Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 7. November 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 19.12.08

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch ... (BGBl. ...), wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Strafvollzugsgesetzes

Das Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436), zuletzt geändert durch ... (BGBl. ...), wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Jugendgerichtsgesetzes

Das Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zuletzt geändert durch ... (BGBl. ...), wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen

§ 27 Abs. 1 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537), das zuletzt durch ... (BGBl. ...) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

Artikel 5
Änderung des Überstellungsausführungsgesetzes

§ 12 des Überstellungsausführungsgesetzes vom 26. September 1991 (BGBl I. S. 1954; 1992 I S. 1232; 1994 I S. 1425), das zuletzt durch ... (BGBl. ...) geändert worden ist wird wie folgt geändert:

Artikel 6
Folgeänderungen

Artikel 7
Einschränkung von Grundrechten

Artikel 8
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Der Entwurf hat in erster Linie die Umsetzung der sich aus der Föderalismusreform ergebenden Auswirkungen auf die Vorschriften zur Untersuchungshaft zum Ziel. Zum anderen beabsichtigt er die Verwirklichung von Forderungen des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe sowie des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR). Schließlich sollen die maßgeblichen Vorschriften für die Praxis verständlicher und zudem geschlechtsneutral formuliert werden. Die Umsetzung der vorgesehenen Änderungen ist im Wesentlichen kostenneutral.

I. Umsetzung der Föderalismusreform

II. Forderungen von europäischer Ebene

Neben der Umsetzung der sich aus der Föderalismusreform ergebenden Konsequenzen ist das Ziel des Entwurfs auch, Forderungen des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment - kurz: CPT) sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in die Strafprozessordnung umzusetzen.

III. Übersichtlichere und verständlichere Gestaltung für die Praxis

Der Entwurf hat sich schließlich insgesamt auch zum Ziel gesetzt, aus Anlass der gebotenen Änderungen die maßgeblichen Vorschriften für den Rechtsanwender verständlicher und übersichtlicher (sowie geschlechtsneutral) zu formulieren.

IV. Auswirkungen auf öffentliche Haushalte und sonstige Kosten

Durch den Entwurf werden ganz überwiegend keine neuen Aufgaben eingeführt, sondern lediglich bislang außerhalb der Strafprozessordnung geregelte Sachbereiche zusammengefasst.

So finden sich beispielsweise die in §§ 114d und 114e StPO-E vorgesehenen wechselseitigen Informationspflichten von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Vollzugsanstalten schon jetzt in den Nummern 7, 8 und 15 UVollzO. Entscheidungen über die in § 119 Abs. 1 StPO-E vorgesehenen Beschränkungen für inhaftierte Beschuldigte sind auch nach der bisherigen Rechtslage (nach § 119 StPO in Verbindung mit der UVollzO) zu treffen. Auch derzeit sind Beschränkungen grundsätzlich von dem Gericht anzuordnen (§ 119 Abs. 6 Satz 1 StPO). Neu ist nach dem Entwurf, dass die Ausführung der angeordneten Beschränkungen in größerem Umfang als bisher der Staatsanwaltschaft übertragen werden kann. Zudem lässt der Entwurf die Delegation der Ausführung von gerichtlichen Anordnungen von der Staatsanwaltschaft auf deren Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt zu. Dies wird zu einer gewissen Verlagerung von Arbeitsaufwand, im Ergebnis aber nicht zu Mehrkosten führen. Dabei ist zu beachten, dass die Besuchs- und die Telekommunikatonsüberwachung schon derzeit häufig von der Vollzugsanstalt durchgeführt werden.

Neu ist die in § 114b StPO-E vorgesehene Pflicht zur Belehrung von verhafteten und - über die Verweise in §§ 127, 127b, 163c StPO-E - vorläufigen festgenommenen bzw. festgehaltenen Personen über ihre Rechte schon bei der Festnahme. Die Aufgabe zur Belehrung fällt in der Regel der Polizei zu. Da im Normalfall allerdings eine schriftliche Belehrung unter Verwendung eines vorgehaltenen Formblattes genügen wird und solche Formulare schon jetzt häufig verwendet werden, ist der zu erwartende Mehraufwand gering.

Auch mit der künftig von den Gerichten zu erteilenden Belehrung nach § 115 Abs. 4 StPO-E ist kein wesentlicher Mehraufwand verbunden, da die Gerichte schon jetzt eine Belehrung zu Rechtsbehelfen erteilen müssen ( § 115 Abs. 4 StPO in der bisherigen Fassung).

Der in § 116b StPO-E vorgesehene Richtervorbehalt bedingt ebenfalls keine Mehrbelastung.

Nummer 92 Abs. 1 UVollzO sieht schon derzeit vor, dass die Unterbrechung der Untersuchungshaft zum Zwecke der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe nur "mit Zustimmung des Richters" erfolgen kann. Folglich ist auch nach bisheriger Rechtslage eine richterliche Entscheidung zu treffen.

Nach § 119a Abs. 3 StPO-E ist vorgesehen, dass (auch) der Vollzugsanstalt gegen gerichtliche Entscheidungen über Vollzugsentscheidungen und -maßnahmen künftig ein eigenes Beschwerderecht zusteht. Eine signifikante Mehrbelastung der Beschwerdegerichte ist dadurch nicht zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass etwaige Meinungsverschiedenheiten zwischen Gerichten und Vollzugsanstalten in der Regel einvernehmlich gelöst werden können. § 147 Abs. 2 Satz 2, Abs. 7 Satz 2 StPO-E hat einen gewissen Vollzugsmehraufwand für die Staatsanwaltschaften im Vergleich zur bisherigen Rechtslage zur Folge. Dieser wird allerdings durch eine entsprechende Entlastung der Gerichte weitgehend kompensiert werden. Die Erteilung der zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung notwendigen Informationen dürfte die Zahl der Rechtsmittel gegen Haftanordnungen reduzieren.

Die beabsichtigte Neufassung des § 148 Abs. 2 StPO beinhaltet die Einführung eines generellen Richtervorbehalts. Auch insoweit ist nur ein geringfügig gesteigerter Vollzugsaufwand zu erwarten. In den allermeisten Fällen wird die Anordnung im Zusammenhang mit dem Haftbefehlserlass getroffen werden und somit keinen wesentlichen zusätzlichen Aufwand der Gerichte erfordern. In den Fällen, in denen Beschuldigte in anderer Sache einsitzen und wegen einer Straftat nach § 129a StGB(noch) kein Haftbefehl ergangen ist, ist schon nach der bisherigen Rechtslage in Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine gesonderte richterliche Anordnung erforderlich, so dass insoweit kein Mehraufwand entstehen kann.

Hinsichtlich der sonstigen Kosten ist zwischen den Kosten- und Preiswirkungen zu unterscheiden.

Die vorgesehenen Regelungen haben keine - direkten oder indirekten - Kosten für Unternehmen zur Folge, da sie sich ausschließlich auf den justizinternen Bereich beschränken bzw. an Beschuldigte gerichtet sind. Insbesondere entsteht für Unternehmen kein Umsetzungsaufwand. Auch Auswirkungen auf Betriebs- und Verwaltungskosten von Unternehmen sind ausgeschlossen. Leistungen von Unternehmen an die öffentliche Hand oder umgekehrt sieht der Entwurf nicht vor. Die Umsetzung des Entwurfs wird auch nicht Investitionsvorhaben, den Handel, Innovationsentscheidungen oder die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinflussen. Da der Entwurf kostenmäßig neutral ist, hat er auch keine Preiswirkungen (Auswirkungen auf Einzelpreise, Preisniveau und Verbraucherpreisniveau) zur Folge.

V. Bürokratiekosten

Für Unternehmen sowie für Bürgerinnen und Bürger werden Informationspflichten weder eingeführt noch vereinfacht oder abgeschafft.

Der in §§ 114d und 114e StPO-E vorgesehene Informationsaustausch zwischen Vollzugsanstalten, Staatsanwaltschaften und Gerichten integriert lediglich die schon jetzt außerhalb der Strafprozessordnung geregelten Pflichten in den Text des Gesetzes. Es werden somit Informationspflichten weder neu eingeführt noch vereinfacht oder abgeschafft.

VI. Auswirkungen von gleichstellungspolitscher Bedeutung

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung entfaltet der Entwurf nicht. Die vorgesehenen Regelungen betreffen Männer und Frauen gleichermaßen.

Der Entwurf berücksichtigt die Vorschrift des § 1 Abs. 2 des Bundesgleichstellungsgesetzes, der zufolge die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes die Gleichstellung von Männern und Frauen auch sprachlich zum Ausdruck bringen sollen. Eine geschlechtsneutrale Sprache wird überall verwendet, wo nicht die Beibehaltung legal definierter Begriffe (vgl. § 157 StPO: "der Beschuldigte", "der Angeklagte"; § 76 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG): "der Vorsitzende", § 19 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG): "der Betroffene") erforderlich ist.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung)

Zu Nummer 1 (§ 98 Abs. 2 Satz 3 StPO-E)

§ 98 Abs. 2 Satz 3 und 4 StPO in der bisherigen Fassung ist der durch diesen Entwurf vorgesehenen Änderung des § 162 StPO anzupassen. Nach § 162 Abs. 3 StPO-E wird die gerichtliche Zuständigkeit für Ermittlungshandlungen nach Anklageerhebung nunmehr ausdrücklich im Gesetz geregelt, so dass künftig in § 98 Abs. 2 Satz 3 StPO-E ein schlichter Verweis auf § 162 StPO genügt. Der bisherige § 98 Abs. 2 Satz 4 StPO entfällt damit.

Zu Nummer 2 (§ 114a bis 114e StPO-E)

Die §§ 114a bis 114e StPO-E betreffen die Bekanntgabe des Haftbefehls an verhaftete Beschuldigte, die Belehrungs- und Benachrichtigungspflichten bei der Festnahme sowie die Informationsübermittlung zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft einerseits und der Vollzugsanstalt andererseits. Die §§ 114a bis 114c StPO-E gelten auch für vorläufig festgenommene und festgehaltene Personen.

Zu § 114a StPO-E

Derzeit bestimmt § 114a Abs. 1 Satz 1 StPO für den Fall, dass ein Beschuldigter aufgrund eines bestehenden Untersuchungshaftbefehls festgenommen wird, dass ihm der Haftbefehl bei der Verhaftung bekannt zu geben ist. Zudem ist ihm nach § 114a Abs. 2 StPO - ohne dass das Gesetz hierfür einen genauen Zeitpunkt bestimmt - eine Abschrift des Haftbefehls auszuhändigen. Ist eine Bekanntgabe des Haftbefehls bei der Verhaftung ausnahmsweise nicht möglich, ist dem Beschuldigten nach § 114a Abs. 1 Satz 2 StPO mitzuteilen welcher Tat er verdächtig ist; die Bekanntgabe ist dann nach § 114a Abs. 1 Satz 3 StPO unverzüglich nachzuholen.

Die Informationspflichten gegenüber festgenommenen Personen erscheinen damit nicht umfassend genug gesetzlich normiert. So fehlt zum einen eine Regelung für die Fälle der vorläufigen Festnahme nach den §§ 127, 127b StPO sowie für den Fall des Festhaltens von Personen zur Identitätsfeststellung nach den §§ 163b, 163c StPO, obwohl es in diesen Fällen für die Betroffenen zur Wahrung ihrer Interessen von ebenso großer Bedeutung wie beim Vorliegen eines Haftbefehls ist, die für die Festnahme bzw. das Festhalten maßgeblichen Gründe zu erfahren. Zum anderen ist es sowohl für Verhaftete, denen der Haftbefehl zunächst nicht bekannt gegeben werden kann, als auch für vorläufig Festgenommene bzw. Festgehaltene nicht nur bedeutsam, die Tat mitgeteilt zu bekommen, derer sie verdächtig sind, sondern auch den Grund für die Festnahme (oder das Festhalten) zu erfahren. Artikel 5 Abs. 2 (EMRK) bestimmt insoweit, dass jeder festgenommenen Person innerhalb möglichst kurzer Frist mitgeteilt werden muss, welches die Gründe für ihre Festnahme sind und welche Beschuldigungen gegen sie erhoben werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist es dabei ausreichend, wenn diese Unterrichtung - in einer für den Beschuldigten verständlichen Weise - mündlich erfolgt (vgl. Meyer-Ladewig, EMRK, 2. Auflage, Artikel 5, Rn. 25 m. w. N.). Nach Nummer 181 Abs. 2 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) ist "dem Ausländer, der die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht" zudem der Haftbefehl mit einer Übersetzung in eine ihm verständliche Sprache bekannt zu geben (vgl. auch Boujong, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 5. Auflage, § 114b, Rn. 7).

§ 114a Satz 1 StPO-E stellt nunmehr klar, dass dem Beschuldigten bei der Verhaftung grundsätzlich eine Abschrift des Haftbefehls auszuhändigen ist. Entsprechend Nummer 181 Abs. 2 RiStBV erhält der Beschuldigte zudem eine Übersetzung in eine für ihn verständliche Sprache, wenn er die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht. Den Begriff der Bekanntgabe (des Haftbefehls) erwähnt die vorgeschlagene neue Fassung der Vorschrift dagegen nicht mehr. Vielmehr gilt insoweit die allgemeine Bestimmung des § 35 StPO. Wird der Haftbefehl erst in Anwesenheit des Beschuldigten erlassen, ist er gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 StPO zu verkünden. Ist der Haftbefehl dagegen zuvor in Abwesenheit des Beschuldigten erlassen worden, so genügt die formlose Mitteilung (§ 35 Abs. 2 Satz 2 StPO), in aller Regel durch schlichte Übergabe der Abschrift des Haftbefehls (Boujong, a. a. O., Rn. 4).

Es kann allerdings vorkommen, dass insbesondere eine Übersetzung des Haftbefehls zunächst nicht vorliegt. Für diesen Fall bestimmt § 114a Satz 2 StPO-E entsprechend Artikel 5 Abs. 2 EMRK, dass dem Beschuldigten in einer für ihn verständlichen Sprache (mündlich) mitzuteilen ist, welches die Gründe für seine Verhaftung sind und welche Beschuldigungen gegen ihn erhoben werden. Die Aushändigung der Abschrift des Haftbefehls sowie ggf. der Übersetzung ist dann gemäß § 114a Satz 3 StPO-E unverzüglich nachzuholen.

Die Bestimmung gilt nicht nur für Verhaftungen aufgrund eines Haftbefehls nach den §§ 112 ff. StPO, sondern auch für Verhaftungen aufgrund eines Haftbefehls nach § 230 Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 und § 412 StPO. § 114a StPO ist schon bisher auf Verhaftungen nach anderen Vorschriften anzuwenden (vgl. beispielsweise für den Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, § 230, Rn. 21).

Die Vorschrift ist zudem auf vorläufige Festnahmen nach §§ 127, 127b StPO sowie auf das Festhalten von Personen zum Zwecke der Identitätsfeststellung nach §§ 163b, 163c StPO entsprechend anzuwenden, was durch Verweise in § 127 Abs. 4, in § 127b Abs. 1 Satz 2 und in § 163c Abs. 1 Satz 3 StPO-E klargestellt wird (Artikel 1 Nummer 8, 9 und 13 des Entwurfs).

Zu § 114b StPO-E

Die Neuregelung bezweckt die Vorverlagerung und Klarstellung der Belehrungspflichten gegenüber Verhafteten (d. h. aufgrund Haftbefehls festgenommenen Personen). Sie stellt sicher dass eine verhaftete Person so zeitnah wie möglich über die ihr zustehenden Rechte belehrt wird. Die bisher schon bestehenden Belehrungspflichten, etwa zu Beginn einer Vernehmung nach § 136 Abs. 1, § 163a Abs. 4 StPO, bleiben von der neuen Bestimmung unberührt.

Zwar werden die Belehrungen in der Praxis auch derzeit schon in den meisten Fällen bei der Festnahme erteilt. Um jedoch zu gewährleisten, dass alle Verhafteten bundesweit einheitlich so frühzeitig wie möglich über alle relevanten Punkte belehrt werden, erscheint eine gesetzliche Regelung angezeigt. Mit ihr wird zudem - wie ausgeführt (oben A. II. 1.) - einer Forderung des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) nachgekommen, die dieser in seinem Bericht über seinen Besuch in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2005 erhoben hat.

Die Bestimmung gilt auch für Verhaftungen aufgrund von Haftbefehlen nach § 230 Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 und § 412 StPO. Auf vorläufige Festnahmen nach §§ 127, 127b StPO sowie auf das Festhalten zum Zwecke der Identitätsfeststellung nach §§ 163b, 163c StPO ist § 114b StPO-E über Verweise in § 127 Abs. 4, in § 127b Abs. 1 Satz 2 und in § 163c Abs. 1 Satz 3 StPO-E entsprechend anzuwenden (Artikel 1 Nummer 8, 9 und 13 des Entwurfs), womit wiederum der Forderung des CPT entsprochen wird.

Zu § 114b Abs. 1 StPO-E

Die Strafprozessordnung enthält derzeit keine Vorschrift, die bei einer Festnahme eine Belehrungspflicht bestimmt. Die Festnahme stellt jedoch einen derart gravierenden Eingriff in das Grundrecht auf die Freiheit der Person dar, dass eine zeitnahe Belehrung Beschuldigter über ihre Rechte erforderlich erscheint. Dies gilt umso mehr, als Beschuldigte von einer Festnahme häufig überrascht sind und jedenfalls eine erhebliche Zahl Festgenommener sich noch nie zuvor in einer solchen Lage befunden hat. § 114b Abs. 1 Satz 1 StPO-E bestimmt daher nunmehr, dass Beschuldigte unverzüglich nach ihrer Festnahme über ihre Rechte in einer für sie verständlichen Sprache zu belehren sind. Die einzelnen Rechte ergeben sich dabei aus § 114b Abs. 2 StPO-E. Die Belehrung hat unverzüglich zu erfolgen d. h. ohne schuldhaftes Zögern. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Polizei im Zeitpunkt einer Festnahme nicht selten auch noch andere Maßnahmen zu veranlassen hat die keinen Aufschub dulden oder dass gelegentlich ein Dolmetscher für eine dem Beschuldigten verständliche Sprache zunächst nicht zur Verfügung steht.

Die Belehrung hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen, weil bei einer mündlichen Belehrung die Gefahr besteht, dass die - zu dieser Zeit nicht selten aufgeregten - Beschuldigten nicht alles aufnehmen können, und bei einer schriftlichen Belehrung die Möglichkeit zum Nachlesen besteht. Zum Zwecke der schriftlichen Belehrung wird es sich empfehlen, ein Merkblatt vorrätig zu halten. Dieses sollte auch in übersetzter Form für die gebräuchlichsten Fremdsprachen vorhanden sein.

Gerade bei einer vorläufigen Festnahme wird ein solches Merkblatt nicht immer sofort zur Hand sein können. In diesem Fall sind Beschuldigte nach § 114b Abs. 1 Satz 2, 3 StPO-E zunächst mündlich mit dem Inhalt des § 114b Abs. 2 StPO-E zu belehren; die schriftliche Belehrung soll dann nachgeholt werden, sofern dies in zumutbarer Weise möglich ist. Eine spätere Aushändigung des Merkblatts kann deshalb entfallen, wenn der Beschuldigte ausschließlich eine "exotische" Sprache beherrscht und Merkblätter in dieser Sprache nicht vorgehalten werden. Weiterhin kann es Fälle geben, in denen eine schriftliche Belehrung nicht ausreichend ist, z.B. weil die Beschuldigten Analphabeten sind. Auch kann es sein, dass einzelne Beschuldigte einzelne Teile einer Belehrung nicht verstehen und Nachfragen haben. In diesen Fällen hat die Belehrung dann gemäß § 114b Abs. 1 Satz 2 StPO-E im jeweils erforderlichen Umfang vollständig oder ergänzend mündlich zu erfolgen.

Zu betonen ist, dass die Belehrung der Beschuldigten "in einer für sie verständlichen Sprache" zu erfolgen hat. Das muss nicht notwendig die Muttersprache der Beschuldigten sein.

Um späteren Unsicherheiten darüber vorzubeugen, wann Beschuldigte mit welchem Inhalt belehrt wurden, sollen diese nach § 114b Abs. 1 Satz 3 StPO-E aufgefordert werden, die Erteilung der (mündlichen oder schriftlichen) Belehrung umgehend schriftlich zu bestätigen.

Auch dies wurde vom CPT ausdrücklich verlangt. Eine Weigerung des Beschuldigten ist zu Beweiszwecken in geeigneter Weise zu dokumentieren.

Zu § 114b Abs. 2 StPO-E

§ 114b Abs. 2 StPO-E führt zur Sicherstellung eines derzeit nicht vollumfänglich gegebenen bundesweit einheitlichen Umfangs der Belehrung die einzelnen strafprozessualen Rechte der Beschuldigten auf, über die diese zwingend bei der Festnahme zu belehren sind.

