Gesetzesantrag des Landes Hessen
Entwurf eines Gesetzes zur Verringerung steuerlicher Missbräuche und Umgehungen

A. Problem und Ziel

Die Lage der öffentlichen Haushalte ist auf allen Ebenen äußerst angespannt. Es ist daher unerlässlich, dass die vorhandenen Steuergesetze nicht unterlaufen werden. Einzelne Steuerzahler versuchen allerdings, sich der Steuerzahlung auf Kosten der ehrlichen Bürger und Unternehmen durch legale, aber unerwünschte Umgehungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu entledigen:

Ziel ist es, bekannte Gesetzeslücken zu schließen, die in besonderer Weise zu steuerlichen Missbräuchen und Umgehungen einladen.

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag des Landes Hessen
Entwurf eines Gesetzes zur Verringerung steuerlicher Missbräuche und Umgehungen

Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, den 28. Januar 2005


An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident,


die Hessische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Verringerung steuerlicher Missbräuche und Umgehungen mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß § 76 Abs. 1 Grundgesetz zu beschließen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den Ausschüssen zur Beratung zuzuleiten.


Mit freundlichen Grüßen

Roland Koch


Entwurf eines Gesetzes
zur Verringerung steuerlicher Missbräuche und Umgehungen

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Abgabenordnung

Die Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866, 2003 I S. 61), zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3310), wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Einkommensteuergesetzes

Das Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4210, 2003 I S. 179), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 (BGBl. ll S. 1653), wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes

Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl. I S. 378), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076), wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Inkrafttreten

Begründung

I. Allgemeiner Teil

Einzelne Steuerzahler versuchen, sich der Steuerzahlung auf Kosten der steuerzahlenden Bürger und Unternehmen durch legale, aber unerwünschte Umgehungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu entledigen. Dies ist auch vor dem Hintergrund leerer öffentlicher Kassen inakzeptabel.

Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist es deshalb, bekannte Gesetzeslücken zu schließen, die in besonderer Weise zu steuerlichen Missbräuchen und Umgehungen einladen. Der Entwurf enthält Maßnahmen, denen eine beträchtliche Haushaltsauswirkung zuzuschreiben ist.

euro; nachgewiesen werden. Daneben muss man von einer erheblichen Dunkelziffer ausgehen.

Weitere bekannte Steuersparmodelle, die mit diesem Gesetz bekämpft werden sollen, sind "Saleandleaseback" - Konstruktionen, mit denen einige Kommunen in Deutschland versuchen, sich selbst und externen Kapitalgebern einen finanziellen Vorteil zulasten des allgemeinen Steueraufkommens zu verschaffen.

In anderen Bereichen enthält der Gesetzentwurf klarstellende Regelungen. Hierzu gehören etwa Fragen der bilanziellen Bewertung von bestimmten Sicherungsgeschäften mit Finanzinstrumenten. Die finanzielle Dimension beläuft sich hier auf mehrere Milliarden Euro.

Der Gesetzentwurf enthält ferner Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Steuerhinterziehung, so gegen den Verkauf von Quittungen für Steuererklärungen.

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Abgabenordnung)

Im Rahmen von Internetauktionen werden vermehrt Tankquittungen angeboten, mit deren Hilfe der potenzielle Käufer Betriebsausgaben oder Werbungskosten gelten machen kann. Nach geltender Rechtslage können sich die Verkäufer der Tankbelege darauf berufen, für die weitere Verwendung der Belege durch den Käufer nicht verantwortlich zu sein. Durch die vorgeschlagene Ergänzung des § 379 AO wird den Finanzbehörden die Möglichkeit eröffnet, auch die unberechtigte Weitergabe von Belegen als Steuerordnungswidrigkeit zu verfolgen.

Zu Artikel 2 (Einkommensteuergesetz)

Zu Nummer 1 (§ 4 Absatz 3)

Buchstabe a)

In der Bundesrepublik verbreitet sich derzeit ein aus Sicht der Kapitalanleger lukratives Steuersparmodell, bei dem in einzelnen Ländern bereits Steuerausfälle von mehreren 100 Mio. Euro zu verzeichnen sind.

Das Modell wird in der Rechtsform einer GbR mit einer GmbH als geschäftsführender Gesellschafterin betrieben. Erwirbt die GbR Wertpapiere, kann sie die Anschaffungskosten als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandeln. Den jeweiligen Verlustanteil aus dem Wertpapierankauf verrechnen die Gesellschafter mit ihren übrigen positiven Einkünften und vermindern so ihre Steuerschuld.

