Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Effizienzsteigerung und Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungen

A. Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Kosten der öffentlichen Hand

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Effizienzsteigerung und Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungen

Der Präsident des Senats Hamburg, den 7. Juni 2005

der Freien und Hansestadt Hamburg
An den

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident, der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 812. Sitzung am 17. Juni 2005 zu setzen. Die Vorlage soll in der Sitzung vorgestellt und den Ausschüssen zur Beratung zugewiesen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ole von Beust
Erster Bürgermeister

Entwurf eines Gesetzes zur Effizienzsteigerung und Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungen

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes

Das Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), geändert durch Artikel 4 Abs. 8 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718), wird wie folgt geändert:

1. Dem Abschnitt 2 des Teils V der Inhaltsübersicht wird folgende Angabe angefügt:

§ 78a Duldungspflichten"

2. § 73 wird wie folgt geändert:

3. Dem Abschnitt 2 des Teils V wird folgender § 78a angefügt

§ 78a Duldungspflichten

Soweit es zur Vorbereitung der Planung oder der Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, haben die Grundstückeigentümer und die Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück , die von dem Vorhaben betroffen sind, sowie die Eigentümer und Inhaber benachbarter Grundstücke in jedem Stand des Verfahrens nach rechtzeitiger Ankündigung zu dulden, dass ihre Grundstücke betreten und vorübergehend benutzt werden. Entstehen Schäden, hat der Geschädigte Anspruch auf Schadenersatz."

Artikel 2
Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung

Die Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. März 2005 (BGBl. I S. 837), wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ... in Kraft.

Begründung

I. Allgemeiner Teil

Politisches Handeln muss angesichts der derzeitigen Wachstumsschwäche und der hohen Arbeitslosigkeit auf die Stärkung des Wirtschafts- und Industriestandortes Deutschland ausgerichtet sein. Eine zentrale Bedeutung kommt hierbei dem Anreiz für Neuinvestitionen zu. Dem stehen heute zeit- und kostenaufwändige öffentlichrechtliche Planungsverfahren entgegen. Die Beschleunigung und effektivere Gestaltung aller öffentlichrechtlichen Genehmigungsverfahren nimmt damit an Bedeutung zu.

Die heute geltenden Vorschriften zur Planung des Baus und der Änderung von Vorhaben werden den Anforderungen, die der am 1. Mai 2004 wesentlich erweiterte europäische Binnenmarkt an die Transparenz, Berechenbarkeit und Zügigkeit der Entscheidungsprozesse in den Verwaltungen des Bundes und der Länder stellt, nicht mehr gerecht.

Die Notwendigkeit, weitere Maßnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung von Planungsverfahren generell zu ergreifen, besteht ungeachtet der bisherigen Instrumente zur Planungsvereinfachung.

Vorschläge zur Beschleunigung und Effizienzsteigerung von Planfeststellungen können sich nicht darauf beschränken, das Verwaltungsverfahren zu verbessern. Gerade die im Anschluss an den Erlass von Planfeststellungsbeschlüssen stattfindenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie Klagverfahren durch mehrere Instanzen dauern oft lange. Rechtskraft erlangen Planfeststellungsbeschlüsse somit zumeist erst in einem späten, möglicherweise zu späten Zeitpunkt. Die notwendige Rechtssicherheit, die sowohl für die vom Vorhaben Betroffenen als auch für den Vorhabensträger, insbesondere im Hinblick auf zu tätigende Investitionen von besonderer Bedeutung ist, ist daher kaum zeitnah zu erlangen.

Der Entwurf sieht eine Vereinheitlichung der Präklusionsfristen für alle am Anhörungsverfahren Beteiligten sowie die Möglichkeit vor, nach dem Ermessen der zuständigen Behörde die mündliche Erörterung nicht mit allen Personen durchzuführen, die Stellungnahmen oder Einwendungen erhoben haben.

Insbesondere in der Änderung der heutigen Ausgestaltung der mündlichen Erörterung nach § 73 Abs. 6 VwVfG ist ein erhebliches Beschleunigungspotential zu sehen. Nach § 73 Abs. 6 VwVfG hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan und die Stellungnahmen der Behörden mit dem Vorhabensträger, den Behörden, den Betroffenen sowie allen Personen, die Einwendungen erhoben haben, zu erörtern. Dieser mündliche Erörterungstermin ist ein zentraler und charakteristischer Bestandteil des Anhörungsverfahrens und gehört, wenngleich weder europa- noch verfassungsrechtlich geboten, seit Jahrzehnten zum Kernbestand des Planfeststellungsrechts.

