Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts

901. Sitzung des Bundesrates am 12. Oktober 2012

Der federführende Rechtsausschuss (R), der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS), der Ausschuss für Familien und Senioren (FS) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat begrüßt die Aktivitäten des Bundes, um die in den Jahren zuvor gestiegenen Ausgaben der Länderhaushalte für Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe zu begrenzen.

Die Kostendeckungsquoten in der Justiz sind seit Jahren rückläufig. Ziel muss es daher sein, insofern eine Verbesserung zu erzielen. Zwar ermöglicht der Gesetzentwurf durch Neuordnung der Regelungen im Prozesskostenhilfeverfahren spürbare Minderausgaben bzw. Mehreinnahmen für die Länderhaushalte. Allerdings stehen diesen Verbesserungen deutliche Mehrarbeiten und damit einhergehend ein zusätzlicher laufender Erfüllungsaufwand in Form eines erhöhten Personalbedarfs sowie erhebliche Mehrausgaben gegenüber, die befürchten lassen, dass der Gesetzentwurf insgesamt zu keinem positiven Saldo führen wird. Der Bundesrat fordert deshalb, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens dafür Sorge zu tragen, das Ziel der Verbesserung der Kostendeckungsquote zu erreichen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 ( § 114 Absatz 2 ZPO)

Artikel 1 Nummer 2 ist zu streichen.

Begründung:

Mit der Einfügung des Absatzes soll eine Definition der "mutwilligen" Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eingeführt werden. Nach § 114 ZPO in der bisherigen Fassung wird Prozesskostenhilfe nur dann bewilligt, wenn der Rechtsstreit hinreichend Aussichten auf Erfolg hat. Darüber hinaus darf die Führung des Rechtsstreits nicht mutwillig sein. Diese Definition wird nunmehr durch § 114 Absatz 2 ZPO-E verschärft, indem eine Mutwilligkeit nicht nur dann angenommen werden kann, wenn eine materielle Berechtigung vorliegt, die Durchsetzung des Rechts aber aussichtslos ist, sondern schon dann, wenn durchaus Erfolgsaussichten und ein rechtliches Interesse für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bestehen, diese aber bei verständiger Würdigung aller Umstände als unverhältnismäßig anzusehen wäre. Damit wird allerdings nicht dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass die Prozesskostenhilfe in erster Linie dem Mittellosen dazu verhelfen soll, über die Kenntnisse und Fähigkeiten zu verfügen, die ihn in die Lage versetzen, sein Recht erfolgreich zu verteidigen oder zu verfolgen und nicht primär auf das Verhältnis von Streitwert und Kostenrisiko abstellen darf (BVerfG, Beschluss vom 24. März 2011 - 1 BvR 2493/10. 3.

Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 115 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 ZPO)

Artikel 1 Nummer 3 ist zu streichen.

Begründung:

Die Absenkung des Freibetrags für Erwerbstätige und des Freibetrags für den Ehe- bzw. Lebenspartner ist in erster Linie eine sozialpolitische Entscheidung. Es ist aber zu gewährleisten, dass als Ausfluss des Prinzips des sozialen Rechtsstaats und des Gleichheitssatzes die Sicherung des Existenzminimums der bedürftigen Partei nicht gefährdet wird.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Prozesskostenhilfe in circa zwei Drittel aller Fälle die Durchführung familienrechtlicher Gerichtsverfahren ermöglicht. Hierbei handelt es sich überwiegend um Verfahren der Ehescheidung sowie die damit verbundenen Folgeverfahren. In dieser prekären Lebenslage, die bereits für sich genommen ein hohes Armutsrisiko birgt, werden die Rechtsschutzsuchenden mit unausweichlichen Kosten konfrontiert, die existenzielle Probleme hervorrufen. Eine Belastung mit Verfahrenskosten, die bis zu sechs Jahre mit Raten abgegolten werden müssen, gestaltet die Inanspruchnahme des Verfahrensrechts höchst problematisch.

Die Auswirkungen der in der Begründung des Gesetzentwurfs euphemistisch als Erfüllungsaufwand bezeichneten Kostenfolgen stellen sich beispielhaft wie folgt dar:

Zukünftig soll

Die Stufentabelle sah bisher eine Kostenbeteiligung ab einem nach Abzug der Freibeträge verbleibenden und einzusetzenden Einkommen von mehr als 15 Euro monatlich vor. Bis zu einem Betrag von 750 Euro einzusetzendem Einkommen haben sich die zu zahlenden Raten in 50-Euro-Schritten mit einem Anteil des als Rate abzuführenden Einkommens von bis höchstens 40 Prozent des einzusetzenden Einkommens belaufen.