Dreh- und Angelpunkt dieser Konstruktion ist die Gewinnermittlungsvorschrift des § 4 Abs. 3 EStG (Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben), die einen sofortigen Abzug der zum Umlaufvermögen gehörenden Anschaffungskosten von Wertpapieren vorsieht. Lediglich bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten erst im Zeitpunkt der Veräußerung als Betriebsausgabe zu behandeln. Das Modell ist jedoch auf kurzfristige Vermögensumschichtungen angelegt, so dass es sich bei den Wertpapierkäufen durchweg um sofort abzugsfähiges Umlaufvermögen handelt.

Die vorgesehene Ergänzung des Wortlauts des § 4 Abs. 3 Satz 4 um "Wertpapiere" stellt sicher, dass die Anschaffungskosten für Wertpapiere stets - und damit unabhängig von der Zuordnung zum Umlauf- oder Anlagevermögen - erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme berücksichtigt werden.

Buchstabe b)

Bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Absatz 3 EStG war bisher die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen nach einhelliger Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung (R 13 Abs. 16 EStR) nicht möglich. Mit Urteil vom 2. Oktober 2003 - lV R 13/03 - hat der BFH seine Rechtsprechung geändert und auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens zugelassen.

Durch die vorgeschlagene Änderung wird der bisherige Rechtszustand wieder hergestellt und gesetzlich fixiert. Hierdurch werden neue Steuerumgehungstatbestände vermieden und die Administrierbarkeit der Vorschrift erhöht.

Die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen muss zeitnah und eindeutig erfolgen. Eine Kontrolle dieser Zuordnungsentscheidung ist bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nur schwer möglich, sofern unterjährig keine laufende Verbuchung der Geschäftsvorfälle erfolgt, die den Aufzeichnungen einer herkömmlichen Buchführung entspricht. lm Gegensatz zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG existiert bei der Einnahme-Überschussrechnung keine Primanota, aus der sich die zeitliche Abfolge der Buchungen zweifelsfrei ergibt. Sollte allein die Eintragung in ein Bestandsverzeichnis (Anlage zur Einnahme-Überschussrechnung) für die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen ausreichend sein, so hätte es der Gewinnermittler nach § 4 Abs. 3 EStG im Gegensatz zum Bilanzierenden in der Hand, bis zur Abgabe der Steuererklärung nach der Wertentwicklung flexibel zu entscheiden, ob er ein im Wert unbeständiges Wirtschaftsgut (z.B. Wertpapiere) dem Betriebsvermögen zuordnet oder nicht. lm Nachhinein wird nur schwer nachprüfbar sein, ob die Eintragung in das Bestandsverzeichnis zeitnah (unterjährig) oder erst später, z.B. bei der Erstellung

der Gewinnermittlung nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, erfolgte. Dem könnte ohne die vorgeschlagene Gesetzesänderung nur entgegen gewirkt werden, wenn der Gewinnermittler nach § 4 Abs. 3 EStG die Zuordnung jedes einzelnen Wirtschaftsgutes zeitnah schriftlich dem Finanzamt anzeigen müsste. Eine solche Regelung würde jedoch zu erheblichen Mehrbelastungen für Unternehmer und Verwaltung führen.

Ohne die vorgeschlagene Gesetzesänderung ergeben sich erhebliche Risiken für die öffentlichen Haushalte. So könnten verlustbringende Wertpapiergeschäfte dem betrieblichen Bereich zugeordnet werden. Bisher haben sich diese dem privaten Vermögensbereich zugeordneten Verluste nicht oder nur im Rahmen der Verlustabzugsbeschränkungen ausgewirkt.

Zu Nummer 2
(§ 6 Absatz 1 Nummer 3b)

Die vorgeschlagene Gesetzesänderung stellt klar, dass die derzeitige Bilanzierungspraxis zur Bildung von Bewertungseinheiten in Handels- und Steuerbilanz auch weiterhin beibehalten wird und beugt Bestrebungen vor, wirtschaftlich zusammenhängende Bilanzpositionen einzeln zu bewerten. Der vom BFH im Verfahren I R 87/00 vertretene strenge Grundsatz der Einzelbewertung entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten in der Praxis. Er führt durch die isolierte imparitätische Bewertung (strenges Niederstwertprinzip) zur Berücksichtigung von Verlusten, die tatsächlich niemals eintreten werden.

Beispiel: Eine Warenverbindlichkeit i.H.v. 1000 USD wird am Tag der Warenlieferung mit 1000 Euro passiviert. Zur Absicherung des Fremdwährungsgeschäfts kauft das Unternehmen am selben Tag 1000 USD. Am Bilanzstichtag sind die 1000 USD nach Tagesumrechungskurs nur noch 800 Euro wert.