Der Gesetzgeber hat dem Erörterungstermin des § 73 Abs. 6 VwVfG hauptsächlich die Funktionen zugedacht, die Transparenz des Abwägungsvorganges und die Akzeptanz der die Planung leitenden Gedanken zu erhöhen, den Planungsbetroffenen und dem Vorhabensträger Gelegenheit zur Verständigung zu geben und das Vorhaben sowie die konfliktbewältigende Entscheidung der Behörde zu optimieren. Eine notwendige Rechtsschutzfunktion für die Einwenderinnen und Einwender hat die mündliche Erörterung dagegen nicht.

Die bereits in § 16 Abs. 1 WaStrG enthaltene Regelung zu Duldungspflichten von Anliegern soll auf sämtliche Planfeststellungsverfahren zu übertragen werden, um auch für den Zeitraum zwischen der Planfeststellung und der Unanfechtbarkeit Erkundungsarbeiten ausführen zu können, dieses ist nach bisherigem Recht nicht ohne Einwilligung des Betroffenen möglich.

Beschleunigungsmöglichkeiten im gerichtlichen Verfahren sind insbesondere in der Verkürzung des Instanzenzuges zu sehen. Bisher sind Oberverwaltungsgerichte nur in den in § 48 VwGO genannten Fällen erstinstanzlich zuständig. Damit sind sie in diesen Fällen für Entscheidungen über den einstweiligen Rechtsschutz als einzige Instanz zuständig. Erfasst werden von der Regelung in § 48 VwGO allerdings bei weitem nicht alle Planfeststellungsbeschlüsse. In den anderen, nicht § 48 VwGO unterfallenden Fällen besteht zunächst die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Gegen die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte kann nach § 146 VwGO Beschwerde eingelegt werden. Deshalb zieht sich die Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, deren Ausgang für den Vorhabensträger von besonderer Wichtigkeit ist, weil sie Aufschluss über die tatsächliche Vollziehbarkeit und ein erstes Maß an Planungssicherheit gibt, meist über zwei Instanzen hin. Dies ist weder im Hinblick auf die Bedeutung der in Rede stehenden Verfahren noch angesichts des Anspruchs des Bürgers auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich.

Daher soll nunmehr gesetzlich geregelt werden, dass zukünftig die Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe im Verfahren gegen Planfeststellungsbeschlüsse erstinstanzlich zuständig sind. Darüber hinaus wird auch das Hauptsacheverfahren verkürzt, denn gegen Urteile des Oberverwaltungsgerichts ist einziges Rechtsmittel die Revision beim Bundesverwaltungsgericht ( § 132 VwGO). Das Hauptsacheverfahren beschränkt sich damit zukünftig auf zwei Instanzen im Gegensatz zu derzeit bis zu drei Instanzen.

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (Abschnitt 2 des Teil V der Inhaltsübersicht) Redaktionelle Anpassung
Zu Nummer 2a (§ 73 Absatz 1 Satz 1 VwVfG)

In vielen Fällen hat es sich herausgestellt, dass die Zusammenlegung der Planfeststellungs- und der Anhörungsbehörde sinnvoll ist und die Durchführung der Verfahren fördern kann. Die für das jeweilige Verfahren zuständige Behörde soll daher das Recht erhalten, die Zusammenlegung zu vollziehen.

Zu Nummer 2b (§ 73 Absatz 4 VwVfG)

Die Vereine und Verbände sind wie die anzuhörenden Behörden und Privatpersonen zu einer schnellen und abschließenden Mitarbeit aufgefordert. Gründe für eine bevorzugte Behandlung der anerkannten Verbände bestehen nicht. Stellungnahmen der anerkannten Natur - und Umweltschutzverbände sind dementsprechend in derselben Frist einzureichen, wie die vom Vorhaben betroffener Privater.

Zu Nummer 2c (§ 73 Absatz 5 VwVfG)

Die Suche nach Namen und Adressen nicht ortsansässiger Personen ist in vielen Fällen sehr zeitaufwändig. Es muss ausreichend sein, dass die Behörde nur diejenigen Personen unmittelbar benachrichtigt, deren Identität und Aufenthalt ihr bekannt sind. Alle anderen haben die Möglichkeit, sich durch die öffentliche Bekanntmachung zu informieren.

Zu Nummer 2 d Buchstabe aa und bb (§ 73 Absatz 6 Satz 1, 2 bis 6 -neu - ))

Insbesondere in der Änderung der heutigen Ausgestaltung der mündlichen Erörterung nach § 73 Abs. 6 VwVfG ist ein erhebliches Beschleunigungspotential zu sehen, wenn auf die bisher obligatorische Durchführung des Erörterungstermins verzichtet und stattdessen in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt wird.