Beispiel:

einzusetzendes Einkommenabzuführende Rate
50 Euro15 Euro
400 Euro135 Euro
750 Euro300 Euro

Ab einem höheren Einkommen als 750 Euro sind gegenwärtig 300 Euro zuzüglich des 750 Euro übersteigenden Teils einzusetzen.

Zukünftig sind ab einem Einkommen von wenigstens 20 Euro monatlich grundsätzlich Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens zu leisten. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt.

Weiterhin wird die Zahl der maximal zu erbringenden 48 Monatsraten um zwei Jahre auf 72 Monatsraten erhöht.

Die Summe dieser Änderungen für eine finanzielle Beteiligung der Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei berücksichtigt nicht die soziale Betroffenheit und deren Folgen für einkommensschwache Haushalte. Folgende Beispiele verdeutlichen die Steigerung der monatlichen Belastung durch die deutlich ausgeweitete Höhe der Eigenbeteiligung:

A) Bisher:

Alleinstehende erwerbstätige Person mit einem nach Abzug angemessener Unterhaltskosten bereinigten Einkommen von 613 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b ZPO 187 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a ZPO 411 Euro
einzusetzendes Einkommen 15 Euro
Rate laut Tabelle zu § 115 Absatz 2 ZPO 0 Euro

Zukünftig:

Alleinstehende erwerbstätige Person mit einem nach Abzug angemessener Unterhaltskosten bereinigtem Einkommen von 613 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b ZPO-E 94 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a ZPO-E 411 Euro
einzusetzendes Einkommen 108 Euro monatliche Rate 54 Euro
Bei einer Laufzeit von 72 Monaten ergibt sich bei einer monatlichen Rate von 54 Euro eine Mehrbelastung von 3 888 Euro.

B) Bisher:

Familie mit einer erwerbstätigen Person, 2 Kinder, 5 und 12 Jahre alt, mit einem nach Abzug angemessener Unterhaltskosten bereinigtem Einkommen von 1 625 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b ZPO 187 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a ZPO Haushaltsvorstand 411 Euro
Ehegatte 411 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b ZPO
Kind 5 Jahre (RBS 6) 241 Euro
Kind 12 Jahre (RBS 5) 276 Euro
Einzusetzendes Einkommen 99 Euro
Rate laut Tabelle nach § 115 Absatz 2 ZPO 30 Euro
Dies ergibt bei einer monatlichen Rate von 30 Euro für 48 Monate eine Gesamtbelastung von 1 440 Euro

Zukünftig:

Bereinigtes Einkommen von 1 625 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b ZPO-E 94 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a ZPO-E Haushaltsvorstand 411 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b ZPO-E Ehegatte 371 Euro
abzüglich Freibetrag nach § 115 nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c ZPO Kind 5 Jahre 241 Euro
Kind 12 Jahre 276 Euro
Einzusetzendes Einkommen 232 Euro
Rate 116 Euro
Dies ergibt bei einer monatlichen Rate von 116 Euro für 72 Monate eine Gesamtbelastung von 8 352 Euro
Mehrbelastung: 6 912 Euro

4. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (§ 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b ZPO)*

Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa ist zu streichen.

* Von beiden Ausschüssen als Hilfsempfehlung zu Ziffer 3 beschlossen.

Begründung:

Eine wesentliche Zielstellung des Gesetzentwurfs, die in der Garantie bestehen soll, dass keine Partei dazu gezwungen werden darf, zur Verfolgung ihrer Rechte ihr Existenzminimum einzusetzen, würde verfehlt, wenn der - im Vergleich zum Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ohnehin geringere - Freibetrag nach § 82 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht mehr angewendet und ein um die Hälfte reduzierter Betrag angesetzt würde.

Das zur Begründung angeführte Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. September 1992 (BVerfGE 87, 153), wonach ein Abzug in Höhe von 25 Prozent des jeweils gültigen Regelsatzes zur Sicherung der Steuerfreiheit des Existenzminimums als ausreichend anzusehen wäre, ist nicht einschlägig, da es sich auf steuerrechtliche Vorschriften bezog. Zudem hat sich seit 1992 im Hinblick auf die Maßstäbe und gesetzliche Ausgestaltung des soziokulturellen Existenzminimums eine Entwicklung vollzogen, welcher der parlamentarische Gesetzgeber ausschließlich im Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch umfassend Rechnung getragen hat. Weiterer gesetzgeberischer Spielraum für einschränkende eigenständige Regelungen außerhalb des Sozialgesetzbuches ist hier nicht gegeben.

5. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Dreifachbuchstabe aaa (§ 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 Buchstabe a ZPO)

In Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Dreifachbuchstabe aaa ist der Punkt am Ende durch die Wörter'und die Angabe "10" durch die Angabe "5" ersetzt.' zu ersetzen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf geht zutreffend davon aus, dass keine triftigen Gründe dafür bestehen, die für die Prozesskostenhilfebewilligung maßgeblichen Grundfreibeträge deutlich höher zu bemessen als im Sozialhilferecht (BR-Drs. 516/12 (PDF) , Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb). Das Anliegen, die Grundfreibeträge aneinander anzugleichen, sollte indes noch konsequenter umgesetzt werden als in dem Gesetzentwurf vorgesehen. Dies kann insbesondere dadurch erreicht werden, dass - in Anlehnung an die in Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des durch den Bundesrat in seiner 866. Sitzung am 12. Februar 2010 erneut beschlossenen Entwurfs eines Gesetzes zur Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe (Prozesskostenhilfebegrenzungsgesetz, PKHBegrenzG, BR-Drs. 037/10(B) HTML PDF sowie BT-Drs. 17/1216) vorgesehene Regelung - der in § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 Buchstabe a ZPO geregelte Zuschlag gegenüber dem im Sozialhilferecht maßgeblichen Freibetrag von 10 auf 5 Prozent gesenkt wird. Grund dafür, überhaupt einen Zuschlag vorzusehen, ist der Umstand, dass hinsichtlich des im Sozialhilferecht maßgeblichen Freibetrags während der durch das Gericht im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung festgesetzten Ratenzahlungsdauer Erhöhungen vorgenommen werden können, von denen die Prozesskostenhilfe beanspruchende Partei nicht automatisch profitiert. Das Ziel, insoweit einen Ausgleich zu schaffen, wird indes bereits durch einen Zuschlag in Höhe von 5 Prozent hinreichend zuverlässig erreicht.

6. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 118 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 ZPO)

In Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb ist in § 118 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 das Komma am Ende durch die Wörter "sowie über seine Kontoverbindungen im Sinne des § 24c Absatz 1 des Kreditwesengesetzes nebst Namen und Anschrift des Kreditinstituts bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht," zu ersetzen.

Begründung:

Die in Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 118 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 ZPO-E) vorgesehene Möglichkeit, die Finanzämter um Auskunft zu ersuchen, ermöglicht den Gerichten vielfach nur unzureichend, die Angaben des Antragstellers zur Höhe seines Vermögens zu überprüfen. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Finanzämter regelmäßig über nähere Erkenntnisse über die Höhe des Vermögens verfügen, denn die Vermögensteuer wird nicht erhoben, und aus den im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer und gegebenenfalls zur Erbschaft- und Schenkungsteuer gewonnenen Erkenntnissen lassen sich nur mittelbar Rückschlüsse auf einzelne Vermögenswerte ziehen.

Um den Gerichten eine sachgerechte Überprüfung der Angaben des Antragstellers zu ermöglichen, ist es daher unabdingbar, ihnen den direkteren und häufig erfolgversprechenderen Weg zu eröffnen, bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht abzufragen, über welche Kontoverbindungen der Antragsteller verfügt und in der Vergangenheit verfügt hat.

7. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 120a Absatz 3 und § 120b - neu - ZPO)

Artikel 1 Nummer 8 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die gerichtliche Praxis regt zu Recht an, den Zugriff der Staatskasse auf das durch die Rechtsverfolgung Erlangte zu effektivieren. Die in diesem Zusammenhang in Artikel 1 Nummer 8 des Gesetzentwurfs ( § 120a Absatz 3 ZPO) vorgesehene Regelung birgt indes die Gefahr, dass durch die Rechtsverfolgung erlangte finanzielle Vorteile mit anderweitig eingetretenen Vermögenseinbußen saldiert werden und ein Zugriff der Staatskasse somit im Ergebnis unterbleibt. Vorzugswürdig ist daher, eine Regelung zu schaffen, die unmittelbar an das Erlangte anknüpft und das Risiko anderweitig eingetretener Vermögensverschlechterungen der betroffenen Partei zuweist. Dieses Ziel wird durch die oben genannte Formulierung, die aus Artikel 1 Nummer 9 des durch den Bundesrat in seiner 866. Sitzung am 12. Februar 2010 erneut beschlossenen Entwurfs eines Gesetzes zur Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe - Prozesskostenhilfebegrenzungsgesetz - PKHBegrenzG, BR-Drs. 037/10(B) HTML PDF sowie BT-Drs. 17/1216 - übernommen wurde, erreicht. Wegen der Einzelheiten des für den Zugriff auf das Erlangte vorgesehenen Verfahrens wird auf die Begründung zu dem genannten Entwurf eines PKHBegrenzG (vgl. BT-Drs. 17/1216, S. 29-30) Bezug genommen.

