Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung zur Bilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft "Europa gelingt gemeinsam"

Auswärtiges Amt Berlin, den 27. Juni 2007
Bundesminister des Auswärtigen

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff

Sehr geehrter Herr Präsident,

als Anlage übersende ich Ihnen einen unter Federführung des Auswärtigen Amtes erstellten bilanzierenden Gesamtbericht zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 2007, der heute vom Kabinett beschlossen wurde.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank-Walter Steinmeier

"Europa gelingt gemeinsam"
Bilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft

Die Berliner Erklärung zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge verdeutlicht erneut die beispiellose Erfolgsgeschichte der heutigen, von 6 auf 27 Mitgliedstaaten angewachsenen Europäischen Union. Sie ist der entscheidende Garant für Frieden und Wohlstand, für Demokratie und Stabilität in Europa. Mit der fünften Erweiterung ist die Teilung des europäischen Kontinents endgültig überwunden.

Vor dem Hintergrund der veränderten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der gleichzeitigen Verfassungskrise bestand die Herausforderung zu Beginn unserer Präsidentschaft darin, das Vertrauen der Europäerinnen und Europäer in die Gestaltungs- und damit Zukunftsfähigkeit der Europäischen Union wiederzugewinnen und zu stärken.

Es ist dem deutschen Vorsitz gelungen, die EU durch eine große Zahl wichtiger und zukunftsweisender Entscheidungen wieder auf Kurs zu bringen. Diese beinhalten ganz konkrete Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger, und eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union. Vor allem aber wurde der Durchbruch bei der Erneuerung der vertraglichen Grundlagen erreicht.

Das jüngste Eurobarometer belegt eindrucksvoll, dass die Phase der Lähmung und Mutlosigkeit überwunden und das Vertrauen wiedergewonnen ist: Am Ende der deutschen Präsidentschaft hat die Zustimmung zur EU in der Öffentlichkeit den höchsten Stand seit 10 Jahren erreicht.

Die erstmalig erarbeitete gemeinsame Programmplattform von drei aufeinander folgenden Präsidentschaften (Deutschland, Portugal, Slowenien) hat erkennbar dazu beigetragen Vorbereitung und Fokussierung auf Kernthemen zu verbessern und Prioritäten längerfristig festzulegen.

Erscheinungsbild und Kommunikation der Präsidentschaft waren modern und ergebnisorientiert. Durch die Ausrichtung der publikumsorientierten Veranstaltungen auf den historischen 50. Jahrestag der Römischen Verträge, mit der zentralen Feier der Staats- und Regierungschefs in Berlin, konnten EU-weit Impulse für mehr Vertrauen in und Identifikation mit Europa gesetzt werden.

Die positive Gesamtbilanz der deutschen Präsidentschaft lässt sich in fünf zentralen Bereichen festmachen:

Vertragsreform

Überragendes Ergebnis der deutschen Präsidentschaft war die Überwindung der Verfassungskrise und die Einigung auf eine Fortsetzung des Vertragsreformprozesses. Der Weg wurde mit der Berliner Erklärung und der impulsgebenden 50 Jahr-Feier der Römischen Verträge am 25. März in Berlin geebnet.

Mit dem Mandat für eine Vertragsreform ist die Grundlage gelegt, die Handlungsfähigkeit der Union langfristig zu sichern und zu verbessern. Das beschlossene Mandat für die Regierungskonferenz ist präzise und erlaubt einen zügigen Abschluss noch unter portugiesischer Präsidentschaft. Damit wird das erklärte Ziel erreichbar, die Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 bereits auf einer neuen, von allen Mitgliedstaaten ratifizierten vertraglichen Grundlage durchzuführen.

Integrierte Klima- und Energiepolitik

Die Europäische Union hat mit ihren weit reichenden Beschlüssen zugunsten einer integrierten Klima- und Energiepolitik weltweit die Vorreiterrolle übernommen, um eine der größten Herausforderung des 21. Jahrhunderts entschlossen anzugehen.

Der Europäische Rat hat im März 2007 ehrgeizige Ziele für die Reduzierung der klimaschädlichen Emissionen (CO₂-Emissionen bis 2020 um 30%, unabhängig von dem Vorgehen anderer Staaten jedoch um mindestens 20% gegenüber 1990) und die sichere Energieversorgung festgelegt. Sie werden von einem Aktionsplan Energie mit ebenso ehrgeizigen Zielen für Energieeffizienz (bis 2020 -20% des Energieverbrauchs) und erneuerbare Energien (Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch von 20%) untermauert. Der Aktionsplan verzahnt kohärent und gleichrangig Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz zu einem Zieldreieck der Energiepolitik für Europa. Die EU hat sich insgesamt erneut dazu bekannt, den globalen Anstieg der Temperatur auf maximal 2 Grad zu begrenzen. Die Absprachen auf dem Gebiet der Energiepolitik und des Klimaschutzes waren ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zu den Vereinbarungen in Heiligendamm.

Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der sozialen Dimension

Die deutsche Präsidentschaft hat der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der sozialen Dimension Europas hohe Priorität eingeräumt. Hier sind auf der einen Seite die wichtigen Impulse zur Vollendung des Binnenmarktes und zur Besseren Rechtsetzung hervorzuheben, auf der anderen Seite die Anstrengungen, die soziale Dimension Europas mit konkreten Inhalten weiter auszugestalten.

Daneben hat sich die Präsidentschaft für konkrete Vorhaben eingesetzt, die den Bürgerinnen und Bürgern die Vorteile der integrierten Zusammenarbeit unmittelbar vor Augen führen und das Leben und Reisen in der EU preiswerter machen. So insbesondere die Verabschiedung der "Roaming"-Verordnung, die europaweit eine preisgünstigere Nutzung des Mobiltelefons ermöglichen wird, sowie die Einigung auf einen gemeinsamen europäischen Zahlungsraum, womit Unternehmern und Bürger künftig ihre Zahlungen in Europa genauso schnell, einfach und günstig durchführen können wie es national bereits als selbstverständlich gilt.

Justiz- und Innenpolitik

In der Justiz- und Innenpolitik wurden wichtige Fortschritte erzielt und erste Schritte unternommen um die gemeinsamen strategischen Ziele über 2010 hinaus engagiert weiter zu entwickeln. Daneben hat Europa seine Entschlossenheit bekräftigt, die illegale Einwanderung im Dialog mit den Herkunfts- und Transitländern einzudämmen und die Möglichkeiten legaler Migration zu prüfen. Dabei werden die Bedürfnisse der nationalen Arbeitsmärkte und die nationalen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten beachtet. Künftig richtet sich der Fokus der EU nicht nur auf das Mittelmeer, sondern auch stärker auf die östlichen und südöstlichen Nachbarregionen.

Durch die vereinbarte Überführung des "Prümer Vertrages" zum verbesserten Austausch von Daten in einen EU-Rechtsrahmen erhält die polizeiliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität einen neuen Impuls. Gleichzeitig wurden die Rechte der Bürger u.a. bei der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen und durch die Verbesserung des Verbraucherschutzes gestärkt. Die Vernetzung von nationalen Strafregistern und "e-justice" werden die praktische Zusammenarbeit der Justizbehörden erheblich verbessern. Darüber hinaus ist die Einigung über den Beschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ein deutliches Zeichen dafür, dass Europa der Intoleranz entschieden entgegentritt. EU-Außenbeziehungen Auf dem Feld der Außenbeziehungen gelang es, die Rolle der EU als globaler Akteur weiter auszubauen. Die Europäische Nachbarschaftspolitik wird auch mit Blick auf die östlichen und südöstlichen Nachbarregionen weiter vertieft, mit der Ausarbeitung einer Zentralasienstrategie beabsichtigt die EU, den europäischen Sicherheits- und Stabilitätsraum auszubauen. Auch im Verhältnis der EU zu Russland sind konkrete weitere Schritte beispielsweise bei der Energiezusammenarbeit oder der Investitionssicherheit vereinbart worden.

An den Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen für ein modernes Partnerschafts- und Kooperationsabkommen muss allerdings weiter gearbeitet werden.

Die transatlantischen Beziehungen erhielten durch den erfolgreichen EU-US-Gipfel am 30. April einen neuen nachhaltigen Impuls: Der Abschluss eines Rahmens für die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen, mit der Einrichtung eines Transatlantischen Wirtschaftsrates, soll die Zusammenarbeit, gerade auch im regulatorischen Bereich intensivieren. Der ebenfalls erreichte Abschluss eines Luftverkehrsabkommens wird Austausch und Handel zwischen den beiden Weltregionen weiter befördern.

Im Nahen Osten ist es der EU gelungen durch die Revitalisierung des Nahost-Quartetts und die Unterstützung der arabischen Friedensinitiative ein neues Momentum internationaler Zusammenarbeit zu schaffen trotz zuletzt negativer Entwicklungen in der Region. Der Kosovo-Statusprozess wurde von der EU in großer Geschlossenheit auf Grundlage der Ahtisaari-Vorschläge aktiv begleitet. Die Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien sind wieder aufgenommen worden.

Entscheidend ist, dass die Europäische Union durch neue institutionelle Weichenstellungen die Stagnation überwunden und ihre Handlungs- und Zukunftsfähigkeit auch in einer zunehmend globalisierten Welt sichergestellt hat. Mit ambitionierten Beschlüssen hat sie die Meinungsführerschaft in zentralen Zukunftsthemen wiedererlangt. Die Europäische Union ist heute besser aufgestellt, um gemäß ihren Wertevorstellungen Politik nach innen wie nach außen zu gestalten.

Dies wird die Akzeptanz der EU bei den Bürgerinnen und Bürgern weiter erhöhen.

Die Europäische Union ist und bleibt das Fundament unserer gemeinsamen Zukunft.

Im Einzelnen

I. Eine handlungsfähige Gemeinschaft - die EU weiterentwickeln

In der Berliner Erklärung vom 25. März 2007 zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge haben die Staats- und Regierungschefs die gemeinsamen Werte und Ideale der Europäerinnen und Europäer in Erinnerung gerufen und ein eindrucksvolles Bekenntnis für eine Neubegründung des Europäischen Integrationsprozesses abgelegt. Die Erklärung benennt die zentralen Herausforderungen des 21.

Jahrhunderts und vereinbart ein gemeinsames Vorgehen zu deren Bewältigung. Die

Staats- und Regierungschefs haben darin ihre Verpflichtung bekräftigt, die Europäische Union bis zum Jahre 2009 auf eine erneuerte gemeinsame Grundlage zu stellen.

Gleichzeitig ist es gelungen, die wesentlichen Neuerungen des Verfassungsvertrags und damit seine inhaltliche Substanz zu erhalten. So erhält die Grundrechtecharta volle Rechtsverbindlichkeit. Damit konnte der zentrale Fortschritt des Verfassungsvertrags im Bereich des Grundrechteschutzes bewahrt werden.

