Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates zum Bürokratieabbau

Der Bundesrat hat in seiner 806. Sitzung am 26. November 2004 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage
Entschließung des Bundesrates zum Bürokratieabbau

I. Flexibilisierungen im Bereich des Arbeitssicherheitsgesetzes

Vor dem Hintergrund der Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den Überlegungen zur Entbürokratisierung der Arbeitswelt ist es erforderlich, auch das Regelwerk des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) und die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherungen erlassenen Unfallverhütungsvorschriften zu überarbeiten. Die Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder hat am 20./21. November 2003 einstimmig beschlossen, die Rechtsvorschriften zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit daraufhin zu überprüfen, welche Vorschriften zur Erreichung unverzichtbarer Arbeitsschutzziele notwendig und welche Deregulierungen und Flexibilisierungen gegenüber dem heutigen Rechtszustand möglich sind. In diese Prüfung werden auch die Normen der Unfallversicherungsträger einbezogen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat mit Schreiben vom 30. Juni 2004, Az.: VIII A 7 - 030204, die Länder aufgefordert, konkrete Vorschläge zur Deregulierung des EU-Rechts zu unterbreiten. Bei der Prüfung des ASiG zeigt sich, dass die nationale Umsetzung der europäischen Richtlinie 89/391/EWG - zum Beispiel bei der Bestellpflicht für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte - erheblich über die Erfordernisse des EU-Rechts hinausgeht. Es ist somit angebracht, im Rahmen der angestrebten Deregulierung das nationale Recht stärker an die Regelungen dieser Richtlinie anzupassen, um die dort vorgesehene Flexibilisierung zu nutzen und damit auch Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden.

Das ASiG stellt mit der Betriebsärztin bzw. dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit dem Arbeitgeber eine fachkundige Beratung zur Seite. Diese Beratung ist in Betrieben erforderlich, in denen der verantwortliche Arbeitgeber Unfall- und Gesundheitsrisiken für die Beschäftigten mangels eigener Sachkenntnis oder in Anbetracht der Größe des Betriebes nicht selbst beurteilen kann. Arbeitgeber in kleineren Betrieben besitzen demgegenüber in der Regel genügend praktische Berufserfahrung zur Risikoabschätzung. Die Pflicht zur Inanspruchnahme dieser Beratung wird daher vor allem in Kleinbetrieben eher als Belastung denn als Entlastung empfunden. Dies liegt insbesondere auch daran, dass der Gestaltungsspielraum der EU-Rahmenrichtlinien zum Arbeitsschutz nicht hinreichend ausgeschöpft und von Seiten der gesetzlichen Unfallversicherung in den Unfallverhütungsvorschriften eine inhaltlich verengte Praxis vorgeschrieben wird.

Die Erforderlichkeit zur Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit wird in erster Linie an der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer gemessen. Die Ermittlung der Einsatzzeiten der Betriebsärzte und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit erfolgt über die Berechnung der starren Größe "Einsatzzeit pro Arbeitnehmer", die in den Unfallverhütungsvorschriften vorgegeben wird. Stattdessen wird eine Beschränkung der Pflicht zur Bestellung einer Betriebsärztin bzw. eines Betriebsarztes und einer Fachkraft für Arbeitssicherheit auf Gefahrenbereiche in den Betrieben, in denen sich tatsächlich sicherheitstechnische oder arbeitsmedizinische Probleme gravierend auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten auswirken, für sinnvoll und erforderlich erachtet. Damit kann eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in den Unternehmen erreicht und die Akzeptanz der sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung in den Betrieben gesteigert werden.

Die geforderte Überarbeitung des Regelwerkes des ASiG und der Unfallverhütungsvorschriften orientiert sich an den von den EU-Rahmenrichtlinien zum Arbeitsschutz vorgegebenen flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten. Damit ist auch eine Stärkung der Eigenverantwortung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbunden.

Die Pflicht zur Einrichtung eines Arbeitschutzausschusses nach § 11 ASiG mit einer vorgeschriebenen personellen Zusammensetzung und einem festgelegten regelmäßigen Sitzungsrhythmus wird den betrieblichen Bedürfnissen nicht gerecht. Auf Grund der vielfältigen Organisationsformen, die in den Unternehmen vorzufinden sind, muss dem Arbeitgeber die Möglichkeit gegeben werden, die Arbeitsschutzorganisation nach den vorhandenen Betriebsbedürfnissen flexibel und bedarfsgerecht zu gestalten. Dieser Handlungsspielraum besteht bereits in § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG. Deshalb ist § 11 ASiG entsprechend anzupassen.