Zu Absatz 2 Satz 1

Zu Absatz 2 Satz 1 Nr. 1

Nach einer Festnahme ist für Beschuldigte vor allem von Interesse, wann ihre Festnahme von dem für den Erlass und die Aufrechterhaltung des Haftbefehls zuständigen Richter überprüft wird und sie Gelegenheit haben werden, diesem gegenüber Angaben zu tätigen.

Deshalb sind Beschuldigte nach § 114b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StPO-E über die in §§ 115, 115a StPO bestimmte Vorführung vor den Richter zu belehren.

Zu Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4

Nach § 136 Abs. 1 Satz 2 und 3 StPO sind Beschuldigte vor Beginn der ersten richterlichen Vernehmung darüber zu belehren, dass ihnen eine Äußerung zur Sache freisteht, sie Beweiserhebungen beantragen und jederzeit einen Verteidiger konsultieren können.

Dies gilt nach § 163a Abs. 3 Satz 2 bzw. Abs. 4 StPO auch bei der ersten Vernehmung durch Staatsanwaltschaft oder Polizei. Hierüber sind Beschuldigte nunmehr nach § 114b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 StPO-E schon dann zu unterrichten, wenn sie festgenommen werden. Dies ermöglicht ihnen eine angemessene Vorbereitung auf die erste Vernehmung.

Wie oben bereits ausgeführt, bleiben die bislang vorgeschriebenen Belehrungspflichten von § 114b StPO-E unberührt. Die Bestimmung des § 114b Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 StPO-E, nach der Beschuldigte jederzeit einen von ihnen zu wählenden Verteidiger befragen können begründet keine Kostenübernahmepflicht des Staates.

Zu Absatz 2 Satz 1 Nr. 5

Der CPT hat in seinem Bericht zu seinem Besuch in Deutschland im Jahr 2005 auch beanstandet, dass Festgenommene nicht über ihr "Recht auf Zugang zu einem Arzt ihrer Wahl" belehrt würden. Der Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins hat in seinem Vorschlag für einen sogenannten "Letter of rights" ebenfalls eine entsprechende Belehrung verlangt. § 114b Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 StPO-E trägt dem Rechnung. Eine Kostenübernahmepflicht des Staates wird durch diese Bestimmung allerdings nicht begründet.

Zu Absatz 2 Satz 1 Nr. 6

Nach § 114b Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 StPO-E sind Beschuldigte auch über ihr zukünftig in § 114c Abs. 1 StPO-E geregeltes Recht zu belehren, einen Angehörigen oder eine Person ihres Vertrauens zu benachrichtigen, soweit dies den Zweck der Untersuchung nicht gefährdet.

Zu Absatz 2 Satz 2

Nach Artikel 6 Abs. 3 Buchstabe e EMRK haben Beschuldigte, die die Verhandlungssprache des Gerichts nicht verstehen, ein Recht auf unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher. Dieser Anspruch besteht für das gesamte Strafverfahren (vgl. BGH, NJW 2001, 309). Hierüber sind Beschuldigte, die der deutschen Sprache nicht in dem Maße mächtig sind, dass sie den gegen sie erhobenen Vorwurf und die ihnen zustehenden Rechte verstehen und sich gegen die Beschuldigung verteidigen können, nach § 114b Abs. 2 Satz 2 StPO-E zu belehren. Durch die Formulierung ("im Verfahren") wird klargestellt, dass die Hinzuziehung eines Dolmetschers nur für verfahrensbezogene Gespräche, etwa für Vernehmungen oder für Informationsgespräche mit Verteidigern, verlangt werden kann.

Zu Absatz 2 Satz 3

§ 114b Abs. 2 Satz 3 StPO-E übernimmt die sich aus Artikel 36 Abs. 1 Buchstabe b des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen ergebende Pflicht zur Belehrung ausländischer Beschuldigter darüber, dass sie die Unterrichtung der konsularischen Vertretung ihres Heimatstaates verlangen und dieser auch selbst Nachrichten zukommen lassen können, in die Strafprozessordnung. Damit wird diese Verpflichtung nunmehr an exponierter Stelle normiert. Das erscheint geboten, weil sie in der Praxis gelegentlich übersehen wird. Das Bundesverfassungsgericht hat jüngst betont, dass bereits die Polizei bei der Festnahme und nicht erst das Gericht bei der Haftbefehlsverkündung verpflichtet ist den Beschuldigten über sein Recht auf Benachrichtigung seiner konsularischen Vertretung zu informieren (NJW 2007, 499, 503).

Zu § 114c StPO-E

Derzeit sind Benachrichtigungspflichten und -rechte gegenüber Angehörigen oder Vertrauenspersonen von Festgenommenen in § 114b StPO geregelt. Durch die Neuregelung in § 114c StPO-E wird die Bestimmung klarer gefasst. Zudem wird das Benachrichtigungsrecht über Verweise in § 127 Abs. 4, in § 127b Abs. 1 Satz 2 und in § 163c Abs. 1 Satz 3 StPO-E (Artikel 1 Nummer 8, 9 und 13 des Entwurfs) ausdrücklich auch auf vorläufig festgenommene bzw. festgehaltene Personen erweitert.

Zu § 114c Abs. 1 StPO-E

§ 114c Abs. 1 StPO-E verschafft - wie bisher § 114b Abs. 2 StPO - Verhafteten ein Recht auf unverzügliche Benachrichtigung eines Angehörigen oder einer Person ihres Vertrauens.

Als "Verhaftung" ist dabei nach der herrschenden Meinung die Festnahme aufgrund eines Haftbefehls nach § 114, § 230 Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 oder § 412 StPO anzusehen, nicht jedoch die vorläufige Festnahme nach § 127 oder § 127b Abs. 1 StPO (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, § 114b StPO, Rn. 2; Boujong in: Karlsruher Kommentar, 5. Auflage, § 114b StPO, Rn. 2). Das daraus resultierende Fehlen eines formellen Rechts der vorläufig Festgenommenen auf Benachrichtigung wurde vom Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) in seinen Berichten über Besuche in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 2000 und 2005 bemängelt (siehe dazu bereits die Ausführungen oben, zu A. II. 1. der Begründung). Zwar räumen die Strafverfolgungsbehörden vorläufig Festgenommenen in der Praxis auch derzeit schon in aller Regel die Möglichkeit zur Benachrichtigung eines Angehörigen oder einer Vertrauensperson ein. In Anbetracht des mit einer Festnahme verbundenen erheblichen Eingriffs in die Freiheitsrechte und der nach § 128 Abs. 1 StPO bestehenden Möglichkeit, dass Festgenommene erst am Tag nach der Festnahme dem Richter vorgeführt werden, erscheint es jedoch u. a. aufgrund der Kritik des CPT geboten, ein entsprechendes Benachrichtigungsrecht vorläufig Festgenommener gesetzlich zu verankern und damit verbindlich zu gewähren. Dies geschieht durch Aufnahme eines Verweises auf § 114c StPO-E in § 127 Abs. 4, in § 127b Abs. 1 Satz 2 und - für Festgehaltene - in § 163c Abs. 1 Satz 3 StPO-E. Festgehaltene haben schon bislang ein Benachrichtigungsrecht nach § 163c Abs. 2 StPO.

Die Möglichkeit der Benachrichtigung ist durch die Strafverfolgungsbehörden unverzüglich nach der Festnahme, d. h. ohne schuldhafte Verzögerung, zu gewähren. Hiermit wird im Vergleich mit der bisherigen Rechtslage klargestellt, dass dieses (für Verhaftete derzeit aus § 114b Abs. 2 StPO resultierende) Recht nicht etwa erst nach der Vorführung vor den Richter entsteht. Dies konnte bisher u. a. aufgrund der Gesetzessystematik (die Regelung des § 114b Abs. 2 StPO folgte derjenigen über die - erst nach der Vorführung entstehende - Benachrichtigungspflicht des Richters nach § 114b Abs. 1 StPO nach) eventuell anders verstanden werden (vgl. hierzu auch die Kommentierung von Boujong, a. a. O., Rn. 8, nach der die Entscheidung über die Benachrichtigung beim Richter liegen sollte).

Das Recht auf Benachrichtigung nach § 114c Abs. 1 StPO-E steht im Interesse einer wirksamen Strafrechtspflege - wie schon bisher - unter dem Vorbehalt, dass der Zweck der Untersuchung durch die Benachrichtigung nicht gefährdet wird. Nicht selten sind nach einer Festnahme noch verschiedene weitere Ermittlungsmaßnahmen erforderlich, deren Erfolg gefährdet sein könnte, wenn Festgenommene unmittelbar andere Personen von ihrer Festnahme informieren würden.

Zu § 114c Abs. 2 StPO-E

§ 114c Abs. 2 StPO-E übernimmt inhaltlich die von Artikel 104 Abs. 4 GG so vorgegebene und bisher in § 114b Abs. 1 StPO geregelte richterliche Benachrichtigungspflicht. Er stellt im Vergleich zum bisherigen Wortlaut im Interesse der Verständlichkeit lediglich klar, dass eine Pflicht zur Benachrichtigung dann nicht besteht, wenn die festgenommene Person nach der Vorführung vor den Richter nicht in Haft verbleibt, weil der Haftbefehl aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt wurde.

Zu § 114d StPO-E

Wie ausgeführt, besteht eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG seit der Föderalismusreform nur noch für "das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs)". Deshalb ist der bisher den Untersuchungshaftvollzug regelnde § 119 StPO neu zu fassen und werden die ihn näher ausgestaltenden Verwaltungsvorschriften der Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO) mittelfristig in Wegfall geraten. Der ganz überwiegende Inhalt der UVollzO, der die Aufgaben und Befugnisse der Vollzugsanstalt betrifft, ist künftig in Landesgesetzen zu regeln.

Dagegen sind diejenigen Teile, die z.B. Informationspflichten des Haftgerichts betreffen, in der Strafprozessordnung zu verankern, weil sie ein unmittelbarer Ausfluss der gerichtlichen Entscheidungen (insbesondere über den Erlass des Haftbefehls und die Anordnung von Beschränkungen) sind und sie deshalb noch dem gerichtlichen Verfahren als solchem und nicht dem Untersuchungshaftvollzug zuzurechnen sind. Die gegenüber der Vollzugsanstalt bestehenden Mitteilungspflichten sollen daher in einem neuen § 114d StPO einer Regelung zugeführt werden, wobei Absatz 1 die Pflichten des Gerichts und Absatz 2 diejenigen der Staatsanwaltschaft bestimmt. Als Standort der Neuregelung wurde § 114d StPO gewählt, weil dieser an die nach Erlass eines Haftbefehls bestehenden Bekanntgabe-, Belehrungs- und Benachrichtigungspflichten der §§ 114a bis 114c StPO-E anschließt.

Zu § 114d Abs. 1 StPO-E

Zu Absatz 1 Satz 1

Zunächst ist der zuständigen Vollzugsanstalt eine Abschrift des Haftbefehls zu übermitteln.

So erlangt sie Kenntnis von dem gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwurf und die bestehenden Haftgründe. Damit wird Nummer 15 Abs. 3 UVollzO in die Strafprozessordnung übernommen. Daneben erwähnt § 114d Abs. 1 Satz 1 StPO-E gemäß einer entsprechenden Forderung aus der Praxis auch das "Aufnahmeersuchen" (bislang Nummer 15 Abs. 1 UVollzO). Dieses ist zwar nicht Voraussetzung für die Aufnahme eines Beschuldigten in den Vollzug (das ist ausschließlich der Haftbefehl); seine Verwendung hat sich aber bewährt. Die inhaltliche Ausgestaltung des Aufnahmeersuchens bleibt der Praxis überlassen. Dabei empfiehlt es sich allerdings, die in Absatz 1 Satz 2 genannten Angaben in das Aufnahmeersuchen aufzunehmen.

Zu Absatz 1 Satz 2

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 1

Die Vollzugsanstalt ist ihrerseits nach § 114e StPO-E verpflichtet, dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Erkenntnisse mitzuteilen, die Anlass für durch diese Stellen vorzunehmende Maßnahmen geben können. Gerade auch weil hierbei Entscheidungen nicht selten sehr kurzfristig zu treffen sind, muss die Vollzugsanstalt jederzeit Kenntnis über die das Verfahren leitende Staatsanwaltschaft und das für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen nach § 126 StPO zuständige Gericht haben. Deshalb bestimmt § 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO-E, dass der Vollzugsanstalt die insoweit zuständigen Stellen mitzuteilen sind.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 2

§ 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO-E sieht vor, dass der Vollzugsanstalt diejenigen Personen mitzuteilen sind, die durch den Beschuldigten nach § 114c Abs. 1 StPO-E oder das Gericht nach § 114c Abs. 2 StPO-E von der Verhaftung benachrichtigt wurden. Die Mitteilung ist vor allem deshalb erforderlich, damit der Vollzugsanstalt insbesondere in Notfällen ein Angehöriger oder eine Vertrauensperson des Beschuldigten bekannt ist und weiter auch damit sie die Erforderlichkeit eventueller vom Beschuldigten gewünschter weiterer Benachrichtigungen prüfen kann. Die Bestimmung entspricht Nummer 15 Abs. 2 Satz 2 UVollzO.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 3

Die Ausführung der nach § 119 Abs. 1 StPO-E angeordneten Beschränkungen kann von dem Gericht auf die Staatsanwaltschaft übertragen werden. Diese kann sich bei der Ausführung der Hilfe der Vollzugsanstalt bedienen (§ 119 Abs. 2 Satz 2 StPO-E). Die Vollzugsanstalt hat darüber hinaus in eigener Zuständigkeit zu prüfen, welche (ergänzenden)

Beschränkungen aus vollzuglichen Gründen in Anwendung der künftigen Landesuntersuchungshaftvollzugsgesetze gegebenenfalls erforderlich sind (soweit sie nach dem Landesrecht zuständig ist, was in der Regel voraussichtlich der Fall sein wird). Um der Anstalt die Erfüllung dieser Aufgabe zu ermöglichen, bestimmt § 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StPO-E, dass ihr die für den Beschuldigten geltenden Beschränkungen sowie eine etwaige Übertragung der Ausführung auf die Staatsanwaltschaft mitzuteilen sind. Letzeres ist auch deshalb geboten, damit die Vollzugsanstalt erforderlichenfalls selbst Maßnahmen zur Ausführung der angeordneten Beschränkungen bei der zuständigen Stelle anregen kann. Weil das Gericht zudem die von ihm getroffenen Anordnungen selbst (ganz oder teilweise) ausführen kann, ist die Vollzugsanstalt auch über die insoweit getroffenen Entscheidungen und (faktischen) Maßnahmen zu informieren.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 4

Auch sonstige gerichtliche Entscheidungen können im Einzelfall für die Aufgabenerfüllung der Vollzugsanstalt erforderlich sein, z.B. wenn ein Haftprüfungsantrag ablehnend beschieden wird und die Entscheidung Ausführungen zu den von dem Beschuldigten ausgehenden Gefahren enthält. § 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StPO-E sieht für diesen Fall vor, dass die Vollzugsanstalt über die gerichtliche Entscheidung zu informieren ist. Zum Begriff der Erforderlichkeit vgl. die Ausführungen zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 7.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr.

§ 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StPO-E übernimmt den Inhalt von Nummer 7 Abs. 2 UVollzO, nach dem das Gericht der Vollzugsanstalt "den" Termin der Hauptverhandlung und deren Ergebnis mitzuteilen hat. Abgesehen davon, dass die Vollzugsanstalt die Vorführung der Beschuldigten einplanen muss, kann die Tatsache und insbesondere das Ergebnis einer Hauptverhandlung Auswirkungen auf die Beschuldigten und ihr Verhalten im Vollzug haben.

Ein aus Sicht des Beschuldigten negativer Verlauf der Hauptverhandlung kann z.B. zu depressiven oder aggressiven Verstimmungen führen. Die Vollzugsanstalt muss sich auch darauf einstellen können, so dass ihr solche Erkenntnisse mitzuteilen sind, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Zum Begriff der Erforderlichkeit vgl. wiederum die Ausführungen zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 7. Die Verwendung des Begriffs "Termine" statt "Termin" wie bisher in der Untersuchungshaftvollzugsordnung stellt lediglich eine sprachliche Klarstellung dar. Eine Hauptverhandlung gerade in Haftsachen wird sich häufig auf mehrere Termine erstrecken.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 6

Nach Eintritt der Rechtskraft eines auf eine freiheitsentziehende Maßnahme lautenden Urteils ist der Verurteilte so umgehend wie möglich dem Vollzug dieser Maßnahme zuzuführen.

Damit dies gewährleistet wird, bestimmt § 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StPO-E, dass das Gericht der Vollzugsanstalt den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Urteils unverzüglich mitzuteilen hat. Damit wird die entsprechende Bestimmung in Nummer 7 Abs. 2 UVollzO in die StPO übernommen.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 7

Die Vollzugsanstalt kann ihre Aufgabe, einen einerseits sicheren, andererseits aber auch den spezifischen Bedürfnissen der Gefangenen gerecht werdenden Vollzug zu gewährleisten, nur dann ordnungsgemäß erfüllen, wenn ihr die Erkenntnisse, die sich bei den Ermittlungen ergeben und die für Ihre Arbeit wesentlich sind, übermittelt werden. Deshalb regelt § 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 StPO-E, dass das Gericht entsprechende Daten mitzuteilen hat.

Derzeit sieht Nummer 7 Abs. 1 Satz 1 UVollzO vor, dass Gericht und Staatsanwaltschaft der Vollzugsanstalt "unverzüglich alle für die Persönlichkeit des Gefangenen und dessen Behandlung und Verwahrung bedeutsamen Umstände" mitteilen, die sich im Laufe des Verfahrens ergeben oder ändern. Dies soll nach dem dortigen Satz 2 "namentlich von Überhaft, Vorstrafen und weiteren schwebenden Strafverfahren" gelten. Zudem sieht Nummer 7 Abs. 1 Satz 4 und 5 UVollzO eine Unterrichtung über "Umstände, die auf besonderen Fluchtverdacht, auf die Gefahr gewalttätigen Verhaltens, des Selbstmordes oder der Selbstbeschädigung, auf gleichgeschlechtliche Neigungen oder auf seelische oder geistige Abartigkeiten hindeuten" sowie ansteckende Krankheiten vor. Die vorgenannten Fälle werden künftig von der allgemeiner gehaltenen Regelung des § 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 StPO-E erfasst, die sich bei der Nennung von Beispielen auf Erkenntnisse zur Persönlichkeit des Beschuldigten und zu weiteren relevanten Verfahren beschränkt.

Grund dafür ist, dass eine Aufzählung in Anbetracht dessen, dass Informationen verschiedenster Art für die Arbeit der Vollzugsanstalt von Bedeutung sein können, ohnehin nie vollständig sein kann. So ist für deren Arbeit über die von Nummer 7 UVollzO erwähnten Fälle hinaus z.B. auch von Bedeutung, ob dem Gefangenen von anderen Personen, insbesondere Mitgefangenen, Racheakte oder Erpressungsversuche drohen. Zu übermitteln sind die für die Erfüllung der Aufgaben der Vollzugsanstalt "erforderlichen" Daten. Der Begriff der Erforderlichkeit ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu konkretisieren. Die Übermittlung der Daten ist nicht erst dann "erforderlich", wenn feststeht, dass die für den Empfang der Daten vorgesehene Stelle ihre Aufgaben anderenfalls nicht, nicht ordnungsgemäß oder nicht rechtzeitig erfüllen kann. Die Kenntnis der Daten muss mit anderen Worten nicht conditio sine qua non für die Aufgabenerfüllung sein. Vielmehr genügt es, wenn die Aufgabenerfüllung durch die Datenübermittlung nicht nur unwesentlich gefördert wird. In Betracht kommen beispielsweise auch frühere Berichte der Bewährungshilfe und in dem anhängigen bzw. in einem früheren Strafverfahren erstellte psychologische Gutachten über den Beschuldigten.

Zu betonen ist, dass diese Bestimmung keine Ermittlungspflicht des Gerichts begründet.

Mitzuteilen sind also nur vorhandene Daten.

Zu Absatz 1 Satz 3

Weil für die Aufgabenerfüllung der Vollzugsanstalten auch Änderungen z.B. des Inhalts des Haftbefehls, einer in § 114d Abs. 1 Satz 2 StPO-E erwähnten Zuständigkeit oder bei Erkenntnissen nach § 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 StPO-E von Bedeutung sein können, stellt § 114d Abs. 1 Satz 3 StPO-E klar, dass solche ebenfalls mitzuteilen sind.

