Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG über die Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste KOM (2006) 594 endg.; Ratsdok. 14357/06

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 02. November 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 20. Oktober 2006 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 20. Oktober 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 901/95 = AE-Nr. 953305 und
Drucksache 509/00 = AE-Nr. 002341

Begründung

1. Hintergrund

Im Sinne der doppelten Zielsetzung einer stufenweisen und kontrollierten Liberalisierung des Postmarktes und der dauerhaft garantierten Bereitstellung des Universaldienstes, wie sie der Rat in seiner Entschließung vom 7. Februar 1994 über die Entwicklung der Postdienste in der Gemeinschaft1 formuliert hat, ist in der Postrichtlinie2 ein Zeitplan für Entscheidungen über eine weitere Öffnung des Postmarktes für den Wettbewerb vorgesehen. Laut Artikel 7 der Richtlinie:

Der vorliegende Vorschlag basiert auf den Schlussfolgerungen der Prospektivstudie über die Auswirkungen der Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste im Jahr 2009 auf den Universaldienst3, wie in der Postrichtlinie vorgesehen, auf einer Folgenabschätzung4 und einem Bericht über die Anwendung der Postrichtlinie5 mit einer eingehenden Analyse des Sektors. Die genannten Unterlagen enthalten ausführlichere Informationen über den Hintergrund und die Überlegungen zu diesem Vorschlag, der in den folgenden Abschnitten entwickelt wird.

2. Der Vorschlag der Kommission

2.1. Rechtliche Aspekte

2.1.1. Subsidiaritätsprinzip

Ziel der vorgeschlagenen Maßnahme ist die Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste durch die Abschaffung ausschließlicher oder besonderer Rechte im Postsektor, die Gewährleistung eines gemeinsamen Niveaus beim Universaldienst für alle Nutzer in allen Mitgliedstaaten und die Festlegung harmonisierter Grundsätze für die Regulierung der Postdienste im Umfeld eines offenen Marktes, um sonstige Hindernisse für das Funktionieren des Binnenmarktes abzubauen.

Diese Zielsetzungen können von den Mitgliedstaaten allein nicht in ausreichendem Maße erreicht werden. Das deutlichste Beispiel hierfür ist der Umstand, dass mehrere Mitgliedstaaten Monopole unterschiedlichen Umfangs für die Erbringung bestimmter Postdienste aufrecht erhalten, um den Universaldienst zu finanzieren, während andere ihre Monopole bereits ganz oder teilweise abgeschafft haben bzw. feste Pläne haben, dies bis 2009 zu tun.

Diese Zielsetzungen lassen sich angesichts des Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene erreichen, daher kann die Gemeinschaft Maßnahmen im Sinne des Subsidiaritätsprinzips nach Artikel 5 EG-Vertrag verabschieden.

2.1.2. Verhältnismäßigkeit

In Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip gemäß Artikel 5 EG-Vertrag geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

Dieser Vorschlag zur Änderung der Richtlinie gibt auch weiterhin einem allgemeinen Rahmen von Regulierungselementen den Vorzug vor einem detaillierten Vorschriftenkatalog zur Regulierung des Sektors.

Aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips gibt der Vorschlag mehrere Optionen vor, unter denen die Mitgliedstaaten den besten Weg zur Erreichung der vorgeschlagenen Ziele wählen können:

3. Elemente des Vorschlags

3.1. Bestätigung des in der Richtlinie vorgesehenen Zeitplans für die Marktöffnung aufgrund der Schlussfolgerungen der Prospektivstudie über die Auswirkungen der Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste im Jahr 2009

Die Prospektivstudie lässt den Schluss zu, dass die Vollendung eines Binnenmarktes für Postdienste in allen Mitgliedstaaten im Jahre 2009 mit der Aufrechterhaltung eines qualitativ hochwertigen Universaldienstes vereinbar ist und bestätigt das Ziel einer vollständigen Öffnung des Marktes zum 1. Januar 2009.