Bei der Frage der Stimmengewichtung im Rat bleibt das Prinzip der doppelten Mehrheit erhalten, das sowohl die Gleichheit der Mitgliedstaaten als auch die Gleichheit der Bürger/innen bei Entscheidungen im Rat sicherstellt. Die Verschiebung der Einführung der doppelten Mehrheit auf das Jahr 2014 führt dazu, dass das Prinzip der doppelten Mehrheit zeitgleich mit der Verkleinerung der Kommission wirksam wird.

Das institutionelle Paket konnte insgesamt erhalten werden. Der Anwendungsbereich der qualifizierten Mehrheit und der Mitentscheidung des Europäischen Parlaments wurden deutlich ausgeweitet. Durch die Festlegung des Mitentscheidungsverfahrens als Regelverfahren wird das Europäische Parlament zum gleichberechtigten Gesetzgeber neben dem Rat. Der Kommissionspräsident wird künftig durch das Europäische Parlament gewählt. Die EU wird durch diese Fortschritte demokratischer und transparenter.

Auch die Verminderung der Zahl der Kommissare auf zwei Drittel der Zahl der Mitgliedstaaten ab 2014 stärkt die Handlungsfähigkeit der EU. Das gleiche gilt für das neue Amt eines dauerhaften Präsidenten des Europäischen Rates, das Kontinuität, Kohärenz und Sichtbarkeit der EU-Politik nach innen wie nach außen sicherstellt. Die Außenpolitik der EU wird durch die Einführung des Amtes eines "Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik" sowie durch den Europäischen Auswärtigen Dienst wesentlich gestärkt. Die im Verfassungsvertrag vorgesehenen Funktionen des Amtes (u.a. Vize-Präsident der Kommission für Außenbeziehungen, Vorsitz im Rat für Außenbeziehungen) bleiben in vollem Umfang erhalten.

Die wesentlichen Fortschritte des Verfassungsvertrags im Bereich der Sachpolitiken konnten ebenfalls erhalten werden. Diese betreffen neben der Außenpolitik der EU insbesondere die Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität, die Energiepolitik sowie den Bereich Soziales. Zusätzlich wurden neue Rechtsgrundlagen für Klimaschutz sowie Energiesolidarität in die neuen Verträge aufgenommen.

Im Bereich Justiz und Inneres wurde durch eine Anpassung des in der Verfassung bereits vorgesehenen "Notbremse"-Mechanismus die Möglichkeit für diejenigen Mitgliedstaaten, die im Rahmen einer "verstärkten Zusammenarbeit" vorangehen möchten erleichtert.

Die aus deutscher Sicht wichtige Anerkennung der kommunalen Selbstverwaltung sowie des Status der Kirchen (sog. "Kirchenartikel") bleiben ebenfalls erhalten.

Die bereits im Verfassungsvertrag angelegte Stärkung der Rolle der nationalen Parlamente, insbesondere bei der Subsidiaritätsprüfung, sowie eine verbesserte Kompetenzabgrenzung wurden noch weiter ausgebaut. Damit wurde wichtigen Anliegen der Bevölkerung, die in der öffentlichen Diskussion während der zurückliegenden Reflexionsphase in einigen Mitgliedstaaten vorgetragen wurden, Rechnung getragen.

II. Eine integrierte Klima- und Energiepolitik

Eine integrierte Klima- und Energiepolitik der EU war ein deutlicher Schwerpunkt der deutschen Präsidentschaft. Die Staats- und Regierungschefs haben beim Europäischen Rat im März 2007 ehrgeizige Ziele sowohl für die Reduzierung der klimaschädlichen Emissionen bis 2020 als auch für eine umfassende Energiepolitik für Europa festgelegt, Der Aktionsplan Energie definiert gleichermaßen ambitionierte Ziele für Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Er verzahnt kohärent und gleichrangig Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz zu einem Zieldreieck der Energiepolitik für Europa. Das Ziel der EU, den Anstieg der Temperatur auf maximal 2 Grad zu begrenzen, wurde bekräftigt und war Leitschnur für die klima- und energiepolitischen Beschlüsse.

Die Entscheidungen der EU wurden unterstützt durch das breite öffentliche Interesse für die Klimapolitik - u.a. ausgelöst durch die Veröffentlichung des Stern-Berichts und der Ergebnisse des "Intergovernmental Panel on Climate Change" (IPCC). Im Rahmen der Verabschiedung eines Energieaktionsplanes für die Jahre 2007 bis 2009 konnte der Durchbruch zu besonders ehrgeizigen und richtungsweisenden Beschlüssen erreicht werden, mit denen die EU einerseits eine Wende in der Klimapolitik eingeleitet und weltweit die Vorreiterrolle für die post-2012-Verhandlungen übernommen hat, andererseits über eine integrierte Klima- und Energiepolitik für Europa einen europäischen Mehrwert für Bürger und Unternehmen schafft.

Konkret hat sich die EU darauf verständigt, ihre CO₂-Emissionen bis 2020 um 30% gegenüber 1990 zu verringern, soweit auch andere Industriestaaten sich zu vergleichbaren Reduktionen verpflichten. Zusätzlich haben die Mitgliedstaaten beschlossen dass die EU unabhängig von dem Vorgehen anderer Staaten ihre CO₂-Emissionen bis 2020 um mindestens 20% (verglichen mit 1990) vermindern wird. Von dieser Entscheidung geht auch ein klares Signal an die Wirtschaft aus, dass der europäische Emissionshandel nach 2012 fortgeführt wird und es sich lohnen wird, in ressourcen- und energieeffiziente Technologien zu investieren.

Darüber hinaus hat sich die EU das Ziel gesetzt, durch verbesserte Energieeffizienz bis 2020 20% des Energieverbrauchs einzusparen. Außerdem wurde verbindlich vereinbart bis 2020 einen Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch von 20% zu erreichen. Schließlich wurde für 2020 ein verbindliches Mindestziel in Höhe von 10% für den Anteil von Biokraftstoffen am gesamten verkehrsbedingten Benzin- und Dieselverbrauch in der EU vereinbart.

Der Aktionsplan Energie benennt auch die Prioritäten für die Energieaußenbeziehungen der EU, die vor allem der Energieversorgungssicherheit durch Diversifizierung der Bezugsquellen (einschließlich Effizienz und erneuerbare Energien) und Sicherung der Transitrouten, den internationalen kooperativen Energiedialogen und damit auch dem Klimaschutz dienen sollen. Basis hierfür ist ein umfassender Ansatz, der Klimapolitik ebenso einbezieht wie Entwicklungs- und Handelspolitik. Der Europäische Rat hat dabei bekräftigt, dass die EU mit einer gemeinsamen Stimme sprechen muss.

Der Aktionsplan Energie umfasst zudem Maßnahmen, um den EU-Binnenmarkt für Strom und Gas effizienter zu gestalten (u.a. Entflechtung, Regulierung, Interkonnektoren), besser zu integrieren und letztlich zu vollenden.

Auf besondere Initiative der deutschen Präsidentschaft wurde die Europäische Energiestrategie für den Verkehr angenommen, die eine Roadmap vorsieht mit konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Klimarelevanz, der Energieeffizienz und des verstärkten Einsatzes alternativer Kraftstoffe im Straßenverkehr, aber auch bei den übrigen Verkehrsträgern.

Ebenso haben die Mitgliedstaaten sich für den Vorschlag der Kommission ausgesprochen die CO₂-Emissionen für neue PKW in einem integrierten Ansatz auf durchschnittlich 120 g CO₂ pro Kilometer bis 2012 zu reduzieren.

Zudem hat die deutsche Präsidentschaft die Verhandlungen zur Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel vorangebracht, ohne dem Wettbewerb abträglich zu sein. Der Rat ist sich einig, dass auch alle Flüge von der EU in Drittstaaten und aus solchen in die EU in das Regime des europäischen Emissionshandels einbezogen werden sollen. Damit wurde ein klares Zeichen für die bevorstehende ICAO-Versammlung gesetzt.

Die Europäische Union hat somit ihre Vorreiterrolle beim internationalen Klimaschutz ausgebaut und einen Meilenstein im internationalen Klimaschutz gesetzt. Zudem hat sie die Voraussetzungen für eine erfolgreiche VN-Klimakonferenz im Dezember 2007 in Bali geschaffen, bei der die Einleitung von Verhandlungen für ein umfassendes internationales Klimaschutzregime post 2012 beschlossen werden soll. Ziel ist es, bis 2009 auf internationaler Ebene Reduktionsziele für die Zeit nach 2012 zu vereinbaren die auf eine Halbierung der globalen Treibhausgas-Emissionen bis 2050 gegenüber dem Jahr 1990 ausgerichtet sind. Die Geschlossenheit, mit der die EU hinter ihren Klimaschutzzielen steht, hat die ebenfalls historische Einigung mit den G8-Staaten in Heiligendamm erst möglich gemacht.

III. Weitere Bereiche zur Gestaltung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Zukunft Europas

Europa hat seine wirtschaftliche Dynamik - Voraussetzung für die Sicherung von Wachstum und Beschäftigung - wiedergewonnen. Mit voraussichtlich 2,9 % Wachstum in diesem Jahr wird es erstmals seit langer Zeit das der USA übertreffen.

Wie der unter deutschem Vorsitz angenommene Fortschrittsbericht zeigt, trägt die erneuerte Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung Früchte. Sie ist ein wichtiges Instrument, um unsere wirtschaftliche Zukunft und die Grundlagen unserer sozialen Systeme zu sichern. Im Bestreben unser europäisches Lebensmodell zu wahren wurde auf dem Frühjahrsgipfel im März die Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit hervorgehoben und zugleich die soziale und ökologische Dimension der Lissabon-Strategie betont. Hierzu hat der Europäische Rat erstmals seit der Neuausrichtung der Lissabonstrategie auf Wachstum und Beschäftigung länderspezifische Empfehlungen für die Mitgliedstaaten und die Eurozone indossiert, die als zentrale Richtschnur für die weiteren Reformen in den Mitgliedstaaten dienen.

Mit der Verabschiedung einer integrierten Klima- und Energiepolitik für Europa gibt Europa Antworten auf eine zentrale Herausforderung am Beginn dieses Jahrhunderts.

Vollendung des Binnenmarkts und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen

Wesentliches Ziel unserer Präsidentschaft war, zur weiteren Vollendung des Binnenmarktes beizutragen und das Potenzial besser zu nutzen, das Europa als größter Binnenmarkt der Welt nach seiner Wirtschaftskraft bietet. Die Herausforderungen für den Binnenmarkt des 21. Jahrhunderts liegen in der Globalisierung. Die Deutsche Präsidentschaft hat daher ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes nicht nur als Kern der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung herausgestellt, sondern die weitere Stärkung seiner vier Freiheiten (freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Dienstleistungs- und Kapitalfreiheit) als wichtiges Instrument zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der EU betrachtet.

Ein Ziel der deutschen Ratspräsidentschaft war es, den Warenverkehr im Binnenmarkt zu erleichtern. Ein großer Teil der in der EU gehandelten Waren unterliegt auch heute noch unterschiedlichen nationalen Regeln oder Überwachungsverfahren, die sich kostensteigernd für die Unternehmen auswirken.