Die Unfallverhütungsvorschriften sind ebenfalls entsprechend zu überarbeiten und den Gefahrensituationen und Branchenstrukturen und damit den besonderen Betriebsverhältnissen optimal anzupassen (alternative Betreuungsmodelle). Die Regelbetreuungsform ist nicht zweckdienlich und für Kleinbetriebe nicht praxisgerecht; sie bietet für die Einzelfallbetrachtung zu wenig flexiblen Handlungsspielraum. Gerade der Zwang zur Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit, der sich aus dem Regelbetreuungsmodell für die Kleinunternehmer ergibt, führt vielfach zu Unverständnis und damit zur Ablehnung. Dagegen stärkt die bedarfsgerechte Betreuung die Eigenverantwortung der Unternehmer.

Bei der Neuausrichtung der Unfallverhütungsvorschriften ist der Eigenverantwortung des Arbeitgebers mit der Einführung von Unternehmermodellen und bedarfsgerechten Betreuungen in besonderem Maße Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit und von Betriebsärzten ist auf die relevanten Gefahrenbereiche zu beschränken. Der jüngst vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften vorgelegte Musterentwurf einer Unfallverhütungsvorschrift "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit" (BGV A2) wird diesen Vorgaben nicht gerecht. Für die Unternehmen müssen Voraussetzungen geschaffen werden, die unter den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des einzelnen Betriebes akzeptabel sind und zur Entbürokratisierung beitragen.

Deshalb fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Arbeitssicherheitsgesetz - ASiG) vom 12. Dezember 1973 (BGBl. I S. 1885), zuletzt geändert am 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304), im Hinblick auf die Pflicht zur Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie die Pflicht zur Bildung von Arbeitsschutzausschüssen zu überarbeiten und die Unfallversicherungsträger zu einer entsprechenden Neuausrichtung der Unfallverhütungsvorschriften zu veranlassen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, dabei Folgendes zu berücksichtigen:

II. Prüfung der untergesetzlichen Regelungen der Baustellenverordnung auf Vereinfachung und unter Bürokratieabbaugesichtspunkten

Neben den bereits allgemein bestehenden Verkehrssicherungspflichten, die einen Bauherrn, seinen Architekten sowie ggf. die Bauleiter treffen, bedeutet die weitere Kontrollinstitution in der Gestalt eines Sicherheitskoordinators als Umsetzung von EU-Recht weitere Kosten für alle am Bau Beteiligten. Insbesondere tragen aber die detaillierten Vorgaben, die sich aus den Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB) ergeben, wie zum Beispiel Vorgaben zu Inhalt und Umfang von Sicherheits- und Gesundheitsschutzplänen oder zur Qualifikation des Sicherheitskoordinators, zu einer erheblich erschwerten Handhabung der Baustellenverordnung und damit zu weiteren Kostensteigerungen bei.

Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, die untergesetzlichen Regelungen der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen vom 10. Juni 1998 (BGBl. I S. 1283) auf Vereinfachung und unter Bürokratieabbaugesichtspunkten zu prüfen.

III. Wasser- und Bodenverbände auch in privater Rechtsform

Wasser- und Bodenverbände sind nach dem WVG in öffentlichrechtlicher Rechtsform zu organisieren. Die Aufgaben der Wasser- und Bodenverbände verlangen diese Organisationsform in der Gestalt einer Körperschaft des öffentlichen Rechts jedoch nicht immer zwingend. Der mit der zwingend vorgeschriebenen öffentlichrechtlichen Rechtsform verbundene bürokratische Aufwand in Bezug auf die Aufsicht, Rechnungsprüfung und öffentliche Bekanntmachung - insbesondere bei der Auflösung von Wasser- und Bodenverbänden ist angesichts der begrenzten und teilweise auch zeitlich befristeten Aufgabenstellung dieser Verbände nicht immer gerechtfertigt.

Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsgesetz - WVG vom 12. Februar 1991, BGBl. I S. 405), zuletzt geändert durch das Erste Gesetz zur Änderung des Wasserverbandsgesetzes vom 15. Mai 2002 (BGBl. I S. 1578), einzubringen, wonach den Wasser- und Bodenverbänden für Aufgaben, die in privater Rechtsform ebenso gut oder besser erledigt werden können, auch eine private Rechtsform - ggf. durch Landesrecht ermöglicht wird. Soweit Wasser- und Bodenverbänden die Aufgabe der öffentlichen Abwasserbeseitigung obliegt, soll eine Privatisierung nur unter den Voraussetzungen nach § 18a Abs. 2a WHG zulässig sein.

IV. Harmonisierung und Vereinfachung von Abfall- und Düngerecht

Das derzeitige Regelwerk für eine Bioabfallverwertung im landwirtschaftlichen Bereich in Form der Bioabfall- sowie Dünge- und Düngemittelverordnung oder des Veterinärrechts u. a. führt im Vollzug bei den Abfallerzeugern, aufbringenden Landwirten und Überwachungsbehörden zu Problemen.

Unter Würdigung des Beschlusses der Umweltministerkonferenz vom 19./20. November 2003 zu TOP 10 "Nährstoffmanagement - Begrenzung von Schadstoffen bei der landwirtschaftlichen Düngung und Kreislaufwirtschaft" fordert der Bundesrat die Bundesregierung deshalb auf, nicht nur bezüglich der zu Grunde liegenden Düngekonzeption, sondern insgesamt bezüglich aller relevanten abfall-, dünge- und veterinärrechtlichen Regelungen die Vollzugsfähigkeit in den Ländern zu gewährleisten.

Die Bundesregierung wird insoweit aufgefordert, insbesondere in der Bioabfallverordnung, durch eine Vereinfachung und Harmonisierung der Vorschriften, wie beispielsweise durch die Einführung von Öffnungsklauseln für eine Ausweitung des Beurteilungs- und Ermessensspielraumes der zuständigen Abfallrechtsbehörden, eine flexiblere und die dynamischen Verwertungsprozesse in diesem Bereich besser berücksichtigende Vollzugshandhabung zu ermöglichen.

V. Zusammenführung der TA-Siedlungsabfall, Abfallablagerungsverordnung und Deponieverordnung zu einer Verordnung

Das komplizierte Regelwerk für Abfalldeponien in Form der Deponieverordnung und der Abfallablagerungsverordnung mit ihren zahlreichen Querverweisen zu den beiden Verwaltungsvorschriften TA Siedlungsabfall und TA Abfall führt im Vollzug bei den Abfallerzeugern, Deponiebetreibern und Überwachungsbehörden zu gravierenden Problemen.

Unter Würdigung des Bundesratsbeschlusses vom 31. Mai 2002 (vgl. BR-Drs. 231/02(Beschluss) ) fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, bis März 2005 den Entwurf eines integrierten Regelungswerks vorzulegen und dabei die Länder im Verfahren frühzeitig zu beteiligen.

Bei der Zusammenfassung der deponie- und ablagerungsspezifischen Belange in einer Verordnung sind insbesondere

VI. Erleichterungen beim Entsorgungsnachweis von Abfällen

Nach der Bestimmungsverordnung überwachungsbedürftiger Abfälle zur Verwertung vom 10. September 1996 (BGBl. I S. 1377), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3379) ist ein Gemisch aus Siedlungsabfällen wie Papier, Glas, Kunststoffen und ähnlichen Fraktionen bei der Verwertung durch das Führen eines entsprechenden (vereinfachten) Entsorgungsnachweises überwachungsbedürftig. Fallen diese Abfälle einzeln an, ist jedoch keine Überwachung erforderlich. Gleiches muss sinnvollerweise auch für aus den genannten Bestandteilen bestehende Abfallgemische gelten.

Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, die Bestimmungsverordnung überwachungsbedürftiger Abfälle zur Verwertung dahingehend zu ändern, dass in der Anlage zu dieser Verordnung, dem "Verzeichnis der überwachungsbedürftigen Abfälle zur Verwertung" der Abfallschlüssel "20 03 01" mit der Abfallbezeichnung "gemischte Siedlungsabfälle" gestrichen wird.