Wenn 2009 als Datum für die Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste bestätigt wird, können die Vorteile eines größeren Wettbewerbs dazu beitragen, das Niveau der den Kunden angebotenen Dienstleistungen im Hinblick auf Qualität, Preis und Angebot zu verbessern und das Wachstums- und Beschäftigungspotenzial des Sektors zu erschließen. Die Bestätigung dieses Datums ist auch notwendig und angemessen mit Blick auf die Anforderungen der Nutzer und der europäischen Wirtschaft insgesamt.

Um den territorialen und sozialen Zusammenhalt sicherzustellen und der Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass einige Mitgliedstaaten von der in der Richtlinie vorgesehenen Flexibilität Gebrauch machen und spezifische Merkmale des Dienstes lokalen Anforderungen anpassen sollten der Universaldienst und die in der Richtlinie festgelegten entsprechenden Qualitätsanforderungen in vollem Umfang aufrecht erhalten werden.

Daher enthält dieser Vorschlag einen neuen Artikel 7, in dessen erstem Absatz den Mitgliedstaaten untersagt wird, im Postsektor ausschließliche oder besondere Rechte zu gewähren oder beizubehalten.

3.2. Ergänzende und flankierende Maßnahmen zur Sicherung des Universaldienstes

In der Prospektivstudie werden einige flankierende oder "unterstützende" Maßnahmen sowohl auf Ebene der EU als auch der Mitgliedstaaten aufgeführt, die Mitgliedstaaten bei Bedarf zur Sicherung des Universaldienstes verabschieden können. Einige dieser Maßnahmen haben Regulierungscharakter, andere sind marktorientiert, aber alle sind darauf ausgerichtet, die Bereitstellung des Universaldienstes auf einer finanziell tragfähigen Basis unter Wettbewerbsbedingungen zu erleichtern und/oder zu gewährleisten. Diese Maßnahmen werden als ausreichend erachtet, um eine Marktöffnung in allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen.

Außerdem wurden zusätzliche Sicherungen in Form spezifischer Finanzierungsmechanismen ermittelt um bei Bedarf und falls angemessen die unrentablen Kosten für die Erbringung des Universaldienstes auf eine Weise zu kompensieren, die im Binnenmarkt weniger Verzerrungen hervorrufen dürfte als ein Festhalten an Monopolen.

Einige der Regulierungsmaßnahmen zur Sicherung des Universaldienstes stehen bereits aufgrund der derzeitigen Postrichtlinie zur Verfügung, z.B. die Anpassung des Universaldienstes an die Bedürfnisse der Nutzer innerhalb des von der Postrichtlinie vorgegebenen Rahmens, die Auferlegung von Dienstleistungsverpflichtungen bei zugelassenen Betreibern, Interventionen der Regulierungsbehörden zum Schutz des Wettbewerbs und ggf. die Einführung eines nachgelagerten Zugangs zu den Netzbereichen Sortierung und Zustellung.

Sofern zusätzliche unterstützende Regulierungsmaßnahmen auf Gemeinschaftsebene erforderlich wären, sind sie in diesen Vorschlag eingeflossen.

Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten selbst über Maßnahmen entscheiden, die entweder Marktabläufe betreffen oder nicht Teil des Gemeinschaftsrahmens sind. Wie die Prospektivstudie und sektorbezogene Studien gezeigt haben, können dazu Effizienzsteigerungsmaßnahmen gehören die von den etablierten Universaldienstanbietern zu verabschieden wären, sowie die Diversifizierung ihrer Einnahmequellen und Maßnahmen zur Volumensteigerung.

Innerhalb des vorgeschlagenen EU-Rahmens für den Postsektor können die Mitgliedstaaten dann selbst bestimmen, welche Kombination der verschiedenen Maßnahmen am besten geeignet ist, um den Universaldienst in dem neuen Marktumfeld sicherzustellen.