Unter der deutschen Präsidentschaft wurde intensiv an der Stärkung und verbesserten Durchsetzung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung für die nichtharmonisierten Produkte (hier gibt es keine EU-Regeln) und die Verbesserung und Vereinheitlichung der Akkreditierung und Marktüberwachung für harmonisierte Produkte (sog. Neuer Ansatz) gearbeitet.

Für ein höheres Maß von Rechtssicherheit für die Unternehmen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sorgt die unter deutscher Präsidentschaft erfolgte Einigung über die Rechtsmittelrichtlinie.

Auf dem Gebiet der europäischen Zollgesetzgebung konnte das wohl umfassendste Gesetzesvorhaben seit 1992, die Modernisierung des Zollkodex, erfolgreich einer politischen Einigung zugeführt werden. Insbesondere aus dem Konzept der zentralen Zollabwicklung und dem Grundsatz des elektronischen Datenaustauschs zwischen allen am Im- und Export Beteiligten ergeben sich wesentliche Verfahrensvereinfachungen für Wirtschaft und Verwaltung. Die konkrete Ausgestaltung und der zeitliche Rahmen zur Umsetzung werden durch die Entscheidung über ein papierloses Arbeitsumfeld für Zoll und Handel festgelegt, auf die sich die Fachminister unter deutscher Präsidentschaft politisch geeinigt haben.

Gute Fortschritte wurden auch bei anderen Projekten erreicht. Hierzu zählen:

Bei der vollständigen Liberalisierung des europäischen Markts für Postdienstleistungen konnten zwar wichtige Fortschritte, aber noch keine Einigung erzielt werden.

Zudem konnte zu den meisten Teilen des Mehrwertsteuerpaketes unter deutschem Vorsitz eine politische Einigung erzielt werden. Die portugiesische Präsidentschaft hat den Auftrag erhalten, die noch offenen Punkte einer Lösung zuzuführen, so dass der Rat das gesamte Mehrwertsteuerpaket bis Ende 2007 formal verabschieden kann.

Daneben standen vor allem auch die Vorhaben im Vordergrund, die für die Bürgerinnen und Bürger besondere Vorteile bedeuten:

Wachstums- und stabilitätsorientierte Finanz- und Wirtschaftspolitik

Der Euro ist eine Erfolgsgeschichte der europäischen Integration: Zum 01.01.2007 konnte Slowenien als erster der zehn Mitgliedsstaaten der großen Erweiterungsrunde von 2004 den Euro einführen. Das Verfahren zur Euroeinführung in Malta und Zypern, die laut Kommission und Europäischer Zentralbank die Konvergenzkriterien erfüllen, wurde erfolgreich eingeleitet.

Die zentrale Botschaft der unter deutschem Vorsitz geführten finanzpolitischen Debatten war, die aktuell guten wirtschaftlichen Bedingungen zur weiteren Haushaltskonsolidierung zu nutzen. Steuermehreinnahmen sollen zum Schuldenabbau eingesetzt und damit die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen gesichert werden. Vor diesem Hintergrund, haben die dreizehn Finanzminister des Euroraums im April vereinbart, bis 2010 ihre jeweiligen mittelfristigen Haushaltsziele (für Deutschland: gesamtstaatlicher Haushaltsausgleich) anzustreben. Dies zeigt, ebenso wie die Entlassung von Frankreich, Griechenland, Malta und Deutschland aus dem Defizitverfahren, dass der reformierte Stabilitäts- und Wachstumspakt wirkt und seine Bewährungsprobe bestanden hat.

Die Erhöhung der Effizienz und Effektivität des öffentlichen Sektors ist ein wichtiges Element der Lissabon-Strategie und kann die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt erleichtern. Dieses Thema stand auch im Mittelpunkt der von der deutschen Präsidentschaft forcierten Diskussion über die Qualität der öffentlichen Finanzen. In seinen im Juni beschlossenen Schlussfolgerungen betont der Ecofin die Notwendigkeit, die Leistungsorientierung und Effizienz des öffentlichen Sektors weiter zu verbessern. Die Debatte über die Qualität der öffentlichen Finanzen wird von der portugiesischen Präsidentschaft fortgeführt werden.

Eine effektive Bekämpfung von Steuermissbrauch leistet einen wichtigen Beitrag zur Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte und zum Schutz der steuerehrlichen Unternehmer. Die Kommission wurde vor diesem Hintergrund aufgefordert, bis Ende 2007 erste Rechtssetzungsvorschläge im Bereich der sog. konventionellen Maßnahmen des bestehenden Umsatzsteuersystems vorzulegen sowie eine Analyse der Effekte einer Option für ein generelles Reverse-Charge-Verfahren auf den Binnenmarkt einschließlich der Möglichkeit eines entsprechenden Pilotprojekts (in Österreich) durchzuführen. Bei diesem Verfahren wird der Steuerbetrug durch eine Verlagerung der Steuerschuld für Umsätze in der Unternehmenskette auf den Leistungsempfänger bekämpft.

Um ein reibungsloseres Zusammenwirken der verschiedenen souveränen nationalen Steuersysteme im Bereich der direkten Steuern zu fördern, konnten sich die Mitgliedstaaten dahingehend einigen, dass in bestimmten, noch zu spezifizierenden Bereichen eine stärkere Koordinierung zwischen diesen Steuersystemen angemessen sein kann. Die Arbeiten an der einheitlichen konsolidierten Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung, wodurch die globale Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarktes gestärkt werden soll, wurden planmäßig fortgeführt.

Sicherung des finanziellen Rahmens für Europa

Mit der unter deutscher Präsidentschaft zustande gekommenen Einigung über den Eigenmittelbeschluss, mit dem die Beschlüsse des Europäischen Rates zur Finanziellen Vorausschau vom Dezember 2005 formal umgesetzt wurden, ist ein wichtiger Schritt hin zu einer fairen finanziellen Lastenteilung erreicht worden. Damit ist eine Voraussetzung zur dynamischen Weiterentwicklung Europas erfüllt worden.

Zugleich führt die Einigung zu einer deutlichen Entlastung für Deutschland.

Bessere Rechtsetzung

Bessere Rechtsetzung ist ein zentraler Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die europäischen Unternehmen, insbesondere auch der kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch für Bürger/innen und Verwaltung mit dem Ziel der Senkung der Bürokratiekosten. Der deutsche Vorsitz konnte auf EUEbene die Festlegung konkreter quantitativer Ziele für den Bürokratiekostenabbau durchsetzen: Bis 2012 sollen 25% des durch EU-Recht bedingten Verwaltungsaufwands abgebaut werden. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, ähnlich ambitionierte Abbauziele zu erreichen. Zur Erreichung des Abbauziels wurde beim Frühjahrsgipfel der Startschuss für ein Aktionsprogramm der Kommission zur Messung und Verringerung der Bürokratielasten gegeben. Ebenfalls wurde, um das Potenzial einer besseren Rechtsetzung zu verdeutlichen, mit der Durchführung von

Sofortmaßnahmen begonnen, die sich für einen raschen Einstieg in den Bürokratiekostenabbau eignen. Insgesamt zehn Legislativmaßnahmen sind auf den Weg gebracht worden, einige konnten sogar noch unter deutscher Präsidentschaft abgeschlossen werden.

Förderung von Umwelttechnologien

Forschung und Entwicklung sind wichtige strategische Instrumente der Energie- und Klimapolitik. Die Entwicklung von ressourcenschonenden und energieeffizienten Technologien wird in Zukunft ein zentraler Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen sein. Die EU steht vor der Herausforderung, zu dieser Frage ökonomische und ökologische Antworten zu finden. Deswegen wurde unter deutscher Präsidentschaft das große Potential von Umwelttechnologien und -innovationen besonders hervorgehoben. Zu nennen sind hier beispielsweise Technologien für Erneuerbare Energien und eine Förderung der Energieeffizienz sowie die nachhaltige Kraftwerkstechnologie, Abscheidung von CO₂ und CO₂-Lagerung. Die Kommission wurde beauftragt, bis Anfang 2008 einen Vorschlag für eine ehrgeizige und integrierte Strategie zur Förderung von Öko-Innovationen vorzulegen. Hierzu hat der Umweltrat durch die Verabschiedung von Schlussfolgerungen bereits eine Vorarbeit geleistet und konkrete Ansätze benannt.

Förderung von Forschung und Entwicklung

Unser Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum hängt in hohem Maße von den Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung ab. Im Rahmen der Lissabon-Agenda haben sich die Mitgliedstaaten daher dem Ziel verpflichtet, bis 2010 3% des Bruttosozialproduktes für Forschung und Innovation aufzuwenden.

Zentrales Element der Forschungs- und Innovationspolitik der Europäischen Union ist das 7. Forschungsrahmenprogramm (7. FRP), das während der deutschen Ratspräsidentschaft gestartet wurde. Mit seinem Finanzvolumen von rund 54,4 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2007 bis 2013 ist es das weltweit größte Forschungsförderprogramm. Mit der Einrichtung des Europäischen Forschungsrates (ERC) im Rahmen des 7. FRP ist in Europa auch erstmals die Förderung von exzellenter Pionierforschung möglich. Das 7. FRP und der ERC stellen damit wichtige Weichen für die Verbesserung der Innovationsfähigkeit und die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Europas.

Der Wissenstransfer aus der Forschung in die wirtschaftliche Nutzung und der Schutz des damit verbundenen geistigen Eigentums sind ein weiteres zentrales Element für die europäische Innovationsfähigkeit. Deutschland hat daher zur Verbesserung der Nutzung von Forschungsergebnissen wie auch zur Verhinderung unkontrollierten Knowhow-Abflusses eine Initiative für eine Charta zum Umgang mit geistigem Eigentum an öffentlichen Forschungseinrichtungen und Hochschulen - eine IP-Charta - gestartet.

Für eine exzellente Wissenschaft sind europäische Forschungsinfrastrukturen unabdingbar. Mit den beim Wettbewerbsrat am 22. Mai verabschiedeten Ratsschlussfolgerungen zu europäischen Forschungsinfrastrukturen haben die Forschungsministerinnen und -minister bestätigt, dass Sie den vom Europäischen Strategischen Forum für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) erstellten Fahrplan für europäische Forschungsinfrastrukturen umsetzen wollen.

Die deutsche Ratspräsidentschaft hat große Erfolge hinsichtlich der Einrichtung eines Europäischen Technologieinstitutes (ETI) erzielen können. Das ETI mit seinen Wissens- und Innovationsgemeinschaften, die exzellente und anwendungsrelevante Forschung betreiben sollen, kann die Innovationsfähigkeit Europas nachhaltig verbessern indem es das Wissensdreieck von Bildung, Forschung und Innovation stärkt. Beim Wettbewerbsrat am 25. Juni konnte eine politische Einigung bezüglich der Einrichtung des ETI erzielt und damit die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden.