Da sich trennscharfe, objektivierbare tatbestandliche Abgrenzungskriterien für mündlich zu erörternde und nicht zu erörternde Fälle nicht beschreiben lassen, wird vorgeschlagen, die Durchführung und die Ausgestaltung eines Erörterungstermins in das Ermessen der Behörde zu stellen: Ist eine Erörterung bereits auf anderer Grundlage erfolgt oder besteht für die Erledigung von Einwendungen keine Aussicht auf Erfolg, kann also die Erörterung ihre Funktion voraussichtlich nicht erfüllen, so soll die Durchführung des Erörterungstermins mit allen Einwendern künftig entfallen können. Nur soweit eine Erörterung eine endgültige Erledigung von Einwendungen, ein höheres Maß an Befriedung und damit eine verbesserte materiellrechtliche Absicherung verspricht, sollte die Anhörungsbehörde eine mündliche Erörterung durchführen. Dabei sollte es auch möglich sein, die mündliche Erörterung auf einzelne Themenkomplexe und Betroffenengruppen zu beschränken.

Eine entsprechende gesetzliche Ausgestaltung der Verfahrensregelung über eine mündliche Erörterung würde nach den Erwartungen dazu führen, dass es künftig zu einer Konzentration auf Erörterungen effizienter, zielführender Art käme. Insoweit ist insbesondere die frühzeitige, unter der Regie des Vorhabensträgers freiwillig erfolgende Diskussion des Vorhabens mit der betroffenen Öffentlichkeit zu nennen. Denn wenn am Ende des Verfahrens keine obligatorische, zeitaufwändige und umfassende (weitere) mündliche Erörterung wartet, wird ein Vorhabensträger um so eher bereit sein, eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Geschieht dies nicht, so wird sich ggf. die Behörde zu einer frühen allgemeinen Erörterung des Vorhabens aus Anlass eines Scopings nach § 5 UVPG entschließen, weil sie sich nicht mehr dem Zwang ausgesetzt sieht, später ohnehin eine umfassende Erörterung nach § 73 Abs. 6 VwVfG durchzuführen. Soweit also Erörterungen im späten Stadium als letzter Schritt vor der Planfeststellung nicht ohnehin wegen einer schon vorangegangenen frühzeitigen öffentlichen Erörterung des Vorhabens entbehrlich erscheinen, würden sie künftig im Ergebnis auf diejenigen Einwendungskomplexe beschränkt, bei denen eine mündliche Erörterung den Zielen des bisherigen § 73 Abs. 6 VwVfG tatsächlich zu dienen verspricht.

Zu Nummer 2d Buchstabe cc (§ 73 Absatz 6 Satz 3)

Redaktionelle Anpassung.

Zu Nummer 3 ( § 78a - neu - VwVfG)

Nach bisherigem Recht konnten aufgrund verschiedener Fachgesetze die vorbereitenden Handlungen auf den Grundstücken nur während der Planungsphase vorgenommen werden. Mit der Änderung wird auch während der gerichtlichen Auseinandersetzung die Vornahme vorbereitender Handlungen ermöglicht.

Zu Artikel 2
Zu Nummer 1 ( § 48 Absatz 1 VwGO)

Mit dieser Ergänzung werden alle Planfeststellungsverfahren erstinstanzlich dem OVG zugewiesen und so die Dauer der der Gerichtsverfahren aufgrund der Verkürzung des Instanzenzuges verringert.

Zu Nummer 2a ( § 80 Absatz 2 VwGO)

Die aufschiebende Wirkung soll bei Verfahren mit einem solchen formalisierten Verwaltungsverfahren nicht automatisch in Kraft treten.

Zu Nummer 2b ( § 80 Absatz 2 VwGO)

Zur Beschleunigung von Verfahren, die bereits in einem großen Verwaltungsverfahren vorbereitet worden sind, ist es dem Anfechtenden zuzumuten, seine Anträge innerhalb der Frist eines Monats zu stellen und zu begründen. Zugleich erhält der Vorhabensträger zeitnah Aufschluss darüber, ob er mit der Realisierung des Vorhabens beginnen darf.

Zu Nummer 3 (§ 81 Absatz 3 -neu - VwGO)

Zur Beschleunigung sind auch die Beweismittel, auf die sich die Klage stützt, vorzulegen, da alle Kläger mit Tatsachen von der Klage ausgeschlossen sind, die sie nicht bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht haben.

Zu Artikel 3

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.