3.2.1. Alternative kostenwirksame Maßnahmen zur Gewährleistung des Universaldienstes (Artikel 3 und 6)

Aufgrund von Artikel 4 der Postrichtlinie wurde bei der Gewährleistung des Universaldienstes der verbindlichen Vorabfestlegung auf einen oder mehrere Universaldienstanbieter der Vorzug gegeben. Die Entwicklung eines stärkeren Wettbewerbs und eines breiteren Angebots im Markt bedeutet, dass es noch andere und gleichermaßen effektive Möglichkeiten geben kann, um die Erbringung des Universaldienstes zu gewährleisten. Dieser Vorschlag ermöglicht es durch die Änderungen von Artikel 4 und Artikel 3 Absatz 3, dass die Mitgliedstaaten selbst den effizientesten und am besten geeigneten Mechanismus bestimmen können, um die Erbringung des Universaldienstes zu gewährleisten unter Beachtung der Grundsätze Objektivität, Transparenz, Nichtdiskriminierung, Verhältnismäßigkeit und geringstmögliche Marktverzerrung.

Diese Mechanismen können die Bereitstellung des Universaldienstes oder einzelner Teile dieses Dienstes erleichtern, indem sie zum Beispiel den Marktkräften überlassen wird oder indem die Mitgliedstaaten die Entscheidung darüber erhalten, bei welchen spezifischen Diensten oder Regionen die Erbringung des Universaldienstes nicht den Marktkräften überlassen werden kann, und diese Dienste kostenwirksam über öffentliche Ausschreibungen bereitzustellen.

In Übereinstimmung mit der größeren Flexibilität der Mitgliedstaaten bei der Gewährleistung des Universaldienstes auf anderem Wege als durch die Vorabfestlegung auf einen oder mehrere Universaldienstanbieter überträgt dieser Vorschlag durch eine Änderung von Artikel 6 den Mitgliedstaaten die Entscheidung darüber, wie Informationen über den Universaldienst der Öffentlichkeit am besten zugänglich gemacht werden können.

3.2.2. Stärkung und Klarstellung des Grundsatzes, dass die Universaldiensttarife kostenorientiert sein müssen (Artikel 12 zweiter Gedankenstrich und Artikel 2 Absatz 20)

Das Prinzip, dass Postdienste kostenorientiert zu erbringen sind, wurde in den unterschiedlichen Sprachfassungen der Richtlinie 97/67/EG in verschiedener Form übersetzt, was zu unterschiedlichen Interpretationen geführt hat. Daher wird nunmehr das Konzept der "Kostenorientierung" auch in jenen Sprachfassungen verwendet, bei denen dies zurzeit noch nicht der Fall ist, um so eine einheitliche Anwendung des Prinzips sicherzustellen. Außerdem wird der Grundsatz, dass die Preise die Effizienz fördern müssen, die Anwendung dieser Bestimmung zum Vorteil der Nutzer erleichtern. Gemäß Artikel 12 zweiter Gedankenstrich der Postrichtlinie können die Mitgliedstaaten von dem Grundsatz kostenorientierter Tarife für den Universaldienst abweichen und einen von Entfernungen und anderen Dienstleistungskosten unabhängigen Einheitstarif in ihrem Hoheitsgebiet einzuführen, um sozialen und territorialen Zusammenhalt besser zu gewährleisten.

Wie sektorbezogene Studien ergeben haben, kann die verbindliche Anwendung von Einheitstarifen in einem voll wettbewerbsorientierten Umfeld zu steigenden Kosten für bestimmte Dienste führen und ihre Wirtschaftlichkeit in Frage stellen, da der Universaldienstanbieter Gefahr läuft, in den Bereichen mit hohem Wettbewerbsdruck rentable Geschäftsanteile zu verlieren. Die sektorbezogenen Studien lassen auch erkennen, dass die Universaldienstanbieter die Einheitstarife wahrscheinlich auch nach der vollen Marktöffnung für eine große Zahl von Diensten beibehalten werden.