Nach wie vor gibt es große Unterschiede in der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit in Europa. Der deutsche Vorsitz hat daher einen Leitfaden für die Nutzung von Strukturfondsmitteln im Forschungsbereich erarbeitet und zum Gegenstand von Schlussfolgerungen des Rates (Wettbewerbsfähigkeit) gemacht.

Auf dem gemeinsamen Rat von EU und ESA zur Weltraumpolitik ist der Grundstein für ein Europäisches Weltraumprogramm gelegt worden, das dem Wandel der Raumfahrt zu einer stärkeren Nutzerorientierung Rechnung trägt und - auf den Raumfahrtaktivitäten von EU und ESA aufbauend - Ziele und Prioritäten setzt.

Stärkung der europäischen Bildungszusammenarbeit

Unter dem Leitmotiv "Bildung verbindet - Education Unites -EU" wurde die zentralen bildungspolitischen Handlungsfelder vorangetrieben. Das mit rd. 7 Mrd. Euro dotierte Programm "Lebenslanges Lernen" wurde gestartet. Damit werden erfolgreiche Maßnahmen wie die der Erasmusstipendien fortgeführt. Die europaweite Hochschulzusammenarbeit wurde im Rahmen einer Bologna-Ministerkonferenz insbesondere unter den Aspekten Mobilität, Qualität und Beschäftigungsfähigkeit gestärkt.

Unter deutschem Vorsitz wurde zudem der Reflexionsprozess zur Weiterentwicklung der bildungspolitischen Komponenten des Lissabonprozesses (Arbeitsprogramm Bildung und Ausbildung 2010) eingeleitet. Um die Beurteilung der Fortschritte zu ermöglichen wurde ein konkreter Katalog von Indikatoren und Zielsetzungen verabschiedet.

Zur Förderung des europäischen Zusammenhaltes wurde bei einem informellen Ministertreffen in Heidelberg unter Beteiligung der Balkanländer und weiterer Länder eine Diskussion über Europas Werte und den Beitrag der Bildung geführt. Die Zusammenarbeit mit dem Mittelmeerraum wurde durch eine erstmalig durchgeführte EUROMED-Ministerkonferenz in Kairo ausgebaut.

Moderne europäische Verkehrspolitik

Ein leistungsfähiges, nachhaltiges und sicheres Verkehrssystem ist Voraussetzung für die Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Insbesondere im Luftverkehr wurden erhebliche Fortschritte erzielt:

Mit dem Abschluss eines umfassenden Luftverkehrsabkommens mit den USA konnte ein neu gestalteter Rechtsrahmen geschaffen werden, der letztlich darauf abzielt, einen gemeinsamen offenen Luftverkehrsraum zu schaffen. Auch beim Abkommen mit Russland zur vollständigen Abschaffung des bestehenden Systems der Zahlungen für Sibirienüberflüge bis 2014 konnte Einigung erreicht werden.

Mit der Entschließung des Rates vom 08.06.2007 zur förmlichen Gründung des gemeinsamen Unternehmens SESAR wurden die Weichen für die Entwicklung der erforderlichen Systemtechnologie für ein zukunftsweisendes europäisches Flugsicherungssystem gestellt. Mit der allgemeinen Ausrichtung des Rates zur Revision des dritten Liberalisierungspakets Luftverkehr ist zudem ein wesentlicher Schritt in Richtung Verbesserung von Markteffizienz, Sicherheit und Schutz der Fluggäste gelungen. Auch die erzielte politische Einigung zur Erweiterung des Aufgabenbereichs der europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) ist ein wichtiger Baustein zur weiteren Verbesserung der Flugsicherheit. Insgesamt wird mit diesen Maßnahmen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Luftverkehrswirtschaft deutlich erhöht.

Nach achtjähriger Diskussion konnte unter deutscher Ratspräsidentschaft eine Einigung mit dem Europäischen Parlament über die Verordnung zu Öffentlichen Personenverkehrsdiensten erreicht werden. Der Erhalt der in Deutschland bestehenden Verkehrsverbünde konnte dabei dauerhaft gesichert und die Zuständigkeit der kommunalen Verkehrsträger dem Subsidiaritätsprinzip folgend gewahrt werden.

Im maritimen Bereich konnten u.a. zu drei Dossiers aus dem sog. "Dritten Seesicherheitspaket" politische Einigungen erzielt werden (betreffend die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr, die Hafenstaatkontrolle sowie die Festlegung der Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr). Die Verhandlungen über den Vorschlag für eine Verordnung über die Haftung von Beförderern von Reisenden auf See und im Binnenschiffsverkehr bei Unfällen wurden vorangebracht.

Erfolgreich abgeschlossen wurden auch die Verhandlungen im Vermittlungsverfahren über das Dritte Eisenbahnpaket. Damit ist der Weg frei gemacht worden für einen einheitlichen Lokführerschein, die Stärkung der Fahrgastrechte und die Öffnung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs einschließlich der Kabotage.

Wesentliche Fortschritte wurden auch für die so genannte "Cross Acceptance" (gegenseitige Anerkennung von Schienenfahrzeugen) erreicht. Ziel ist, die Zulassungen von international eingesetzten Schienenfahrzeugen zu erleichtern mit der Folge, dass sowohl Zeit als auch Geld gespart wird.

Im Straßenverkehrsbereich ist es gelungen, eine schnelle Einigung über die Richtlinie über die Nachrüstung von schweren Lkw mit sicheren Seitenspiegeln zu erzielen mit der das Problem des "toten Winkels" bekämpft wird. Hierin liegt ein wichtiger Beitrag zu dem Ziel der EU, die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten in der EU bis zum Jahr 2010 um die Hälfte zu reduzieren. Auch die auf der Fachkonferenz eSafety im Juni angenommenen Schlussfolgerungen sind ein Baustein zu verbesserter Straßenverkehrssicherheit in der EU.

Insgesamt ist es der Präsidentschaft gelungen, Transparenz hinsichtlich des Standes beim satellitengestützten Navigationssystem Galileo zu erreichen, die Grundlagen für eine Orientierung bei der Neuausrichtung des Projekts zu legen und damit die endgültige Entscheidung über die weitere Fortführung von Galileo vorzubereiten. Auf Initiative der Präsidentschaft hat der Verkehrsministerrat im März dem Industriekonsortium ein Ultimatum zur Weiterführung der Verhandlungen über eine Konzession für Aufbau und Betrieb des Systems gesetzt und die Kommission zur Evaluierung der Verhandlungen und Darlegung möglicher Alternativen zum Systemaufbau aufgefordert. Auf dieser Grundlage wurde offensichtlich, dass die Fortsetzung des bisherigen PPP-Modells (private öffentliche Partnerschaft) nicht zielführend war, da der Start des Systemaufbaus um mehrere Jahre verzögert und die öffentliche Hand mittelfristig mit erheblich höheren finanziellen Beträgen belastet würde. Auf Vorschlag der deutschen Ratspräsidentschaft beschloss daraufhin der Rat einstimmig, die Verhandlung mit dem fusionierten Konsortium abzubrechen. Auf Initiative der deutschen Präsidentschaft wird die Kommission Vorschläge zur Finanzierung und zur Beschaffungsstrategie erarbeiten, auf deren Grundlage der Ministerrat im Herbst 2007 endgültig entscheiden soll.

Integrierte Meerespolitik

Mit dem Ziel, im maritimen Bereich Wachstum und Beschäftigung im Sinne der Lissabon Strategie zu fördern und zugleich die Meeresumwelt zu schützen, hat die deutsche Präsidentschaft im Mai eine hochrangige Konferenz in Bremen ausgerichtet. Im Rahmen einer integrativen Meerespolitik sollen alle maritimen Wirtschaftsbereiche sowie Fragen der Nachhaltigkeit und des Lebens in Küstenregionen einbezogen werden. Die Kommission wird im Oktober hierzu Vorschläge vorlegen.

Moderne Kultur- und Medienpolitik

Zentrales Vorhaben zur Förderung der kulturellen Identität und Vielfalt Europas war die Revision der Fernseh-Richtlinie. Nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen konnte unter deutschem Vorsitz hierzu Einvernehmen (u.a. zu Herkunftslandprinzip, Produktplatzierung, Werbevorschriften) hergestellt werden.

Damit wird der Rechtsrahmen für Fernsehdienste den technologischen Entwicklungen, insbesondere durch Internet und Digitalisierung angepasst und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die verschiedenen audiovisuellen Mediendienste hergestellt. Gleichzeitig werden Grundwerte demokratischer Gesellschaften wie der Schutz der Menschenwürde, Jugend- und Verbraucherschutz, Medienpluralismus und kulturelle Vielfalt geschützt. Die modernen Regulierungsformen der Ko- und Selbstregulierung sind als mögliche Umsetzungsinstrumente der Richtlinie verankert, deren Bedeutung und Voraussetzungen auch Gegenstand einer EU-Medienkonferenz in Leipzig im Mai 2007 waren.

Wichtige Impulse für die Kulturarbeit in Europa wurden durch "Schlussfolgerungen des Rates zum Beitrag des Kultur- und Kreativbereichs zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie" gesetzt und hierdurch die Bedeutung der Branchen für Wachstum und Beschäftigung in einem wettbewerbsfähigen Europa unterstrichen.

Erste konkrete Vorschläge wurden zur Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen im Kulturbereich, der unternehmensbezogenen Ausbildung Kulturschaffender sowie einer besseren Querschnittskoordinierung auf Europäischer Ebene gemacht. Die Bedeutung der Kulturwirtschaft wurde akzentuiert.

Die erfolgreiche Umsetzung einer Vielzahl von Fachveranstaltungen zu kultur- und medienpolitischen Fragen (u.a. Digitalisierung, Kulturwirtschaft, Schutz der kulturellen Vielfalt und Medienregulierung) sowie die beiden Brüsseler Ausstellungen "Visit(e)" und "Blicke auf Europa" repräsentierten eine kohärente und nachhaltige europäische Kultur- und Medienpolitik.

Leistungsfähige und bürgerorientierte Verwaltung

Im Bereich der europäischen Zusammenarbeit des öffentlichen Dienstes (European Public Administration Network "EUPAN") konnte unter deutschem Vorsitz erreicht werden dass die Anforderungen der demographischen Entwicklung an den öffentlichen Dienst übergreifender Schwerpunkt für die künftige Zusammenarbeit im EUPAN-Netzwerk werden. Darüber hinaus wurde der soziale Dialog der im EUPAN-Netzwerk versammelten öffentlichen Arbeitgeber mit den europäischen Gewerkschaften ausgebaut. Weiterhin ist es gelungen, gemeinsame Richtlinien zur Gewährleistung der Qualität öffentlicher Dienstleistungen ("Citizen Charters") fertig zu stellen und zu verabschieden. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch Fragen der Bürgerzufriedenheit und einer kundenorientierten öffentlichen Verwaltung.