8. Zu Artikel 2 Nummer 7 (§ 8a Absatz 1 BerHG)

In Artikel 2 Nummer 7 ist § 8a Absatz 1 wie folgt zu fassen:

(1) Der Vergütungsanspruch der Beratungsperson gegen die Staatskasse wird durch die Aufhebung der Beratungshilfebewilligung nicht berührt, soweit die Beratungsperson zu der Zeit der Gewährung der Beratungshilfe im Hinblick auf den Bestand der Beratungshilfebewilligung in gutem Glauben war. Eine zu Unrecht erhaltene Vergütung hat die Beratungsperson zurück zu gewähren."

Begründung:

Die in § 8a Absatz 1 BerHG-E bislang vorgesehene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zu der Frage, ob die Beratungsperson Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis davon hatte, dass die Bewilligungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Beratungshilfeleistung nicht gegeben waren, trägt der zugrunde liegenden Regelungsstruktur sowie den tatsächlichen Gegebenheiten nicht hinreichend Rechnung.

Bei dem in § 8a Absatz 1 Satz 1 BerHG-E geregelten Fortbestand des Vergütungsanspruchs handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine Zahlungspflicht der Staatskasse nur besteht, wenn die zugrunde liegende gerichtliche Entscheidung aufrechterhalten bleibt. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der zugrunde liegenden tatsächlichen Voraussetzungen sollte daher von der Beratungsperson zu tragen sein, die sich auf die für sie günstige Rechtsfolge dieser Ausnahmeregelung beruft.

Nur die Beratungsperson kann im Übrigen die Indiztatsachen vortragen, anhand derer zu beurteilen ist, ob die subjektiven Voraussetzungen für den Fortbestand des Vergütungsanspruchs gegeben sind. Um die mit der Annahme einer umfangreichen sekundären Darlegungslast verbundenen Unsicherheiten in der praktischen Rechtsanwendung zu vermeiden, sollte die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast daher durch die im Antrag vorgesehene abweichende

Formulierung des § 8a Absatz 1 BerHG-E der Beratungsperson auferlegt werden.

9. Zu Artikel 11 Nummer 2 (§ 73a Absatz 6 Satz 1 SGG),

Artikel 12 Nummer 2 Buchstabe b (§ 166 Absatz 4 Satz 1 VwGO), Artikel 13 Nummer 2 (§ 142 Absatz 5 Satz 1 FGO)

Begründung:

In § 73a Absatz 6 SGG-E, § 166 Absatz 4 VwGO-E und § 142 Absatz 5 FGO-E ist jeweils vorgesehen, dass der Vorsitzende bzw. Berichterstatter die zunächst dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragenen Aufgaben der Bedürftigkeitsprüfung und der Ablehnung des Antrags im Falle fehlender Bedürftigkeit zu jedem Zeitpunkt wieder an sich ziehen kann. Dies berücksichtigt jedoch nicht das bei den Landessozialgerichten sowie bei den Verwaltungs- und Finanzgerichten bestehende Kammer- bzw. Senatsprinzip ( § 33 SGG, § 5 Absatz 3 VwGO, § 5 Absatz 3 FGO), wonach grundsätzlich zunächst das Kollegialorgan und nicht ein Einzelrichter für die Entscheidung zuständig ist. Über die "Rückholung" übertragener Aufgaben darf es nicht zu einer Zuständigkeitserweiterung kommen, also insbesondere darf ein Berichterstatter nicht einen PKH-Antrag ablehnen können, ohne dass ihm zuvor der Rechtsstreit zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen wurde. Richtigerweise ist daher die Rückholung an das "Gericht" vorzusehen.

Zu Artikel 12 Nummer 2 (§ 166 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 VwGO)

Artikel 12 Nummer 2 ist wie folgt zu ändern:

10.a) In Buchstabe a sind in § 166 Absatz 1 Satz 2 nach dem Wort "kann" die Wörter "in Abgabenangelegenheiten" einzufügen.