Unter diesen Umständen sollten die Mitgliedstaaten ihre Regulierungsmaßnahmen beschränken um die finanziell tragfähige Bereitstellung des Universaldienstes zu gewährleisten. Wenn die Universaldienstanbieter die nötige Flexibilität erhalten, um auf den Wettbewerb zu reagieren, werden die Risiken für das finanzielle Gleichgewicht des Universaldienstes begrenzt. Daher wird in diesem Vorschlag Artikel 12 zweiter Gedankenstrich in dem Sinne geändert, dass die Mitgliedstaaten Einheitstarife auf Sendungen beschränken sollten, einschließlich Sendungen mit Zielort im jeweiligen Mitgliedstaat und in der EU, die Einzelsendungstarifen unterliegen (wie die durch Briefmarken gezahlten), die mehrheitlich von Verbrauchern und kleinen Unternehmen in Anspruch genommen werden und für die der Wettbewerb begrenzt sein dürfte. Der Begriff Einzelsendungstarif wird in Artikel 2 Absatz 20 definiert.

Die vorgeschlagene Änderung gibt den Mitgliedstaaten auch die Möglichkeit, Einheitstarife vorzuschreiben wenn andere legitime öffentliche Interessen auf dem Spiel stehen, z.B. in Fällen, wo die Postdienste in Ermangelung anderer Kanäle für die Verteilung von Presseerzeugnissen genutzt werden. Dieser Aspekt wird in Erwägung 24 genauer ausgeführt.

3.2.3. Finanzierung des Universaldienstes (Artikel 7)

Mitunter kann es nach der Verabschiedung von flankierenden Maßnahmen zur Sicherung des Universaldienstes noch erforderlich sein, in manchen Ländern die restlichen Kosten für die Bereitstellung des Universaldienstes zu finanzieren. Durch einen neuen Artikel 7 schafft dieser Vorschlag Klarheit darüber, welche Alternativen den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen wenn eine externe Finanzierung des Universaldienstes nötig ist.

Die Mitgliedstaaten sollten frei entscheiden können, welche Finanzierungsmethode für ihre spezifische Situation am besten geeignet ist, gleichzeitig aber darauf achten, dass unverhältnismäßige Verzerrungen beim Funktionieren des Marktes vermieden werden.

Zu den Finanzierungsoptionen des neuen Artikels 7 gehören öffentliche Ausgleichszahlungen durch direkte staatliche Beihilfen (Absatz 3) oder auf indirektem Wege durch öffentliche Ausschreibungen (Absatz 2). Da ein umfangreicher Bestand an gemeinschaftlichen Vorschriften sowie an Rechtsprechung zur öffentlichen Beschaffung und öffentlichen Ausgleichsleistungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse vorhanden ist, der auch auf den Postsektor anwendbar ist, müssen hier keine neuen Vorschriften eingeführt werden.

Schließlich wird in den vorgeschlagenen Absätzen 3b und 4 von Artikel 7 weiterhin die bisher in Artikel 9 der Postrichtlinie vorgesehene Möglichkeit geschaffen, einen Ausgleichsfonds einzurichten um die unverhältnismäßigen Nachteile auszugleichen, die dem/den Universaldienstanbieter/ n bei Erbringung des Dienstes entstehen. Bisher sind die Erfahrungen mit dem Ausgleichsfonds als Instrument zur Finanzierung des Universalpostdienstes sehr begrenzt.

Das ist jedoch nicht überraschend, da der in den meisten Mitgliedstaaten noch immer vorhandene und umfangreiche reservierte Bereich eine offenkundige Finanzierungsquelle darstellte. Da es ohne reservierten Bereich jedoch wahrscheinlich ist, dass einige Mitgliedstaaten die Einrichtung eines Ausgleichsfonds nun doch in Betracht ziehen, sollte diese Option als mögliche Sicherung für den Universaldienst beibehalten werden. In den Absätzen 3b und 4 von Artikel 7 wird auch die Möglichkeit eingeräumt, zur Deckung etwaiger Restkosten für das Netz des Universaldienstes eine Gebühr für Anbieter und/oder Nutzer von Dienstleistungen einzuführen.

