherungsvertrags zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit nach § 23 des Elften Buches Sozialgesetzbuch." '

Begründung:

Nach § 23 SGB XI sind Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Versicherungsunternehmen versichert sind, verpflichtet, auch ihr Pflegerisiko bei einem privaten Versicherungsunternehmen abzusichern. Verstöße gegen Versicherungspflichten sind durch das Bundesversicherungsamt und die zuständigen Stellen der Länder zu verfolgen und zu ahnden ( § 121 SGB XI und §§ 35 ff. OWiG).

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) wurde ab dem Jahr 2009 die Verpflichtung zum Abschluss einer Krankenversicherung bei einem privaten Versicherungsunternehmen (PKV) eingeführt, soweit keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht ( § 193 VVG). Damit ist die Verpflichtung zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung eines privaten Pflegeversicherungsvertrags nach §§ 22 und 23 SGB XI verbunden.

Im Versicherungsvertragsgesetz ist neben der Verpflichtung zum Abschluss eines privaten Krankenversicherungsvertrags auch das Verfahren bei einer Nichtversicherung geregelt ( § 193 Absatz 3 VVG). Dieses ist analog im Falle eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zum Abschluss eines privaten

Pflegeversicherungsvertrags anzuwenden. Die Regelung des § 121 SGB XI zur Durchsetzung und Anpassung eines privaten Pflegeversicherungsvertrags ist somit entbehrlich geworden.

Ebenfalls entbehrlich ist die Verfolgung von Verstößen gegen Beitragspflichten gemäß § 121 Absatz 1 Nummer 6 SGB XI. § 193 Absatz 6 VVG regelt analog zu § 16 Absatz 3a SGB V ein Ruhen der Leistungen bei Beitragsbeziehungsweise Prämienrückständen. Die soziale Pflegeversicherung - Elftes Buch Sozialgesetzbuch - sieht bei Beitragsrückständen kein Ruhen der Leistungen vor. Entsprechend soll § 193 Absatz 6 VVG nicht zur Anwendung kommen.

In der Regel handelt es sich bei den Bußgeldtatbeständen um Verstöße gegen Beitragspflichten. Die Bußgeldvorschrift ( § 121 SGB XI) hat sich nicht bewährt, weil weder Beitragsrückstände verhindert, noch Beitragsrückstände geregelt werden. Das Bußgeld ist neben dem Beitragsrückstand lediglich eine zusätzliche finanzielle Belastung für die betroffenen Versicherten. Ob und wie der Beitragsrückstand geregelt wird, wird zwischen den Versicherten und dem privaten Versicherungsunternehmen geklärt. Die Bußgeldvorschrift hat hierauf keinen Einfluss, als Sanktionsinstrument läuft sie ins Leere.

Die Regelungen des § 121 Absatz 1 Nummer 1, 5 und 6 SGB XI sind daher aufzuheben. Dies würde auch zum Bürokratieabbau beitragen, da das Meldeverfahren der privaten Versicherungsunternehmen an das Bundesversicherungsamt beziehungsweise die Länder sowie gegebenenfalls durchzuführende OWiG-Verfahren entfielen. Für die privaten Krankenversicherungsunternehmen entstehen kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand und damit keine Mehrkosten.

Zum Gesetzentwurf allgemein

Begründung:

Bei der Finanzierungslösung über eine Fallpauschale kann die Höhe dieser Pauschale im Verhältnis zu den im Gesetz aufgeführten Aufgaben derzeit nicht sicher abgeschätzt werden. Bei einer Fixierung der Höchstgrenze des Kassenanteils wird daraus eine nicht hinnehmbare Defizitfinanzierung der Länder entstehen, die derzeit mit circa 10 Prozent beziffert wird.

Begründung:

Gemäß Abschnitt D.1 Absatz 2 und E.3.1 Buchstabe b des Vorblatts des Gesetzentwurfs entstehen den Ländern durch die flächendeckende Einrichtung klinischer Krebsregister einmalige Investitions- und Umstellungskosten in Höhe von circa 6 Millionen Euro und anteilige Betriebskosten im Umfang von circa 5,7 Millionen Euro jährlich.

Die Schätzung der Errichtungskosten geht von einem Investitionsbedarf für ein prototypisches klinisches Krebsregister (Einzugsgebiet von 2 Millionen Einwohnern) in Höhe von 200 000 Euro aus und berücksichtigt, dass in einigen Ländern bereits gut ausgebaute klinische Krebsregister existieren.

Die Schätzung der jährlichen Betriebskosten geht von einem jährlichen Gesamtfinanzierungsbedarf von 57 Millionen Euro aus. Diese sollen neben einer Förderung durch die gesetzliche Krankenversicherung anteilig (rund 10 Prozent = 5,7 Millionen Euro) von den Ländern getragen werden.

Durch den Vorschlag soll erreicht werden, dass der mit dem Gesetz angestrebte flächendeckende Aufbau neuer Krebsregister beziehungsweise der notwendige Ausbau bestehender (epidemiologischer) Krebsregister zu klinischen Krebsregistern sowie deren dauerhafter Betrieb ohne neue Belastungen für die Länderhaushalte umgesetzt wird. Damit wird den besonderen Konsolidierungsnotwendigkeiten der Länderhaushalte zur Einhaltung der Schuldenbremse Rechnung getragen.

Begründung:

Um eine Gleichbehandlung aller Länder zu erreichen, sollte die finanzielle Unterstützung auch rückwirkend gewährt werden, wenn Länder insofern bereits in Vorleistung getreten sind.