Der deutschen Präsidentschaft ist es weiterhin gelungen, Einigkeit zwischen den Mitgliedstaaten über die wesentlichen Voraussetzungen zur Schaffung eines gemeinsamen elektronischen Kommunikationsraums der gemeinsamen Verwaltungen zu erzielen (E-Goverment).

Sicherung von Beschäftigung und Gestaltung der sozialen Zukunft Europas

Weiterentwicklung des Europäischen Sozialmodells

Unter deutschem Vorsitz konnte verdeutlicht werden, dass Europa mehr ist als ein gemeinsamer Markt. Die Debatte über das Europäische Sozialmodell wurde fortgeführt mit konkreten Inhalten verbunden und es ist gelungen, gemeinsame Werte sowie die Notwendigkeit gemeinsamer Ziele und sozialer Standards zu vergewissern. Der Stellenwert der Sozialpolitik im Rahmen der Lissabon-Strategie wurde deutlich herausgestellt und sichtbar gemacht, dass eine wettbewerbsfähige und soziale Union machbar ist. Insgesamt wurde die soziale Dimension der europäischen Integration gestärkt - auch über die Grenzen Europas hinweg im Rahmen der erfolgreichen EuroMed-Konferenz in Berlin im März.

Beim Europäischen Rat im März konnte ein Einverständnis darüber hergestellt werden dass die soziale Dimension für Europa besondere Bedeutung hat. In seinen Schlussfolgerungen bekräftigte der Europäische Rat die Notwendigkeit, das soziale Europa zu stärken, das Europäische Sozialmodell weiterzuentwickeln und die gemeinsamen sozialen Ziele der Mitgliedstaaten im Rahmen der Lissabon-Strategie stärker zu berücksichtigen. Dies hat wesentliche Bedeutung für die Akzeptanz sowohl der fortdauernden Reformpolitik als auch der europäischen Integration.

Unter deutscher Ratspräsidentschaft hat die Kommission einen ersten Zwischenbericht zur sozialen Bestandsaufnahme in die Diskussion eingebracht und damit ein Konsultationsverfahren eröffnet. Die Ergebnisse dieses Prozesses sollen in die für 2008 vorgesehene Halbzeitbewertung zur Europäischen Sozialagenda einfließen und eng verbunden werden mit der Debatte über die Zukunft des Binnenmarktes.

Flexicurity und "gute Arbeit": Der Flexicurity"-Ansatz wurde konkretisiert. Dabei wurde deutlich gemacht, dass jedes Land seinen eigenen Ansatz hat, um die richtige Balance zwischen Flexibilität und Sicherheit zu finden. Im Einklang mit den beiden nachfolgenden Präsidentschaften wird das Prinzip "gute Arbeit" hierbei besonders heraus gestellt. Unter der Überschrift "gute Arbeit" wurde eine Entschließung des Rates zur neuen Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007-2012 verabschiedet, einem Kernbereich der "guten Arbeit", zu dem außerdem die Arbeitsbedingungen, Aus- und Weiterbildung, faire Löhne, Rechte der Arbeitnehmer/-innen, familienfreundliche Gestaltung der Arbeit und Chancengleichheit gehören. Darin bekräftigen die Mitgliedstaaten das Ziel einer Reduzierung der Arbeitsunfälle in Europa um 25% bis zum Jahr 2012.

Die angenommene Richtlinie zur Vereinfachung und Rationalisierung der Berichte beim Arbeitsschutz stellt einen wichtigen Schritt zur Vereinfachung des Gemeinschaftsrechts und zur systematischen Evaluierung europäischer Arbeitsschutzrichtlinien dar.

Mobilität und soziale Sicherheit: Bei der Erleichterung der Mobilität der Arbeitnehmer/-innen wurden wichtige Fortschritte erzielt. Aufbauend auf den Vorarbeiten der finnischen Präsidentschaft wurden die Arbeiten an der Richtlinie mit Mindestvorschriften zur Verbesserung der Begründung und des Erhalts von Zusatzrentenansprüchen weitergeführt. Die Kommission wird unter Berücksichtigung des Votums des EP einen modifizierten Vorschlag vorlegen. Bei der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit konnten die Beratungen zum Kapitel Krankenversicherung abgeschlossen werden.

Stärkung der Städte und Regionen sowie des ländlichen Raums

Beim informellen Minister/Ministerinnen-Treffen zur Stadtentwicklung und zum territorialen Zusammenhalt in Leipzig im Mai 2007 ist es gelungen, sich auf gemeinsame Grundsätze und Strategien für die Stadt- und Raumentwicklungspolitik zu einigen. Alle alten und neuen Mitgliedstaaten ziehen erstmals wieder an einem Strang. Die verabschiedeten Dokumente unterstreichen die Rolle und Verantwortung auch der Regionen und Städte für die Umsetzung der Nachhaltigkeits- und der Lissabonstrategie. Die Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt und die territoriale Agenda der EU setzen einen europapolitischen Rahmen für mitgliedstaatliches Handeln, um den Klimawandel, den demographischen Wandel und die Auswirkungen des globalen ökonomischen Strukturwandels in den Städten und Regionen bewältigen zu können. Sie plädieren ferner dafür, stadtentwicklungspolitische und baukulturelle Anliegen bei der Entwicklung von Sektorpolitiken auf EU-Ebene zukünftig stärker zu berücksichtigen.

Auf Initiative der deutschen Präsidentschaft wurden beim Informellen Agrarminister/innen-Treffen im Mai die besonderen Herausforderungen für die ländlichen Regionen, in denen über die Hälfte der EU-Bevölkerung lebt und arbeitet, thematisiert. Hierbei wurde deutlich, dass ein Bündel von Maßnahmen erforderlich ist das weit über die bloße Förderung der Agrarwirtschaft hinausgeht. Auf Basis eines Berichts der Kommission hat der Agrarrat Schlussfolgerungen zur Verbesserung der Beschäftigungssituation im ländlichen Raum verabschiedet, worin die Schlüsselrolle der Erhaltung und Schaffung von modernen Arbeitsplätzen in den ländlichen Regionen bekräftigt wird. Ländliche Räume müssten mit moderner Infrastruktur ausgestattet werden, um auch für die Jugend und Familien ein attraktives Lebensumfeld zu bieten. Die Kommission ist aufgefordert worden, weitere Analysen zur Beschäftigungssituation und insbesondere zur Anbindung der ländlichen Räume an moderne Informationstechnologien durchzuführen.

Chance und Herausforderung des demografischen Wandels; Förderung der Chancengleichheit und Teilhabe am Arbeitsmarkt

Die EU-Staaten stehen angesichts des demografischen Wandels vor komplexen Herausforderungen. Zugleich ist eine nachhaltige Familienpolitik Voraussetzung dafür dass der in vielen Mitgliedstaaten zu beobachtende Trend zu einer geringeren Geburtenrate umgekehrt werden kann.

Vor diesem Hintergrund fand die vom deutschen Vorsitz initiierte "Europäische Allianz für Familien" breite Unterstützung. Diese schafft eine Plattform für den Austausch bewährter Praktiken im Gesamtfeld familienfreundlicher Politiken (Vereinbarkeit Familie und Beruf, Betreuung von Kindern und älteren, pflegebedürftigen Angehörigen, Generationengerechtigkeit u. a.). Weiterer Schwerpunkt war die Gestaltung des demografischen Wandels, wobei besonderes Augenmerk auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potentiale der Älteren gelegt wurde.

Bei der Chancengleichheit und Teilhabe am Arbeitsmarkt ist es gelungen, für verschiedene Zielgruppen notwendige Verbesserungen der europäischen und nationalen Politik zu diskutieren und zu vereinbaren. Dies gilt sowohl für Menschen mit Behinderungen als auch für von Armut bedrohte Personen. Auf Initiative der deutschen Präsidentschaft hat der Rat einen gemeinsamen Bericht des Beschäftigungs- und des Sozialschutzausschusses zum aktiven Altern beschlossen, der gute Beispiele enthält und einen Beitrag zum Voneinanderlernen leistet.

Beim ersten gemeinsamen Treffen der EU-Gleichstellungs- und Familienministerinnen und -minister wurden neue Impulse für eine enge Zusammenarbeit von Gleichstellungs- und Familienpolitik für mehr Chancengleichheit von Männern und Frauen gegeben. Zur langfristig konsequenten Verfolgung der Gleichstellung wurde eine Initiative der Teampräsidentschaft gestartet.

Darüber hinaus fand die deutsche Präsidentschaft mit ihren Initiativen zu einer stärker sektorübergreifenden europäischen Jugendpolitik und einer sichtbareren politischen Relevanz der Ratsformation "Jugend" ungeteilte Zustimmung. So konnte ein Konsens über die Verbesserung der Chancengleichheit, die gesellschaftliche Teilhabe und berufliche Integration aller jungen Menschen - insbesondere bei der Umsetzung des Europäischen Pakts für die Jugend - erzielt werden.

Innovative und präventive Gesundheitspolitik, Ernährung und Sport

Auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnt das Thema Gesundheit weiter an Bedeutung. Zugleich bietet der Gesundheitssektor ein hohes Wachstumspotential. Mit der Einigung auf eine Verordnung über Arzneimittel für neuartige Therapien wird die Wettbewerbsfähigkeit der EU in biotechnologischen Schlüsselbereichen maßgeblich gefördert. Die Verordnung umfasst Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika und den aufstrebenden Bereich des "tissue engineering" und trägt entscheidend zur Verbesserung der Qualität und Sicherheit dieser innovativen Produkte in Europa bei.

Auch die Novellierung der Medizinprodukterichtlinien konnte in erster Lesung abgeschlossen werden. Damit wird sichergestellt, dass die Bevölkerung weiterhin einen schnellen Zugang zu medizinischen Technologien auf höchstem Sicherheits- und Leistungsstandard hat. Nicht zuletzt tragen die neu gesetzten Standards dazu bei die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und insbesondere der deutschen Medizinprodukteindustrie weiter zu stärken.

Prävention und die Förderung gesunder Lebensstile waren weitere Schwerpunkte der deutschen Ratspräsidentschaft. Das gilt insbesondere im Hinblick auf HIV/AIDS.

Es wurde deutlich: Für eine gute HIV/AIDS-Prävention bedarf es einer sich aktiv beteiligenden Zivilgesellschaft. Bei der AIDS-Therapie hat sich die pharmazeutische Industrie auf Initiative des deutschen Vorsitzes erstmals bereit erklärt, mit besonders von den hohen Preisen für HIV/AIDS-Medikamente betroffenen EU-Mitglieds- und Nachbarstaaten über Preise für diese Arzneimittel zu verhandeln.

Zu den notwendigen Inhalten einer künftigen Regelung zu grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen haben die Mitgliedstaaten zum Ausdruck gebracht, dass sie die künftige Entwicklung der grenzüberschreitenden Gesundheitsdienste aktiv mit gestalten wollen im Sinne von ambitionierten Regelungen, die Rechtssicherheit für die Patienten und Leistungserbringer bieten, und gleichzeitig die nationalen Handlungsmöglichkeiten wahren.