3.3. Sonstige Maßnahmen des Vorschlags

3.3.1. Allgemein- und Einzelgenehmigungen (Artikel 9)

Die Mitgliedstaaten können in Einklang mit den Bestimmungen von Artikel 9 der Postrichtlinie weiterhin Allgemein- und Einzelgenehmigungen erteilen, wenn es im Verhältnis zum verfolgten Ziel gerechtfertigt und angemessen ist. Wie jedoch im dritten Bericht der Kommission über die Anwendung der Postrichtlinie betont wird, ist wohl eine stärkere Harmonisierung der möglichen Auflagen und der für diese Auflagen und Verfahren geltenden Grundsätze erforderlich, um ungerechtfertigte Hemmnisse für die Erbringung von Dienstleistungen im Binnenmarkt abzubauen.

Dieser Vorschlag enthält auch eine Änderung von Artikel 9 Absatz 2, durch die folgende Liste unzulässiger Auflagen aufgrund praktischer Erfahrungen und sektorbezogener Studien eingeführt wird:

Diese Restriktionen gelten nicht für die benannten Universaldienstbetreiber, die unterschiedlichen Regulierungen unterliegen können, da sie unterschiedliche Ziele zu erfüllen haben oder auf einer anderen Rechtsgrundlage operieren, z.B. im Rahmen einer staatlichen Beteiligung.

3.3.2. Zugang zu zentralen postalischen Infrastrukturen und Diensten (Artikel 11a)

Aufgrund der Erfahrungen einiger Mitgliedstaaten wird mit diesem Vorschlag ein neuer Artikel 11a eingeführt, nach dem die Mitgliedstaaten bewerten müssen, ob in einem Umfeld mit mehreren Betreibern bestimmte Komponenten der postalischen Infrastruktur oder Dienste:

Da der rechtliche Status und die Marktsituation für diese Komponenten der postalischen Infrastruktur oder Dienste in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich ist (z.B. ausschließliches Eigentum des Universaldienstanbieters oder ausschließlich von ihm angeboten oder Eigentum mehrerer Betreiber und von ihnen angeboten), wird vorgeschlagen, diese Anforderung für die Mitgliedstaaten darauf zu begrenzen, dass eine sachlich fundierte Entscheidung über Notwendigkeit und Umfang der Regulierung, die Wahl des Regulierungsinstruments und eventuell notwendige Ausgleichsmaßnahmen zu treffen ist.

Der vorgeschlagene Artikel 11a berührt nicht die Regulierung des nachgelagerten Zugangs zu den Netzbereichen Sortierung und Zustellung. Was Letzteren betrifft, so müssen die Mitgliedstaaten auch weiterhin die Auflagen von Artikel 12 fünfter Gedankenstrich erfüllen und können entsprechend einzelstaatlichen Erfordernissen weitere Maßnahmen treffen, um den Zugang zum öffentlichen Postnetz unter transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen zu gewährleisten.

3.3.3. Kontrolle des lauteren Wettbewerbs (Artikel 12 sechster Gedankenstrich, Artikel 14)

Unter Wettbewerbsbedingungen müssen die Mitgliedstaaten die heikle Aufgabe bewältigen, einerseits den Anbietern des Universaldienstes ausreichende Freiheit einzuräumen, damit diese sich auf den Wettbewerb einstellen können, und andererseits für eine angemessene Überwachung des wahrscheinlich beherrschenden Betreibers sorgen, um einen effektiven Wettbewerb sicherzustellen.

Da hierfür eine Bewertung der Marktbedingungen, des institutionellen Rahmens und der Aufsichtskapazitäten in den einzelnen Mitgliedstaaten erforderlich ist, sollte den Mitgliedstaaten die Entscheidung über die spezifischen Regulierungsmechanismen für die Kontrolle des etablierten Betreibers überlassen werden, wobei aber eine gemeinsame Mindestgrundlage erhalten bleiben sollte. Das rechtfertigt einerseits die Streichung der Auflage für die Mitgliedstaaten, Quersubventionen mit Hilfe sektorspezifischer Vorschriften zu kontrollieren, und andererseits die Beibehaltung der Vorschriften über die Transparenz der Rechnungslegung.

