Empfehlungen der Ausschüsse
Entschließung des Bundesrates zur tiergerechten Haltung von Legehennen - Antrag der Länder Rheinland-Pfalz, Niedersachsen -

938. Sitzung des Bundesrates am 6. November 2015

A

'Sechste Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

A. Problem und Ziel

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 - die §§ 13b und 38 Absatz 3 und 4 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung für unvereinbar mit Artikel 20a und 80 Absatz 1 des Grundgesetzes erklärt, da die Tierschutzkommission nicht in der nach dem Tierschutzgesetz erforderlichen Weise angehört wurde.

Die betroffenen Regelungen können aufgehoben werden. Die Kleingruppenhaltung von Legehennen hat im Vergleich zur Bodenhaltung oder zur Freilandhaltung bereits derzeit nur noch eine geringe und weiter abnehmende Bedeutung in Deutschland. Dies liegt u.a. an der Verpflichtung zur Kennzeichnung der Eier aus Kleingruppenhaltung als "Käfigeier" und den entsprechenden Reaktionen des Marktes. Für Regelungen über die Kleingruppenhaltung von Legehennen besteht deshalb kein Bedarf mehr.

§ 13b der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung regelte Anforderungen an die Kleingruppenhaltung von Legehennen. Der damalige § 38 (jetzt § 45) Absatz 3 und 4 enthielt Übergangsfristen für die Haltung von Legehennen in sogenannten ausgestalteten Käfigen bzw. sogenannten konventionellen Käfigen. Während nach Absatz 4 eine Übergangsfrist für konventionelle Käfige bis Ende 2008 bestand, erlaubte Absatz 3 die Haltung von Legehennen in ausgestalteten Käfigen bis zum 31. Dezember 2020.

B. Lösung

Aufhebung der vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Regelung zur Kleingruppenhaltung sowie Regelung der befristeten weiteren Nutzung bestehender ausgestalteter Käfige und Kleingruppenhaltungen.

C. Alternativen

Keine

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Die Verordnungsregelungen richten sich ausschließlich an Unternehmen. Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Durch die Verordnung entsteht den Unternehmen außer aus Informationspflichten kein sonstiger Erfüllungsaufwand.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:

In § 13a Absatz 1 wird eine neue Informationspflicht für Unternehmen eingeführt, die zu einer Belastung der Wirtschaft von insgesamt 4 548 Euro pro Jahr führt.

Im Rahmen der Exante-Schätzung ist eine Nettobelastung für die Wirtschaft von 4 548 Euro pro Jahr zu erwarten. Eine Kompensation nach der "One in, one out"-Regel ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich, da der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft lediglich geringfügig ist.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Dem Bund entstehen durch die Verordnung keine Kosten. Der Vollzug durch die zuständigen Behörden der Länder wird durch die neu eingeführte Informationspflicht in § 13a mit Mehrkosten von 36 420 Euro belastet.

F. Weitere Kosten

Der Wirtschaft und insbesondere den mittelständischen Unternehmen entstehen durch diese Verordnung keine zusätzlichen sonstigen Kosten. Auswirkungen auf die Einzelpreise, das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.

Entwurf einer Sechsten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung1, 2)

Vom ...

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft verordnet auf Grund - des § 2a Absatz 1 in Verbindung mit § 16b Absatz 1 Satz 2 und § 21a des Tierschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), von denen § 2a Absatz 1 zuletzt durch Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe a des Gesetzes vom 28. Juli 2014 (BGBl. I S. 1308) und § 21a durch Artikel 20 Nummer 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934) geändert worden sind, nach Anhörung der Tierschutzkommission und - des Artikels 2 des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vom 25. Januar 1978 (BGBl. 1978 II S. 113), der zuletzt durch Artikel 597 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist:

Artikel 1

Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 5. Februar 2014 (BGBl. I S. 94) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht werden die Angaben zu den §§ 13, 13a und 13b wie folgt gefasst:

" § 13 Allgemeine Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Legehennen § 13a Besondere Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Legehennen § 13b (weggefallen)"

2. § 13 wird wie folgt geändert:

3. § 13a wird wie folgt geändert:

4. § 13b wird aufgehoben

5. In § 15 Satz 1 wird die Angabe " § 13 Abs. 2 Nr. 2" durch die Angabe " § 13 Absatz 2" ersetzt.

6. § 44 Absatz 1 Nummer 17 wird wie folgt gefasst:

"17. entgegen § 13 Absatz 1 in Verbindung mit

7. § 45 wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft kann den Wortlaut der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der vom Inkrafttreten dieser Verordnung an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 - die §§ 13b und 38 Absatz 3 und 4 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung für unvereinbar mit Artikel 20a und 80 Absatz 1 des Grundgesetzes erklärt, da die Tierschutzkommission nicht in der nach dem Tierschutzgesetz erforderlichen Weise angehört wurde. Die betroffenen Regelungen erklärte das BVerfG für bis zum 31. März 2012 weiter anwendbar.