Ein weiterer wichtiger Beitrag war die Verabschiedung von Ratsschlussfolgerungen zum Thema "Prävention von Übergewicht" auf Basis der "Badenweiler Erklärung".

Damit wird die Relevanz des von der Kommission vorgelegten Weißbuchs zu Ernährung, körperlicher Bewegung und Gesundheit hervorgehoben und eine gemeinsame Strategie zur Prävention von Fehlernährung, Bewegungsmangel,

Übergewicht und damit zusammenhängenden Krankheiten in den Mitgliedsstaaten und auf EU-Ebene unterstützt.

Um die Dopingbekämpfung auch auf europäischer Ebene noch weiter zu intensivieren haben die Mitgliedstaaten beschlossen, ihre nationalen Anti-Doping-Organisationen besser miteinander zu vernetzen. Weiterhin konnten die Arbeiten zur Einrichtung eines "Satellitenkontos Sport" weiter vorangetrieben werden. Das Satellitenkonto ermöglicht, die ökonomischen Auswirkungen des Sports, zum Beispiel seinen Anteil am Bruttoinlandsprodukt und die Anzahl der Beschäftigten im Sport, zu ermitteln.

Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen Europas

Stärkung des Umweltschutzes

Die Mitgliedstaaten werden sich am 28. Juni voraussichtlich auf eine gemeinsame Position für die Revision der Abfall-Rahmen-Richtlinie, die Stoffkreisläufe und damit die Verwertung von Abfällen weiter stützt und mehr Rechtssicherheit für die beteiligte Recyclingwirtschaft schafft, verständigen. Die neue Abfallrichtlinie ist ein gutes Beispiel für die Umsetzung "Besserer Rechtsetzung", da sie verschiedene bestehende Rechtsakte integriert und klare Definitionen für das Abfall-Management einführt. Auch mit der politischen Einigung, bestimmte gefährliche Stoffe in Gewässern verbindlich zu begrenzen, dürfte am 28. Juni ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Wasserqualität erreicht werden.

Mit Blick auf die Vertragsstaatenkonferenz zur Biodiversität, die im Mai 2008 in Deutschland stattfindet, sowie auf die Vertragsstaatenkonferenz der VN-Wüstenkonvention im September 2007 in Spanien haben die Mitgliedstaaten sich anspruchsvolle Ziele gesetzt, um wegweisende Entscheidungen zu treffen. Im Bereich der Finanzierungsmechanismen des Umweltschutzes (Life+) kann die Präsidentschaft den erfolgreichen Abschluss des Vermittlungsverfahrens verbuchen.

Sie hat damit ermöglicht, dass die EU bis 2013 2,1 Milliarden Euro für die Förderung von Umweltschutzprojekten zur Verfügung stellt. Zudem wird die politische Einigung über die Verordnung über das Verbot und die sichere Lagerung von metallischem Quecksilber die Gesundheitsgefahren nicht nur in Europa erheblich verringern.

Auf der 14. Vertragsstaatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) vom 3.-15. Juni 2007 in Den Haag konnte nach jahrelangen Verhandlungen ein großer Durchbruch bei der Regulierung des Elfenbeinhandels erreicht werden, der ein neunjähriges Handelsmoratorium beinhaltet. Vertreten durch die Präsidentschaft nahm die EU dabei eine erfolgreiche Vermittlerrolle zwischen den afrikanischen Staaten ein.

Moderne, wettbewerbsfähige und nachhaltige Agrar- und Fischereipolitik

Eines der übergeordneten Ziele der deutschen Präsidentschaft im Agrarbereich war es im Sinne einer verlässlichen, praxisgerechten und bürgernahen Gemeinsamen Agrarpolitik EU-Recht und Kontrollvorschriften zu vereinfachen, Bürokratie abzubauen und mehr Transparenz herzustellen. Dies gelang u.a. durch eine Zusammenführung der bestehenden 21 Marktordnungen zu einer einzigen Marktorganisation, wodurch rd. 50 Ratsverordnungen ersetzt werden konnten.

Gleichzeitig konnte die Präsidentschaft mit den Schlussfolgerungen des Rates zur "Cross compliance" - die im Einvernehmen mit der Kommission angenommen wurden - einen bedeutenden ersten Schritt zu Vereinfachungen im Agrarbereich erreichen. Mit der Einigung über die Reform der Obst- und Gemüsemarktordnung wurde ein wichtiger Schritt zur Vervollständigung der Agrarreform von 2003 vollzogen. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors verbessert und eine Vielzahl von Vorschriften vereinfacht. So werden die Verarbeitungsbeihilfen schrittweise entkoppelt und die Exporterstattungen gestrichen. Es werden Krisenmanagementmaßnahmen eingeführt und umweltfreundliche Maßnahmen im Sektor gefördert.

Beim "Lebensmittelpaket" - Lebensmittelzusatzstoffe, Lebensmittelenzyme, einheitliches Zulassungsverfahren - hat sich der Rat auf eine Allgemeine Ausrichtung geeinigt bzw. - bei Aromen - über den Fortschritt der Arbeiten berichten lassen. Ziel des Pakets ist es besonders, zur Wahrung des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes ein einheitliches und effizientes Verfahren für die Zulassung von Zusatzstoffen, Enzymen und Aromen einzuführen. Außerdem sollen die geltenden Vorschriften vereinfacht und an den technischen Fortschritt angepasst werden. Erstmalig werden EU-weit harmonisierte Regelungen für Lebensmittelenzyme festgelegt.

Beim Tierschutz wurden nach mehrjährigen Beratungen erstmals Vorschriften zu EU weiten Mindeststandards für die Haltung von Masthühnern erreicht. Des Weiteren wurde ein gemeinschaftliches Einfuhrverbot für Katzen- und Hundefelle beschlossen und damit ein klares Signal gegen tierschutzwidrige Praktiken gesetzt. Das Verbot gilt ab 1. Januar 2009. Außerdem vereinbarten die Agrarministerinnen und -minister Schlussfolgerungen bezüglich einer einheitlichen Kennzeichnung tierschutzgerecht produzierter Lebensmittel in der EU (Tierschutzkennzeichnung).

Im Fischereibereich konnte durch die Verabschiedung mehrerer Schutzpläne (Ostseedorsch, Europäischer Aal, roter Thunfisch) und einer verbindlichen Definition von Treibnetzen ein Beitrag zu einer nachhaltigeren Bewirtschaftung der Fischereiressourcen und zum Bestandsschutz geleistet werden. Zudem wurden Initiativen zu Bekämpfung der illegalen Fischerei ergriffen. Das mit Grönland geschlossene Fischereiabkommen konnte für die nächsten Jahre wichtigen Zugang für europäische Fischer zu den grönländischen Fischereigründen sichern.

IV. Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

Die Weiterentwicklung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in Europa war für die deutsche Präsidentschaft von zentraler Bedeutung, denn die Bürgerinnen und Bürger erwarten entschlossenes Handeln und mehr Kooperation zur Wahrung ihrer Freiheitsinteressen und ihrer Sicherheitsbedürfnisse. So war das Ziel des Vorsitzes, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen mehr Sicherheit bei offenen Binnengrenzen auf der einen Seite und der Stärkung der Bürgerrechte und Schaffung von mehr Rechtssicherheit auf der anderen Seite. Unter dem Leitmotiv "Europa sicher leben" wurden ganz bewusst die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt der europäischen Innenpolitik gestellt.

Gleichzeitig ging es um die zukünftige Ausrichtung und Stärkung des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts nach 2010. Hierzu wurde unter deutschem Vorsitz eine informelle hochrangige Gruppe zur Zukunft der europäischen Innenpolitik eingerichtet. So ist sichergestellt, dass die erfolgreichen Programme von Tampere und Den Haag eine Fortsetzung finden.

Stärkung der Sicherheit, Steuerung der Migration und Förderung der Integration

Enge polizeiliche Zusammenarbeit und gemeinsame Terrorismusbekämpfung

Konkrete Fortschritte bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sind erfolgt:

So wurde innerhalb von nur sechs Monaten die politische Einigung zur Überführung der wesentlichen Teile des Vertrags von Prüm in den EU-Rechtsrahmen erreicht.

Durch den dort vorgesehenen gegenseitigen Zugriff auf nationale Datenbanken über Fingerabdrücke, DNA und Kfz-Daten wird die polizeiliche Zusammenarbeit erheblich vereinfacht.

Auch die grundsätzliche Einigung auf eine Überführung des EUROPOL-Übereinkommens in einen Ratsbeschluss bis zum 30.06.2008 trägt durch die damit verbundene operative Stärkung von EUROPOL zu mehr Sicherheit in Europa, insbesondere bei der gemeinsamen Terrorismusbekämpfung, bei. Schwierige Fragen zu Finanzierung und Personal bleiben zwischen den Mitgliedstaaten allerdings noch klärungsbedürftig.

Weiter wurde die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Beobachtung und Auswertung der terroristischen Nutzung des Internets durch das erfolgreich gestartete Projekt "check the web" entscheidend gestärkt. Über ein im Mai 2007 bei Europol eingerichtetes Informationsportal können die Mitgliedstaaten nun ihre Erkenntnisse austauschen und zusammenführen.

Schließlich konnte mit der politischen Einigung zur Überführung des Vertrags von Prüm in den EU-Rechtsrahmen sowie zum Zugriffsbeschluss auf die Daten des künftigen Visum-Informationssystems (VIS) der Grundstein zur Verwirklichung des Europäischen Informationsverbundes gelegt werden. Dieser soll den betroffenen Polizei- und Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten sowie Europol und Eurojust, soweit dies für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist, zur Bekämpfung des Terrorismus und schwerer grenzüberschreitender Kriminalität Zugang zu EU-Informationssystemen gewähren (z.B. SIS, VIS, EURODAC und Zollinformationssystem) und die operative Zusammenarbeit zwischen Polizei, Zoll und anderen zuständigen Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden verbessern.

Das Interimsabkommen zwischen der EU und den USA über die Nutzung von Fluggastdatensätzen (passenger name records, PNR) läuft am 31.07.2007 aus. Bis dahin muss ein neues Abkommen geschlossen werden. Der deutsche Vorsitz hat mit Unterstützung durch die Kommission in intensiven und schwierigen Verhandlungen mit den USA das Vorhaben weit vorangebracht. Das neue Abkommen soll langfristig Rechtssicherheit für alle Betroffenen schaffen, einen hohen Sicherheitsstandard gewährleisten und einen soliden Datenschutz bieten.

Kohärente Asyl- und Migrationspolitik

Ein wichtiges Präsidentschaftsziel ist mit der Ausweitung des Gesamtansatzes Migration auf die östlichen und südöstlichen Nachbarregionen der Europäischen Union erreicht worden. Es gelang, ein konkretes Maßnahmenpaket zu verabschieden um die Zusammenarbeit mit diesen wichtigen Transit- und Herkunftsländern, auch als Element der Initiative zur Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik, zu vertiefen. Damit wird der gegenwärtige Schwerpunkt der EU-Migrationspolitik im Mittelmeerraum und Afrika ausbalanciert.