11.b) In Buchstabe b ist in § 166 Absatz 3 der Punkt am Ende durch die Wörter ", wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt." zu ersetzen.

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die beabsichtigte Ergänzung des § 166 Absatz 1 Satz 2 VwGO-E hinsichtlich der Beiordnung von Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern steht in dieser Allgemeinheit in Widerspruch zu § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 VwGO, wonach Angehörige dieser Berufsgruppen vor den Verwaltungsgerichten nur in Abgabenangelegenheiten prozessführungsbefugt sind. Um Unsicherheiten bei der Anwendung der neuen Regelung zu vermeiden, soll daher klargestellt werden, dass eine Beiordnung dieser Berufsgruppen auch nur in Abgabenangelegenheiten möglich ist. Nur insoweit kann bei diesen Berufsgruppen das Regelungsziel der Vermeidung personeller Diskontinuität erreicht werden.

Zu Buchstabe b:

Die in § 166 Absatz 3 VwGO-E vorgesehene Umkehrung des dem § 166 Absatz 2 VwGO-E zugrunde liegenden richterzentrierten Regel-Ausnahme-Prinzips überzeugt nicht. Daher soll wie bei § 166 Absatz 2 VwGO-E auch in § 166 Absatz 3 VwGO-E eine grundsätzlich - im Einzelfall auf den Urkundsbeamten delegierbare - Zuständigkeit des Richters vorgesehen werden. Es ist beispielsweise nicht ersichtlich, warum die erstmalige Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen grundsätzlich dem Richter zugewiesen ist, während die Entscheidung nach § 124 Nummer 3 ZPO über die Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen ursprünglichen Fehlens der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen - die dieselben Rechtsfragen aufwerfen kann - grundsätzlich dem Urkundsbeamten obliegen soll.

Zudem wird insbesondere in der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Regelung des § 120a Absatz 3 Satz 2 ZPO, wonach das Gericht nach Abschluss des Verfahrens prüfen soll, ob eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen mit Rücksicht auf das durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erlangte geboten ist, absehbar schwierige Rechtsfragen aufwerfen,

weil das Rechtsschutzziel im verwaltungsgerichtlichen Verfahren regelmäßig nicht auf das Erstreiten von Geldleistungen, sondern auf den Erlass oder die Aufhebung eines Verwaltungsaktes gerichtet ist. Auch mangels näherer normativer Konturierung des Prüfungsmaßstabes in § 120a Absatz 3 Satz 2 dürften diese Fragen regelmäßig rechtlich nicht einfach zu beurteilen sein und sollten deshalb im Regelfall dem Richter vorbehalten bleiben.

Das richterzentrierte Regel-Ausnahme-Prinzip bietet für die Entscheidungen nach § 166 Absatz 3 VwGO-E - wie bei § 166 Absatz 2 VwGO-E - aber nicht nur eine größere Gewähr für deren Richtigkeit, sondern - über die Möglichkeit des § 166 Absatz 4 Satz 1 VwGO-E hinaus - auch mehr Verfahrensflexibilität. Die Aufgabendelegation kann nämlich dann unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Ausbildungs- und Personalausstattungssituation flexibel vorgenommen werden.

12. Zu Artikel 14 Nummer 4a - neu - (§ 44 Satz 3 - neu - und 4 - neu - RVG)

In Artikel 14 ist nach Nummer 4 folgende Nummer 4a einzufügen:

'4a. Dem § 44 werden folgende Sätze angefügt:

"Soweit der Rechtsuchende dem Rechtsanwalt über die Beratungshilfegebühr hinaus eine Vergütung gewährt, entfällt der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Landeskasse. Ein überhöht ausbezahlter Betrag ist zurück zu gewähren.'"

Begründung:

Hat die im Rahmen der Beratungshilfe geleistete Tätigkeit Erfolg, kann dies dazu führen, dass der Rechtsuchende dem Rechtsanwalt über die in Nummer 2500 VV RVG genannte Beratungshilfegebühr hinaus eine Vergütung gewährt, auch wenn er hierzu gemäß § 8 Absatz 2 Satz 1 BerHG nicht verpflichtet ist. Dies kann zum einen aus Dankbarkeit geschehen, zum anderen aber auch mit dem Ziel, den Rechtsanwalt davon abzuhalten, gemäß § 6a Absatz 2 Satz 1 BerHG die Aufhebung der Bewilligung zu beantragen. In beiden Fällen ist es gerechtfertigt, die Staatskasse in Höhe der durch den Rechtsuchenden gewährten Vergütung von den Kosten der Beratungshilfe zu entlasten.