VII. Vereinfachte Deklaration von Altholz

Nach § 11 der Altholzverordnung (AltholzV) vom 15. August 2002 (BGBl. I S. 3302) muss für die Deklaration von Altholz ein vorgegebenes Formular ("Anlieferungsschein gem. Anhang VI") mit bestimmten Daten (z.B. Name und Anschrift des Anlieferers, Menge und Herkunft des Materials) verwendet werden. Die erforderlichen Daten sind wichtig, um den Hinweis- und Kennzeichnungspflichten nachkommen zu können. Aber hierfür bedarf es keiner strengen Formvorgabe. Es erscheint ausreichend, dass die erforderlichen Daten in anderen, z.B. im Geschäftsverkehr verwendeten, Belegen (Liefer- oder Wiegeschein) oder in Übernahme- oder Begleitscheinen nach der Nachweisverordnung (NachwV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. August 2002 (BGBl. I S. 3302) eingetragen werden. In § 25 Abs. 3 Satz 3 NachwV ist bereits eine entsprechende Regelung enthalten. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, die bisherige Formstrenge des § 11 AltholzV dadurch zu öffnen, dass durch eine entsprechende Ergänzung dieser Regelung bei der Deklaration von Altholz künftig auch andere Belege wie z.B. Liefer- oder Wiegescheine und Übernahme- oder Begleitscheine verwendet werden können.

VIII. Deregulierung der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zusätzliche Erleichterungen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung

IX. Entbürokratisierung der Trinkwasserrichtlinie

Der Bundesrat bekennt sich zu den Zielen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes, wie sie sich in der EU-Trinkwasserrichtlinie und in der Trinkwasserverordnung darstellen.

Der Bundesrat hält es jedoch für notwendig, dass überzogene Anforderungen, die zu einem Übermaß an staatlicher Bürokratie führen und einen erheblichen Personal- und Investitionsaufwand nach sich ziehen können, auf das bisherige Maß zurück geführt werden.

X. Mehr Bürgerfreundlichkeit durch vereinfachte Förderung aus dem Europäischen Sozialfonds

Die herausragende Bedeutung des Europäischen Sozialfonds (ESF) für die Umsetzung der Europäischen Beschäftigungsstrategie sowie für die Entwicklung der Humanressourcen ist zwischen den Ländern unbestritten.

Daneben birgt der ESF als Förderinstrument der Europäischen Union, das in den Menschen investiert, auch ein unschätzbares Potenzial, den Mehrwert der europäischen Integration für die Unionsbürger erlebbar zu machen. Dieses Potenzial schöpft der ESF in fahrlässiger Weise nicht aus.

Das komplizierte Förderverfahren mit einer Vielzahl beteiligter Stellen und zu beachtender Sonderregelungen wirkt auf viele Bürger, die mit der ESF-Förderung in Kontakt kommen, abschreckend. Es besteht die Gefahr, dass die beteiligten Bürger den ESF nicht in erster Linie mit seiner allseits unterstützten Zielsetzung in Verbindung bringen, sondern mit überregulierten und unverhältnismäßigen Anforderungen an die Abwicklung einer ESF-Fördermaßnahme.

Dieser Entwicklung ist dringend Einhalt zu gebieten.

Angesichts dessen befinden sich der Bund und die Länder bereits seit geraumer Zeit in Verhandlungen mit der Europäischen Kommission über eine Vereinfachung der Strukturförderung. In diesem Zusammenhang wird eine Vielzahl von Vorschlägen intensiv diskutiert. Dabei kann gerade Deutschland als - zweifellos zu Recht - größter Einzahler in den Haushalt der Europäischen Union mit besonderer Berechtigung eine Vereinfachung einfordern, die sich an dem Prinzip der Subsidiarität orientiert und von dem Grundsatz ausgeht, dass nationale Kontrollmechanismen, welche auf die Vergabe nationaler Mittel Anwendung finden, auch für die Vergabe europäischer Gelder geeignet und ausreichend sind. Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen der begründeten Rechtfertigung - nicht umgekehrt.