Zu Absatz 1 Satz 4

Die Vornahme der in § 114d Abs. 1 Satz 1 bis 3 StPO-E vorgesehenen Mitteilungen wurde als gerichtliche Pflicht ausgestaltet, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Übermittlungen auch tatsächlich erfolgen. Allerdings wird es nicht selten der Fall sein, dass eine Information der Vollzugsanstalt einfacher oder zeitnäher durch die Staatsanwaltschaft erfolgen kann. Für diesen Fall fordert § 114d Abs. 2 StPO-E die Staatsanwaltschaft ausdrücklich auf, der Vollzugsanstalt Mitteilungen unmittelbar zukommen zu lassen. Insbesondere in diesem Fall, aber auch dann, wenn die Vollzugsanstalt auf sonstigem Wege von bestimmten Inhalten bereits Kenntnis hat, entfällt die Mitteilungspflicht gemäß § 114d Abs. 1 Satz 4 StPO-E.

Zu § 114d Abs. 2 StPO-E

§ 114d Abs. 2 StPO-E betrifft die Aufgaben der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Übermittlung von Informationen an die Vollzugsanstalt.

Auch die Untersuchungshaftvollzugsordnung geht von eigenständigen Mitteilungspflichten der Staatsanwaltschaft aus (Überschrift von Nummer 7 UVollzO: "Mitteilungen des Richters und Staatsanwalts"), wobei sie diese Pflichten allgemein ohne Differenzierung beiden Rechtspflegeorganen zuweist. Der Entwurf zu § 114d StPO unterscheidet hingegen zwischen den Pflichten des Gerichts einerseits und denen der Staatsanwaltschaft andererseits.

Damit soll sichergestellt werden, dass die erforderlichen Informationen auch tatsächlich übermittelt werden.

Zu Absatz 2 Satz 1

§ 114d Abs. 2 Satz 1 StPO-E bestimmt, dass die Staatsanwaltschaft das Gericht bei der Erfüllung seiner Informationspflichten nach Absatz 1 unterstützt und insoweit insbesondere verpflichtet ist, Daten zur Person des Beschuldigten nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 - ohne Zwischenschaltung des Gerichts - der Anstalt zu übermitteln. Dahinter steht die Überlegung, dass die Staatsanwaltschaft nach Erlass und Verkündung des Haftbefehls aus den fortlaufenden Ermittlungen häufig weitergehende vollzugsrelevante Informationen über den Beschuldigten erlangen wird. Diese sollen der Vollzugsanstalt direkt, ohne Verzögerung und Gefahr des Verlorengehens, übermittelt werden. Da die Ausführung von beschränkenden Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO-E gemäß § 119 Abs. 2 Satz 2 StPO-E vom Gericht auf die Staatsanwaltschaft übertragen werden kann, ist die Vollzugsanstalt von der Staatsanwaltschaft zudem über Entscheidungen und sonstige Maßnahmen nach § 119 Abs. 2 StPO-E zu informieren. Hat die Staatsanwaltschaft die Ausführung ganz oder teilweise an ihre Ermittlungspersonen delegiert, ist die Vollzugsanstalt auch über die von den Ermittlungspersonen getroffenen Maßnahmen von der Staatsanwaltschaft in Kenntnis zu setzen. Zu informieren ist die Vollzugsanstalt aber auch über von der Staatsanwaltschaft in Ausübung der Eilkompetenz nach § 119 Abs. 1 Satz 4 StPO-E selbst angeordnete Beschränkungen.

Zu Absatz 2 Satz 2

Nach § 114d Abs. 2 Satz 2 StPO-E übermittelt die Staatsanwaltschaft der Vollzugsanstalt eine Ausfertigung der Anklageschrift. Die Regelung entspricht Nummer 7 Abs. 2 UVollzO.

Mit der Anklageerhebung ist häufig eine Veränderung der gerichtlichen Zuständigkeit für die weiteren Entscheidungen im Zusammenhang mit der Untersuchungshaft verbunden ( § 126 StPO). Hinzu kommt, dass die tatsächliche und rechtliche Würdigung in der Anklageschrift von jener im Haftbefehl abweichen kann. Das ist auch für den Untersuchungshaftvollzug von Bedeutung. Außerdem ist dem Ermittlungsrichter die Anklageerhebung mitzuteilen. Damit wird die bisherige Praxis festgeschrieben. Mit der Erhebung der öffentlichen Klage geht die Zuständigkeit gemäß § 126 StPO vom Ermittlungsrichter auf das mit der Sache befasste Gericht über. Es ist daher sinnvoll, den Ermittlungsrichter über die Anklageerhebung zu informieren.

Zu § 114e StPO-E

Die Frage, in welchem Umfang die Vollzugsanstalten den Strafverfolgungsbehörden Mitteilung von Erkenntnissen zu machen haben, die ihr beim Vollzug des Untersuchungshaftvollzugs bekannt werden und die von strafverfahrensrechtlicher Bedeutung sind, ist einer Regelung in der Strafprozessordnung zuzuführen. Zwar handelt es sich um im Untersuchungshaftvollzug gewonnene Erkenntnisse, so dass man argumentieren könnte, dass sie dem (nunmehr in die Zuständigkeit der Länder fallenden) Recht des Untersuchungshaftvollzugs zuzurechnen sind. Unabhängig davon sind sie jedoch jedenfalls auch dem (sonstigen, nach Herausnahme des Rechts des Untersuchungshaftvollzugs noch in der Kompetenz des Bundes verbliebenen Teil) gerichtlichen Verfahren zuzurechnen, weil es sich um solche Erkenntnisse handelt, die unmittelbar in einem anhängigen strafrechtlichen Verfahren Verwendung finden sollen. Der Bundesgesetzgeber kann daher insbesondere regeln unter welchen Voraussetzungen bestimmte Personen oder Stellen verpflichtet sein sollen, für die Frage der strafrechtlichen Schuld einer Person bedeutsame Umstände mitzuteilen. Soweit die Mitteilungspflicht nicht nur für die Schuldfrage bedeutsame Umstände erfasst, sondern auch solche, die für andere in einem anhängigen strafrechtlichen Verfahren zu treffende Entscheidungen (z.B. über die Aufrechterhaltung des Haftbefehls oder die Erforderlichkeit von Beschränkungen) von Bedeutung sein können, dienen auch diese der Durchführung des in die Kompetenz des Bundes fallenden gerichtlichen Verfahrens, in dem die Vollzugsanstalten die Strafverfolgungsbehörden zu unterstützen haben.

Die der Vollzugsanstalt obliegenden Mitteilungspflichten sollen daher in einem neuen § 114e StPO einer Regelung zugeführt werden. Als Standort der Neuregelung wurde § 114e StPO-E gewählt, weil dieser an die nach Erlass eines Haftbefehls bestehenden Unterrichtungspflichten des Gerichts und der Staatsanwaltschaft gegenüber der Vollzugsanstalt nach § 114d StPO-E anschließt.

Derzeit sieht Nummer 8 UVollzO vor, dass der Anstaltsleiter den nach Nummer 2 UVollzO zuständigen Richter oder den nach Nummer 3 UVollzO zuständigen Staatsanwalt "von allen für die Durchführung des Strafverfahrens bedeutsamen Maßnahmen, Wahrnehmungen und anderen wichtigen Umständen, die den Gefangenen betreffen" zu verständigen hat.

Zu Satz 1

Die Formulierung von § 114e Satz 1 StPO-E lehnt sich an den bisherigen Wortlaut von Nummer 8 UVollzO an. Allerdings ist entsprechend Forderungen aus der Praxis nunmehr vorgesehen dass die Übermittlung der Erkenntnisse an das Gericht und die Staatsanwaltschaft erfolgen soll, weil die zu übermittelnden Informationen sowohl für die Staatsanwaltschaft als auch für das Gericht von Bedeutung sein können, ohne dass dies aus Sicht der Vollzugsanstalt immer sicher zu beurteilen ist. Durch die Übermittlung an beide Stellen wird sichergestellt, dass Informationen auch dort ankommen, wo sie benötigt werden.

Der nun verwendete Begriff der Erkenntnisse ist allgemeiner und umfasst die in der Untersuchungshaftvollzugsordnung bislang aufgezählten "Maßnahmen, Wahrnehmungen und anderen wichtigen Umstände", allerdings nur, soweit ihre Kenntnis aus Sicht der Vollzugsanstalt für die Erfüllung der Aufgaben der Empfänger, d. h. für die Durchführung des anhängigen Strafverfahrens, von Bedeutung ist. Die jetzt gewählte Formulierung trägt der Forderung der Praxis nach einer auch für die Justizvollzugsbediensteten (die Adressaten der Bestimmung sind) verständlichen Regelung Rechnung. Das Bundesministerium der Justiz hatte insoweit zunächst eine Regelung entsprechend § 114d Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 StPO-E ("Daten, deren Kenntnis für das gegen den Beschuldigten anhängige Verfahren erforderlich ist ...") vorgesehen. Dagegen ist nachvollziehbar eingewandt worden, dass eine solche Regelung nicht verständlich sei und die Bediensteten der Vollzugsanstalten zudem nicht wissen könnten, welche "Daten" im Einzelfall "erforderlich" seien und welche nicht.

Um vermeidbare Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und überflüssigen Aufwand zu vermeiden, wird klargestellt, dass den Gerichten und Staatsanwaltschaften nur ihnen bislang nicht bekannte Erkenntnisse mitzuteilen sind.

Zu Satz 2

§ 114e Satz 2 StPO-E stellt klar, dass anderweitige Mitteilungspflichten der Vollzugsanstalt, etwa nach den (künftig zu erwartenden) Landesgesetzen über den Vollzug von Untersuchungshaft, unberührt bleiben.

Zu Nummer 3 (§ 115 StPO-E)

Die bestehende Belehrungspflicht nach § 115 Abs. 4 StPO bei Vollzug des Untersuchungshaftbefehls nach Vorführung vor den Richter wird erweitert. Bislang sind Beschuldigte vor allem über das Recht, Beschwerde (gegen den Haftbefehl) einlegen sowie (mündliche) Haftprüfung beantragen zu können, zu belehren. Künftig erstreckt sich die Belehrungspflicht auch auf das Recht zur Beschwerde gemäß §§ 304 ff. StPO gegen gerichtliche Entscheidungen (der Amts- und Landgerichte) nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO-E sowie auf das Recht, im Falle der Unstatthaftigkeit der Beschwerde gegen Entscheidungen und sonstige (faktische) Maßnahmen nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO-E gerichtliche Entscheidung nach § 119 Abs. 5 StPO-E beantragen zu können. Mit letzterem sind einerseits die Fälle gemeint, in denen beispielsweise die Staatsanwaltschaft eine Eilanordnung nach § 119 Abs. 1 Satz 4 StPO-E trifft oder ihre Ermittlungspersonen nach § 119 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 7 StPO-E einen Besuch oder ein Telefonat des Beschuldigten beenden. Erfasst werden von § 119 Abs. 5 StPO-E wegen des sich aus § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1, Abs. 5 StPO ergebenden Ausschlusses der Beschwerde aber auch Entscheidungen der Oberlandesgerichte und des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO-E (vgl. im Einzelnen die Ausführungen zu § 119 Abs. 5 StPO-E, unten). Schließlich sind die Beschuldigten auch darüber zu belehren, dass sie gegen vollzugliche Entscheidungen und Maßnahmen in Anwendung der künftigen Landesgesetze über den Untersuchungshaftvollzug gerichtliche Entscheidung nach § 119a StPO-E beantragen können.

Diese Erweiterung der Belehrungspflichten wird gesetzestechnisch dadurch erreicht, dass der Klammerzusatz zu den "anderen Rechtsbehelfen" künftig auch die Bestimmungen des § 119 Abs. 5 sowie des § 119a Abs. 1 StPO-E aufführt. Zugleich wird damit dem bislang ausschließlich als "Haftbeschwerde" (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, § 115, Rn. 13, § 117, Rn. 8) verstandenen Begriff der Beschwerde in § 115 Abs. 4 StPO ein neuer erweiterter, Sinn beigemessen. § 304 Abs. 4 und 5 StPO und der daraus resultierende Ausschluss der Beschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte und des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO-E bleibt allerdings unberührt, was klarzustellen ist. Die Erweiterung der Belehrungspflichten ist in § 115 Abs. 4 StPO aufzunehmen, weil die Belehrung nur dann Sinn macht, wenn das Gericht den Haftbefehl überhaupt aufrechterhält.

Erfolgt nur eine vorläufige Festnahme und wird sodann ein Haftbefehl erlassen, ist § 115 Abs. 4 StPO-E über § 128 Abs. 2 Satz 3 StPO anwendbar. Gleiches gilt über § 115a Abs. 3 Satz 2 StPO, falls der aufgrund eines Haftbefehls Festgenommene dem "nächsten" Amtsgericht vorzuführen ist und dieses den Haftbefehl aufrechterhält.

Die in § 115 Abs. 1 und Abs. 2 StPO vorgenommenen Änderungen dienen der Verwirklichung des Ziels einer geschlechtsneutralen Gesetzessprache.

Zu Nummer 4 (§ 116b StPO-E)

Mit der neuen Vorschrift des § 116b StPO wird das gesetzlich bisher nur in Teilbereichen geregelte Verhältnis der Vollstreckung der Untersuchungshaft zur Vollstreckung anderer freiheitsentziehender Maßnahmen einer Regelung in der Strafprozessordnung zugeführt.

Soweit im Zeitpunkt der Anordnung von Untersuchungshaft gegen einen Beschuldigten bereits eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird, wird diese Vollstreckung derzeit - mangels entgegenstehender Regelungen - in aller Regel fortgesetzt (in diesem Fall bestimmte bisher § 122 Abs. 1 StVollzG für die Vollstreckung von Freiheitsstrafe, dass der Gefangene im Strafvollzug zusätzlich den Beschränkungen seiner Freiheit unterliegt die der Zweck der Untersuchungshaft erfordert). Nur wenn die zur Erreichung des Zwecks der Untersuchungshaft erforderlichen Maßnahmen nach Auffassung der Vollstreckungsbehörde im Rahmen der Organisation des Strafvollzugs nicht sicherzustellen sind kann diese die Vollstreckung nach § 455a StPO unterbrechen. In dem Fall, in dem Strafvollstreckung und Untersuchungshaft gleichzeitig zum Vollzug anstehen, dürfte in der Praxis zur Zeit in aller Regel durch die Strafvollstreckungsbehörde die Strafvollstreckung eingeleitet werden, ohne dass insoweit eine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht.

Die Möglichkeit der Unterbrechung einer laufenden Untersuchungshaft zum Zwecke der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe bzw. einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung ist derzeit in Nummer 92 Abs. 1 bzw. 5 UVollzO als "Kann"-Regelung ausgestaltet. Bei der Untersuchungshaftvollzugsordnung handelt es sich allerdings lediglich um eine von den Landesjustizverwaltungen vereinbarte Verwaltungsanordnung, deren Ablösung durch Landesgesetze zum Untersuchungshaftvollzug absehbar ist, nachdem den Ländern durch die im Zuge der Föderalismusreform erfolgte Änderung des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 1 GG die Gesetzgebungskompetenz für den Vollzug der Untersuchungshaft übertragen wurde. Da die Entscheidung über eine Unterbrechung der Untersuchungshaft anders als der überwiegende Inhalt der Untersuchungshaftvollzugsordnung nicht das nunmehr in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallende "Wie" des Untersuchungshaftvollzugs betrifft sondern das im Rahmen der Zuständigkeit für das gerichtliche Verfahren in der Kompetenz des Bundes verbliebene "Ob" des Untersuchungshaftvollzugs, ist die Regelung in ein Bundesgesetz zu überführen.

Bei der Neuregelung erschien es angebracht, die bisher unterschiedlich und teilweise nicht ausdrücklich geregelten Voraussetzungen, unter denen die Vollstreckung der Untersuchungshaft gegenüber der Vollstreckung einer bereits laufenden oder gleichzeitig anstehenden freiheitsentziehenden Maßnahme bzw. gegenüber der Vollstreckung einer sich erst im Laufe der Untersuchungshaft ergebenden Freiheitsentziehung zurücktritt, einheitlich und klar zu regeln. Gründe für eine unterschiedliche Sachbehandlung sind nicht erkennbar.

Im Ergebnis stellt die Neuregelung sicher, dass Untersuchungshaft nur dann vollstreckt wird, wenn dies unabdingbar ist. Damit trägt sie nicht nur den Freiheitsrechten der Beschuldigten Rechnung, sondern führt auch zu einer Entlastung der Haftanstalten, ohne dass dadurch die Zwecke des Strafverfahrens beeinträchtigt würden. Als Standort innerhalb der Strafprozessordnung wurde der Anschluss an die die Aussetzung des Untersuchungshaftvollzugs regelnden Vorschriften der §§ 116, 116a StPO gewählt.

Als Untersuchungshaft im Sinne des § 116b StPO-E gilt nicht nur die Haft aufgrund eines nach den §§ 112, 112a StPO erlassenen Haftbefehls, sondern auch die Hauptverhandlungshaft nach § 127b StPO und die Haft aufgrund von Haftbefehlen nach § 230 Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 und § 412 Satz 1 StPO.

Zu unterscheiden ist zwischen dem Verhältnis der Vollstreckung von Untersuchungshaft zur Vollstreckung von Auslieferungs-, vorläufiger Auslieferungs-, Abschiebungs- und Zurückweisungshaft einerseits und dem Verhältnis zur Vollstreckung von sonstigen freiheitsentziehenden Maßnahmen andererseits.

Zu Satz 1

Untersuchungshaft ist zur Sicherstellung der innerstaatlichen Strafverfolgung immer dann vorrangig zu vollstrecken, wenn es um das Verhältnis zu der Vollstreckung von Auslieferungshaft und vorläufiger Auslieferungshaft (§§ 15, 16 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen [IRG]), zur Abschiebungshaft ( § 62 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), auch in Verbindung mit § 57 Abs. 3 AufenthG) und zur Zurückweisungshaft (§ 15 Abs. 5 AufenthG) geht. § 116b Satz 1 StPO-E legt dies fest.

Zu Satz 2

Im Übrigen räumt die Neuregelung in § 116b Satz 2 StPO-E der Vollstreckung anderer freiheitsentziehender Maßnahmen (die der Gefangene in jedem Fall verbüßen muss) grundsätzlich den Vorrang vor der Untersuchungshaft ein. Denn Untersuchungsgefangene gelten bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig. Es ist im Zeitpunkt der Anordnung der Untersuchungshaft nicht abzusehen, ob sie in dem der Untersuchungshaft zugrunde liegenden Verfahren tatsächlich eine Freiheitsstrafe zu verbüßen haben werden.

Als andere freiheitsentziehende Maßnahmen im Sinne des § 116b Satz 2 StPO-E kommen vor allem in Betracht:

Der Vorrang der strafrechtlichen Sicherungshaft vor der Untersuchungshaft ergibt sich daraus dass bei ihr die Wahrscheinlichkeit, dass letztlich Freiheitsstrafe zu verbüßen ist, in der Regel höher als bei der Untersuchungshaft ist.

Im Verhältnis von Einstweiliger Unterbringung zu Untersuchungshaft ist von Bedeutung, dass im Rahmen der Unterbringung besser auf die in diesen Fällen regelmäßig bestehenden besonderen Bedürfnisse des Beschuldigten eingegangen werden kann.

Ausnahmen von dem Grundsatz des Vorrangs anderer freiheitsentziehender Maßnahmen vor der Vollstreckung der Untersuchungshaft sind in Anbetracht der für Beschuldigte mit einer Vollstreckung der Untersuchungshaft möglicherweise verbundenen schwerwiegenden Folge, dass ihnen in einem Verfahren die Freiheit entzogen wird, in dem es nicht zu einer rechtskräftigen freiheitsentziehenden Verurteilung gegen sie kommt, nach § 116b Satz 2 StPO-E nur dann zulässig, wenn die Abwehr der die Anordnung der Untersuchungshaft begründenden Gefahren (insbesondere einer von dem Beschuldigten ausgehenden besonderen Verdunkelungsgefahr) im organisatorischen Rahmen einer offener als eine Untersuchungshaftanstalt/-abteilung organisierten Anstalt auch bei erheblicher Anstrengung mit angemessenen Mitteln nicht zu gewährleisten ist. Dies wird insbesondere bei einer Jugendarrestanstalt häufig der Fall sein. Vor der Anordnung der Vollstreckung der Untersuchungshaft wird allerdings als milderes Mittel stets zu prüfen sein, ob die Möglichkeit der Vollstreckung der anderen freiheitsentziehenden Maßnahme in einer Untersuchungshaftanstalt besteht.

