Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat
Gesetz zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags

Der Bundesrat hat in seiner 907. Sitzung am 1. März 2013 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 31. Januar 2013 verabschiedeten Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen einberufen wird:

1. Zum Gesetz allgemein

Länder und Kommunen werden durch den Fiskalvertrag in ihrer Konsolidierungspolitik vor besondere Herausforderungen gestellt. Im Rahmen der Beschlussfassung zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags haben Bund und Länder am 24. Juni 2012 daher Eckpunkte vereinbart, nach denen Bund und Länder unter anderem darin übereinstimmen, dass eine Entscheidung über die Höhe der vom Bund für den Zeitraum 2014-2019 zur Aufgabenerfüllung der Länder zu zahlenden Kompensationen nach Artikel 143c des Grundgesetzes ("Entflechtungsmittel", z.B. zur Verbesserung der kommunalen Verkehrsverhältnisse) im Herbst des Jahres 2012 erfolgt (siehe BR-Drs. 400/12(B) HTML PDF vom 29. Juni 2012 zum Gesetz zu dem Vertrag vom 2. März 2012 über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion).

Die Länder und die betroffenen Kommunen benötigen dringend Planungssicherheit. Die Kompensationsleistungen nach dem Entflechtungsgesetz sind im Lichte weiterhin bestehender und teilweise gestiegener Anforderungen sowie der Kostenentwicklung anzupassen. Der Vorschlag der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Fortführung der Kompensationsleistungen des Bundes nach dem Entflechtungsgesetz nach 2013 vom 10. März 2011 wurde frühzeitig in den Beratungsprozess eingebracht. Grundlage war der Bericht und der daraus abgeleitete Gesetzentwurf der Finanzministerkonferenz vom 27. Januar 2011 auf Basis von Beiträgen der betroffenen Fachministerkonferenzen. Beides wurde von den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zustimmend zur Kenntnis genommen und die Auffassung bekräftigt, dass die Kompensationsleistungen für den Ausbau und Neubau der Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken sowie für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden erhöht und die Mittel für die Bildungsplanung und den Bereich der Wohnraumförderung zumindest in unveränderter Höhe fortgeführt werden sollen.

Der Bundesrat fordert, den berechtigten Interessen der Länder nachzukommen und auf dieser Grundlage zu einer abschließenden Regelung zu gelangen.

Der Bundesrat erinnert in diesem Zusammenhang an seinen Beschluss vom 12. Oktober 2012, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, den berechtigten Interessen der Länder nachzukommen und noch im Herbst 2012 zu einer fristgerechten und abschließenden Regelung beizutragen. Der Bundesrat erinnert ferner an seinen Beschluss vom 1. Februar 2013, in dem er sich für die Schaffung einer gesetzlichen Regelung zur Fortführung der Kompensationsleistungen des Bundes bis zum Ende des Jahres 2019 ausspricht, die eine Erhöhung der Leistungen für den Ausbau und Neubau der Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken sowie für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und die Fortführung der Mittel für die Bildungsplanung und den Bereich der Wohnraumförderung in unveränderter Höhe enthält.

2. Zum Gesetz allgemein

Die Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern zu künftigen gemeinsamen Anleihen im "Huckepackverfahren" - bei denen der Bund als Emittent am Kapitalmarkt auftritt und die Beteiligung der Länder freiwillig und nur im Innenverhältnis erfolgt - sind nun umzusetzen.

Begründung:

Angesichts des Fiskalpaktes und des Verschuldungsverbotes für die Länder ab 2020 haben sich Bund und Länder mit den Eckpunkten einer innerstaatlichen Umsetzung der neuen Verfahren des Fiskalvertrages und des Stabilitäts- und Wachstumspaktes im Juni 2012 auf ein intelligentes Schuldenmanagement verständigt, wonach der Bund mit den Ländern die Voraussetzungen dafür schaffen wird, dass eine gemeinsame Kreditaufnahme im "Huckepackverfahren" möglich ist und eine erste Anleihe im Jahr 2013 emittiert werden kann.

Die den Ländern derzeit vom Bund angebotene gemeinsame Anleihe erfüllt nicht die Anforderungen des "Huckepackverfahrens", nach denen der Bund die Anleihe begibt und die sich freiwillig beteiligenden Länder nur im Innenverhältnis entsprechend ihren Anteilen haften. Vielmehr handelt es sich bei diesem Angebot um einen Bund-Länder-Jumbo, bei dem alle Beteiligten als Emittenten auftreten. Eine solche Ausgestaltung ist aber voraussichtlich nicht geeignet, die Konditionen der Kreditaufnahme für die Länder signifikant günstiger zu gestalten, wie es mit Anleihen im "Huckepackverfahren" möglich wäre.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 - neu - (§ 51 Absatz 3 - neu - HGrG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 2 folgende Nummer 3 anzufügen:

"3. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Zur Erfüllung dieser Vorgaben tragen die Länder im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Haushaltsautonomie ausschließlich durch die Einhaltung ihrer bestehenden Verpflichtungen aus Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 143d des Grundgesetzes bei. Die Länder treffen keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen. Im Übrigen trägt der Bund Sorge für die gesamtstaatliche Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels beziehungsweise des erforderlichen Anpassungspfades.""