Die Diskussion über mögliche umfassende Partnerschaften der EU mit Drittländern wird auf Grundlage der Mitteilung der Kommission zu zirkulärer Migration und Mobilitätspartnerschaften zwischen der EU und Drittstaaten fortgesetzt werden.

Ein großer Erfolg ist der Abschluss der seit Anfang 2005 andauernden Beratungen zur Verordnung über das Visa-Informationssystem (VIS), das ein wichtiges Instrument der engen Zusammenarbeit zur Umsetzung einer gemeinsamen Visapolitik, zur Erleichterung des Visa-Verfahrens, zur Bekämpfung von illegaler Migration und Visum-Shopping darstellen wird. Zusammen mit der Einigung über den beschränkten VIS-Zugang für die Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten einerseits und für EUROPOL andererseits ergibt sich ein kohärenter Ansatz im Kampf gegen Terrorismus und Stärkung des Raums der Freiheit, des Sicherheit und des Rechts.

Im Rahmen der gemeinsamen Rückübernahmepolitik gelang die Paraphierung von entsprechenden Abkommen mit den Ländern des Westlichen Balkans. Parallel dazu wurden mit diesen Staaten Verhandlungen über Visumerleichterungen abgeschlossen die einen wichtigen Beitrag zur Vereinfachung direkter Kontakte leisten sollen. Auf Initiative des deutschen Vorsitzes wurde der Ausbau der praktischen Zusammenarbeit bei der Rückführung von Drittstaatsangehörigen vereinbart. Die Aufgaben der Grenzschutzagentur FRONTEX bei gemeinsamen Rückführungsmaßnahmen wurden konkretisiert.

Integration und interkultureller Dialog

Die Integration von Zuwanderern ist eine der großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Europa. Um den bereits bestehenden Informations- und Erfahrungsaustausch zu verstärken, wurde beschlossen, die Rolle der auf Expertenebene eingerichteten Nationalen Kontaktstellen zu erweitern.

Für die erfolgreiche Integration von Zuwanderern ist der interkulturelle Dialog zu einem wichtigen Instrument geworden. Das vom deutschen Vorsitz organisierte Treffen der EU-Integrationsminister konnte einen Anstoß zu einem europäischen Dialog geben.

Effizienterer Schutz der Außengrenzen

Gerade der Wegfall der Binnengrenzen macht Europa für die Bürger und Bürgerinnen sichtbar und zeigt den Nutzen der europäischen Einigung. Aber der Verzicht auf Grenzkontrollen hängt entscheidend von der Etablierung angemessener Standards, wie z.B. einem ausreichenden Schutzniveau an den gemeinsamen Außengrenzen ab. Dazu gehört auch der Anschluss der neuen Mitgliedstaaten an das Schengen-Informationssystem (SIS). Der deutsche Vorsitz hat daher sichergestellt dass die Arbeiten hierzu im Zeitplan bleiben. Zusätzlich wurde darauf geachtet dass es bei der Einführung des SIS II, das weiteren Sicherheitsgewinn bringen wird, nicht zu weiteren Verzögerungen kommt.

Erfolgreich war Deutschland auch bei der Stärkung der Grenzschutzagentur FRONTEX. So konnte durch Annahme der Verordnung über die Einrichtung von schnellen Grenzschutzsoforteinsatzteams ein Pool von grenzpolizeilichen Experten geschaffen werden, die in Fällen besonders hohen Migrationsdrucks auf Bitten eines Mitgliedstaats unter der Koordinierung von FRONTEX an den Grenzen zum Einsatz kommen. Weiterhin ermöglicht die Verordnung, zukünftig im Rahmen aller gemeinsamen Einsätze unter Ägide der Agentur Gastbeamten in gemeinsamen Einsatzteams exekutive Befugnisse zu übertragen. Dies wird die Effektivität gemeinsamer Maßnahmen wesentlich steigern. Ebenso wurden FRONTEX in großem Umfang Ausrüstungsgegenstände, wie z.B. Patrouillenboote, Flugzeuge und Hubschrauber, von Seiten der Mitgliedstaaten zugesagt. Das von acht Mitgliedstaaten gemeinsam betriebene Küstenpatrouillennetz an den südlichen Seegrenzen hat bereits Ende Mai seine Arbeit aufgenommen.

Stärkung der Freiheit und des Rechts

Stärkung der Bürgerrechte

Im Sinne des Gleichgewichts zwischen Sicherheit und Bürgerrechten ist der geplante Rahmenbeschluss zum Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden, ein wichtiges Vorhaben. Die Verhandlungen über den Rahmenbeschluss wurden durch einen vollständig überarbeiteten Entwurf der deutschen Präsidentschaft erheblich erleichtert und sollen nun bis Ende 2007 abgeschlossen werden.

Besonders hervorzuheben ist, dass die festgefahrenen Verhandlungen zum Entwurf eines Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit wieder aufgenommen und zum Abschluss gebracht werden konnten. Damit wird eine Mindestharmonisierung in den Strafvorschriften der Mitgliedstaaten, insbesondere hinsichtlich der Strafbarkeit des Verbreitens von rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen, erzielt.

Zum Thema Gewaltmedien hat der deutsche Vorsitz einen umfangreichen Fragebogen an die Mitgliedstaaten versandt und das Ergebnis in einem Bericht festgehalten. Diese Bestandsaufnahme erlaubt es den Mitgliedstaaten, voneinander zu lernen und sich an bestpractice-Beispielen zu orientieren.

Trotz der von der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten gewünschten Einführung von Mindeststandards in Strafverfahren auch für innerstaatliche Sachverhalte konnte noch keine Einigung über den Rahmenbeschluss erzielt werden. Der Europäische Rat hat die Mitgliedstaaten weiter aufgefordert, zu einer Einigung zu kommen. Auf welchem Wege dies erreicht werden kann, wird erst nach Abschluss der Beratungen zum Vertragsreformprozess feststehen.

Zum 1. März 2007 konnte die EU-Grundrechteagentur ihre Arbeit aufnehmen.

Mehr Rechtssicherheit für Bürger und Wirtschaft

Bürgernähe war ein Kernanliegen der deutschen Präsidentschaft. Der wichtige Durchbruch bei den Verhandlungen zur Verbraucherkreditrichtlinie wird dem Verbraucher zukünftig ermöglichen, europaweit das beste Angebot zu wählen.

Zudem wurde auch die Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, das den Bürgern in grenzüberschreitenden Fällen schneller zur Durchsetzung kleinerer Forderungen verhelfen kann, und die Neufassung der Verordnung über die Zustellung, die für schnellere und kostengünstigere Zustellungen in andere Mitgliedstaaten sorgen wird, angenommen.

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Mobilität der Bürger und Bürgerinnen muss zur Sicherung ihrer Bewegungsfreiheit ein vorhersehbarer Rechtsrahmen geschaffen werden. Hierzu wurden die Arbeiten im internationalen Familien- und Privatrecht fortgesetzt d.h. konkret:

Im Anschluss an die Vorlage der Mitteilung der Kommission am 4. April 2007 hat die deutsche Ratspräsidentschaft die zentralen Fragen zur Vertiefung des Patentsystems in Europa auf Expertenebene diskutiert, so dass nunmehr ein Sachstandsbericht vorliegt, der die Ergebnisse der bisherigen Beratungen in der Ratsarbeitsgruppe Patentrecht zusammenfasst und Grundlage für deren weitere Arbeit ist.

Die Harmonisierung des Gesellschaftsrechts konnte mit dem Abschluss der Aktionärsrechte-Richtlinie weiter voran gebracht werden.

Stärkung der Justiz und der praktischen Zusammenarbeit

Hier ging es dem deutschen Vorsitz um schnelle und effektive Informationsübermittlung. So konnten sich die Mitgliedstaaten über einen Rahmenbeschluss zur Überstellung von strafrechtlich Verurteilten einigen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Mitgliedstaat zukünftig verpflichtet werden, ein freiheitsentziehendes Strafurteil eines anderen Mitgliedstaates anzuerkennen und zu vollstrecken. Weiterhin:

V. Gestaltung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, der Außenwirtschaftspolitik und der Entwicklungspolitik

Auch auf internationaler Ebene konnte die EU ihre Handlungsfähigkeit als globaler Akteur unter Beweis stellen. Das außenpolitische Umfeld war während der deutschen Präsidentschaft geprägt durch mehrere hochkomplexe, weiterhin ungelöste internationale Problemstellungen: den Kosovo-Statusprozess, eine trotz des gestiegenen internationalen Engagements schwierige Lage in Nahost, die auf der Stelle tretenden Anstrengungen zur Verhinderung der iranischen Nuklearoption und die prekäre Situation in Sudan/Darfur.

Während der deutschen EU-Präsidentschaft fanden Gipfeltreffen mit allen nichteuropäischen G8-Partnern - USA, Russland, Kanada und Japan - statt, bei denen weitreichende insbesondere wirtschaftspolitische, Beschlüsse gefasst wurden. Diese Treffen haben auch wichtige Beiträge für den G 8-Gipfel in Heiligendamm geleistet.

Erweiterung der EU und Ausbau des europäischen Raumes der Sicherheit und Stabilität

Hier standen im Mittelpunkt:

Multilaterales Engagement, aktives Krisenmanagement und Nichtverbreitung

Bei der Bewältigung verschiedener außereuropäischer Krisen spielte die EU eine signifikante Rolle:

Im Bereich Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung galt das Interesse vor allem der Stärkung des multilateralen Regelwerks. Die EU hat sich aktiv an den Diskussionen über Lösungen zur Multilateralisierung des Brennstoffkreislaufs beteiligt die bestehenden Proliferationsbedenken gegenüber den sensitiven Bestandteilen des nuklearen Brennstoffkreislaufs wirksam Rechnung tragen sollen.

BM Steinmeier hat hierzu einen Vorschlag gemacht, der die Möglichkeit für Staaten vorsieht die Pläne für die friedliche Nutzung von Kernenergie haben, sich an einem Anreicherungszentrum unter IAEO-Administration zu beteiligen.

Angesichts der großen außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen des Klimawandels wurde auf unsere Initiative hin der Zusammenhang zwischen Klimawandel und internationaler Sicherheit als Thema auf die EU-Agenda gesetzt: GS/HR Solana und die Kommission wurden vom Europäischen Rat im Juni beauftragt dem Europäischen Rat im März 2008 hierzu einen gemeinsamen Bericht vorzulegen.