In Anbetracht ihrer Bedeutung ist für die Entscheidung über eine Abweichung von dem Grundsatz des Vorrangs der Vollstreckung der anderen freiheitsentziehenden Maßnahmen vor der Untersuchungshaft in den Fällen des § 116b Satz 2 StPO-E eine gerichtliche Zuständigkeit vorzusehen. Zuständig ist das Haftgericht nach § 126 Abs. 1 StPO-E. Das ist sachlich geboten, weil der Haftrichter auch entscheidet, welche Beschränkungen nach § 119 StPO-E geboten sind. Er kann daher am besten beurteilen, ob der Zweck der Untersuchungshaft auch im Rahmen der Vollstreckung einer anderen freiheitsentziehenden Maßnahme erreicht werden kann oder ob die Vollstreckung der Untersuchungshaft geboten ist.

§ 116b StPO-E stellt sich im Verhältnis zu § 455a StPO als lex specialis dar. Die Unterbrechung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zum Zwecke der Vollstreckung von Untersuchungshaft setzt künftig immer eine richterliche Anordnung voraus.

Zu Nummer 5 (§§ 119, 119a StPO-E)

§ 119 StPO-E verhält sich vor allem über die Beschränkungen, die inhaftierten Beschuldigten zur Umsetzung der Untersuchungshaftzwecke auferlegt werden dürfen. § 119a StPO-E betrifft die Anfechtbarkeit von Entscheidungen und Maßnahmen der Vollzugsanstalt in Anwendung der künftigen Landesgesetze über den Untersuchungshaftvollzug.

Zu § 119 StPO-E

Wie oben (Begründung A. I.) im Einzelnen ausgeführt, ist die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht des Untersuchungshaftvollzugs mit der Föderalismusreform auf die Länder übergegangen. Die - konkurrierende - Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG besteht seitdem nur noch für "das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs)". Deshalb werden erhebliche Teile des derzeit den Vollzug der Untersuchungshaft regelnden § 119 StPO sowie der ihn ergänzenden Untersuchungshaftvollzugsordnung zukünftig in Landesgesetzen zu regeln sein.

Die in der Kompetenz des Bundes verbliebenen Inhalte sollen im vorliegenden § 119 StPO-E neu gefasst werden. Die Untersuchungshaftvollzugsordnung, die als Verwaltungsanordnung der Länder ohnehin nur bedingt geeignet war, eine Ausgestaltung der bisher nach § 119 Abs. 6 Satz 1 StPO dem Richter vorbehaltenen Entscheidungen vorzunehmen (und deren Ablösung durch ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz deshalb schon seit längerem diskutiert wird), dürfte künftig in Wegfall geraten.

In die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fällt noch die derzeit in § 119 Abs. 3 Alternative 1 StPO geregelte Anordnung solcher Beschränkungen, die zur Erreichung des Zwecks der Untersuchungshaft erforderlich sind. Der Zweck der Untersuchungshaft liegt im Fall eines Haftgrundes nach § 112 Abs. 2 StPO - Flucht- oder Verdunkelungsgefahr - in der ordnungsgemäßen Durchführung des Strafverfahrens und im Fall des Haftgrundes nach § 112a Abs. 1 StPO - Wiederholungsgefahr - in der Abwehr erheblicher Gefahren für bedeutende Rechtsgüter. Ebenso wie die Anordnung der Freiheitsentziehung selbst rechtfertigen sich die über sie hinausgehenden Beschränkungen, die zur Erreichung des Zwecks der Untersuchungshaft erforderlich sind, eben gerade aus diesem Zweck. Sie gehören somit zum gerichtlichen Verfahren im Sinne von Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.

Demgegenüber liegt die Gesetzgebungskompetenz für die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit in der Vollzugsanstalt nunmehr bei den Ländern. Derzeit sind die diesbezüglichen Beschränkungen noch in § 119 Abs. 3 Alternative 2 StPO geregelt.

Die einzelnen Beschränkungen werden künftig voraussichtlich sowohl Gegenstand der Strafprozessordnung als auch von Landesgesetzen über den Vollzug von Untersuchungshaft sein. In der Strafprozessordnung sind die Voraussetzungen für die Anordnung von Beschränkungen aus strafverfahrensrechtlichen und in den Landesgesetzen die Voraussetzungen für die Anordnung von Beschränkungen aus vollzuglichen Gründen festzulegen.

Eine gewisse Überschneidung der Regelung in § 119 StPO-E mit den künftigen Landesgesetzen über den Vollzug der Untersuchungshaft in Randbereichen ist dabei unvermeidbare Konsequenz der durch die Föderalismusreform in Artikel 74 GG getroffenen Kompetenzzuweisung. So werden die Länder voraussichtlich beispielsweise Regeln über die Fesselung zur Verhinderung einer Entweichung des Beschuldigten aus der Untersuchungshaftanstalt treffen. Derartige Vorschriften der Länder rechtfertigen sich aus der Aufgabe des Untersuchungshaftvollzuges. Zugleich ist durch eine drohende Entweichung des Beschuldigten aber auch der Untersuchungshaftgrund "Fluchtgefahr" und damit die Gesetzgebungskompetenz des Bundes berührt. Dieser kann folglich ebenfalls Regelungen zu dieser Frage treffen. § 119 Abs. 1 Satz 1 StPO-E lässt daher auch eine Fesselungsanordnung seitens des nach § 126 zuständigen Gerichts zu. Probleme für die Praxis werden sich daraus nicht ergeben: Trifft der Richter eine Fesselungsanordnung, ist diese von der Vollzugsanstalt zu beachten. Trifft der Richter eine solche Anordnung nicht, bleibt es der - nach den künftigen Landesuntersuchungshaftvollzugsgesetzen voraussichtlich jedenfalls in der Regel zuständigen - Anstalt überlassen, gegebenenfalls selbst die Fesselung für den Vollzug nach dem Landesgesetz anzuordnen, falls die Voraussetzungen nach dem Landesgesetz dafür vorliegen sollten. Im Gerichtssaal kann das Gericht im Rahmen seiner sitzungspolizeilichen Befugnisse nach § 176 GVG weiterhin jederzeit aufgrund einer Anordnung der Vollzugsanstalt gefesselt vorgeführte Beschuldigte von den Fesseln befreien lassen.

§ 119 StPO-E gilt nicht nur für die Untersuchungshaft aufgrund eines nach den §§ 112, 112a StPO erlassenen Haftbefehls, sondern auch für die Hauptverhandlungshaft nach § 127b StPO sowie für die Haft aufgrund von Haftbefehlen nach § 230 Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 und § 412 Satz 1 StPO. Für die vorläufige Unterbringung ergibt sich die Anwendbarkeit der Bestimmung aus § 126a Abs. 2 Satz 1 StPO-E, für die Sicherungshaft aus § 453c Abs. 2 Satz 2 StPO-E und für die Haft bei erwarteter Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus § 275a Abs. 5 Satz 4 StPO-E.

Zu § 119 Abs. 1 StPO-E

§ 119 Abs. 1 StPO-E präzisiert die bisherige Regelung des § 119 Abs. 3 Alternative 1 StPO, nach der den in Untersuchungshaft befindlichen Beschuldigten solche über die reine Freiheitsentziehung hinausgehende Beschränkungen auferlegt werden können, die der Zweck der Untersuchungshaft erfordert. Anders als die derzeitige Norm des § 119 Abs. 3 StPO benennt er dabei jedoch zur Klarstellung die zulässigen Zwecke der Untersuchungshaft (die Verhinderung von Flucht, Verdunkelungshandlungen und Wiederholungstaten) ausdrücklich. Eine sachliche Erweiterung oder Einschränkung der Kompetenzen ist damit nicht verbunden. Durch die gewählte Formulierung stellt § 119 StPO-E deutlicher als bisher heraus, dass - entsprechend der derzeit schon geübten und vom Bundesverfassungsgericht für zulässig erachteten Praxis - die Anordnung von Beschränkungen nicht nur auf den oder die im Haftbefehl ausdrücklich genannten Haftgründe gestützt werden kann sondern auch zur Abwehr aller anderen Gefahren in Betracht kommt, denen durch die Anordnung der Untersuchungshaft begegnet werden soll. Im Hinblick auf Wiederholungsgefahren gilt dies schon deshalb, weil der Haftbefehl nur dann auf § 112a Abs. 2 StPO gestützt werden darf, wenn ein Haftgrund nach § 112 StPO nicht vorliegt. In diesen Fällen muss es daher grundsätzlich möglich sein, Beschränkungen auch auf die Aspekte der Flucht- oder Verdunkelungsgefahr zu stützen, wenn sich solche Gesichtspunkte später herausstellen. Letzteres muss im Ergebnis auch dann gelten, wenn (nur) einer der in § 112 Abs. 2 StPO enthaltenen Haftgründe der Flucht- oder Verdunkelungsgefahr im Haftbefehl ausdrücklich genannt ist. Das Gericht muss nicht alle möglicherweise relevanten Gründe im Haftbefehl aufführen, wenn zweifelhaft ist, ob die Voraussetzungen des einen Haftgrundes gegeben sind, jedoch klar ist, dass die eines anderen fraglos erfüllt sind. Zudem können sich immer weitere Haftgründe auch im Laufe eines Verfahrens ergeben, ohne dass es erforderlich und praktikabel wäre, den Haftbefehl bei jeder Veränderung neu zu fassen.

Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die zu treffenden Anordnungen weist der Entwurf dem nach § 126 StPO zuständigen Gericht zu. Bei seiner Entscheidung über Beschränkungen hat das Gericht stets auch die Unschuldsvermutung und die schutzwürdigen Interessen der Beschuldigten zu berücksichtigen.

Zu betonen ist nochmals, dass neben den beschränkenden Anordnungen des Gerichts nach der Strafprozessordnung auch (gegebenenfalls weitergehende) Beschränkungen nach den künftigen Landesgesetzen über den Untersuchungshaftvollzug angeordnet werden können (im Regelfall wohl durch die Vollzugsanstalt).

Zu Absatz 1 Satz 1

Auch wenn schon bisher nach dem Wortlaut des § 119 Abs. 3 StPO jede einzelne Beschränkung einer ausdrücklichen Anordnung bedurfte, so war nach der UVollzO - wie gesagt einer bloßen Verwaltungsanordnung - eine standardmäßige Geltung bestimmter Beschränkungen vorgesehen. So sah z.B. Nummer 30 Abs. 1 UVollzO vor, dass "der Schriftwechsel des Gefangenen ... überwacht" wird. Nach Nummer 24 Abs. 1 UVollzO durfte der Gefangene (nur) "mit Zustimmung des Richters ... Besuche empfangen".

§ 119 Abs. 1 Satz 1 StPO-E sieht dagegen keine standardmäßige Geltung von Beschränkungen vor sondern legt fest, dass jede Beschränkung ausdrücklich angeordnet werden muss. Durch die jetzt vorgeschlagene Regelung soll erreicht werden, dass in jedem Einzelfall jede Beschränkung von dem Haftgericht auf ihre konkrete Erforderlichkeit geprüft und begründet wird ( § 34 StPO). Dies trägt der Unschuldsvermutung Rechnung, nach der jeder Untersuchungsgefangene als unschuldig gilt, weshalb jede Beschränkung seiner Freiheit einer besonderen, im Einzelfall zu begründenden, Rechtfertigung bedarf. Sie berücksichtigt zudem dass die in Betracht kommenden Beschränkungen zum Teil mit ganz erheblichen Einschränkungen der Grundrechte des Beschuldigten verbunden sind. Wenn auch für die Anordnung bestimmter Beschränkungen (wie z.B. der Überwachung der Kommunikation) häufiger Anlass bestehen wird als für andere, so sind auch durchaus Fälle denkbar, in denen jedenfalls die Zwecke der Untersuchungshaft diese Beschränkungen nicht rechtfertigen.

Mit der vorgesehenen Regelung wird zugleich das Ergebnis der Praxisbeteiligung zum vorangegangenen Referentenentwurf umgesetzt. Seitens des Bundesministeriums der Justiz waren zunächst entsprechend der Untersuchungshaftvollzugsordnung bestimmte standardmäßig anzuordnende Beschränkungen, mit der Möglichkeit, davon im Einzelfall abzusehen erwogen worden. Diese sahen beispielsweise für den Regelfall die Überwachung der Kommunikation (Telekommunikation, Schriftwechsel, Besuche) der Gefangenen nach außen vor. In der über die Länder erfolgten Praxisbeteiligung hat sich jedoch herausgestellt dass häufig ein Bedürfnis für solche Standardanordnungen (oder gar für unmittelbar kraft Gesetzes geltende Beschränkungen) nicht gesehen wird. Der Vorschlag, Telekommunikation und Besuche aufgrund einer Standardanordnung des Haftgerichts regelmäßig überwachen zu lassen, ist zum Teil als "überzogen" bewertet worden. Eine "differenzierte Behandlung der Gefangenen im Bereich der Untersuchungshaft" sei aus grundrechtlichen Erwägungen unabdingbar. Gerade während der Untersuchungshaft sei die Kommunikation mit der Außenwelt "immens wichtig". Die ihnen auferlegten Beschränkungen beinhalteten für viele Gefangene eine "erhebliche psychische Belastung". Die regelhafte Überwachung der Außenkontakte wie auch die weiteren zunächst vorgesehenen Standardbeschränkungen seien "in vielen Fällen" auch praktisch nicht erforderlich. So werde "die Flucht oder die Wiederholung von Straftaten im Strafvollzug tagtäglich erfolgreich verhindert ohne dass standardmäßig z.B. eine akustische Überwachung der Besuche und der Telefonate der Gefangenen stattfinde". Ein Land hat in diesem Zusammenhang sogar mitgeteilt, dass die Telekommunikation der Gefangenen auch in der Untersuchungshaft grundsätzlich nicht überwacht werde.

Zu Absatz 1 Satz 2

Während § 119 StPO (mit Ausnahme der in § 119 Abs. 5 StPO geregelten Fesselung) die einzelnen möglichen Beschränkungen nicht näher konkretisierte, enthält § 119 Abs. 1

Satz 2 StPO-E nunmehr einen Katalog aller häufiger in Betracht kommenden Beschränkungen, der allerdings nicht abschließend ist. Denn aufgrund der Vielschichtigkeit der im Einzelfall denkbaren Gefahren ist es erforderlich, dass auf diese flexibel reagiert werden kann und auch speziell auf sie zugeschnittene, im Katalog des § 119 Abs. 1 Satz 2 StPO-E nicht enthaltene Maßnahmen (wie z.B. die Fesselung) angeordnet werden können.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 1

Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO-E kann angeordnet werden, dass der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der inhaftierten Beschuldigten einer Erlaubnis bedürfen.

Vielfach wird ein solcher Erlaubnisvorbehalt zur Erreichung der Untersuchungshaftzwecke geboten sein. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass es aus Kapazitätsgründen nicht möglich ist, in unbegrenztem Maße Außenkontakte in Form von Telekommunikation und Besuchen hinreichend zu überwachen. Ist daher eine Überwachung der Besuche etc. nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 geboten, kann es folglich notwendig sein, entsprechende Außenkontakte von vorneherein auf einen Umfang zu beschränken, der eine sachgerechte Überwachung ermöglicht. Dies wird durch den in Satz 2 Nr. 1 vorgesehenen Erlaubnisvorbehalt gewährleistet.

Die Untersuchungshaftvollzugsordnung sieht derzeit in Nummer 24 Abs. 1 bzw. in Nummer 38 Abs. 1 vor, dass Besuche und die Telekommunikation der "Zustimmung des Richters oder des Staatsanwalts" bedürfen.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 2

Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO-E kann angeordnet werden, dass die Telekommunikation, der Schrift- und Paketverkehr sowie die Besuche der inhaftierten Beschuldigten zu überwachen sind. Die Überwachung dieser sogenannten Außenkontakte zur Abwehr von Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahren wird häufiger geboten sein. Denn die Untersuchungshaft bezweckt im Interesse einer ordnungsgemäßen Durchführung des Strafverfahrens gerade, dem Beschuldigten die Möglichkeit zu nehmen, sich dem Verfahren durch Flucht zu entziehen, Verdunkelungshandlungen vorzunehmen oder erneut Straftaten zu begehen. Unüberwachte Außenkontakte können demgegenüber dem Beschuldigten ermöglichen Fluchtpläne mit Außenstehenden zu erarbeiten (und ggf. in die Tat umzusetzen), Absprachen über Maßnahmen zur Verdunkelung zu treffen oder aus der Haft heraus die Begehung weiterer Straftaten zu steuern. Dem kann mit einer Überwachung der Außenkontakte begegnet werden.

Nach der derzeit noch einschlägigen Untersuchungshaftvollzugsordnung (in Verbindung mit § 119 Abs. 3 StPO) sind deshalb die Besuche der Gefangenen (Nummer 27 Abs. 1 UVollzO), der Schrift- und Paketverkehr (Nummer 32, 33 und 39 Abs. 1 UVollzO) sowie die Telekommunikation (Nummer 38 Abs. 1 UVollzO) zu überwachen.

Eine Aufzeichnung der Telekommunikation ist nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 nicht zulässig.

Eine solche kann nur nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften, etwa nach den §§ 100a, 100b StPO, angeordnet werden.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 3

Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StPO-E kann angeordnet werden, dass die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf. Das entspricht inhaltlich der bisherigen Regelung in Nummer 27 Abs. 2 UVollzO, wonach "der Gefangene ohne Erlaubnis des Richters oder des Staatsanwalts weder etwas von dem Besucher annehmen noch diesem etwas übergeben" darf. Dieser Erlaubnisvorbehalt kann insbesondere notwendig sein, um die Übergabe von Gegenständen zu unterbinden, die zur Flucht, zur Vornahme von Verdunkelungshandlungen oder zur Begehung weiterer Straftaten genutzt werden können.

Zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 und 5

Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und 5 StPO-E kann angeordnet werden, dass Beschuldigte mit bestimmten anderen Gefangenen nicht in Kontakt treten dürfen. Dies kann dadurch geschehen dass (nach Nummer 4) die Trennung von einzelnen oder allen anderen Gefangenen angeordnet bzw. (nach Nummer 5) die gemeinsame Unterbringung oder der Aufenthalt zusammen mit anderen Gefangenen eingeschränkt oder ausgeschlossen wird.

Diese Anordnungen werden insbesondere dann in Betracht kommen, wenn Verdunkelungsgefahr besteht und sich andere Tatbeteiligte ebenfalls in Haft befinden. Allerdings verzichtet die Vorschrift auf eine Übernahme des sich derzeit aus Nummer 22 UVollzO ergebenden Grundsatzes, dass Gefangene von allen anderen Gefangenen getrennt zu halten sind, die als Beschuldigte oder Zeugen mit demselben Verfahren in Verbindung stehen sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet ist. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis erscheint u. a. aufgrund dessen, dass die ganz überwiegende Zahl der Untersuchungshaftbefehle auf den Haftgrund der Fluchtgefahr und gerade nicht auf jenen der Verdunkelungsgefahr gestützt wird, nicht als gerechtfertigt. Dennoch kann die Anordnung von Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und 5 StPO-E im Einzelfall auch zur Abwehr von Fluchtgefahr in Betracht kommen, namentlich dann, wenn die Gefahr besteht, dass ein Beschuldigter versuchen könnte, mit anderen Gefangenen zusammen ein Entweichen aus dem Vollzug vorzubereiten.

Allerdings wird es in bestimmten Fallgruppen, wie etwa bei dringendem Verdacht der Begehung terroristischer Taten oder in Fällen von organisierter Kriminalität, in der Regel angezeigt sein eine Vielzahl von Beschränkungen anzuordnen. Bei der von der anordnenden Stelle im konkreten Fall zu treffenden Abwägung können dann auch allgemeine Erfahrungen und Erkenntnisse mit entsprechenden Tätergruppen bzw. terroristischen Vereinigungen berücksichtigt werden. In solchen Fällen erlaubt es die vorstehende Bestimmung nicht nur, dass Kontakte der Beschuldigten mit solchen Gefangenen beschränkt werden die der Beteiligung an der Tat selbst oder hinsichtlich dieser der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beschuldigt werden, bereits abgeurteilt sind oder als Zeugen in Betracht kommen; vielmehr kann der Kontakt auch bei Zugehörigkeit oder Mitgliedschaft der betroffenen Untersuchungshäftlinge zu bzw. in derselben oder einer mit dieser kooperierenden terroristischen Vereinigung im o. g. Sinne beschränkt werden.

Zu Absatz 1 Satz 3 bis Satz 5

Nach § 119 Abs. 1 Satz 3 StPO-E sind die nach Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 gebotenen Anordnungen von dem Gericht zu treffen, also von dem Haftgericht bzw. von dem oder der Vorsitzenden des Spruchkörpers (§ 126 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 StPO). Das entspricht der bisherigen Regelung in § 119 Abs. 6 StPO, wonach "der Richter" die "erforderlichen Maßnahmen" anordnet. Der Richtervorbehalt ist in Anbetracht der mit den Anordnungen verbundenen Eingriffe in die Grundrechte der inhaftierten Beschuldigten auch weiterhin gerechtfertigt.