Bei Anwendung von Einzelbewertung und strengstem Niederstwertprinzip müsste auf den Bestand von 1000 USD auf der Aktivseite eine Abschreibung i.H.v. 200 vorgenommen werden. Eine Minderung der Verbindlichkeit könnte nicht vorgenommen werden, da ansonsten nicht realisierte Gewinne ausgewiesen würden.

Tatsächlich stehen die beiden Bilanzposten in einem Sicherungszusammenhang. Der Verlust von 200 würde tatsächlich nie eintreten, da bei Zahlung der Verbindlichkeit der Verlust beim Dollarbestand durch einen Gewinn in gleicher Höhe bei der Verbindlichkeit ausgeglichen würde.

Eine Beschränkung der Bewertungseinheiten auf sogenannte "Micro-Hedges" (und damit auf direkte und enge Sicherungszusammenhänge), lässt die in der Bank- und Finanzpraxis üblichen Portfolien unbeachtet. Gebräuchliche indirekte Sicherungsmechanismen sollten auch steuerlich nachvollzogen werden. Der Begriff der Finanzinstrumente ist dabei weit gefasst. Er umfasst Wertpapiere, Forderungen und Verbindlichkeiten, aber auch derivate Produkte (z.B. Optionen).

Zu Nummer 3
(§ 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f)

§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG erfasst bei beschränkt Steuerpflichtigen die Vermietung und Verpachtung von Rechten als inländische Einkünfte. Die Veräußerung solcher Rechte, die zeitlich begrenzt einem anderen überlassen werden können, gehören nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f zu den inländischen Einkünften.

Dagegen führt die Veräußerung veranstaltungsbezogener Rechte, die sich beispielsweise in der Nutzung zu Werbezwecken einer Sportveranstaltung erschöpfen (verbrauchende Rechtsüberlassung) möglicherweise nicht zu inländischen Einkünften, da es an der zeitlichen Begrenzung des Rechts fehlt. Das Recht geht wirtschaftlich endgültig in das Vermögen des Nutzenden über.

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f EStG wird sichergestellt, dass auch eine verbrauchende Überlassung von Rechten zu inländischen Einkünften führt.

Zu Nummer 4
(§ 50a Absatz 4 Nummer 3)

Bei beschränkt Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Vergütungen für die Nutzung beweglicher Sachen oder für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten erzielen, wird die Einkommensteuer im Wege des Steuerabzugs erhoben.

Nach bisheriger Verwaltungsauffassung unterliegen dem Steuerabzug auch die Vergütungen aus der Veräußerung von Rechten, soweit diese inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG darstellen (R 227a Abs. 2 EStR 2001).

Dem hat der BFH mit Urteil vom 16. Mai 2001 (BStBl 2003 ll S. 641) widersprochen. Danach unterliegen dem Steuerabzug nur Vergütungen für die Überlassung von Rechten, nicht aber solche für die Veräußerung von Rechten.

Um aus dem Besteuerungstatbestand des § 49 Abs. 1 Nummer 2 Buchstabe f EStG resultierende Steueransprüche sicherzustellen, wird die Abzugsverpflichtung auf Veräußerungsvorgänge ausgedehnt.

Zu Nummer 5
(§ 52)

Zu Buchstabe a
(Absatz 10)

Zeitliche Anwendungsregelung für die Änderung des § 4 Absatz 3 EStG

Zu Buchstabe b
(Absatz 57a)

Zeitliche Anwendungsregelung für die Änderung des § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f EStG Zu Buchstabe c (Absatz 58a)

Zeitliche Anwendungsregelung für die Änderung des § 50a Absatz 4 Nummer 3 EStG

Zu Artikel 3
(Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz) Zu Nummer 1 (§ 13a Absatz 4)

Gegenwärtig verbreitet sich ein Steuersparmodell, bei dem Stiftungen im Wege von "Sale and lease back" - Modellen Immobilien über gewerblich geprägte Personengesellschaften erwerben und hierdurch Erbschaftsteuer sparen. Die Stiftungen nutzen die zweifache steuerliche Begünstigung der so erworbenen Grundstücke:

Durch die vorgeschlagene Änderung werden gewerblich geprägte Personengesellschaften von dem Bewertungsabschlag ausgenommen. Der steuerliche Vorteil und damit die Attraktivität des oben beschriebenen Steuersparmodells werden hierdurch erheblich eingeschränkt.

Zu Nummer 2
(§ 37 Absatz 3)

Die Vorschrift regelt die zeitliche Anwendung der Neufassung des § 13a Absatz 4 ErbStG. Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Artikel 4 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.