Begründung:

Der neue Absatz 3 enthält eine der Kernforderungen von Länderseite im Rahmen des Bundesratsverfahrens bzgl. der Ratifizierung des sog. Fiskalvertrags. Diese hat Eingang gefunden in die Bund-/Länder-Einigung zum Fiskalpakt (vgl. BR-Drs. 400/12(B) HTML PDF vom 29. Juni 2012). Im Hinblick auf die Verantwortung des Bundes für seine Verhandlungsführung im Rahmen des Fiskalvertrags vor dem Hintergrund der soeben im Grundgesetz verankerten Schuldenregel des Artikels 109 Absatz 3 GG sollte klargestellt werden, dass mit dem Fiskalpakt bzw. seiner Umsetzung in innerstaatliches Recht den Ländern keine neuen Verpflichtungen auferlegt werden, die über ihre bestehenden Verpflichtungen aus Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 143d GG hinausgehen. Der Bund ist bei den Verhandlungen auf der EU-Ebene - an denen die Länder nicht beteiligt waren - der im Fiskalvertrag für Deutschland vorgesehenen Verschärfung der Kreditaufnahmegrenzen in den Jahren bis 2020 nicht entgegengetreten, so dass der Bund eine sich daraus ggf. ergebende Anpassungslast auch zu tragen hat. Aus Sicht der Länder würde sich andernfalls die Geschäftsgrundlage im Vergleich zu den Vereinbarungen im Rahmen der Föderalismuskommission II verändern.

Es ist verfassungsrechtlich vollständig klar, dass die Länder - jedenfalls - im Rahmen ihrer Verpflichtungen aus Artikel 109 Absatz 3 und 143d Absatz 1 Satz 3 und 4 GG zur Einhaltung des Fiskalpakts beitragen. Darüber hinaus wird mit der Aufnahme des vorgeschlagenen Absatzes 3 aber auch eine negative Abgrenzung dahingehend getroffen, dass die Länder eben auch nur in diesem Rahmen verpflichtet sind, sich bei der Einhaltung der Vorgaben aus Absatz 2 einzubringen. Schließlich ist die hier vorgenommene Einschränkung der Wirkungen des Absatzes 2 auf die Länder auch als im Gesetzesrang stehende Auslegungshilfe für die weiteren gesetzlichen Ausgestaltungen im Zusammenhang mit dem Fiskalpakt erforderlich. Dies betrifft sowohl die Regelungen des Stabilitätsratsgesetzes (hier insbesondere § 6) als auch des Sanktionszahlungsaufteilungsgesetzes (hier insbesondere § 2).

Daher muss auf einfachgesetzlicher Ebene klargestellt werden, dass die Länder (nur) in diesem Rahmen zur Erfüllung der Anforderungen des Fiskalpaktes beitragen werden. Nicht ausreichend dafür ist die Aufnahme einer entsprechenden Formulierung in die Gesetzesbegründung. Dies wird weder der Bedeutung dieser Regelung noch dem Gewicht der Forderung der Länder gerecht.

4. Zu Artikel 3 Nummer 2 bis 4 (§ 1, § 2 Absatz 1, § 4 Absatz 1 SZAG)

Artikel 3 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Bund und Länder haben sich in den "Eckpunkten einer innerstaatlichen Umsetzung der neuen Vorgaben des Fiskalvertrages und des Stabilitäts- und Wachstumspakts" vom 24. Juni 2012 unter anderem darauf verständigt, dass der Bund im Fiskalvertrag im Außenverhältnis haftet und bereit ist, für den Zeitraum bis 2019 das Risiko etwaiger Sanktionszahlungen hinsichtlich des präventiven Arms des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu übernehmen. Eine Vereinbarung, ob und inwieweit die Länder sich ab dem Jahr 2020 an möglichen Sanktionszahlungen, die über den jetzigen Regelungsgegenstand des Sanktionzahlungs-Aufteilungsgesetzes (SZAG) hinausgehen, beteiligen sollen, beinhaltet das Eckpunktepapier vom 24. Juni 2012 dagegen nicht.

Demgegenüber sieht das vorliegende Gesetz zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrages eine Ausweitung etwaiger Sanktionszahlungen der Länder auf den präventiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts ab dem Jahr 2020 vor. Darüber hinaus würden die Länder durch den Verweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 in § 1 Satz 1 SZAG auch an Sanktionen beteiligt, die infolge von Manipulationen von Statistiken verhängt werden.