§ 119 Abs. 1 Satz 4 StPO-E sieht für den Fall, dass eine Entscheidung des eigentlich zuständigen Gerichts zeitlich nicht herbeigeführt werden kann, ohne dass eine Gefährdung des Zwecks der Untersuchungshaft einträte, eine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft und der Vollzugsanstalt vor. Auch nach der bisherigen Rechtslage besteht eine solche Eilkompetenz (§ 119 Abs. 6 Satz 2 StPO).

Wie nach der bisherigen Rechtslage ist nach Erlass einer Eilanordnung eine Entscheidung des Gerichts über die Aufrechterhaltung oder Aufhebung der vorläufigen Anordnung herbeizuführen. Anders als § 119 Abs. 6 Satz 3 StPO in der bisherigen Fassung legt § 119 Abs. 1 Satz 5 StPO-E jedoch ausdrücklich eine Frist von drei Werktagen fest, innerhalb welcher die Anordnung dem nach § 126 StPO zuständigen Gericht zu diesem Zweck vorgelegt werden muss. Diese Frist erscheint einerseits wegen der Grundrechtsrelevanz von beschränkenden Anordnungen und der daraus resultierenden Bedeutung des Richtervorbehalts angezeigt. Andererseits wird mit der Frist von drei Werktagen auch dem Umstand Rechnung getragen, dass manche Anordnungen nur kurzfristig wirken (wie z.B. die Anordnung, nur eine bestimmte Telekommunikation zu überwachen) bzw. bereits nach kurzer Zeit wieder aufgehoben werden. In diesen Fällen erledigt sich die (Eil-)Anordnung, so dass für eine gerichtliche Entscheidung kein Raum mehr ist, es sei denn, der Beschuldigte selbst beantragt eine solche (vgl. Boujong zur bisherigen Regelung in § 119 Abs. 6 StPO, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, § 119, Rn. 94 m. w. N.). Durch die gewählte Formulierung wird deshalb auch klargestellt, dass die Eilanordnung dann nicht dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt werden muss, wenn sie sich innerhalb der Frist erledigt hat. Dem von der erledigten Eilanordnung betroffenen Beschuldigten bleibt es seinerseits aber unbenommen, die Rechtmäßigkeit der Anordnung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zur Erledigung durch einen Antrag (nach § 119 Abs. 5 StPO-E) an das Gericht klären zu lassen, wenn er ein nachwirkendes berechtigtes Interesse an einer solchen Feststellung hat (Boujong, a. a. O.). Nicht ausdrücklich geregelt wird nach wie vor der Fall einer Erledigung der Anordnung erst nach erfolgter Vorlage bei dem Gericht.

Auch dann kann eine Entscheidung des Gerichts über die Eilanordnung nicht mehr erfolgen und bleibt dem betroffenen Beschuldigten die Möglichkeit eines Feststellungsantrages.

Zu Absatz 1 Satz 6

Nach § 119 Abs. 1 Satz 6 StPO-E sind die nach Absatz 1 Satz 1 und 2 getroffenen Anordnungen den inhaftierten Beschuldigten mitzuteilen. Dies soll insbesondere klarstellen, dass § 119 Abs. 1 StPO-E keine Befugnisnorm für die Anordnung einer verdeckten Überwachung von Schriftwechsel oder Telekommunikation darstellt. Entsprechende Befugnisse nach anderen Bestimmungen (z.B. § 100a StPO) bleiben davon unberührt.

Zu Absatz 1 Satz 7

§ 119 Abs. 1 Satz 7 StPO-E stellt klar, dass die Überwachung von Besuchen, Telekommunikation und Schriftwechsel auch die Befugnis einschließt, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten, wenn anderenfalls der Zweck der Untersuchungshaft gefährdet würde. Ohne diese Befugnis könnte die Überwachung keine Wirkung entfalten. Angehaltene Schreiben und Pakete sind an den Absender zurückzuleiten soweit dies ohne Gefährdung des Zwecks der Untersuchungshaft möglich ist.

Zu § 119 Abs. 2 StPO-E

§ 119 Abs. 2 StPO-E verhält sich über die Zuständigkeit für die Ausführung der nach Absatz 1 von dem Gericht bzw. im Eilfall von der Staatsanwaltschaft oder der Vollzugsanstalt getroffenen Anordnungen. Dabei gelten für die Ausführung einer Anordnung die gleichen Maßstäbe wie für die Anordnung selbst. So ist beispielsweise eine Erlaubnis zum Empfang von Besuchen zu versagen, soweit Gründe der Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr entgegenstehen und einer solchen Gefahr nicht durch die Überwachung des Besuches entgegengewirkt werden kann. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Besuch abzubrechen oder ein Schreiben bzw. ein Paket anzuhalten ist. Erlaubnisse können auch mit Weisungen versehen werden. Es entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, eine Erlaubnis zur Telekommunikation nicht zu versagen, wenn beispielsweise einer bestehenden Verdunkelungsgefahr durch die Weisung, nicht über den Gegenstand des Verfahrens zu sprechen, begegnet werden kann.

Zu Absatz 2 Satz 1

Nach § 119 Abs. 2 Satz 1 StPO-E obliegt die Ausführung der Anordnungen nach Absatz 1 der Stelle, die die Anordnung getroffen hat. Denn diese Stelle hat die Erforderlichkeit der jeweiligen Beschränkung genau geprüft, so dass ihr deshalb grundsätzlich am besten bekannt ist, worauf bei der Ausführung zu achten ist.

Zu Absatz 2 Satz 2

Im Regelfall werden die Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 StPO-E von dem Gericht angeordnet so dass ihm im Ausgangspunkt gemäß Absatz 2 Satz 1 auch die Ausführung obliegt. Allerdings wird insbesondere in der Phase vor der Anklageerhebung die Staatsanwaltschaft als "Herrin des Ermittlungsverfahrens" häufig über das größere Wissen zu dem einzelnen Verfahren verfügen, um etwa über das Anhalten eines Briefs oder die Erteilung einer Besuchserlaubnis sachgerecht entscheiden zu können. Aber auch in der Zeit nach der Anklageerhebung kann es sinnvoll sein, die Ausführung der Anordnungen der Staatsanwaltschaft zu überlassen. So kann bei der Staatsanwaltschaft vor allem in komplexen Großverfahren ein Hintergrundwissen zu Zusammenhängen vorhanden sein, die sich aus den dem Gericht mit der Anklageschrift übersandten Ermittlungsakten nicht stets ergeben. Deshalb kann das Gericht nach § 119 Abs. 2 Satz 2 StPO-E die Ausführung der Anordnungen jederzeit ganz oder teilweise auf die Staatsanwaltschaft übertragen. Die Übertragung ist widerruflich, so dass etwa das nach Anklageerhebung zuständige Gericht die Ausführung ganz oder teilweise (beispielsweise nur die Briefüberwachung) wieder an sich ziehen kann, wenn der Ermittlungsrichter die Ausführung zuvor auf die Staatsanwaltschaft übertragen hatte. Auch nach den bislang maßgeblichen Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung ist die Ausführung von Überwachungsmaßnahmen neben dem Gericht der Staatsanwaltschaft als Aufgabe zugewiesen, vgl. etwa Nummer 27 Abs. 1 UVollzO (Besuchsüberwachung), Nummer 30 Abs. 1 UVollzO (Überwachung von Schriftwechsel) oder Nummer 38 Abs. 1 UVollzO (Überwachung der Telekommunikation).

Allerdings sind die Ressourcen der Staatsanwaltschaft (wie auch jene des Gerichts) begrenzt.

Beispielsweise wäre die Überwachung von Telekommunikation und Besuchen in der Vollzugsanstalt durch die Staatsanwaltschaft selbst auch deshalb besonders zeitaufwändig, weil deren Sitz nicht selten weit entfernt von der Vollzugsanstalt liegen wird und deshalb erhebliche Reise- und Wartezeiten aufträten, wenn sich ein Staatsanwalt zur Überwachung einzelner Telefonate und Besuche in die Vollzugsanstalt begeben müsste.

Nach der derzeitigen Regelung kann die Besuchsüberwachung auf die Vollzugsanstalt übertragen werden (Nummer 27 Abs. 1 Satz 2 UVollzO) und erfolgt die Überwachung der Telekommunikation der inhaftierten Beschuldigten durch die Anstalt (Nummer 38 Satz 3 UVollzO). Der Entwurf sieht deshalb vor, dass sich die Staatsanwaltschaft bei der Ausführung von Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO-E der Hilfe ihrer Ermittlungspersonen und der Vollzugsanstalt bedienen kann. Durch diese Formulierung wird sichergestellt, dass die Verantwortung für die ihr vom Gericht übertragene Ausführung bei der Staatsanwaltschaft verbleibt sie die erforderlichen Ausführungshandlungen aber je nach den Anforderungen des Falls ganz oder teilweise auf ihre Ermittlungspersonen bzw. die Vollzugsanstalt delegieren kann. Dabei nimmt § 119 Abs. 2 Satz 2 StPO-E - anders als dies derzeit z.B. noch in Nummer 27 Abs. 1, Nummer 30 Abs. 1, Nummer 38 Abs. 1 UVollzO der Fall ist - keine Unterscheidung danach vor, welche Form von Kommunikation zu überwachen ist, weil jede Form gleich sensible Kommunikationsgegenstände beinhalten kann. Es ist nicht ersichtlich, warum z.B. ein Brief nur von einem Staatsanwalt gelesen werden können soll, während ein Besuch (bei dem über die Kommunikationsinhalte hinaus auch persönliche Reaktionen sichtbar werden können) auch von der Vollzugsanstalt überwacht werden können soll. Der Delegation von Aufgaben durch die Staatsanwaltschaft hat stets eine gründliche Prüfung vorauszugehen, ob die beauftragte Stelle ihrer Aufgabe auch im erforderlichen Maß nachkommen kann. Dies wird bei den Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft in aller Regel der Fall sein, da diese ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit dem Inhalt der Ermittlungsakte vertraut sind. Zudem sind diesen etwaige milieuspezifische Zusammenhänge sowie die Bedeutung szenetypischer Äußerungen sogar häufig besser bekannt als der Staatsanwaltschaft. Bei Flucht- oder Wiederholungsgefahr wird vor allem die Überwachung der Telekommunikation wie auch die (ggf. nur optische) Besuchsüberwachung meistens problemlos auf die Vollzugsanstalt übertragen werden können. Bei bestehender Verdunkelungsgefahr wird dagegen insbesondere in komplexeren Verfahren eine Übertragung auf die Vollzugsanstalt häufig nicht sinnvoll, wenngleich nicht generell ausgeschlossen sein.

In der Praxisbeteiligung zum vorangegangenen Referentenentwurf zeigte sich vor allem hinsichtlich der Heranziehung der Vollzugsanstalten ein gemischtes Bild. Während teilweise eine vollständige Übertragung der Überwachung auf die Vollzugsanstalten begrüßt wurde wurde von anderer Seite eine Übertragung von Aufgaben in diesem Zusammenhang kategorisch abgelehnt. Zum Teil wurde auch eine differenzierende Regelung, etwa nach dem betroffenen Haftgrund (keine Übertragung bei Verdunkelungsgefahr) oder nach der Art der Überwachungsmaßnahme (Übertragung nur für die Überwachung von Telekommunikation und Besuchen), verlangt. Die nunmehr vorgeschlagene Regelung ermöglicht eine flexible Handhabung, mit der den Besonderheiten des Einzelfalls optimal und ressourcenschonend Rechnung getragen werden kann. Den Landesjustizverwaltungen bleibt es überlassen, den Umfang der Heranziehung der Vollzugsanstalten durch die Staatsanwaltschaft gegebenenfalls durch allgemeine Richtlinien zu begrenzen.

Zu Absatz 2 Satz 3

§ 119 Abs. 2 Satz 3 StPO-E stellt klar, dass die Übertragung der Ausführung von Anordnungen nicht anfechtbar ist.

Zu § 119 Abs. 3 StPO-E

Nach § 119 Abs. 3 StPO-E ist die beabsichtigte Überwachung einer Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 dem Gesprächspartner des Beschuldigten zu Beginn des Telefonats mitzuteilen. Die Mitteilung kann durch den Inhaftierten selbst erfolgen. Ansonsten, auch und insbesondere wenn der Beschuldigte sich weigert, ist sie durch den mit der Überwachung betrauten Beamten vorzunehmen.

Damit wird die entsprechende Regelung aus § 32 Satz 3 und 4 StVollzG in das Untersuchungshaftrecht übernommen. Die Bestimmung dient dem Schutz des Rechts des Gesprächspartners des Gefangenen auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 GG (vgl. Callies/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 9. Auflage, § 32, Rn. 1). Die Schutzbedürftigkeit des Gesprächspartners eines Untersuchungsgefangenen unterscheidet sich nicht von der des Gesprächspartners eines Strafgefangenen. Das eventuelle Interesse des Beschuldigten, seine Inhaftierung nicht offenbaren zu müssen, muss hinter dem Informationsinteresse des Gesprächspartners zurücktreten. Abgesehen davon wird es sich bei den Gesprächspartnern ohnehin in den allermeisten Fällen um Verwandte oder Bekannte des Beschuldigten handeln, die zum Zeitpunkt der Telekommunikation bereits von der Inhaftierung wissen.

Zu § 119 Abs. 4 StPO-E

Zu Absatz 4 Satz 1

§ 119 Abs. 4 Satz 1 StPO-E stellt klar, dass Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 StPO keine Wirkung entfalten, soweit sie den durch § 148 Abs. 1 StPO garantierten freien Verkehr des Gefangenen mit seinem Verteidiger einschränken würden. Ausnahmen sind nur in dem durch § 148 Abs. 2 StPO bestimmten Ausmaß nach Maßgabe des § 148a StPO zulässig. Eine entsprechende Regelung findet sich gegenwärtig in verschiedenen Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung, beispielsweise in Nummer 36 Abs. 1 oder in Nummer 37 Abs. 1.

Zu Absatz 4 Satz 2

§ 119 Abs. 4 Satz 2 StPO-E stellt den Verkehr des Gefangenen mit bestimmten Personen und Einrichtungen der durch die §§ 148, 148a StPO besonders geschützten Kommunikation mit dem Verteidiger gleich. Dabei ist auch an dieser Stelle (siehe noch unten die Begründung zu § 148 Abs. 2 StPO-E) zu betonen, dass die Überwachung bei Verdacht von Straftaten nach § 129a StGB (ggf. in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB) nach § 148 Abs. 2 Satz 1 StPO-E künftig im Einzelfall anzuordnen ist ("soll"-Regelung). Häufig wird hinsichtlich der in Absatz 4 Satz 2 genannten Einrichtungen auch bei Terrorismusverdacht von vornherein kein Anlass für eine Überwachung bestehen.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 1 bis 3

Unüberwacht bleibt nach § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 3 StPO-E grundsätzlich der Kontakt der Beschuldigten mit den für sie zuständigen Bediensteten der Bewährungshilfe, der Führungsaufsichtsstelle und der Gerichtshilfe. Dies ist schon bislang in Nummer 37a UVollzO so geregelt. Für eine erfolgreiche Tätigkeit der angeführten Stellen ist es häufig von wesentlicher Bedeutung, dass sich Gefangene ihnen gegenüber möglichst offen äußern, wozu sie oft nicht bereit sein werden, wenn z.B. von ihnen verfasste Schreiben auch vom Haftgericht gelesen werden. Missbrauchsmöglichkeiten sind insoweit nicht erkennbar weil es sich bei den Kommunikationspartnern um - zudem mit dem Strafverfahrensrecht besonders vertraute - öffentlichrechtliche Bedienstete handelt.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 4

§ 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 StPO-E betrifft die Kommunikation von inhaftierten Beschuldigten mit den Volksvertretungen in Bund und Ländern. Damit wird letztlich dem u. a. in Artikel 17 GG normierten Petitionsrecht sowie der in Artikel 47 Satz 2 GG geregelten Beschlagnahmefreiheit von Abgeordnetenpost Rechnung getragen (vgl. auch Satz 2 Nr. 18).

Nummer 30 Abs. 2 UVollzO nimmt derzeit ebenfalls Kontakte von Beschuldigten zu den Parlamenten in Bund und Ländern von der Überwachung aus.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 5

§ 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 StPO-E betrifft den unüberwachten Verkehr von inhaftierten Beschuldigten mit dem Bundesverfassungsgericht und den jeweils für sie zuständigen Verfassungsgerichtshöfen der Länder. Die Beschuldigten haben die Möglichkeit, sich selbst mit der Verfassungsbeschwerde etwa an das Bundesverfassungsgericht zu wenden.

Es ist deshalb gerechtfertigt, den Verkehr von Beschuldigten mit den Verfassungsgerichten von der Überwachung auszunehmen (abgesehen von den Fällen des § 148 Abs. 2 StPO). Eine zunächst erwogene weitergehende Regelung, die Überwachung des Verkehrs von inhaftierten Beschuldigten mit sämtlichen inländischen öffentlichen Stellen von der Überwachung auszunehmen, ist in der Praxis auf Ablehnung gestoßen. Dabei ist nachvollziehbar auf vorgekommene Fälle des kollusiven Zusammenwirkens von Behördenmitarbeitern und Gefangenen verwiesen worden.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 6

§ 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 StPO-E betrifft Bürgerbeauftragte eines Landes. Verschiedene Länder haben Bürgerbeauftragte nach dem Vorbild der skandinavischen Ombudsmänner und -frauen bestellt. Das in Artikel 17 GG normierte Petitionsrecht lässt es als geboten erscheinen Gefangenen einen unüberwachten Verkehr mit den Bürgerbeauftragten zu gewähren.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 7

§ 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 7 betrifft die Datenschutzbeauftragten in Bund und Ländern. Im Hinblick auf das Zeugnisverweigerungsrecht der Datenschutzbeauftragten und der damit einhergehenden Beschlagnahmefreiheit von Schriftstücken (§ 23 Abs. 4, § 12 Abs. 3 BDSG) ist Beschuldigten auch insoweit ein ungehinderter Verkehr zu ermöglichen. Das bestimmt bisher schon § 29 Abs. 2 StVollzG für Strafgefangene. Für Untersuchungsgefangene kann nichts anderes gelten.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 8

§ 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 8 StPO-E bezieht sich auf die Kommunikation von inhaftierten Beschuldigten mit dem Europäischen Parlament. § 29 Abs. 2 StVollzG nennt derzeit neben den Bundes- und Landesparlamenten auch das Europäische Parlament als Institution, mit der Strafgefangene ohne Überwachung in Schriftverkehr treten dürfen. Es erscheint deshalb aber auch aus Gründen der Gleichbehandlung der europäischen Institutionen mit den nationalen Einrichtungen, angezeigt, Untersuchungsgefangenen ebenfalls die Möglichkeit des unüberwachten Verkehrs mit dem Europäischen Parlament zu gewähren.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 9

Schon bisher räumt § 29 Abs. 2 Satz 2 StVollzG Strafgefangenen das Recht auf unüberwachten Schriftverkehr mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Glei ches muss konsequenterweise auch für Untersuchungsgefangene gelten. Gefahren für die Untersuchungshaftzwecke sind dadurch nicht zu befürchten.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 10

§ 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 10 StPO-E betrifft den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Nach Artikel 230, 232 und 235 in Verbindung mit Artikel 288 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) können auch natürliche Personen Nichtigkeits-, Untätigkeits- oder Amtshaftungsklage vor dem EuGH erheben. Bereits eine Kontrolle der an den Gerichtshof gerichteten Schreiben von Untersuchungsgefangenen kann die Wahrnehmung der EU-Bürgerrechte behindern und deshalb eine rechtfertigungsbedürftige Beeinträchtigung darstellen. Auf jeden Fall liegt darin aber ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens (Artikel 7 Grundrechtecharta gilt auch für Gefangene, vgl. Jarass, EU-Grundrechte, § 12, Rn. 45), der mangels Erforderlichkeit nicht gerechtfertigt erscheint.

Denn Gefahren für den Untersuchungshaftzweck sind durch einen unüberwachten Verkehr von Beschuldigten mit dem EuGH nicht zu erwarten.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 11

Auch zu dem Europäischen Datenschutzbeauftragten müssen Untersuchungsgefangene grundsätzlich unüberwachten Kontakt aufnehmen können, was in § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 StPO-E normiert wird. Hier gilt wiederum der Grundsatz der Gleichbehandlung von nationalen und europäischen Institutionen.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 12

Auch etwaiger Verkehr von Untersuchungsgefangenen mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten muss unüberwacht erfolgen können. Artikel 195 EGV gewährt jedem EU-Bürger das Recht, sich mit Beschwerden an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden. Die Ausführungen zu § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 (Gleichbehandlung) gelten entsprechend.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 13

§ 29 Abs. 2 Satz 2 StVollzG legt bereits gegenwärtig für Strafgefangene fest, dass diese unüberwacht mit dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) in Kontakt treten dürfen. Für Untersuchungsgefangene kann nichts anderes gelten, weshalb die Bestimmung in § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 StPO-E übernommen wird.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 14

Die europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) wurde vom Europarat eingerichtet und soll als unabhängiges Gremium die Einhaltung der Menschenrechte beobachten. Gefangene können sich direkt an die Kommission wenden. Ein Grund für die Annahme eines Erfordernisses zur Überwachung des Verkehrs zwischen Beschuldigten und der ECRI ist nicht ersichtlich, weshalb sie von § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 14 StPO-E erfasst wird. Dafür spricht auch die Nähe zu der in Absatz 4 Satz 2 Nr. 13 genannten Einrichtung.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 15, 16 und 17

Entsprechendes wie zu § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 14 StPO-E gilt auch für die in § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 15, 16 und 17 StPO-E aufgeführten Ausschüsse der Vereinten Nationen. Artikel 15 und 21 Abs. 1 OP-CAT (Optional Protocol to the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment) bestimmen in diesem Zusammenhang sogar, dass Behörden oder Amtsträger keine Sanktionen gegen eine Person anordnen, anwenden, erlauben oder dulden dürfen, weil diese dem Unterausschuss zur Verhütung von Folter, den nationalen Präventionsmechanismen oder deren Mitgliedern Auskünfte erteilt hat, unabhängig davon, ob diese Auskünfte richtig oder falsch waren; eine solche Person darf auch sonst in keiner Weise benachteiligt werden.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nr. 18

Nach § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 18 bleibt auch der Verkehr inhaftierter Beschuldigter mit den Berufsgeheimnisträgern gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 StPO (Geistliche und Abgeordnete) grundsätzlich unüberwacht. Im Fall der Geistlichen wird damit insbesondere dem Beichtgeheimnis Rechnung getragen. Hinsichtlich der Abgeordneten gelten die Ausführungen zu § 119 Absatz 4 Satz 2 Nr. 4 StPO-E entsprechend. Damit wird zugleich die Wertung von § 160a StPO (Unterscheidung zwischen Verteidigern, Geistlichen und Abgeordneten einerseits und den übrigen Berufsgeheimnisträgern andererseits) in § 119 Abs. 4 Satz 2 StPO-E übernommen. Der Bedeutung der Funktion der übrigen Berufsgeheimnisträger ist im Rahmen der Anwendung von § 119 Abs. 1 und 2 StPO-E Rechnung zu tragen.

Zu Absatz 4 Satz 2 Nummer 19

§ 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 19 StPO-E bestimmt den unüberwachten Verkehr inhaftierter Beschuldigter mit den Anstaltsbeiräten und den für ausländische Beschuldigte zuständigen konsularischen Vertretungen.

Für die Anstaltsbeiräte bestimmt derzeit § 164 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, dass Strafgefangene unüberwacht mit ihnen kommunizieren können. Für Untersuchungsgefangene kann nichts anderes gelten, weshalb § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 19 Buchstabe a StPO-E die Anstaltsbeiräte grundsätzlich von der Überwachung ausnimmt.

§ 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 19 Buchstabe b StPO-E betrifft den unüberwachten Verkehr ausländischer Untersuchungsgefangener mit ihrem Konsulat. Nach Artikel 36 Abs. 1 Buchstabe a des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) steht es Konsularbeamten frei, mit Angehörigen des Entsendestaates zu verkehren und sie aufzusuchen.

Nach Artikel 36 Abs. 1 Buchstabe c WÜK sind Konsularbeamte berechtigt, einen Angehörigen des Entsendestaates aufzusuchen, der sich in Untersuchungshaft befindet, mit ihm zu sprechen und zu korrespondieren. § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 19 Buchstabe b StPO-E trägt dem Rechnung.

In Abweichung von den vorangegangenen Nummern des § 119 Abs. 4 Satz 2 StPO kann in den Fällen von Absatz 4 Satz 2 Nr. 19 allerdings gegebenenfalls auch dann eine Überwachung angeordnet werden ("soweit das Gericht nichts anderes anordnet"), wenn es nicht um den Verdacht von Straftaten nach § 129a StGB geht und somit § 148 Abs. 2 StPO anwendbar wäre. Mit der ausschließlichen Zuständigkeit des Gerichts für die Anordnung der Überwachung wird der Parallele zu § 148 Abs. 2 StPO-E Rechnung getragen.

Auch die ausnahmsweise Überwachung des Verkehrs der Beschuldigten mit dem Verteidiger bzw. mit den in § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 18 StPO-E genannten Einrichtungen bei Verdacht von Terrorismusstraftaten bedarf nach § 148 Abs. 2 StPO-E ausnahmslos der gerichtlichen Anordnung.

Zu Absatz 4 Satz 3

§ 119 Abs. 4 Satz 3 StPO-E stellt klar, dass die nach Absatz 2 zuständige Stelle das Vorliegen der Voraussetzungen für einen unüberwachten Verkehr nach den Sätzen 1 und 2 des Absatzes 4 prüfen darf und auch muss. Zu dieser Prüfung gehört etwa, ob ein Schreiben an den Beschuldigten tatsächlich von einer der in Satz 2 genannten Institutionen stammt oder ob es sich im Fall von Absatz 4 Satz 2 Nr. 18 um einen unter das Zeugnisverweigerungsrecht fallenden Inhalt im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 StPO handelt. Welche Maßnahmen konkret erforderlich sind, bleibt in Anbetracht der Vielzahl der denkbaren Konstellationen dem Einzelfall überlassen. Zuständig ist die nach § 119 Abs. 2 StPO-E für die Überwachung zuständige Stelle.

Zu § 119 Abs. 5 StPO-E

Soweit § 119 StPO-E Entscheidungsbefugnisse der Staatsanwaltschaft, ihrer Ermittlungspersonen und der Vollzugsanstalt vorsieht, folgt schon aus Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 GG, dass inhaftierten Beschuldigten der Rechtsweg offen stehen muss. Deshalb sieht § 119 Abs. 5 StPO-E vor, dass Beschuldigte bei allen sie beschwerenden Entscheidungen oder (faktischen) sonstigen Maßnahmen der genannten Stellen einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen können. Damit wird gewährleistet, dass dem Gericht letztlich in allen Fragen, welche die aus den Zwecken der Untersuchungshaft erforderlichen Beschränkungen betreffen die maßgebliche Entscheidungsbefugnis verbleibt. Durch die gewählte Formulierung wird aber auch sichergestellt, dass dann, wenn ein Oberlandesgericht oder der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof Entscheidungen nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO-E getroffen hat, gerichtliche Entscheidung beantragt werden kann. In diesen Fällen ist das Rechtsmittel der Beschwerde nach §§ 304 ff. StPO unzulässig, weil der Begriff der "Verhaftung" in § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1, Abs. 5 StPO Beschränkungen des Beschuldigten in der Haft über die Haftanordnung hinaus nicht erfasst (BGHSt 26, 270). Gegen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte in Anwendung von § 119 Abs. 1 und 2 StPO-E kann dagegen Beschwerde nach §§ 304 ff. StPO eingelegt werden, auch wenn es sich um Entscheidungen des erkennenden Gerichts im Sinne von § 305 StPO handelt. Denn der Begriff der "Verhaftung" in § 305 Satz 2 StPO-E wird weitergehend verstanden als in § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1, Abs. 5 StPO (OLG Karlsruhe, StV 1997, 312; Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, § 305, Rn. 7). Nach der vorgeschlagenen Fassung der Bestimmung ("soweit das Rechtsmittel der Beschwerde nicht statthaft ist") ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte durch die gegebene Beschwerdemöglichkeit nach §§ 304 ff. StPO folglich ausgeschlossen.

Der Inhalt der Prüfung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung nach § 119 Abs. 5 StPO-E einerseits und der Beschwerde nach §§ 304 ff. StPO andererseits unterscheidet sich nicht voneinander. In beiden Fällen kann nicht nur geltend gemacht werden, dass für eine bestimmte Beschränkung oder ihre konkrete Ausführung von Anfang an die gesetzlichen Voraussetzungen (nach § 119 Abs. 1 und 2 StPO-E) nicht vorgelegen hätten. Vielmehr kann auch eingewandt werden, dass eine bestimmte Beschränkung nicht mehr erforderlich sei z.B. weil die angenommene Verdunkelungsgefahr durch ein Geständnis des Beschuldigten entfallen ist (vgl. für die Beschwerde Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage vor § 304, Rn. 3). Dadurch ist sichergestellt, dass Beschuldigte nicht auf eine von Amts wegen erfolgende Aufhebung einer Beschränkung angewiesen sind, sondern diese auch selbst initiieren können. Insbesondere darin liegt die Rechtfertigung für den Vorschlag des Entwurfs, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung wegen der insoweit ausgeschlossenen Beschwerde auch gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte bzw. des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof nach § 119 Abs. 1, 2 StPO-E zuzulassen.

Die Beschuldigten sind bei der Haftbefehlsverkündung über das Recht, gerichtliche Entscheidung nach § 119 Abs. 5 StPO-E beantragen bzw. Beschwerde nach §§ 304 ff. StPO einlegen zu können, zu belehren (§ 115 Abs. 4 StPO-E, siehe oben).

Die gerichtliche Zuständigkeit für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung folgt aus § 126 StPO (gegebenenfalls in Verbindung mit den speziellen Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes).

Nach Absatz 5 Satz 2 hat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung keine aufschiebende Wirkung. Das entspricht der allgemeinen Regelung zur Anfechtbarkeit von Justizverwaltungsakten gemäß § 29 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) in Verbindung mit § 307 Abs. 1 StPO sowie der Regelung für den strafvollzugsrechtlichen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 114 Abs. 1 StVollzG. Für die Beschwerde ergibt sich das Gleiche aus § 307 Abs. 1 StPO. Das Gericht kann jedoch gemäß Absatz 5 Satz 3 vorläufige Anordnungen treffen.

Zu § 119 Abs. 6 StPO-E

Durch § 119 Abs. 6 StPO-E wird der wesentliche Regelungsgehalt des bisherigen § 122 Abs. 1 StVollzG in die Strafprozessordnung übernommen.

Im Zuge der Föderalismusreform ist durch die Änderung von Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG auch die Gesetzgebungskompetenz für das Recht des Strafvollzugs auf die Länder übergegangen, so dass zumindest der ganz überwiegende Teil des Strafvollzugsgesetzes nach Erlass entsprechender Landesgesetze in Wegfall geraten wird. Anders als bei der überwiegenden Zahl der Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes handelt es sich bei § 122 StVollzG seinem Rechtsgrund nach jedoch um keine (straf-)vollzugsrechtliche Norm, sondern um eine solche, die die Geltung der nach der Strafprozessordnung angeordneten Beschränkungen im Strafvollzug betrifft und die daher ebenso wie diese Beschränkungen selbst ihre Rechtfertigung aus dem gerichtlichen Verfahren bezieht. Somit besteht für diese Vorschrift auch nach der Föderalismusreform eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.

Die Regelung bezieht sich auf die nunmehr in § 116b StPO-E ausdrücklich geregelten Fallkonstellationen, in denen die Vollstreckung einer anderen freiheitsentziehenden Maßnahme derjenigen der Untersuchungshaft vorgeht. Auch wenn in diesen Fällen keine Untersuchungshaft vollstreckt wird, kann es dennoch ebenso wie beim Vollzug der Untersuchungshaft zur Abwehr der Gefahren, die zum Erlass des Untersuchungshaftbefehls geführt haben erforderlich sein, etwa im Strafvollzugsrecht nicht vorgesehene Beschränkungen anzuordnen. Deshalb bestimmt § 119 Abs. 6 Satz 1 StPO-E, dass es auch in diesen Fällen zulässig ist, entsprechend § 119 Abs. 1 bis 4 StPO-E Beschränkungen anzuordnen und zu überwachen. Für diese Beschränkungen gilt dann auch der durch § 119 Abs. 5 StPO-E eröffnete Rechtsweg sowie - wie sich aus § 119 Abs. 6 Satz 2 StPO-E ergibt - die gerichtliche Zuständigkeit nach § 126 StPO. Die entsprechende Geltung insbesondere auch der Zuständigkeitszuweisung ist sachgerecht, weil über die Erforderlichkeit der Beschränkungen unabhängig davon, welche Art von Freiheitsentziehung gerade vollstreckt wird, am sinnvollsten durch das Gericht entschieden werden kann, das auch für die Entscheidung über den Haftbefehl zuständig ist.

Die neue Vorschrift schließt dabei auch bisher bestehende Regelungslücken, da die derzeit geltende Regelung des § 122 StVollzG von den zahlreichen in der Begründung zu § 116b StPO-E aufgeführten freiheitsentziehenden Maßnahmen neben den Freiheitsstrafen lediglich (durch Verweis in § 130 StVollzG) die Sicherungsverwahrung und (durch Verweis in § 171 StVollzG) die Ordnungshaft, die zivilrechtliche Sicherungshaft sowie die Erzwingungshaft erfasste.

Die Vorschrift ist auch dann anzuwenden, wenn mehrere Haftbefehle erlassen worden sind und aus diesem Grund (weitere) Beschränkungen geboten sind, die über die Notwendigkeiten des tatsächlich vollzogenen Haftbefehls hinausgehen. Schon bislang wurde in dieser Konstellation § 122 StVollzG entsprechend angewandt (Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., vor § 112, Rn. 11).

Zu § 119a StPO-E

Durch die Föderalismusreform ist die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht des Untersuchungshaftvollzugs - wie oben (Begründung A. I.) im Enzelnen ausgeführt - auf die Länder übergegangen. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG besteht seitdem nur noch für "das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs)". Deshalb werden u. a. die derzeit noch von § 119 Abs. 3 Alternative 2 StPO sowie der ihn ergänzenden Untersuchungshaftvollzugsordnung geregelten Beschränkungen, die dem Untersuchungsgefangenen aus Zwecken der Sicherheit und Ordnung in der Vollzugsanstalt auferlegt werden können, zukünftig in Landesgesetzen geregelt werden. Es steht zu erwarten, dass die Länder die Befugnis zur Entscheidung über diese Beschränkungen - die bisher nach § 119 Abs. 6 Satz 1 StPO grundsätzlich beim Richter lag - zumindest in aller Regel auf die Vollzugsanstalt übertragen werden.

Aus Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgt, dass gegen eine Entscheidung der Vollzugsanstalt der Rechtsweg offen stehen muss. Da die Frage des Rechtswegs das gerichtliche Verfahren betrifft liegt die Gesetzgebungsbefugnis für seine Regelung beim Bund. Bislang steht inhaftierten Beschuldigten gegen vollzugliche Entscheidungen der Anstalt ein Beschwerderecht nach Nummer 75 Abs. 1 UVollzO bzw. der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23, 24 Abs. 1 EGGVG in Verbindung mit Nummer 75 Abs. 3 UVollzO zu.

Ohne eine ausdrückliche gesetzliche Regelung wäre für die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der vollzuglichen Anordnung als einem sogenannten Justizverwaltungsakt nach dem künftig zu erwartenden Wegfall der Untersuchungshaftvollzugsordnung ein Strafsenat des Oberlandesgerichts zuständig, in dessen Bezirk die Vollzugsbehörde ihren Sitz hat (§ 23 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 EGGVG). Von den Ländern ist wiederholt nachvollziehbar darauf hingewiesen worden, dass das Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG aufwändig sei und die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts in keinem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung der Sache stehe. Deshalb wird mit § 119a StPO-E eine praxisgerechtere Norm geschaffen, die gemäß § 23 Abs. 3 EGGVG der von § 23 Abs. 1 Satz 2 EGGVG nur subsidiär vorgesehenen Anfechtungsmöglichkeit vorgeht. Die Einführung des § 119a StPO-E ist zudem auch deshalb angebracht, weil das Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG zukünftig erheblich häufiger anzuwenden wäre wenn die gerichtliche Zuständigkeit für vollzugliche Maßnahmen nach § 119 Abs. 6 Satz 1 StPO durch eine originäre Zuständigkeit der Vollzugsanstalten ersetzt wird.

Auch § 119a StPO-E gilt nicht nur für die Untersuchungshaft aufgrund eines nach den §§ 112, 112a StPO erlassenen Haftbefehls, sondern auch für die Hauptverhandlungshaft nach § 127b StPO sowie für die Haft aufgrund von Haftbefehlen nach § 230 Abs. 2, § 236, § 329 Abs. 4 und § 412 Satz 1 StPO. Für die vorläufige Unterbringung ergibt sich die Anwendbarkeit der Bestimmung aus § 126a Abs. 2 Satz 1 StPO-E, für die Sicherungshaft aus § 453c Abs. 2 Satz 2 StPO-E und für die Haft bei erwarteter Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus § 275a Abs. 5 Satz 4 StPO-E.

Zu § 119a Abs. 1 StPO-E

Zu Absatz 1 Satz 1

§ 119a Abs. 1 Satz 1 StPO-E bestimmt für behördliche Entscheidungen und sonstige Maßnahmen (d. h. faktische Handlungen) im Bereich des Untersuchungshaftvollzugs, dass der durch sie Beschwerte einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen kann.

Dabei wird es sich in der Praxis in aller Regel um Entscheidungen und Maßnahmen der Vollzugsanstalt handeln. Die Vorschrift lehnt sich insoweit an § 119 Abs. 5 StPO-E an, der bestimmt dass derjenige eine gerichtliche Entscheidung beantragen kann, der von einer nach § 119 StPO-E ergangenen Entscheidung oder sonstigen Maßnahme betroffen ist, soweit die Beschwerde ausgeschlossen ist. Dabei ist das Erfordernis einer Beschwerde des Antragstellers - wie auch bei den anderen Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln der Strafprozessordnung - eine (ungeschriebene) Zulässigkeitsvoraussetzung für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, vor § 296, Rn. 8 m. w. N.).

Wie bei § 119 Abs. 5 StPO-E bestimmt sich auch bei einem Antrag nach § 119a Abs. 1 Satz 1 StPO-E die gerichtliche Zuständigkeit nach § 126 StPO. Dies wird durch § 126 Abs. 1 Satz 1 StPO-E ausdrücklich klargestellt. Zwar unterscheidet sich der Antrag nach § 119a StPO-E von demjenigen nach § 119 Abs. 5 StPO-E darin, dass ihm eine vollzugliche Entscheidung oder Maßnahme zugrunde liegt, die zudem nach dem Recht des Landes ergangen ist, in dem sich die Vollzugsanstalt befindet. Letzteres kann, da das nach § 126 StPO zuständige Gericht in einem anderen Land als dem der Vollzugsanstalt gelegen sein kann, gelegentlich dazu führen, dass das Gericht das Recht eines anderen Landes anwenden muss, was für das Gericht mit erhöhtem Aufwand verbunden sein kann, sollten die künftigen Untersuchungshaftvollzugsgesetze der Länder unterschiedlich ausgestaltet sein.

Letztlich rechtfertigt der vorgenannte Umstand es jedoch nicht, mit der Entscheidung nach § 119a StPO ein anderes (zweites) Gericht zu betrauen, etwa das Amtsgericht am Sitz der Vollzugsanstalt. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Konstellation, dass Gericht und Vollzugsanstalt in unterschiedlichen Ländern liegen, eher eine Ausnahme darstellen dürfte und zudem nach dem derzeit bekannten Stand der Überlegungen der Länder die inhaltlichen Abweichungen zwischen den Untersuchungshaftvollzugsgesetzen der Länder relativ gering sein werden. Demgegenüber spricht für die Zuständigkeit des Gerichts nach § 126 StPO zunächst, dass diesem der Sachverhalt aus der Ermittlungsakte vertraut ist.

Ein anderes Gericht müsste sich erst neu in die Sache einlesen, was mit erheblichem Mehraufwand auf Seiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften (Fertigung von Doppelakten) verbunden wäre. Zudem birgt die Zuständigkeit zweier Gerichte nicht nur die allgemeine Gefahr von Informationsverlusten, sondern in sachlich nahe beieinander liegenden und nicht immer einfach voneinander abzugrenzenden Bereichen (wie z.B. der Frage der Rechtfertigung einer Anordnung, etwa einer Fesselung des inhaftierten Beschuldigten, aus Zwecken der Untersuchungshaft oder des Vollzugs) vor allem auch die Gefahr sowohl positiver als auch negativer Kompetenzkonflikte. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass schon nach der bisherigen Rechtslage die nach § 126 StPO zuständigen Gerichte ebenfalls sowohl über Anordnungen aus Zwecken der Untersuchungshaft als auch aus Zwecken der Ordnung in der Vollzugsanstalt zu entscheiden hatten (§ 119 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 StPO). Diese Praxis hat sich bewährt.