Die betroffenen Regelungen können aufgehoben werden. Die Kleingruppenhaltung von Legehennen hat im Vergleich zur Bodenhaltung oder zur Freilandhaltung bereits derzeit nur noch eine geringe und weiter abnehmende Bedeutung in Deutschland. Dies liegt u.a. an der Verpflichtung zur Kennzeichnung der Eier aus Kleingruppenhaltung als "Käfigeier" und den entsprechenden Reaktionen des Marktes. Für Regelungen über die Kleingruppenhaltung von Legehennen besteht deshalb kein Bedarf mehr.

§ 13b der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung regelte Anforderungen an die Kleingruppenhaltung von Legehennen. Der damalige § 38 (jetzt § 45) Absatz 3 und 4 enthielt Übergangsfristen für die Haltung von Legehennen in sogenannten ausgestalteten Käfigen bzw. sogenannten konventionellen Käfigen. Während nach Absatz 4 eine Übergangsfrist für konventionelle Käfige bis Ende 2008 bestand, erlaubte Absatz 3 die Haltung von Legehennen in ausgestalteten Käfigen bis zum 31. Dezember 2020.

Der Verordnungsentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie 1999/74/EG des Rates vom 19. Juli 1999 zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen (ABl. L 203 vom 3.8.1999, S. 53), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/64/EU des Rates vom 17. Dezember 2013 (ABl. L 353 vom 28.12.2013, S. 8).

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten, da die Verordnung keine Regelungen enthält, die auf die spezifische Lebenssituation von Frauen und Männern Einfluss nimmt.

Die Managementregeln und Indikatoren der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie wurden geprüft. Die Regelungen sind im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie dauerhaft tragfähig. Sie haben insbesondere einen Bezug zur Managementregel 8 "nachhaltige Landwirtschaft", indem sie die artgemäße Nutztierhaltung fördern.

Kosten

Die Verordnung regelt den befristeten Weiterbetrieb bestehender Anlagen sowie die Aufhebung der vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Regelungen zur Kleingruppenhaltung. Insoweit entstehen keine Kosten.

Der Wirtschaft und insbesondere den mittelständischen Unternehmen entstehen durch diese Verordnung über die nachfolgend dargestellten Bürokratiekosten aus Informationspflichten hinaus keine zusätzlichen Kosten für Erfüllungsaufwand oder Weiteres. Auswirkungen auf die Einzelpreise, das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.

Bürokratiekosten

In § 13a Absatz 1 wird eine neue Informationspflicht für Unternehmen (Antrag auf Ausnahmegenehmigung für eine Abweichung von der geregelten Mindesthöhe von Haltungseinrichtungen) eingeführt.

Die neu eingeführte Informationspflicht für die Unternehmen in § 13a betrifft nur solche Betriebe, die die geforderte Mindesthöhe für Haltungseinrichtungen nicht einhalten können. Da die Fallzahl deutlich unter 10 000 pro Jahr liegt, (s.u.) wurde die Exante-Schätzung nach dem vereinfachten Verfahren durchgeführt. Es handelt sich um eine Einzelgenehmigung einfacher Komplexität, d.h. der zu Grunde zu legende Kostenfaktor beträgt 7,58 Euro. Ausgehend von einer Fallzahl von ca. 600 pro Jahr betragen die geschätzten Kosten 4 548 Euro. Für die Schätzung der Fallzahl wurde von rund 6 200 Produktionsstätten als Gesamtzahl der Produktionsstätten in Deutschland ausgegangen (Meldung der Bundesregierung an die Europäische Kommission gemäß Artikel 31 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 der Kommission vom 23. Juni 2008 für das Jahr 2014). Da es sich um eine Ausnahmegenehmigung im Einzelfall handelt, wurden höchstens 600 antragstellende Betriebe (etwa 10 Prozent) zu Grunde gelegt. Auf Grund der fehlenden Periodizität (einmalige Antragstellung), dürfte die Fallzahl insgesamt überschätzt sein. Mit Gesamtkosten von 4 548 Euro liegt die Belastung unterhalb der Bagatellgrenze von 100 000 Euro. Eine Kompensation nach der "One in, one out"-Regel ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich, da der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft lediglich geringfügig ist.

Die Alternative wäre die Regelung einer Mindesthöhe ohne die begünstigende Möglichkeit der Ausnahmegenehmigung. Die mit der Informationspflicht verbundene Belastung für die Betriebe ist jedoch erheblich geringer als die Belastung, die ansonsten durch die Einhaltung der Regelungsanforderung entstünde.

Der Vollzug durch die zuständigen Behörden der Länder wird durch die eingeführte Informationspflicht in § 13a mit Mehrkosten in Höhe von 36 420 Euro belastet. Diese errechnen sich durch die zu Grunde gelegte Fallzahl von 600 (s.o.) sowie einer Bearbeitungszeit im höheren Dienst von durchschnittlich einer Stunde und einem Kostenfaktor von 60,7 Euro (Kommunen).

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht) Redaktionelle Anpassung.