Zu a:

Zu § 1 Absatz 1 SZAG:

Der Änderungsvorschlag zu § 1 Absatz 1 SZAG zielt darauf ab, die Beteiligung der Länder an Sanktionszahlungen zur Sicherstellung der Haushaltsdisziplin auf die zwischen Bund und Ländern in den o.g. Eckpunkten getroffenen Vereinbarungen zurückzuführen. Der Gesetzeswortlaut des § 1 SZAG ist deswegen bis auf die Aktualisierungen der Bezüge zum EU-Recht grundsätzlich unverändert beizubehalten. Eine ggf. beabsichtigte Erweiterung der Haftungsregelungen zulasten der Länder ab dem Jahr 2020 bliebe damit einem gesonderten Gesetzgebungsvorhaben vorbehalten. Klarstellend wird gesetzlich festgelegt, dass die Aufteilung von Sanktionen im Zusammenhang mit dem präventiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts oder statistischen Manipulationen nicht Gegenstand des Gesetzes sind. Darüber hinaus wird im neuen § 1 Absatz 2 SZAG klargestellt, dass Sanktionszahlungen im Zusammenhang mit dem präventiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die vor dem 1. Januar 2020 begründet werden, vom Bund getragen werden.

Der Verzicht auf eine Übertragung der im korrektiven Arm bestehenden Regelung zur Sanktionslastenverteilung auf den präventiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts und auf Manipulation von Statistiken ist auch aus sachlichen Gründen geboten. Nach dem SZAG tragen die Länder 65 Prozent des Länderanteils nach dem Anteil des - nicht konjunkturbereinigten - Finanzierungsdefizits des jeweiligen Landes an der Summe der Finanzierungsdefizite aller Länder ("Verursachungsbeitrag"). Länder, die einen ausgeglichenen oder positiven Finanzierungssaldo aufweisen, bleiben bei der Ermittlung der Summe der Finanzierungsdefizite unberücksichtigt und werden an dem Teil der Sanktionslasten, der sich nach dem "Verursachungsbeitrag" bemisst, nicht beteiligt.

Diese Regelung ist für die Aufteilung von Sanktionen im Zusammenhang mit dem präventiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht nachvollziehbar. Mögliche Sanktionszahlungen, die im Fall unangemessener politischer Maßnahmen eines Mitgliedstaates zur Behebung einer Abweichung vom Anpassungspfad zum mittelfristigen Haushaltsziel verhängt werden, haben keinen unmittelbaren Bezug zur Höhe der aktuellen Finanzierungsdefizite der Länder. Die Finanzierungssalden der Länder können aus diesem Grund in diesem Zusammenhang auch nicht als "Verursachungsbeitrag" für die Geldbußen gewertet werden. Gleiches gilt für die Aufteilung der infolge von Manipulation von Statistiken verhängten Geldbußen, die ebenfalls nicht durch überhöhte Finanzierungsdefizite verursacht werden. Insofern kann die gewünschte Steuerungswirkung der Sanktionsregelung allein aufgrund des fehlenden inhaltlichen Bezugs zwischen der Ursache und Aufteilung der Sanktionen nicht erreicht werden.

Darüber hinaus ist die Angemessenheit der Sanktionsaufteilungsregel des SZAG auch vor dem Hintergrund der im Grundgesetz verankerten Schuldenregel fragwürdig. Nach Auslaufen der Übergangsfristen müssen die Länder ab 2020 strukturell ausgeglichene oder positive Finanzierungssalden in ihren Haushalten aufweisen. In dem Fall, dass die Mehrheit der Länder keinen negativen Finanzierungssaldo aufweist, würde die Sanktionsaufteilungsregel des SZAG dazu führen, dass die Sanktionen nur von wenigen Ländern zu tragen sein würde. Eine Freistellung von Ländern von "verursachungsbezogenen" Sanktionen wäre insbesondere dann nicht nachvollziehbar, wenn die tatsächliche Ursache der Sanktion keinen Bezug zum Finanzierungssaldo der einzelnen Länder aufweist.

Zu § 1 Absatz 2 SZAG:

Die Voraussetzung für Sanktionen im Rahmen des präventiven Arms ist gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011, dass der betroffene Mitgliedstaat es unterlassen hat, angemessene Maßnahmen innerhalb der Frist, die in der Empfehlung des Rates im Sinne des Artikels 6 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgesetzt wurde, zu ergreifen. Mit dem neuen § 1 Absatz 2 SZAG wird gesetzlich klargestellt, dass die Zuordnung einer Sanktion zum Zeitraum bis 2019 von zwei Bedingungen abhängt. Erstens ist im Zeitraum bis zum 1. Januar 2020 eine Abweichung von dem mittelfristigen Haushaltsziel des Gesamtstaates oder dem Anpassungspfad festzustellen. Zweitens hat der betreffende Mitgliedstaat bis zum 1. Februar 2020 Maßnahmen nicht, nicht ausreichend oder nicht fristgerecht ergriffen.

Nebenrechnung:

VerfahrensschritteSpätester Zeitpunkt
Abgabe des Stabilitätsprogramms im April,
vorzugsweise Mitte, spätestens am 30.04. (Artikel 4 Absatz 1 VE 1466/97)
30.04. des Jahres
Rat und KOM prüfen Stabilitätsprogramm
innerhalb von höchstens 3 Monaten (Artikel 5 Absatz 2 VE 1466/97)
31.07. des Jahres
Maßnahmenvorschlag innerhalb eines Monats31.08. des Jahres
Frist für Behebung der Abweichung von höchstens 5 Monaten (Artikel 6 Absatz 2 VE 1466/97)31.01. des Folgejahres

Zu b:

Folgeänderungen