Von den zur Zeit diskutierten Vereinfachungen kommt gerade solchen Vorschlägen eine ganz besondere Dringlichkeit zu, die nicht nur die umsetzenden staatlichen Stellen entlasten, sondern sich vor allem für die Bürger unmittelbar vereinfachend auswirken. Denn letztlich wird dem ESF und der mit ihm verbundenen Idee von einer europäischen Beschäftigungspolitik nur dann substanzieller Erfolg und eine echte Zukunftsperspektive beschieden sein, wenn es den Verantwortlichen auf allen Ebenen gelingt, die Unionsbürger von den Vorteilen ihres spezifisch europäischen Charakters zu überzeugen.

Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, sich bei der Europäischen Union mit allen angemessenen Mitteln besonders vordringlich für folgende Vereinfachungen der Förderung aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) einzusetzen, die auf eine höhere Bürgerfreundlichkeit der Förderung abzielen und spätestens zum Beginn der neuen EU-Strukturförderperiode ab 2007 zwingend umgesetzt werden müssen:

XI. Entbürokratisierung im Bereich der Mineralölsteuerrückerstattung

Für die Vergütung von Gasöl ist ein umfangreicher Antrag mit Einzelnachweisen erforderlich. Der Aufwand für das Antragsverfahren ist für die Antragsteller und für die Verwaltung gleichermaßen hoch. Im Rahmen des ab 2005 geltenden Betriebsprämiendurchführungsgesetzes ist zu erwarten, dass nahezu die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche mit Zahlungsansprüchen belegt wird. Um die Zahlungsansprüche geltend zu machen, ist ein Antrag erforderlich, in dem die Bewirtschaftung der Flächen nachgewiesen werden muss. Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche über das Antragsverfahren erfasst wird.

Aus Vereinfachungsgründen erscheint es für Betriebe, die einen Antrag nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz stellen, angebracht, die Vergütung bei der Mineralölsteuer an die beantragten Flächen zu orientieren und auf einen Einzelnachweis des versteuerten Gasöls zu verzichten. Betriebe, die keinen Antrag nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz stellen, müssen ihre Flächen anderweitig nachweisen.

Unter Berücksichtigung der angeführten Eckpunkte können Abweichungen, die nicht gravierend sind, vom tatsächlich verbrauchten Gasöl in Kauf genommen werden, da die Verbräuche z.B. bei den einzelnen landwirtschaftlichen Kulturen nicht sehr unterschiedlich sind. Der Vereinfachungseffekt für Antragsteller und Verwaltung rechtfertigt den Verzicht auf Einzelfallgerechtigkeit. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, eine Änderung der §§ 25b bis d des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) möglichst rasch mit dem Ziel herbeizuführen, das derzeitige Rückererstattungsverfahren zeitnah auf eine Flächenpauschale umzustellen. Dabei sollte sich die Pauschale an den derzeit durchschnittlichen Gasölverbräuchen der Länder (historische Daten) orientieren.

Ferner ist noch zu berücksichtigen, dass

Die Änderung der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (Artikel 29) muss entsprechend angepasst werden.


1 Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, die durch Bodenbewirtschaftung oder durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung pflanzliche oder tierische Erzeugnisse gewinnen

XII. Vereinheitlichung der Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes, der Tierseuchenerreger-Verordnung und der Biostoffverordnung zum Schutz von Krankheitserregern

Die Vorschriften über Tätigkeiten mit Krankheitserregern (persönliche und fachliche Eignung, Schutzmaßnahmen, Räume, Einrichtung, Sicherheitsmaßnahmen, Entsorgung) im Infektionsschutzgesetz (§§ 44 ff. IfSG) überschneiden sich mit den Vorschriften der Tierseuchenerreger-Verordnung und der Biostoffverordnung. Zur Vereinheitlichung der Bestimmungen sowie zur Verwaltungsvereinfachung erscheint es demnach erforderlich, die entsprechenden Regelungen einheitlich zu gestalten. Trotz mehrfacher Hinweise (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum IfSG-Entwurf, BR-Drs. 566/99 (Beschluss)) hat der Bundesgesetzgeber bisher keine entsprechenden Gesetzesvorschläge unterbreitet.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, durch Vorlage eines Gesetzentwurfs die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes, der Tierseuchenerregerverordnung und der Biostoffverordnung über die Tätigkeiten mit Krankheitserregern zu vereinheitlichen.