Im Hinblick auf Quersubventionen und den Wegfall eines reservierten Bereichs als eindeutige Quelle von Wettbewerbsverzerrungen als Rechtfertigung für die derzeitigen Vorschriften überlässt dieser Vorschlag durch die vorgeschlagene Streichung des sechsten Gedankenstriches von Artikel 12 den Mitgliedstaaten die Entscheidung, wie am besten gewährleistet werden kann, dass das Verhalten des Universaldienstanbieters, der oft ein beherrschender Marktakteur sein dürfte, nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Die Mitgliedstaaten können zu diesem Zweck spezifische Vorabkontrollen (wie durch die derzeitige Richtlinie vorgeschrieben) einführen oder im weiteren Verlauf die Anwendung des Wettbewerbsrechts durch Wettbewerbsbehörden und/oder einzelstaatliche Regulierungsbehörden gewährleisten.

In Bezug auf die für den/die Anbieter des Universaldienstes geltenden Vorschriften zur Transparenz der Rechnungslegung bleibt die Anforderung einer angepassten getrennten Rechnungslegung während des Übergangs zu einem voll wettbewerbsorientierten Markt notwendig. Die vorgeschlagenen Änderungen zu Artikel 14 entsprechen der neuen Situation ohne reservierten Bereich. In Anbetracht der vorhandenen Zusammenarbeit zwischen nationalen Regulierungsbehörden bei der Entwicklung bewährter Praktiken und gemeinsamer Konzepte in diesem Bereich (z.B. Europäischer Ausschuss für Regulierungsfragen im Postsektor) müssen gemäß den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung keine detaillierteren und verbindlichen Vorschriften für die Kostenaufschlüsselung in die Richtlinie aufgenommen werden.

3.3.4. Stärkung des Verbraucherschutzes (Artikel 12 erster Gedankenstrich, Artikel 19, 22, 22a)

In Übereinstimmung mit den vorhandenen Vorschriften, die für andere Dienstleistungsbereiche gelten und im Hinblick auf das Ziel eines stärkeren Verbraucherschutzes in einem sich dynamisch entwickelnden Markt sieht dieser Vorschlag durch die Änderung von Artikel 19 vor, dass die Anwendung von Mindestgrundsätzen für Beschwerdeverfahren von der Ebene des/der Anbieter/s des Universaldienstes auch auf andere Anbieter ausgedehnt wird.

Dem Schutz der Verbraucherinteressen dienen auch: 1. die größere Interoperabilität zwischen Betreibern aufgrund des Zugangs zu bestimmten Komponenten der Infrastruktur und der Dienste, wie im neuen Artikel 11a vorgeschlagen und weiter oben erläutert; 2. die Anforderung der Zusammenarbeit zwischen einzelstaatlichen Regulierungsbehörden und Verbraucherschutzeinrichtungen in der vorgeschlagenen Änderung von Artikel 22 zweiter Absatz; 3. die Klärung der Rolle und Zuständigkeiten der einzelstaatlichen Regulierungsbehörden bei der Kontrolle und Aufsicht über den Universaldienst in Artikel 22 dritter Absatz und Artikel 22a erster Absatz.

In Anbetracht der Bedeutung der Postdienste für Blinde und Sehbehinderte als Kunden der Postdienste wird vorgeschlagen, Artikel 12 erster Gedankenstrich zu bestätigen, wonach der Liberalisierungsprozess die Fortführung bestimmter kostenloser Dienste, die in den Mitgliedstaaten für Blinde und Sehbehinderte gemäß den geltenden internationalen Verpflichtungen im Rahmen des Weltpostvereins eingeführt wurden, nicht einschränken darf.

3.3.5. Ausübung der Durchführungsbefugnisse der Kommission (Artikel 21)

Der im Rahmen der Postrichtlinie eingesetzte Ausschuss soll die Kommission bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse unterstützen, insbesondere in Fragen der Änderung von Anhang 1 betreffend Qualitätsziele für grenzüberschreitende innergemeinschaftliche Dienste und die Verabschiedung von Auflagen für die Qualitätserfassung unter genormten Bedingungen (vgl. Artikel 16 der Richtlinie).