Für den Fall, dass sich die außergerichtliche Entscheidung oder Maßnahme entweder bereits vor dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung oder zwar nach Antragstellung, jedoch vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt hat, gelten die allgemeinen Grundsätze des Rechtsschutzes im Erledigungsfall gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 96, 27).

Zu Absatz 1 Satz 2

§ 119a Abs. 1 Satz 2 StPO-E soll gewährleisten, dass im Untersuchungshaftvollzug gestellte Anträge, über die von der für den Vollzug zuständigen Stelle zu entscheiden ist, in angemessener Frist bearbeitet werden. Auch wenn die konkrete Ausgestaltung der Untersuchungshaftvollzugsgesetze den Ländern obliegt, so steht doch zu erwarten, dass der Gefangene z.B. für die Nutzung bestimmter Gegenstände eine Erlaubnis der Vollzugsanstalt benötigen wird. Dabei erfordert die für den Untersuchungsgefangenen geltende Unschuldsvermutung, nach der ihm nur zwingend notwendige Beschränkungen auferlegt werden dürfen, dass über die Erforderlichkeit einer Beschränkung in angemessener Frist entschieden wird, zumal der Betroffene ohne Entscheidung der Vollzugsanstalt auch den Rechtsweg nach § 119a Abs. 1 Satz 1 StPO-E nicht verfolgen kann. Ebenfalls aus der Unschuldsvermutung ergibt sich, dass als angemessene Frist eine deutlich kürzere als die im Strafvollzug in § 113 Abs. 1 StVollzG vorgesehene Frist von drei Monaten vorzusehen ist zumal nach Ablauf von drei Monaten der Untersuchungshaftvollzug oftmals schon beendet ist. Eine Frist von drei Wochen erscheint der zuständigen Stelle zumutbar, weil die betreffenden Entscheidungen in aller Regel ohne umfangreiche Ermittlungen oder Beteiligungen anderer Stellen getroffen werden können. Auf der anderen Seite ist eine kürzere Frist als drei Wochen nicht praktikabel. Insbesondere im Falle der Hauptverhandlungshaft nach § 127b Abs. 2 StPO, die kraft Gesetzes auf höchstens eine Woche begrenzt ist, muss der inhaftierte Beschuldigte folglich das Unterbleiben einer von ihm beantragten Entscheidung der Anstalt ggf. hinnehmen (wenn sich nicht an die Hauptverhandlungshaft weitere Untersuchungshaft, beispielsweise nach § 112 StPO, anschließt). Das erscheint in Anbetracht der Kürze der Haft als hinnehmbar.

Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses des Antragstellers ist wie bei einem Antrag nach § 119a Abs. 1 Satz 1 StPO-E auch hier ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung.

An einem solchen kann es dabei auch fehlen, wenn von der zuständigen Stelle über einen identischen Antrag schon einmal entschieden wurde und sich die Sachlage seitdem nicht verändert hat.

Zu § 119a Abs. 2 StPO-E

Zu Absatz 2 Satz 1

§ 119a Abs. 2 Satz 1 StPO-E stellt klar, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Er entspricht damit den für den allgemeinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen Justizverwaltungsakte (§ 29 Abs. 2 EGGVG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 StPO) und den für den strafvollzugsrechtlichen Antrag auf gerichtliche Entscheidung ( § 114 Abs. 1 StVollzG) geltenden Vorschriften.

Zu Absatz 2 Satz 2

§ 119a Abs. 2 Satz 2 StPO-E ermöglicht es dem Gericht, sowohl bei einem gegen eine außergerichtliche Entscheidung oder Maßnahme gerichteten Antrag nach § 119a Abs. 1 Satz 1 StPO-E als auch bei einem Vornahmeantrag nach § 119a Abs. 1 Satz 3 StPO-E eine vorläufige Anordnung zu erlassen. Dies ist erforderlich, weil die durch das Gericht zu veranlassende Aufklärung des Sachverhalts und die den Beteiligten zu gewährende Möglichkeit zur Stellungnahme nicht unbeträchtliche Zeit in Anspruch nehmen kann, während der der Gefangene seine Rechte möglicherweise nicht verwirklichen kann. So kann eine vorläufige Anordnung z.B. dann in Betracht kommen, wenn die Sicherheitsinteressen der Vollzugsanstalt (zumindest vorläufig) auch durch mildere Maßnahmen gewahrt werden können.

Zu § 119a Abs. 3

Eine gerichtliche Entscheidung nach § 119a Abs. 1 StPO-E kann insbesondere dann, wenn sie eine von der Vollzugsanstalt für notwendig erachtete Beschränkung für unzulässig erklärt für die Arbeit der Vollzugsanstalt von erheblicher Bedeutung sein. Deshalb billigt § 119a Abs. 3 StPO auch der für die vollzugliche Entscheidung oder Maßnahme zuständigen Stelle (bei der es sich in aller Regel um die Vollzugsanstalt handelt) eine Beschwerdebefugnis gegen die Entscheidung des Gerichts zu. Das entspricht der derzeitigen Regelung des Strafvollzugsgesetzes, das ebenfalls ein Beschwerderecht der Vollzugsanstalt gegen gerichtliche Entscheidungen nach § 116 StVollzG vorsieht. Die neue Vorschrift des § 119a Abs. 3 StPO-E lehnt sich an § 304 Abs. 2 StPO an. Im Übrigen bestimmt sich das Beschwerdeverfahren nach den §§ 304 ff. StPO.

Zu Nummer 6 (§ 126 StPO-E)

Durch die Änderung von § 126 Abs. 1 Satz 1 StPO wird mit der gebotenen Klarheit festgelegt, dass das nach § 126 (in Verbindung mit §§ 125, 162 Abs. 1 Satz 2) StPO zuständige Haftgericht auch für Entscheidungen nach den neu eingeführten §§ 116b und 119a StPO-E zuständig ist.

Entscheidungen nach § 116b StPO haben der Zuständigkeit des Haftgerichts zu unterfallen, weil bei ihnen auch die praktische Umsetzbarkeit der Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 StPO-E zu prüfen ist, über die ebenfalls das nach § 126 StPO zuständige Gericht zu entscheiden hat. Zudem kann der Umstand, dass sich Beschuldigte, gegen die Untersuchungshaft angeordnet wurde, nicht in einer Untersuchungshaftanstalt befinden, Auswirkungen auf den Inhalt der Beschränkungen nach § 119 Abs. 1 StPO-E haben, so dass auch aus diesem Grund die Entscheidungen nach §§ 116b und 119 StPO-E in einer Hand liegen sollten.

Gerichtliche Entscheidungen nach § 119a StPO-E über behördliche Entscheidungen und sonstige Maßnahmen im Untersuchungshaftvollzug stehen ebenfalls in engem Zusammenhang mit den in § 119 StPO-E geregelten gerichtlichen Entscheidungen über Beschränkungen aus Zwecken der Untersuchungshaft, so dass auch insoweit eine einheitliche Zuständigkeit sachgerecht ist. Im Einzelnen wird hierzu auf die Begründung zu § 119a Abs. 1 Satz 1 StPO-E verwiesen.

Im Übrigen enthält § 126 Abs. 1 Satz 1 bis 3 StPO-E redaktionelle Änderungen zur bisherigen Fassung. Insbesondere ist als zuständiges Organ jetzt - in Angleichung an die bei strafprozessualen Untersuchungshandlungen nunmehr allgemein übliche Bezeichnung (vgl. § 162 StPO) und zwecks Umsetzung des Ziels einer geschlechtsneutralen Gesetzessprache - das "Gericht" und nicht mehr der "Richter" vorgesehen.

§ 126 Abs. 2 Satz 2 StPO-E enthält eine Klarstellung. Schon bislang entsprach es der wohl einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (BGH, NJW 1996, 2665; Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, § 126, Rn. 6), dass nach einer Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht das Gericht zuständig ist, an das zurückverwiesen worden ist (und nicht etwa das Gericht, dessen Urteil aufgehoben worden ist). Durch die jetzt gewählte Formulierung ("während des Revisionsverfahrens") wird auch im Gesetzestext deutlich gemacht, dass nach Erlass der Entscheidung des Revisionsgerichts wieder der Grundsatz des Absatzes 2 Satz 1 auflebt (Zuständigkeit des mit der Sache befassten Gerichts) und folglich das Gericht zuständig ist, an das zurückverwiesen ist.

Zu Nummer 7 (§ 126a Abs. 2 Satz 1 StPO-E)

Der Bund kann nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG unproblematisch (weiterhin) das "Ob" der einstweiligen Unterbringung als Teil des Kompetenztitels "gerichtliches Verfahren" regeln.

Der Wortlaut des Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ("das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs)") spricht zudem für die Annahme, dass der Bund auch nach der Föderalismusreform noch die (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Vollzuges der einstweiligen Unterbringung inne hat. Letztlich kann diese Frage aber offenbleiben. Da die Länder bereits jetzt über Gesetze zum Maßregelvollzug verfügen und künftig auch die Untersuchungshaft regeln werden, erscheint es sachgerecht, ihnen auch die Normierung des Vollzugs der einstweiligen Unterbringung zu überlassen.

In § 126a Abs. 2 Satz 1 StPO ist lediglich eine Folgeänderung aus Anlass des vorliegenden Entwurfs vorzunehmen. Die neuen bzw. neugefassten Bestimmungen für die Untersuchungshaft gelten künftig - wie schon bisher - entsprechend auch für den Erlass und die Vollstreckung des Unterbringungsbefehls. An die Angabe "§§ 117 bis 119" wird zu diesem Zweck der Buchstabe "a" angefügt.

Zu Nummer 8 (§ 127 Abs. 4 StPO-E)

§ 127 Abs. 4 StPO-E stellt klar, dass die Bestimmungen über die Informations-, Belehrungs-und Benachrichtigungspflichten in §§ 114a bis 114c StPO für die vorläufige Festnahme von Beschuldigten durch Staatsanwaltschaft oder Polizeibeamte entsprechend gelten. Damit wird vor allem den Forderungen des CPT entsprochen. Auf die Ausführungen in der Begründung zu §§ 114a bis 114c StPO-E (Artikel 1 Nummer 2 des Entwurfs) wird Bezug genommen.

Zu Nummer 9 (§ 127b Abs. 1 Satz 2 StPO-E)

Hier gilt Entsprechendes wie zu Nummer 8. Die Bestimmungen der §§ 114a bis 114c StPO gelten auch für die vorläufige Festnahme nach § 127b Abs. 1 StPO entsprechend.

Zu Nummer 10 (§ 147 Abs. 2, 7 StPO-E

Die Neufassung von § 147 Abs. 2 StPO-E dient vor allem der Umsetzung einer ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil zum Individualbeschwerdeverfahren Nr. 11364/03, Mooren ./. Deutschland vom 13. Dezember 2007, Rn. 92 ff. (noch nicht rechtskräftig); Urteil zum Individualbeschwerdeverfahren Nr. 24479/94, Lietzow ./. Deutschland, vom 13. Februar 2001, Rn. 47; Urteil zum Individualbeschwerdeverfahren Nr. 23541/94, Garcia Alva ./. Deutschland, vom 13. Februar 2001, Rn. 42). Der Gerichtshof hat in den zitierten Entscheidungen einen Verstoß gegen Artikel 5 Abs. 4 EMRK darin gesehen, dass keine hinreichende Akteneinsicht gewährt wurde. Nach dieser Rechtsprechung hat der inhaftierte Beschuldigte zumindest einen Anspruch darauf, dass ihm bzw. seinem Verteidiger diejenigen Informationen zugänglich gemacht werden, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlich sind. Dieser Anspruch wird aus dem in Artikel 6 EMRK verankerten Recht auf ein kontradiktorisches Verfahren abgeleitet, das auch in dem Verfahren nach Artikel 5 Abs. 4 EMRK (richterliche Haftkontrolle) gewährleistet sein muss und Ausfluss des Prinzips der Waffengleichheit zwischen der Staatsanwaltschaft und der Person, der die Freiheit entzogen wird ist.

Der neue Satz 2 trägt dieser Rechtsprechung Rechnung. Auf welche Weise die erforderlichen Informationen erteilt werden, bleibt dem Einzelfall überlassen. Allerdings ist zu beachten, dass Informationsvermittlungen, die Sachverhalte lediglich nach dem Verständnis der Ermittlungsbehörden schildern, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht ausreichend sind, da es den Betroffenen dann faktisch unmöglich ist, die Zuverlässigkeit dieser Schilderungen wirksam anzufechten. Zu betonen ist auch, dass das Gericht bei seiner Entscheidung über die Haftanordnung bzw. über deren Rechtmäßigkeit nicht solche Teile der Akten zur Grundlage seiner Entscheidung machen darf, die dem Verteidiger zuvor vorenthalten worden sind.

§ 147 Abs. 2 Satz 1 StPO-E wurde sprachlich überarbeitet. Zugleich erweitert die nunmehr gewählte Formulierung die Möglichkeit zur Versagung der Akteneinsicht dahingehend, dass sich die Gefährdung des Untersuchungszwecks auch aus einem anderen Strafverfahren ergeben kann. Damit wird etwa der Fall eines zugleich gegen denselben oder andere (noch unbekannte) Mittäter laufenden weiteren Strafverfahrens erfasst, in dem sich die Ermittlungen noch in einem früheren Stadium befinden. Die Gewährung von Akteneinsicht könnte dann unerwünschte Rückschlüsse auf Ermittlungsansätze in diesem weiteren Verfahren zulassen und unter Umständen zu Verdunkelungshandlungen führen.

In einer solchen Konstellation wird allerdings regelmäßig die Möglichkeit, zumindest teilweise Akteneinsicht zu gewähren, besonders sorgfältig zu prüfen sein. § 147 Abs. 7 Satz 1, § 406e Abs. 2 und § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO werden aus dem gleichen Grund entsprechend gefasst.

§ 147 Abs. 7 Satz 2 StPO-E überträgt die in Absatz 2 Satz 2 aufgenommene Regelung auch auf den sich selbst verteidigenden Beschuldigten.

§ 147 Abs. 7 Satz 1 StPO-E räumt dem sich selbst verteidigenden Beschuldigten nunmehr einen Anspruch auf Überlassung von Auskünften und Abschriften aus den Akten auf seinen Antrag hin ein, wenn er sich ansonsten nicht angemessen verteidigen könnte, allerdings nur - wie bisher - soweit dadurch der Untersuchungszweck nicht gefährdet werden kann bzw. überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen.

Auch damit wird der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung getragen, nach der sich selbst verteidigenden Beschuldigten Abschriften aus den Akten zu stellen sind, wenn sie sich ohne Aktenkenntnis nicht angemessen verteidigen können (vgl. EGMR, NStZ 1998, 429; ebenso Laufhütte, in: Karlsruher Kommentar, § 147, Rr. 2). Ein generelles Akteneinsichtsrecht des Beschuldigten selbst ist in Anbetracht der Missbrauchsmöglichkeiten dagegen nach wie vor abzulehnen. In schwierigen Fällen wird sich allerdings häufig die Bestellung eines Verteidigers nach § 140 Abs. 2 StPO aufdrängen (Laufhütte, a. a. O.).

Zu Nummer 11 (§ 148 Abs. 2 StPO-E)

Mit der neuen Fassung des § 148 Abs. 2 StPO wird der bisherige § 122 Abs. 2 StVollzG in die Strafprozessordnung integriert. § 148 Abs. 2 StPO in seiner derzeitigen Fassung ist unmittelbar nur auf Beschuldigte anzuwenden, gegen die Untersuchungshaft vollstreckt wird. § 122 Abs. 2 StVollzG bestimmt daher die entsprechende Anwendung der Vorschrift auch für den Fall der Unterbrechung der Untersuchungshaft zum Zwecke der Strafvollstreckung.

Mit der Novellierung des § 148 Abs. 2 StPO wird nunmehr eine Regelung geschaffen, die unabhängig davon gilt, welche Haftform gegen den einer Straftat nach § 129a StGB verdächtigen Beschuldigten vollstreckt wird. Sie ergänzt § 119 Abs. 6 StPO-E, der § 122 Abs. 1 StVollzG übernimmt (siehe dazu die Begründung zu § 119 StPO-E). Der bisherige § 148 Abs. 2 Satz 2 StPO kann entfallen, da die nun gewählte, umfassende Formulierung alle Fälle des Verkehrs zwischen Verteidiger und Beschuldigten erfasst also auch solche des Verkehrs in anderen gesetzlich geordneten Verfahren.

Mit der Neuregelung wird zudem im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Gewicht des mit ihrer Anwendung verbundenen Eingriffs ein genereller Richtervorbehalt eingeführt.

Der Bund verfügt auch nach der Föderalismusreform in Artikel 74 Abs.1 Nr. 1 GG über den Kompetenztitel für den in § 148 Abs. 2 StPO-E geregelten Bereich. Die Frage der Überwachung des Verkehrs eines inhaftierten Beschuldigten mit seinem Verteidiger aufgrund des Verdachts einer Straftat nach § 129a StGB betrifft das gerichtliche Verfahren bzw. das Untersuchungshaftrecht und nicht den Straf- oder Untersuchungshaftvollzug. Geht es dagegen darum, einen rechtskräftig nach § 129a StGB Verurteilten ausschließlich aufgrund dieser Verurteilung zu überwachen (siehe bislang § 29 Abs. 1 Satz 2 StVollzG), sind die Länder aufgrund des ihnen zugewiesenen Kompetenztitels "Strafvollzug" nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG künftig zur Gesetzgebung befugt. Dieser Fall wird daher von § 148 Abs. 2 StPO auch weiterhin nicht geregelt.

Zu Absatz 2 Satz 1

§ 148 Abs. 2 Satz 1 StPO sieht nunmehr generell eine gerichtliche Anordnung als Voraussetzung der Überwachung vor. Der Wortlaut des bisherigen Gesetzestextes enthielt dagegen keinen Richtervorbehalt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGHSt 36, 205) entschieden dass entgegen diesem Wortlaut eine richterliche Anordnung in jenen Fällen erforderlich sei, in denen gegen den in anderer Sache inhaftierten Beschuldigten wegen des Verdachts einer Straftat nach § 129a StGB (ggf. in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB) noch kein (neuer) Haftbefehl ergangen ist. Aus rechtsstaatlicher Sicht erscheint es geboten die nach § 148 Abs. 2 StPO statthaften Überwachungsmaßnahmen grundsätzlich unter Richtervorbehalt zu stellen, also auch für den Fall, dass bereits ein auf § 129a StGB gestützter Haftbefehl erlassen worden ist. Ein ungehinderter Verkehr zwischen Verteidiger und Beschuldigten ist wesentliche Voraussetzung für eine effektive Verteidigung.

Die nach § 148 Abs. 2 StPO mögliche Überwachung stellt einen erheblichen Eingriff in Rechte der Verteidigung dar und sollte daher ausschließlich auf der Grundlage richterlicher Prüfung und Entscheidung erfolgen. Allerdings wird in der Mehrzahl der Fälle eine Überwachung geboten sein. Das Gericht soll aber die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigen können. Es sind nämlich Konstellationen vorstellbar, in denen eine Überwachung nach § 148 Abs. 2 StPO nicht erforderlich ist, weil der Beschuldigte etwa mit den Ermittlungsbehörden kooperiert oder seine Betätigung für die terroristische Vereinigung aufgegeben hat. Deshalb lässt die gewählte Formulierung Ausnahmen von der Überwachungsanordnung zu ("soll"). Weiterhin macht der Entwurf die Anordnung ausdrücklich von einem dringenden Tatverdacht abhängig. Damit wird eine entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung im Gesetzestext aufgegriffen (BGH a. a. O.; vgl. auch Laufhütte, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Auflage, § 148, Rn. 11 m. w. N.). Der Inhalt der von dem Gericht zu treffenden Anordnung entspricht den schon bisher in § 148 Abs. 2 Satz 1 StPO vorgesehenen Rechtsfolgen. Mit dem Begriff des "Gerichts" wird auf § 126 StPO in der Fassung des Entwurfs Bezug genommen (siehe aber sogleich zu Absatz 2 Satz 2).

Zu Absatz 2 Satz 2

§ 148 Abs. 2 Satz 2 StPO ergänzt die in Satz 1 erfolgte Bezugnahme auf "das Gericht" für die Fälle, in denen in dem neuen Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat nach § 129a StGB noch kein Haftbefehl ergangen ist. Diese Ergänzung ist notwendig, weil in § 126 StPO die Zuständigkeit gerade dem Gericht zugewiesen wird, das den Haftbefehl erlassen hat.

Zu Absatz 2 Satz 3

§ 148 Abs. 2 Satz 3 entspricht der bisherigen Regelung. Wegen des Wegfalls des bisherigen Satzes 2 entfällt allerdings die Bezugnahme auf diesen. Zudem ist die Bestimmung sprachlich angepasst worden.

Die Bestimmungen über die Kontaktsperre (§§ 31 bis 38a EGGVG) bleiben von § 148 StPO unberührt.