Zu Nummer 2 (§ 13)

Wie in anderen Abschnitten der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sollen künftig allgemeine und besondere Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Legehennen geregelt werden. Legehennen dürfen nur in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die den geregelten allgemeinen und besonderen Anforderungen entsprechen. Derzeit wird kein Bedarf für die Regelung spezifischer Haltungssysteme gesehen. Sofern sich ein solcher Bedarf zukünftig z.B. auf Grund neuer Erkenntnisse ergibt, kann dem durch erneute Änderung der Verordnung Rechnung getragen werden.

Die Mindestfläche der Haltungseinrichtung wird zukünftig in § 13a geregelt.

Zu Nummer 3 (§ 13a)

§ 13a regelt zukünftig besondere Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Legehennen. Bei der Aufhebung des geltenden Absatzes 1 handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung, da die Regelung nun in § 13 Absatz 1 enthalten ist. Im neuen Absatz 1 wird die bisher in § 13 Absatz 2 geregelte Mindestfläche der Haltungseinrichtung ergänzt sowie eine Mindesthöhe von 2 Metern geregelt. Diese Mindesthöhe entspricht der Regelung der Verordnung in der Fassung vor der Ergänzung der jetzt vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Regelungen. Sie soll sicherstellen, dass der Tierhalter die Haltungseinrichtung betreten kann und zum Zweck der Tierkontrolle einen direkten Zugriff auf jedes Tier hat. In Absatz 1 Satz 2 wird der Behörde die Möglichkeit eingeräumt, auf Antrag Ausnahmen von der geregelten Mindesthöhe zuzulassen, um einen behördlichen Ermessensspielraum zu schaffen, falls die Vorgabe des Satzes 1 Nummer 2 im Einzelfall auf Grund besonderer Gesamtumstände zu einer unbilligen Härte führt. Die Annahme einer unbilligen Härte kommt nur dann in Betracht, wenn die Einhaltung der Mindesthöhe für den Antragsteller eine derartige Belastung darstellt, dass diese unzumutbar erscheint. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn auf Grund der Gegebenheiten vor Ort geringfügige, den Tierschutz nicht beeinträchtigende Abweichungen von der vorgesehenen Mindesthöhe unvermeidbar oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand vermeidbar sind. Eine Ausnahmegenehmigung darf allerdings nur dann erteilt werden, wenn Gründe des Tierschutzes nicht entgegenstehen.

In Absatz 2 werden redaktionelle Änderungen vorgenommen, indem die Bezugnahme angepasst wird und die Wörter "in einer Haltungseinrichtung", die sich nun aus der neuen Überschrift ergeben, gestrichen werden.

Zu Nummer 4 (§ 13b)

Die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte Regelung zur Kleingruppenhaltung wird zur Rechtsbereinigung aufgehoben.

Zu Nummer 5 (§ 15) Folgeänderung.

Zu Nummer 6 (§ 44)

Redaktionelle Folgeänderungen sowie Ergänzung von Ordnungswidrigkeiten auf Grund der beim Vollzug gemachten Erfahrungen.

Zu Nummer 7 (§ 45)

In § 45 wird die vom Bundesverfassungsgericht beanstandete Regelung mit einer Übergangsfrist für bestehende ausgestaltete Käfige bis zum 31. Dezember 2020 neu erlassen und es wird für bestehende Kleingruppenhaltungen eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2025 festgelegt. Letztere ist geboten im Hinblick darauf, dass die betroffenen Halter im Vertrauen auf eine bestehende Rechtslage in die Kleingruppenhaltung investiert haben und dass das Bundesverfassungsgericht diese Haltungsform inhaltlich nicht beanstandet hat.

In besonderen Fallgestaltungen kann in seltenen Einzelfällen die Weiterführung der Kleingruppenhaltung längstens bis zum 31. Dezember 2028 genehmigt werden, wenn die Regelvorschrift einen Antragsteller übermäßig hart und unzumutbar oder in hohem Maße unbillig trifft. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn verfassungsrechtliche Positionen des Tierhalters berührt sind. Eine entsprechende Ausnahmegenehmigung darf allerdings nur dann erteilt werden, wenn Gründe des Tierschutzes, die nicht in der Haltungsform begründet sind, nicht entgegenstehen.

Die Aufhebung der Absätze 5 bis 7 mit abgelaufenen Übergangsfristen erfolgt zur Rechtsbereinigung.

Zu Artikel 2

Artikel 2 enthält die Bekanntmachungserlaubnis für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Zu Artikel 3

Artikel 3 regelt das Inkrafttreten der Verordnung am Tag nach der Verkündung.'

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

In Vorgesprächen auf politischer Ebene wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass die Entschließung bereits in Form eines Verordnungsantrages weiter verfolgt werden kann.

B

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Oktober 2010 bestehende Regelungslücke im Bereich der Legehennenhaltung sollte so rasch wie möglich geschlossen werden. Daher ist es gerechtfertigt, dass die Bundesregierung die Änderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung des Verordnungsentwurfes ohne erneute Beteiligung des Bundesrates erlässt.