Stärkung von GASP und ESVP

Die Rolle GS/HR Solanas wurde gestärkt; er übernahm bei einem Dutzend von EU-Drittstaatentreffen den Vorsitz. Im Rahmen des sog. Hampton-Courtfollow-up wurde die Schaffung eines zivilen Hauptquartiers im Ratssekretariat beschlossen; hiervon ist ein deutlicher Effizienzgewinn bei der Planung und Leitung ziviler ESVP-Missionen zu erwarten. Unter deutscher Führung erfolgte ein wichtiger Impuls zur Verbesserung der militärischen strategischen Planungsfähigkeit der EU. Außerdem erreichte das Operationszentrum der EU seine Einsatzbereitschaft und wurde im Rahmen einer Übung erstmals erfolgreich aktiviert. Die zivilen ESVP-Missionen im Gaza-Streifen und in der DR Kongo wurden verlängert. Im Bereich der Entwicklung militärischer Fähigkeiten wurden wesentliche Teile des Fortschrittskatalogs zum Streitkräfteplanungsziel 2010 erarbeitet. Nachdem die EU Battlegroups mit Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft die volle Einsatzbereitschaft erreicht hatten, wurde die Entwicklung der Fähigkeiten der EU zur schnellen militärischen Krisenreaktion weiter vorangetrieben. Hierzu wurde unter anderem eine Initiative der deutschen Ratspräsidentschaft gemeinsam mit den portugiesischen und slowenischen Folgepräsidentschaften zur Überarbeitung des Konzeptes der EU für die schnelle militärische Krisenreaktion eingebracht.

Strategische Partnerschaften und aktive Außenwirtschaftspolitik

Beim Gipfeltreffen mit den USA am 30.4. sind die transatlantische Wirtschaftspartnerschaft und die Zusammenarbeit im Bereich der Energie- und Klimapolitik gestärkt worden. Mit der "Rahmenvereinbarung zur Vertiefung der transatlantischen Wirtschaftsintegration" wurden die Grundlagen für eine effektivere Zusammenarbeit beim Abbau unnötiger Doppelregulierungen gelegt. Daneben konnten Leuchtturmprojekte u.a. zum Schutz Geistigen Eigentums, zur besseren Vereinbarkeit von Bilanz- und Börsenregeln, zum Abbau von Investitionshindernissen und zur Förderung innovativer Technologien benannt werden, bei denen bis zum nächsten EU-US-Gipfel konkrete Fortschritte erreicht werden sollen. Neues institutionelles Rückgrat ist der transatlantische Wirtschaftsrat, der direkt dem EU-US-Gipfel berichten wird. Ferner wurde ein umfassendes Luftverkehrsabkommen unterzeichnet. Im außenpolitischen Bereich wurde eine Einigung erzielt, dass sich die USA (erstmals) an einer zivilen ESVP-Mission (im Kosovo) beteiligen werden.

Auch beim Gipfeltreffen mit Kanada (4.6.) konnte eine Stärkung der Wirtschaftskooperation, die Aufnahme von Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen und eine enge Kooperation in Afghanistan vereinbart werden. Im Bereich der Energie- und Klimapolitik wurde mit Kanada eine verstärkte Zusammenarbeit im Hinblick auf ein umfassendes internationales Klimaschutzregime Post-2012 vereinbart.

Auf dem EU-Gipfel mit Japan am 5.6. wurde u.a. eine Stärkung der Zusammenarbeit beim Schutz Geistigen Eigentums sowie bei Forschung und Innovation vereinbart.

Mit der "Nürnberger Erklärung" zu einer vertieften EU-ASEAN-Partnerschaft wurde eine qualitativ neue Zusammenarbeit der beiden Regionalorganisationen in fünf prioritären Bereichen (Politik/Sicherheit, Wirtschaft, Energie/Klimawandel, Entwicklung und Zivilgesellschaft) begründet. U.a. wurde ein erster EU-ASEAN-Gipfel (Troika) vereinbart, der am 22.11.2007 in Singapur stattfinden wird. Bei einem Treffen der 45 ASEM-Außenminister in Hamburg wurde eine einvernehmliche Unterstützung für ein umfassendes internationales Klimaschutzregime Post-2012 im VN-Rahmen erzielt.

Als Grundlage für die gemeinsame EU-Afrika-Strategie, die vom EU-Afrika-Gipfel im Dezember 2007 verabschiedet werden und die die Grundlage für eine neue Partnerschaft zwischen der EU und Afrika bilden soll, wurde gemeinsam mit der afrikanischen Seite ein "outline"-Papier erarbeitet. Mit diesem Papier, das am 15.05. von der EU-Afrika-Troika auf Ministerebene indossiert wurde, wurde der Rahmen für die gemeinsame Strategie abgesteckt und wesentliche Vorarbeiten geleistet.

Die enge Zusammenarbeit zwischen EU und VN wurde durch eine gemeinsame Erklärung über die Kooperation im Rahmen des internationalen Krisenmanagements gestärkt.

Stärkung von Handel und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Europas

Der deutsche Vorsitz hat sich nachdrücklich für eine weitere Öffnung der internationalen Märkte für europäische Güter, Dienstleistungen und Investitionen eingesetzt und misst dabei einem ehrgeizigen Abschluss der Doha-Entwicklungsrunde weiterhin allergrößte Bedeutung zu.

Darüber hinaus stellen die angestrebten bilateralen Handelsvereinbarungen der EU mit ausgewählten Partnern (ASEAN, Indien, Südkorea), aber auch die Assoziierungsabkommen mit Zentralamerika und Andengemeinschaft, eine sinnvolle Ergänzung des multilateralen Handelsystems dar. Die Verhandlungsmandate konnten erfolgreich verabschiedet werden. Erste Verhandlungen mit den asiatischen Partnern und der Andengemeinschaft wurden bereits aufgenommen. Sehr intensive Verhandlungen haben ebenso zum Freihandelsabkommen mit dem Golfkooperationsrat stattgefunden. Diese sollen möglichst noch in diesem Jahr zu einem erfolgreichen Ende geführt werden. Darüber hinaus wurden mit China die Verhandlungen zu einem umfassenden Partnerschafts- und Kooperationsabkommen begonnen.

Wettbewerbswidrigem Verhalten sowie unfairen Handelspraktiken wie Dumping, rechtswidrigen Subventionen, Verletzung geistiger Eigentumsrechte oder erzwungenem Technologietransfer wurde während der deutschen Präsidentschaft im Rahmen der bestehenden EU-Regularien entschlossen entgegentreten. Ziel bleibt die Stärkung des internationalen Wettbewerbs durch Abwehr unfairer Handels- und Subventionspraktiken sowie weltweit offene Märkte. Die ergebnisoffene Überprüfung handelspolitischer Instrumente in Form der Grünbuch-Diskussion wurde fortgeführt und eine klarere Positionsbestimmung der Mitgliedstaaten erreicht. Zudem konnten wesentliche Elemente zur Aktualisierung der EU-Marktzugangsstrategie festgelegt werden.

Als konkreter Schritt zur Steigerung von Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit Europas fand auf Initiative der deutschen Ratspräsidentschaft eine Wissenschaftsministerkonferenz der EU und Indiens in Neu Delhi statt (7./8. Februar), bei der eine enge Kooperation insbesondere in den Bereichen Gesundheitsforschung, Umweltschutz und Energiesicherheit vereinbart wurde, womit der Zusammenarbeit mit diesem wichtigen strategischen Partner der EU neue Impulse gegeben werden konnte.

Stärkung nachhaltiger Entwicklung

Die Erwartungen an neue Impulse bei der EU-Entwicklungszusammenarbeit konnte die deutsche Ratspräsidentschaft erfüllen. Durch konkrete Beiträge zur Armutsbekämpfung und Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele vor allem in Afrika wurde der europäische Entwicklungsbeitrag - in engem Dialog mit den Partnerländern und der Zivilgesellschaft - weiter gestärkt.

Bei den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik (AKP-Staaten) wurde das Ziel erreicht, Handelspolitik in den Dienst wirksamer Armutsbekämpfung und nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung zu stellen:

Die Mitgliedstaaten der EU haben sich auf ein weit reichendes Angebot zur Öffnung des gemeinsamen Marktes gegenüber den AKP-Staaten sowie auf sehr lange Übergangsfristen für den Schutz entwicklungssensibler Produkte und Sektoren in den AKP-Staaten verständigt. Die EU konnte so ihr Konzept einer asymmetrischen, flexiblen und entwicklungsunterstützenden Marktöffnung überzeugend mit politischem Inhalt füllen. Zudem wurde ein entwicklungspolitisch qualitativ und quantitativ stimmiges Paket begleitender Handelshilfe verabschiedet. Damit und durch den direkten Dialog der EU-Mitgliedstaaten mit den AKP-Staaten wurden wichtige Impulse zu einem zeitgerechten und entwicklungsförderlichen Abschluss der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen gesetzt.

Vor dem Hintergrund gemeinsamer Interessen Europas und Afrikas im Energiebereich (Sicherheit der Energieversorgung, Zugang zu nachhaltigen Energiedienstleistungen, Klimaschutz und Armutsbekämpfung) hat sich die deutsche Präsidentschaft für die Schaffung einer umfassenden und langfristigen Energiepartnerschaft Afrika-EU eingesetzt, die im Rahmen der gemeinsamen EU-AU-Strategie auf dem EU-Afrika-Gipfel Ende 2007 vereinbart werden soll (zur EU-Afrika-Strategie, s.o.).

Im Bereich HIV/Aids hat Deutschland die Initiative ergriffen, die HIV/Aids-Strategie der EU wesentlich auf den Schutz von Frauen, die Stärkung der Finanzierung im Kampf gegen die bedrohlichsten ansteckenden Krankheiten und die Förderung von Gesundheitssystemen in den betroffenen Ländern auszurichten. Dies wird ergänzt um Beschlüsse zur Verringerung der Abwerbung von Gesundheitsfachkräften aus Entwicklungsländern.

Des Weiteren wurde ein Verhaltenskodex für eine bessere Arbeitsteilung in der EU beschlossen: Eine effizientere Geber-Koordinierung soll die Partner entlasten und die Wirksamkeit der EU-Hilfe erhöhen. Europa unterstreicht damit seine Vorreiterrolle bei der Umsetzung der Paris-Agenda. Der Rat bekräftigte die vorgesehene Steigerung der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) und stellte fest, dass die EU ihre Monterrey-Verpflichtungen im Jahr 2006 mit 0,42 % ODA-Anteil am Bruttonationaleinkommen mehr als erfüllt hat - ein wichtiger Schritt, um die nächste Stufe von 0,51 % bis 2010 zu erreichen. Die Mitgliedstaaten verpflichteten sich zur Vorlage entsprechender Umsetzungspläne bis zum Jahresende. Außerdem wurden die Themen Gleichberechtigung der Geschlechter, Beschäftigung und menschenwürdige Arbeit in der Entwicklungspolitik gestärkt. Die Umsetzung der Finanzierungsinstrumente der EU(Instrument für Entwicklungszusammenarbeit, 10. Europäischer Entwicklungsfonds) wurde für die kommenden Jahre ausgestaltet.

Insgesamt wurde so unter der deutschen Ratspräsidentschaft ein entscheidender Beitrag zur zukunftsorientierten Ausrichtung der europäischen Entwicklungspolitik geleistet.