Zu Nummer 12 (§ 162 Abs. 1, 3 StPO-E)

Mit der Änderung von § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO-E und dem neu geschaffenen § 162 Abs. 3 StPO-E wird höchstrichterliche Rechtsprechung umgesetzt, nach der - abweichend von dem Wortlaut von § 162 StPO in der bisherigen Fassung - die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters mit der Anklageerhebung endet und Ermittlungshandlungen durch das jeweils mit der Sache befasste Gericht anzuordnen sind (BGHSt 27, 253; Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, § 162, Rn. 16 m. w. N.). Während des Revisionsverfahrens bleibt die Zuständigkeit des letzten Tatsachengerichts bestehen (vgl. die Ausführungen zu § 126 Abs. 2 Satz 2 StPO-E, Artikel 1, Nummer 6 des Entwurfs). Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens lebt die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters wieder auf. Wird ein Wiederaufnahmeantrag gestellt, geht die Entscheidungskompetenz auf das für das Wiederaufnahmeverfahren zuständige Gericht über.

Zu Nummer 13 (§ 163c Abs. 1 Satz 3 StPO-E)

Durch den neu aufgenommenen Verweis in § 163c Abs. 1 Satz 3 StPO-E wird klargestellt, dass die Mitteilungs-, Belehrungs- und Benachrichtigungspflichten in den §§ 114a bis 114c StPO-E auch für den Fall des Festhaltens von Beschuldigten durch die Polizei zum Zwecke der Identitätsfeststellung (entsprechend) gelten. Damit wird wiederum vor allem den Forderungen des CPT genügt (vgl. im Einzelnen oben die Ausführungen zu Teil A. II. 1. und zu §§ 114a bis 114c, Artikel 1 Nummer 2 des Entwurfs). § 163c Abs. 2 StPO kann entfallen, weil die Benachrichtigungspflichten bzw. -rechte sich künftig über den Verweis aus § 114c StPO-E ergeben.

Die in Bezug genommenen Vorschriften sind "entsprechend" anzuwenden, d. h. dass sie in ihrer Anwendung ggf. zu modifizieren sind. So kann einer festgehaltenen tatunverdächtigen Person ( § 163b Abs. 2 StPO) naturgemäß keine gegen sie erhobene Beschuldigung (§ 114a StPO-E) eröffnet werden.

Zu Nummern 14 und 16 (§ 275a Abs. 5 Satz 4 und § 453c Abs. 2 Satz 2 StPO-E)

In § 275a Abs. 5 Satz 4 und in § 453c Abs. 2 Satz 2 StPO ist als Konsequenz des vorliegenden Entwurfs die Verweisung auf die Vorschriften über die Untersuchungshaft anzupassen.

Zu Nummern 15 und 17 (§ 406e Abs. 2 Satz 2 und § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO-E)

Hier gelten die Ausführungen zu § 147 Abs. 2 StPO-E (Nummer 10) entsprechend.

Zu Artikel 2 (Änderung des Strafvollzugsgesetzes)

Zu Nummern 1 und 2 ( § 122 StVollzG)

§ 122 StVollzG ist aufzuheben. Der Regelungsgehalt des Absatzes 1 findet sich zukünftig in § 119 Abs. 6 StPO-E. Der bisherige Absatz 2 wird in § 148 Abs. 2 StPO-E (in Verbindung mit § 119 Abs. 4 Satz 1 StPO-E) integriert.

Zu Nummern 3 und 4 (§ 167 Satz 1, § 171 StVollzG)

Es handelt sich um Folgeänderungen zu der Aufhebung von § 122 StVollzG in Artikel 2

Nummer 2 des Entwurfs.

Zu Nummer 5 ( § 178 StVollzG)

§ 178 Abs. 2 StVollzG ist aufzuheben. Die Durchführung des Vollzuges der Untersuchungshaft wird als Folge der Föderalismusreform künftig in Landesgesetzen geregelt.

Hinsichtlich des Vollzugs der einstweiligen Unterbringung macht der Bund - wie ausgeführt (Begründung zu Artikel 1, Nummer 7) - von seiner möglicherweise fortbestehenden konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch und überlässt auch diesen Bereich den Ländern zur Regelung.

Zu Artikel 3 (Änderung des Jugendgerichtsgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 72b JGG-E)

Die bisherige Regelung des § 93 Abs. 3 JGG wird aus systematischen Gründen als neuer § 72b JGG-E bei den Verfahrensvorschriften eingestellt, die die Untersuchungshaft betreffen (Zweites Hauptstück. 3. Abschnitt 7. Unterabschnitt, §§ 72, 72a JGG). Eine inhaltliche Veränderung ist damit nicht verbunden. Allerdings wird in § 72b JGG-E der Bewährungshelfer nicht mehr aufgeführt, da dieser bereits im allgemeinen Strafverfahrensrecht (§ 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO-E) und damit über § 2 JGG berücksichtigt wird.

Für den Regelungsgegenstand verfügt der Bund weiterhin über die Gesetzgebungzuständigkeit des Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ("gerichtliches Verfahren"). Die Vorschrift dient der ordnungsgemäßen Durchführung des Jugendstrafverfahrens und fällt unter den Kompetenztitel des gerichtlichen Verfahrens.

Zu Nummer 2 ( § 83 Abs. 1 JGG)

Die Änderung des § 83 Abs. 1 JGG ist eine Folge der Verschiebung der Regelung des bisherigen § 91 Abs. 2 JGG in § 89b Abs. 2 JGG-E.

Zu Nummer 3 (§§ 89b, 89c JGG-E)

Aus systematischen Gründen wird die durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes und anderer Gesetze vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I 2007, S. 2894) sprachlich neugefasste Regelung zur Ausnahme vom Jugendstrafvollzug ( § 91 JGG) ohne inhaltliche Veränderung als neuer § 89b JGG-E bei den Vorschriften über die Vollstreckung der Jugendstrafe (Drittes Hauptstück, 3. Unterabschnitt) eingestellt.

Auch hierfür folgt die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, da von der Regelung allein Fragen der Art der Vollstreckung einer Jugendstrafe betroffen sind (vgl. BT-Drs. 016/6293, S. 8). § 89c JGG-E greift Regelungsgegenstände des bisherigen § 93 Abs. 1 und 2 JGG sowie des bisherigen § 110 Abs. 2 JGG auf, soweit sich diese Vorschriften nicht auf Bereiche beziehen für die nach der Föderalismusreform die Länder die Gesetzgebungskompetenz haben.

Dabei schließt die Regelung zugleich eine Lücke.

Nach dem bisher geltenden § 93 Abs. 1 JGG wird an Jugendlichen die Untersuchungshaft nach Möglichkeit in einer besonderen Anstalt oder wenigstens in einer besonderen Abteilung der Haftanstalt oder in einer Jugendarrestanstalt vollzogen. Entsprechendes gilt bisher nach § 110 Abs. 2 Satz 1 JGG für die zur Tatzeit Heranwachsenden, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und fakultativ gemäß § 110 Abs. 2 Satz 2 JGG bei zur Tatzeit Heranwachsenden, die 21, aber noch nicht 24 Jahre alt sind. Die genannten Vorschriften sind vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 1 JGG und des § 91 JGG (§ 89b JGG-E) zu sehen. Sie berücksichtigen schon beim Vollzug der Untersuchungshaft den Umstand, dass Jugendstrafe an unter 18-Jährigen stets und an 18- bis 24-Jährigen regelmäßig in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung und nach den Vorschriften für den Jugendstrafvollzug zu vollziehen ist (vgl. BT-Drs. 011/5829, S. 39). Obwohl es gerade bei den zur Tatzeit Jugendlichen, die 18, aber noch nicht 21 bzw. 24Jahre alt sind, zur Vorbereitung auf den Vollzug einer sich abzeichnenden Jugendstrafe geboten wäre, beim Vollzug der Untersuchungshaft wie bei den zur Tatzeit Heranwachsenden zu verfahren, fehlt bisher eine ausdrückliche Regelung. Dies ist nicht sachgerecht, weshalb der Entwurf vorschlägt, die bisher für zur Tatzeit Heranwachsende geltende Regelung ausdrücklich bereits bei den für Jugendliche geltenden Vorschriften vorzusehen. Dabei beinhaltet der Entwurf für 21- bis 24-Jährige insgesamt eine "Kann"-Regelung. Der Vollzug an den unter 21-Jährigen hat dagegen zwingend nach den Vorschriften des Jugenduntersuchungshaftvollzuges und nach Möglichkeit auch in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung zu erfolgen. Letzteres ist dem Umstand geschuldet, dass es vor allem kleineren Ländern faktisch nicht immer möglich sein wird, die betroffenen Beschuldigten in einer Einrichtung für junge Gefangene unterzubringen. Ihre Unterbringung in einer anderen Anstalt kann aber auch unabhängig von diesem Gesichtspunkt ausnahmsweise geboten sein z.B. aufgrund ihrer geringen Anzahl (etwa hinsichtlich der wenigen weiblichen jungen Untersuchungshäftlinge) oder aus vollzuglichen (Tätertrennung) bzw. "behandlerischen" Gründen (bestimmte Bildungsmaßnahme in einer Erwachsenenanstalt).

Für die Bestimmung verfügt der Bund über die Gesetzgebungskompetenz aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Die Regelung bezieht sich nicht auf das allein von den Ländern zu regelnde "Wie", d. h. die konkrete Ausgestaltung des Vollzugs der Untersuchungshaft, sondern auf die übergeordnete Art des Vollzugs der Untersuchungshaft an jungen Gefangenen im Hinblick auf die gebotene jugendgemäße Ausgestaltung des Strafverfahrens.

Zu Nummer 4 (§§ 91, 93 JGG)

Die §§ 91, 93 JGG werden aufgehoben.

Die Regelung des § 91 JGG findet sich künftig in § 89b JGG-E (vgl. Ausführungen zu Nummer 3). Die Regelungsgegenstände des § 93 Abs. 1 und 2 JGG, die nicht die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder berühren, werden in § 89c JGG-E aufgegriffen (vgl. Ausführungen zu Nummer 3). Der Inhalt des § 93 Abs. 3 JGG wird in § 72b StPO-E übernommen (vgl. Ausführungen zu Nummer 1).

Zu Nummer 5 (§ 92 Abs. 6 Satz 1 JGG)

Die Änderung des § 92 Abs. 6 Satz 1 JGG ist eine Folge der Verschiebung der Regelung des bisherigen § 91 Abs. 1 JGG in § 89b Abs. 1 JGG-E.

Zu Nummer 6 (§ 109 Abs. 1 Satz 1 JGG)

Bisher findet § 72a JGG auf zur Tatzeit Heranwachsende nicht ausdrücklich Anwendung (vgl. § 109 Abs. 1 Satz 1 JGG). Jedoch ist es auch bei diesen geboten, dass die Jugendgerichtshilfe unverzüglich vom Erlass und von der Vollstreckung eines Haftbefehls unterrichtet wird (vgl. Eisenberg, JGG, 12. Auflage, § 72a, Rn. 2; Ostendorf, JGG, 7. Auflage, § 72a, Rn. 1; Diemer/Schoreit/Sonnen, JGG, 5. Auflage, § 72a, Rn. 2). Dass die §§ 71 f. JGG keine Anwendung finden, ist unbeachtlich. Denn der Bericht der Jugendgerichtshilfe gemäß § 38 Abs. 2 Satz 3, § 107 JGG, aus dem sich gleichwohl Alternativen zur Untersuchungshaft ergeben können, kann insbesondere für die Prüfung von Relevanz sein, ob eine Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls gemäß § 116 StPO in Betracht kommt.

Damit die Jugendgerichtshilfe auch in Haftsachen, die zur Tatzeit Heranwachsende betreffen beschleunigt berichten kann, muss sichergestellt sein, dass sie auch frühzeitig informiert wird. Deshalb wird § 72a JGG ausdrücklich in § 109 Abs. 1 Satz 1 JGG aufgenommen.

Die weitere Ergänzung des § 109 Abs. 1 Satz 1 JGG ist eine Folge der Verschiebung der Regelung des bisherigen § 93 Abs. 3 JGG in § 72b JGG-E (vgl. Ausführungen zu Nummer 1) und ersetzt den bisherigen Verweis in § 110 Abs. 2 Satz 1 JGG.

Zu Nummer 7 ( § 110 Abs. 2 JGG)

Die Neufassung des § 110 Abs. 2 JGG ist einerseits Folge der Verschiebung des § 93 Abs. 3 JGG in § 72b JGG-E (vgl. Ausführungen zu Nummer 1 und 6) und andererseits Folge des neu eingefügten § 89c JGG-E (vgl. Ausführungen zu Nummer 2).

Zu Artikel 4 (Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen)

Die Regelung des Vollzugs der vorläufigen Auslieferungshaft, der Auslieferungshaft und der Haft aufgrund einer Anordnung des Richters beim Amtsgericht erfolgt derzeit durch § 27 Abs. 1 IRG im Wege eines Verweises auf die den Vollzug der Untersuchungshaft regelnden Vorschriften der Strafprozessordnung (d. h. § 119 StPO) und des Jugendgerichtsgesetzes.

Durch die Föderalismusreform ist die bisherige Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht des Untersuchungshaftvollzugs auf die Länder übergegangen.

Da der Untersuchungshaftvollzug (abgesehen von dem gerichtlichen Verfahren) folglich zukünftig in verschiedenen Landesgesetzen geregelt sein wird, nimmt § 27 Abs. 1 IRG-E nunmehr für den Vollzug der vorläufigen Auslieferungshaft, der Auslieferungshaft und der Haft auf Grund einer Anordnung des Richters beim Amtsgericht allgemein die Vorschriften über den Vollzug der Untersuchungshaft in Bezug. Zu diesen Vorschriften gehört neben den Landesvollzugsgesetzen auch § 119a StPO-E, so dass gegen vollzugliche Entscheidungen oder Maßnahmen auch im Rahmen der Auslieferungshaft etc. gerichtliche Entscheidung beantragt werden kann.

Da die Föderalismusreform die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das gerichtliche Verfahren unberührt gelassen hat, wird allerdings die bisher in § 119 Abs. 3 Alternative 1 StPO geregelte Anordnung von Beschränkungen, die dem Beschuldigten aus Zwecken der Untersuchungshaft auferlegt werden (und die somit nicht aus vollzuglichen Gründen ergehen), auch zukünftig in der Strafprozessordnung erfolgen (in § 119 StPO-E). Insbesondere dann, wenn sich das Ersuchen des die Auslieferung begehrenden Staates auf einen dort bestehenden Untersuchungshaftbefehl stützt, kann die Anordnung der vorgenannten Beschränkungen auch bei einem Auslieferungshaftbefehl erforderlich sein (so kann z.B. dann, wenn sich aus dem Haftbefehl eine Verdunkelungsgefahr ergibt die Kommunikation des Beschuldigten zu überwachen sein). Aber auch im Fall einer dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegenden rechtskräftigen Verurteilung kann sich die Anordnung von Beschränkungen als notwendig erweisen (vgl. die in § 15 IRG genannten Haftgründe). Deshalb bestimmt § 27 Abs. 1 IRG-E auch die entsprechende Geltung der diese Anordnungen regelnden Vorschrift der Strafprozessordnung (d. h. nunmehr § 119 StPO-E).

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderungen in § 27 Abs. 1 IRG ergibt sich aus Artikel 73 Abs. 1 Nr. 1 GG ("auswärtige Angelegenheiten").

Zu Artikel 5 (Änderung des Überstellungsausführungsgesetzes)

Die Regelung des Vollzugs der Haft aufgrund einer Anordnung nach § 5 des Überstellungsausführungsgesetzes (ÜAG) erfolgt derzeit durch § 12 Abs. 1 ÜAG im Wege eines Verweises auf die den Vollzug der Untersuchungshaft regelnden Vorschriften der Strafprozessordnung (d. h. § 119 StPO) und des Jugendgerichtsgesetzes. Durch die Föderalismusreform ist die bisherige Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht des Untersuchungshaftvollzugs auf die Länder übergegangen. Da der Untersuchungshaftvollzug (ausgenommen das gerichtliche Verfahren) folglich zukünftig in verschiedenen Landesgesetzen geregelt sein wird, verweist § 12 Abs. 1 ÜAG-E nunmehr für den Vollzug der Haft aufgrund einer Anordnung nach § 5 ÜAG allgemein auf die für den Untersuchungshaftvollzug geltenden Vorschriften. Zu diesen Vorschriften gehört auch § 119a StPO-E.

§ 12 Abs. 3 ÜAG knüpft derzeit an die Regelung des bisherigen § 119 Abs. 6 StPO an, wonach Beschränkungen grundsätzlich vom Richter anzuordnen sind. Nach den Landesgesetzen über den Vollzug von Untersuchungshaft werden vollzugliche Maßnahmen dagegen künftig von der jeweiligen Anstalt anzuordnen sein. Es besteht kein sachlicher Grund zu einer abweichenden Regelung im Bereich des ÜAG, das rechtskräftig verurteilte Straftäter betrifft. § 12 Abs. 3 ÜAG ist daher aufzuheben. Verurteilte im Sinne des ÜAG können bei vollzuglichen Entscheidungen oder Maßnahmen nach den künftigen Landesgesetzen über den Untersuchungshaftvollzug wie Untersuchungsgefangene gerichtliche Entscheidung gemäß § 119a StPO-E beantragen.

Auch insoweit ergibt sich die Kompetenz des Bundes für die vorgesehenen Änderungen aus Artikel 73 Abs. 1 Nr. 1 GG ("auswärtige Angelegenheiten").

Zu Artikel 6 (Folgeänderungen)

Zu Absatz 1 (Änderung von § 117 Satz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung)

§ 117b Satz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung ist lediglich an § 147 Abs. 2 StPO-E anzupassen.

§ 147 Abs. 2 Satz 2 StPO-E hat ausschließlich die Funktion, inhaftierten Beschuldigten die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Haft zu ermöglichen. Eine Übertragung dieses Gedankens auf ein berufsgerichtliches Verfahren ist weder möglich noch geboten. Die Bezugnahme auf § 147 Abs. 2 StPO ist deshalb - zur Klarstellung - auf Satz 1 zu beschränken.

Zu Absatz 2 (Änderung von § 101 Satz 2 der Patenanwaltsordnung)

Hier gilt Gleiches wie für die Bundesrechtsanwaltsordnung (vgl. Begründung zu Artikel 6).

Zu Absatz 3 (Änderung von § 108 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes)

Hier gilt Gleiches wie für die Bundesrechtsanwaltsordnung (vgl. Begründung zu Artikel 6).

Zu Absatz 4 (Änderung von § 82b Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer)

Hier gilt Gleiches wie für die Bundesrechtsanwaltsordnung (vgl. Begründung zu Artikel 6).

Zu Absatz 5 (Änderung von § 148 Abs. 3 Halbsatz 1 des Bundesberggesetzes)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu § 162 StPO-E. Nach dessen Absatz 3 wird künftig auch die gerichtliche Zuständigkeit für Ermittlungshandlungen nach Anklageerhebung ausdrücklich in der Strafprozessordnung geregelt. Der Verweis in § 148 Abs. 3

Halbsatz 1 des Bundesberggesetzes ist entsprechend anzupassen.

Zu Absatz 6 (Änderung von Artikel 4 Halbsatz 1 des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 22. Januar 1965 zur Verhütung von Rundfunksendungen, die von Sendestellen außerhalb der staatlichen Hoheitsgebiete gesendet werden)

Es handelt sich um eine Folgeänderung. Durch den vorliegenden Entwurf wird § 162 StPO um einen Absatz 3 erweitert, der die gerichtliche Zuständigkeit für Ermittlungshandlungen nach Anklageerhebung ausdrücklich bestimmt. Artikel 4 Halbsatz 1 des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 22. Januar 1965 zur Verhütung von Rundfunksendungen, die von Sendestellen außerhalb der staatlichen Hoheitsgebiete gesendet werden ist entsprechend anzupassen.

Zu Artikel 7 (Einschränkung von Grundrechten)

Mit der Vorschrift wird dem Zitiergebot des Artikels 19 Abs. 1 Satz 2 GG entsprochen.

Zu Artikel 8 (Inkrafttreten)

Eine Übergangsvorschrift ist nicht erforderlich. Die meisten Länder haben zugesagt, ihre Untersuchungshaftvollzugsgesetze ebenfalls zum 1. Januar 2010 in Kraft zu setzen.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 625:
Gesetz zur Überarbeitung des Untersuchungshaftrechts

Der Nationale Normenkontrollrat hat den o.g. Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Gesetz werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft, die Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger eingeführt, geändert oder aufgehoben. Es entstehen keine neuen Bürokratiekosten für Wirtschaft, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages daher keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

gez. gez.
Dr. Ludewig Prof. Dr. Wittmann
Vorsitzender Berichterstatter