Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen

Der Bundesrat hat in seiner 819. Sitzung am 10. Februar 2006 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe 0a - neu - und 4 Buchstabe 0a - neu - (§ 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 und § 52 Abs. 8b - neu - EStG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Zu Buchstabe a

Die Änderung des § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG stellt lediglich eine Anpassung des Gesetzeswortlautes an die geänderte Rechtsauffassung zur Zulässigkeit des gewillkürten Betriebsvermögens im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG dar. Aufgrund der geänderten Rechtsprechung kann es im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 EStG kein so genanntes geduldetes Betriebsvermögen mehr geben. Die gesetzliche Regelung ist insoweit gegenstandslos.

Zu Buchstabe b

Bei der Einfügung eines neuen Absatzes 8b in § 52 EStG handelt es sich um die zeitliche Anwendungsregelung.

2. Zu Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe a und 4 Buchstabe a (§ 4 Abs. 3 und 52 Abs. 10 EStG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Zu Buchstabe a
Zu Doppelbuchstabe aa

Durch die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Aufzählung von Wirtschaftsgütern sollen Gestaltungen über Steuerstundungseffekte insbesondere beim Wertpapier- und Grundstückshandel verhindert werden.

Es ist aber zu erwarten, dass die Betroffenen den bestehenden Steuerstundungseffekt fortführen wollen. Mit dem Ende des Steuerstundungseffekts entstehen nämlich erhebliche Gewinne im Erstjahr der Wirkung. Die am Jahresende gekauften Wertpapiere werden in großer Zahl am Jahresbeginn wieder verkauft. Dabei entsteht in Höhe des Verkaufspreises ein steuerlicher Gewinn, da sich die Anschaffungskosten bereits beim Einkauf im Vorjahr ausgewirkt haben.

Zu Doppelbuchstabe bb

Durch den neuen Satz 5 wird der Kreis der in Satz 4 aufgezählten Wirtschaftsgüter zusätzlich auf Wirtschaftsgüter erstreckt, deren körperlicher Besitz von vornherein nicht angestrebt wird. In diesem Fall ist dieser Erwerb der Güter wirtschaftlich ein bloßer Erwerb von Rechten. Der Erwerb von Rohstoffen wird soweit sie nicht körperlich an den Betrieb geliefert werden, mit dieser Formulierung ebenfalls erfasst.

Zu Doppelbuchstabe cc

Die Änderung ist durch die Einfügung eines neuen Satzes 5 erforderlich geworden.

Zu Buchstabe b

Bei der Änderung des § 52 Abs. 10 EStG handelt es sich um eine

Folgeänderung.

3. Zu Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe a und 4 Buchstabe a (§ 4 Abs. 3 und § 52 Abs. 10 EStG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Die Ergänzung des § 4 Absatz 3 Satz 4 EStG um Wirtschaftsgüter, die zu steuerlich unerwünschten Gestaltungen genutzt werden, macht eine Änderung des § 4 Absatz 3 Satz 5 (alt) bzw. 6 (neu) EStG (Aufzeichnungspflicht) erforderlich um den Betriebsausgabenabzug für die von Satz 4 erfassten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt ihrer Veräußerung oder Entnahme nachvollziehbar und überprüfbar zu machen.

Bei der Änderung des § 52 Abs. 10 EStG handelt es sich um eine Folgeänderung.

4. Zu Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe b (§ 5 Abs. 4a EStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe b gestrichen werden sollte.

Begründung

In Nordrhein-Westfalen liegen Fälle in mehrstelliger Millionenhöhe vor, in denen ausschließlich gegenläufige Risiken aus schwebenden Geschäften zu Bewertungseinheiten zusammengefasst werden und verbleibende (nicht abgesicherte) Risiken als Drohverlustrückstellungen abgebildet werden.

Das vorgeschlagene Absehen von einer Ergänzung des § 5 Abs. 4a EStG um einen Satz 2 lässt für diese Fälle - im Gegensatz zum Gesetzentwurf - das Verbot der Bildung von Drohverlustrückstellungen in der Steuerbilanz bestehen. Das Ziel der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und die Berücksichtigung von Verlusten aus schwebenden Geschäften erst im Zeitpunkt ihrer Realisation wird mit der vorgeschlagenen Änderung sichergestellt.

Ein nach der Bildung der Bewertungseinheiten verbleibendes negatives Ergebnis, das in der Handelsbilanz als Rückstellung ausgewiesen wird, kann in der Steuerbilanz angesetzt werden, soweit es auf Teilwertabschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 oder § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG für in der Bewertungseinheit befindliche Wirtschaftsgüter oder Schulden nachgewiesen wird. Insoweit handelt es sich begrifflich bereits nicht um eine "Drohverlustrückstellung", die unter den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 4a EStG fällt.

Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Ergänzung des § 5 Abs. 4a EStG ist daher entbehrlich und birgt nicht unerhebliche Haushaltsrisiken, die durch die Eröffnung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten noch verstärkt werden.


**) Hinweis auf Ziffer 2

5. Zu Artikel 2 Nr. 1 (§ 4 Nr. 9 Buchstabe b Satz 1 UStG)

Artikel 2 Nr. 1 ist zu streichen.

Begründung

Zur Begründung der Ablehnung des Artikels 2 Nr. 1 des Gesetzentwurfs (Änderung des § 4 Nr. 9 Buchstabe b Satz 1 UStG) wird auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 17. Juni 2005 zum Entwurf eines Zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (BR-Drs. 326/05(B) HTML PDF ) verwiesen.

6. Zu Artikel 2 (Umsatzsteuergesetz)

Für den Fall, dass der Deutsche Bundestag Artikel 2 Nr. 1 des Gesetzentwurfs beschließt weist der Bundesrat darauf hin, dass eine Umsatzbesteuerung im Bereich der öffentlichen Spielbanken durch die dann zwingend notwendige Absenkung bei der Spielbankabgabe zu Belastungen der Länder führen wird.

Der Bundesrat kann daher ggf. der Umsatzsteuerlösung nur dann zustimmen, wenn die Länder insgesamt einen angemessenen finanziellen Ausgleich für die dadurch bedingten Ausfälle bei der Spielbankabgabe erhalten. Der Bundesrat fordert von der Bundesregierung deshalb eine Kompensation in Höhe des Anteils der wegfallenden Spielbankabgabe, der nicht durch den Länderanteil bei der Umsatzsteuer ausgeglichen wird.

Forderungen des Bundes nach einer Kompensation für die von den Ländern erhobene Spielbankabgabe weist der Bundesrat zurück. Diese beziehen sich auf Steuern für Spiele in Spielbanken, die nicht Gegenstand von Änderungen durch dieses Gesetz sind. Da sich also insoweit an der Abgeltungswirkung der Spielbankabgabe nichts ändert, sind diese zusätzlichen Forderungen des Bundes nicht berechtigt.

7. Zu Artikel 2 (Umsatzsteuergesetz)

Der Bundesrat sieht im Zusammenhang mit der Besteuerung von Spieleinsätzen noch Beratungsbedarf. Die offenen Fragen sollen in einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Bundes erörtert werden.

8. Zu Artikel 2 Nr. 2 ( § 13b UStG)

Artikel 2 Nr. 2 ist zu streichen.

Begründung

Der Gesetzentwurf sieht eine Änderung des § 13b UStG vor, wonach die Umsatzsteuer auf steuerpflichtige Leistungen zum Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen nicht mehr vom leistenden Unternehmer, sondern vom Empfänger der Leistung geschuldet wird, sofern dieser Unternehmer ist und sich seine Unternehmereigenschaft nicht nur aus der Vermietung von höchstens zwei Wohnungen ergibt. Unter diesen Voraussetzungen wird der Leistungsempfänger Steuerschuldner auch für die Gebäudereinigungsleistungen, die er für seinen nichtunternehmerischen Bereich bezieht (§ 13b Abs. 2 S. 3 UStG). Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Gesetzentwurfs soll die Erweiterung des § 13b UStG zum 01.07.2006 in Kraft treten.

Die Einführung einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für Gebäudereinigungsleistungen erscheint nicht praxistauglich, zumal sie über die Wirkungen der geplanten Reverse-Charge-Regelung weit hinausgeht. Denn diese soll nur für Umsätze mit einem Rechnungsbetrag von mehr als 5.000 Euro gelten, die an zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer erbracht werden. Die Reverse-Charge-Regelung wird deshalb weder die Gebietskörperschaften noch Kleinunternehmer und steuerbefreite Institutionen und Einrichtungen betreffen. Dementsprechend werden sich auch die oben aufgezeigten Nachteile im Rahmen der generellen Reverse-Charge-Regelung nicht ergeben. Mit einer Übertragung der Beschränkungen des Reverse-Charge-Modells (5.000 Euro-Grenze und Vorsteuerabzugsberechtigung) auf Gebäudereinigungsleistungen würde die Regelung allerdings im Ergebnis weitgehend leer laufen, da von einer solchen Regelung in diesem Unternehmenssegment kaum Steuerpflichtige betroffen wären.