Da die Regulierungsfunktionen dieses Ausschusses die Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen der Richtlinie betreffen, ist es angebracht, die für ihn geltenden Regeln an das kürzlich in dem Beschluss des Rates zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse6 eingeführte Regelungsverfahren anzupassen das dem Europäischen Parlament zusätzliche Mechanismen für die Prüfung derartiger Maßnahmen zugänglich macht.

3.3.6. Nationale Regulierungsbehörden (Artikel 22)

Die nationalen Regulierungsbehörden dürften weiterhin eine zentrale Rolle spielen, vor allem in den Mitgliedstaaten, wo der Übergang zum Wettbewerb noch nicht abgeschlossen ist. Um das effektive Funktionieren dieser Stellen zu verbessern und die Erfahrungen aus ähnlichen regulierten Bereichen, die Ergebnisse von Diskussionen im europäischen Ausschuss für Regulierungsfragen im Postsektor und von sektorbezogenen Studien zu nutzen, sind in diesem Vorschlag folgende Änderungen zu Artikel 22 vorgesehen:

3.3.7. Bereitstellung von Informationen für die nationalen Regulierungsbehörden (Artikel 22a)

Die nationalen Regulierungsbehörden müssen Informationen von Marktteilnehmern einholen, um ihre Aufgaben effizient zu erfüllen. Das Fehlen spezieller Befugnisse für das Einholen von Informationen bei den Postbetreibern wurde vom Europäischen Ausschuss für Regulierungsfragen im Postsektor, von statistischen Stellen sowie in sektorbezogenen Studien immer wieder hervorgehoben und als wesentliches Hindernis für die Durchsetzung der Richtlinie und die Anwendung einzelstaatlicher Vorschriften kritisiert. Mit diesem Vorschlag wird ein neuer Artikel 22a eingeführt, um den nationalen Regulierungsbehörden die Befugnis zur Einholung von Informationen - auch zu statistischen Zwecken - zu verleihen, wann immer dies angemessen und gerechtfertigt ist.

3.3.8. Überprüfung der und Berichterstattung über die Anwendung der Postrichtlinie (Artikel 23)

Aufgrund dieses Vorschlags soll die regelmäßige Überwachung der Anwendung der Richtlinie und die Berichterstattung an Rat und Parlament aufrecht erhalten werden, um rechtzeitig zu erkennen, welche weiteren Regulierungsmaßnamen für die Gewährleistung des Universaldienstes und/oder des Prozesses der Marktöffnung erforderlich sein könnten.

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen wird vorgeschlagen, Artikel 23 in dem Sinne zu ändern, dass der Berichterstattungszeitraum von zwei auf drei Jahre verlängert wird. Dieser Berichterstattungszeitraum berücksichtigt den Rhythmus von Marktentwicklungen sowie soziale Aspekte der Anwendung der Richtlinie und bietet einen ausreichenden Zeitrahmen für politische Empfehlungen.

3.3.9. Streichung der Bestimmung über die Geltungsdauer (Artikel 26, 27)

In Übereinstimmung mit der Entscheidung, besondere und ausschließliche Rechte 2009 abzuschaffen (Artikel 7 Absatz 1) ist in diesem Vorschlag die Außerkraftsetzung der bisherigen Bestimmung über die Geltungsdauer in Artikel 26 Absatz 2 und in Artikel 27 der Postrichtlinie vorgesehen.

3.3.10. Kohärenz und bessere Rechtsetzung (Artikel 1, 2, 9, 10, 11)

Dieser Vorschlag enthält eine Reihe von Änderungen zur Verbesserung der rechtlichen Klarheit und der Kohärenz der Postrichtlinie.

Um eine einheitliche Umsetzung des geänderten Regulierungsrahmens zu erleichtern, ist die Kommission entschlossen, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die angemessene Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der neuen Bestimmungen der Richtlinie zu überwachen und zu erörtern.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG über die Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste (Text mit Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 47 Absatz 2, Artikel 55 und Artikel 95, auf Vorschlag der Kommission7, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses8, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen9, gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag10, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1

Die Richtlinie 97/67/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Artikel 3

Artikel 4


Brüssel, den [...]
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident