Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe undder Vermögensabschöpfung bei Straftaten

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
In Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe undder Vermögensabschöpfung bei Straftaten

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 30. Dezember 2005
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Strafprozeßordnung

Die Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch ... (BGBl. ...), wird wie folgt geändert:

1. § 111b Abs. 3 wird wie folgt gefasst:

(3) Liegen dringende Gründe nicht vor, so hebt das Gericht die Anordnung der in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 genannten Maßnahmen spätestens nach sechs Monaten auf. Begründen bestimmte Tatsachen den Tatverdacht und reicht die in Satz 1 bezeichnete Frist wegen der besonderen Schwierigkeit oder des besonderen Umfangs der Ermittlungen oder wegen eines anderen wichtigen Grundes nicht aus, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Maßnahme verlängern, wenn die genannten Gründe ihre Fortdauer rechtfertigen. Ohne Vorliegen dringender Gründe darf die Maßnahme über zwölf Monate hinaus nicht aufrechterhalten werden."

2. § 111e wird wie folgt geändert:

3. § 111f wird wie folgt geändert:

4. § 111g wird wie folgt geändert:

5. Dem § 111h wird folgender Absatz 4 angefügt:

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn der Arrest nach § 111d in ein Schiff, Schiffsbauwerk oder Luftfahrzeug im Sinn des § 111c Abs. 4 Satz 2 vollzogen ist."

6. § 111i wird wie folgt gefasst:

" § 111i

(1) Das Gericht kann anordnen, dass die Beschlagnahme nach § 111c oder der Arrest nach § 111d für die Dauer von höchstens drei Monaten aufrechterhalten wird, soweit das Verfahren nach den §§ 430 und 442 Abs. 1 auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt worden ist und die sofortige Aufhebung gegenüber dem Verletzten unbillig wäre.

(2) Hat das Gericht lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 des Strafgesetzbuchs entgegenstehen, kann es dies im Urteil feststellen. In diesem Fall hat es das Erlangte zu bezeichnen.

Liegen insoweit die Voraussetzungen des § 73a des Strafgesetzbuchs vor, stellt es im Urteil den Geldbetrag fest, der dem Wert des Erlangten entspricht. Soweit

(3) Soweit das Gericht nach Absatz 2 verfährt, hält es die Beschlagnahme (§ 111c) des im Sinn des Absatzes 2 Satz 2 und 4 Erlangten sowie den dinglichen Arrest (§ 111d) bis zur Höhe des nach Absatz 2 Satz 3 und 4 festgestellten Betrages durch Beschluss für drei Jahre aufrecht. Sichergestellte Vermögenswerte soll es bezeichnen. § 917 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Wird das Urteil erst nach Ablauf von drei Jahren rechtskräftig, so endet die Frist mit dem Eintritt der Rechtskraft. Soweit der Verletzte innerhalb der Frist nachweislich aus Vermögen befriedigt wird, das nicht beschlagnahmt oder im Wege der Arrestvollziehung gepfändet worden ist, hebt das Gericht die Beschlagnahme (§ 111c) oder den dinglichen Arrest (§ 111d) auf Antrag des Betroffenen auf.

(4) Die Anordnung nach Absatz 3 ist dem durch die Tat Verletzten unverzüglich durch das Gericht mitzuteilen. Die Mitteilung ist zu verbinden mit dem Hinweis auf die in Absatz 5 genannten Folgen und auf die Möglichkeit, Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung durchzusetzen. § 111e Abs. 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(5) Mit Ablauf der in Absatz 3 genannten Frist erwirbt der Staat die nach Absatz 2 bezeichneten Vermögenswerte entsprechend § 73e Abs. 1 des Strafgesetzbuchs sowie einen Zahlungsanspruch in Höhe des nach Absatz 2 festgestellten Betrages, soweit nicht

Zugleich kann der Staat das durch die Vollziehung des dinglichen Arrestes begründete Pfandrecht nach den Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung verwerten.

Der Erlös sowie hinterlegtes Geld fallen dem Staat zu. Mit der Verwertung erlischt der nach Satz 1 entstandene Zahlungsanspruch auch insoweit, als der Verwertungserlös hinter der Höhe des Anspruchs zurückbleibt.

(6) Das Gericht des ersten Rechtszugs stellt den Eintritt und den Umfang des staatlichen Rechtserwerbs nach Absatz 5 Satz 1 durch Beschluss fest. § 111l Abs. 4 gilt entsprechend.

Der Beschluss kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden.

Nach Rechtskraft des Beschlusses veranlasst das Gericht die Löschung der im elektronischen Bundesanzeiger nach Absatz 4 vorgenommenen Veröffentlichung.

(7) Soweit der Verurteilte oder der von der Beschlagnahme oder dem dinglichen Arrest Betroffene die hierdurch gesicherten Ansprüche des Verletzten nach Ablauf der in Absatz 3 genannten Frist befriedigt, kann er bis zur Höhe des dem Staat zugeflossenen Verwertungserlöses Ausgleich verlangen. Der Ausgleich ist ausgeschlossen,

(8) In den Fällen des § 76a Abs. 1 oder 3 des Strafgesetzbuchs sind die Absätze 2 bis 7 auf das Verfahren nach §§ 440, 441 in Verbindung mit § 442 Abs. 1 entsprechend anzuwenden."

7. § 111k wird wie folgt gefasst:

" § 111k

Wird eine bewegliche Sache, die nach § 94 beschlagnahmt oder sonst sichergestellt oder nach § 111c Abs. 1 beschlagnahmt worden ist, für Zwecke des Strafverfahrens nichtmehr benötigt, so soll sie dem Verletzten, dem sie durch die Straftat entzogen worden ist, herausgegeben werden, wenn er bekannt ist und Ansprüche Dritter nicht entgegenstehen. § 111f Abs. 5 ist anzuwenden. Die Staatsanwaltschaft kann die Entscheidung des Gerichts herbeiführen, wenn das Recht des Verletzten nicht offenkundig ist."

8. § 111l wird wie folgt geändert:

9. In § 291 werden die Wörter

"durch den Bundesanzeiger" durch die Wörter "im elektronischen Bundesanzeiger" und die Wörter "durch andere Blätter" durch die Wörter "auf anderegeeignete Weise" ersetzt.

10. In § 292 Abs. 1

wird vor dem Wort "Bundesanzeiger" das Wort "elektronischen" eingefügt.

11. § 293 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:

(2) Die Aufhebung der Beschlagnahme ist auf dieselbe Weise bekannt zu machen, wie die Bekanntmachung der Beschlagnahme. Ist die Veröffentlichung nach § 291 im elektronischen Bundesanzeiger erfolgt, ist zudem deren Löschung zu veranlassen; die Veröffentlichung der Aufhebung der Beschlagnahme im elektronischen Bundesanzeiger ist nach Ablauf von einem Monat zu löschen."

12. § 371 Abs. 4 wird wie folgt gefasst:

(4) Die Aufhebung ist auf Verlangen des Antragstellers im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen und kann nach dem Ermessen des Gerichts auch auf andere geeignete Weise veröffentlicht werden."

13. § 409 Abs. 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

" § 111i Abs. 2 sowie § 267 Abs. 6 Satz 2 gelten entsprechend".

Artikel 2
Änderung des Strafgesetzbuchs

§ 73d Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

" § 73 Abs. 1 Satz 2, auch in Verbindung mit § 73b, und § 73 Abs. 2 gelten entsprechend."

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.

Begründung

A. Allgemeines

I. Probleme des geltenden Rechts

Das geltende Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (§§ 73 bis 76a StGB; §§ 111b bis 111l StPO) hat sich in der Praxis grundsätzlich bewährt und lässt weitgehend eine effektive Vermögensabschöpfung zu. Umfangreiche aber auch erfolgreiche Bemühungen der Praxis zur effektiven Umsetzung des geltenden Rechts in Gestalt von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Staatsanwälte, Richter und Polizeibeamte sowie organisatorische

Maßnahmen bei den Strafverfolgungsbehörden haben in den letzten Jahren zu einer deutlichen Steigerung der Abschöpfung illegal erlangter Vermögensvorteile geführt. Eine grundlegende Gesamtreform ist daher weder veranlasst noch ratsam.

Eine vom Bundesministerium der Justiz auf der Grundlage einer vorangegangenen Praxisbefragung in den Bundesländern veranstaltete Bund-Länder-Besprechung am 2. und 3. Dezember 2003 sowie Beratungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe am 10. und 11. Februar 2004 haben jedoch ergeben, dass für den Gesetzgeber punktueller Handlungsbedarf besteht. So kann durch das geltende Recht nicht in ausreichender Weise verhindert werden, dass kriminelle Gewinne wieder an beschuldigte und verurteilte Personen herausgegeben werden müssen. Denn gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist die Anordnung des Verfalls ausgeschlossen, soweit dem Verletzten aus der Straftat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese Ansprüche tatsächlich geltend gemacht werden. Es genügt, dass sie abstrakt bestehen. Zwar lässt § 111b Abs. 5 StPO eine vorläufige Sicherstellung solcher aus einer Straftat erlangten Vermögenswerte zugunsten der Verletzten zu. Wenn aber die Verletzten ihre Ansprüche nicht verfolgen, kann dies dazu führen, dass die Vermögenswerte wieder dem Täter zurückgegeben werden müssen. Dies ist in der Praxis vor allem bei Massenschäden mit im Einzelfall relativ geringen Schadenssummen (z.B. Betrug mit 0190-Telefonnummern etc.) nicht selten. Zwar hat sich die Praxis - abgesichert durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, NStZ 1984, 409 f.; vgl. auch Nr. 75 Abs. 5 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren - RiStBV) - damit beholfen, jedenfalls bei durch Eigenmacht erworbenen Gegenständen über eine entsprechende Anwendung der Fundvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein solches Ergebnis zu vermeiden und zu einer Verwertung zugunsten des Staates zu gelangen. Für Forderungen und sonstige Vermögenswerte hat sich jedoch bislang keine entsprechende einheitliche Praxis gebildet. Scheidet zudem auch die Möglichkeit aus, die sichergestellten Vermögenswerte aufgrund eines entsprechenden Verzichts des Betroffenen einzubehalten, wird das Ziel der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, nämlich zu verhindern, dass "Verbrechen sich lohnt", verfehlt.

Auch die bisherige Regelung der Zwangsvollstreckung des Verletzten in die Gegenstände, in die zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz der dingliche Arrest nach § 111d StPO vollzogen ist(§ 111g StPO), trägt dem Opferschutz nur unzureichend Rechnung. Anders als bei der Beschlagnahme ist nach der geltenden Fassung des § 111g Abs. 3 StPO in diesen Fällen umstritten ob das aus der Vollziehung des dinglichen Arrestes entstandene Pfandrecht des Staates hinter dem Pfändungspfandrecht des Verletzten zurücktritt. Dementsprechend ist das Einrücken des Verletzten in den Rang des Staates und damit sein Vorrang gegenüber Drittgläubigern vom Zeitpunkt der Arrestvollziehung an bislang mit Unsicherheiten behaftet.

Verbesserungsbedarf im Hinblick auf eine effektive und ökonomische Verfahrensweise hat sich in der Praxis auch bei den Regelungen über die Bekanntgabe der Beschlagnahme- oder Arrestanordnung, über die Zuständigkeit und die Zustellung beim Arrestvollzug sowie über die Notveräußerung (§§ 111e, 111f Abs. 3 und § 111l StPO) ergeben. Zudem erscheint vor allem in Großverfahren die Frist, um welche die Beschlagnahme und der dingliche Arrest ohne dringende Gründe aufrechterhalten werden können (§ 111b Abs. 3 StPO), als zu kurz.

Schließlich ist der Anwendungsbereich des erweiterten Verfalls ( § 73d StGB) in den letzten Jahren auch auf solche Anlassdelikte ausgedehnt worden, die dem Schutz des individuellen Vermögens dienen, ohne dass den Ansprüchen Geschädigter der Vorrang gegenüber dem staatlichen Verfallsanspruch eingeräumt worden wäre (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wird bislang in§ 73d StGB nicht in Bezug genommen). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 14. Januar 2004, 2 BvR 564/95) dem Gesetzgeber den Prüfauftrag erteilt ob die Rechte Dritter beim erweiterten Verfall noch hinreichend gewahrt sind.

II. Lösung

Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Rückgewinnungshilfe und die Vermögensabschöpfung bei möglichst geringem Aufwand für die Praxis im Interesse des Opferschutzes und einer effektiven Strafrechtspflege durch folgende Änderungen oder Ergänzungen des geltenden Prozessrechts zu verbessern, ohne das bisherige gesetzliche Regelungskonzept im Grundsatz zu verändern:

III. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 Grundgesetz (Strafrecht und gerichtliches Verfahren). Die Berechtigung des Bundes zur Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz ergibt sich dabei aus Artikel 72 Abs. 2 Grundgesetz. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen Details der materiellen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen über die strafrechtliche Vermögensabschöpfung und Rückgewinnungshilfe, die im Strafgesetzbuch und der Strafprozeßordnung schon bisher bundesrechtlich geregelt sind. Eine bundeseinheitliche Regelung der materiellen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen über die strafrechtliche Vermögensabschöpfung und Rückgewinnungshilfe ist auch weiterhin zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse notwendig: Die Alternative einer Regelung dieser Materie durch die Landesgesetzgeber würde zu einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen führen, die sowohl im Interesse des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann. Insbesondere wäre zu besorgen, dass unterschiedliche landesrechtliche Behandlungen desselben Lebenssachverhalts erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Rechtsverkehr zur Folge hätten (vgl. BVerfGE 106, 62, 145 f.). Kriminalität macht vor Ländergrenzen nicht Halt. Bei ländergrenzenüberschreitenden Sachverhalten, die beispielsweise bei organisierter Kriminalität, bei Serientaten oder mittels Telekommunikation begangenen Straftaten zu verzeichnen sind, wäre oftmals schon zweifelhaft, welches Landesrecht auf den Sachverhalt anzuwenden wäre. Dies würde zu Rechtsunsicherheit führen. So könnte oftmals nicht sicher beurteilt werden, ob offenkundig aus Straftaten resultierende Vermögenswerte dem Verfall oder der Rückgewinnungshilfe unterliegen, ob und ggf. wie diese Vermögenswerte gesichert werden können und in welcher Weise mit ihnen zu verfahren ist.

Darüber hinaus erfordert die Bekämpfung ländergrenzenüberschreitender Kriminalität ein Zusammenwirken der Strafverfolgungsbehörden über Ländergrenzen hinaus. Dies ist in effektiver Weise nur durch einheitliche materielle und verfahrensrechtliche Regelungen sicher zustellen. Die vielfältigen internationalen Bemühungen um eine Rechtsangleichung im Strafrecht und Strafverfahrensrecht belegen dies eindrucksvoll.

IV. Kosten und Preise

Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand sind nicht zu erwarten.

Es kann jedoch ein erhöhter Vollzugsaufwand für Strafverfolgungsbehörden und Gerichte dadurch entstehen, dass die Regelungen zur Gewährleistung der Rückgewinnungshilfe zugunsten des Verletzten einer Straftat erweitert werden (insbesondere durch die Änderungen in den §§ 111g, 111i StPO-E). Dem stehen aufgrund der Neuregelung in § 111i StPO-E (Auffangrechtserwerb des Staates) voraussichtlich erhebliche Vermögenszuflüsse für den Fiskus gegenüber wenn Verletzte ihre Ansprüche nicht geltend machen. Zudem führt die verbesserte Vermögensabschöpfung zu einer effektiveren Bekämpfung der gewinnorientierten, mit hohen volkswirtschaftlichen Schäden verbundenen Kriminalität.

Sonstige Kosten entstehen nicht. Insbesondere entstehen für die Wirtschaft, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen, keine Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Von den Be- und Entlastungen der öffentlichen Haushalte gehen per Saldo keine mittelbar preisrelevanten Effekte aus.

V. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozeßordnung)

Zu Nummer 1 (§ 111b Abs. 3 Satz 2 StPO-E)

Gemäß § 111b Abs. 3 Satz 1 StPO sind Beschlagnahme oder Arrest nach den Absätzen 1 und2 nach sechs Monaten aufzuheben, wenn bis dahin keine dringenden Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder des Verfalls gegeben sind. Maßgeblich für die Berechnung der Frist ist der Anordnungszeitpunkt. Reicht diese Frist wegen der besonderen Schwierigkeit oder des besonderen Umfangs der Ermittlungen oder wegen eines anderen wichtigen Grundes nicht aus, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Maßnahmen nach geltendem Recht um längstens drei weitere Monate aufrechterhalten wenn die genannten Gründe ihre Fortdauer rechtfertigen. Diese Verlängerungsmöglichkeit wird in der Praxis vor allem in Großverfahren für zu kurz befunden. Gerade in Wirtschaftsstrafsachen mit hohen Schadenssummen oder einer Vielzahl von Geschädigten gestalten sich die Ermittlungen häufig kompliziert und umfangreich. Es erscheint daher sachgerecht, diese Verlängerungsmöglichkeit auf sechs Monate auszudehnen.

Um die Verhältnismäßigkeit derartiger Maßnahmen sicherzustellen, bedarf es jedoch der Ergänzung der bisherigen Eingriffsvoraussetzungen. Der Entwurf sieht daher als weiteres Erfordernis das Vorliegen bestimmter verdachtsbegründender Tatsachen vor. Das Eigentumsgrundrecht verlangt eine Abwägung des Sicherstellungsinteresses des Staates mit der Eigentumsposition des von der Maßnahme Betroffenen. Dies gilt in besonderem Maße, wenn im Wege vorläufiger Sicherungsmaßnahmen das gesamte oder nahezu das gesamte Vermögen der Verfügungsbefugnis des Einzelnen entzogen wird. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit - und damit insbesondere an die Stärke des Verdachts - steigen mit zunehmender Dauer des Eingriffs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004, 2 BvR 1136/03).

Dem trägt das Erfordernis "bestimmter (verdachtsbegründender) Tatsachen", welches sich auch bei der Anordnung von Telekommunikationsüberwachungen nach § 100a StPO findet, Rechnung. Zugleich wird damit dem Erlass schematischer Beschlüsse entgegengewirkt (vgl. LG München, StV 2001, 107; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004, 2 BvR 1136/03, Rn. 47) und der Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör besser zur Geltung gebracht (vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2004, 2 BvR 1012/02, WM 2004, 1176 f.). Gesichtspunkte der Effektivität der Vermögensabschöpfung stehen dem nicht entgegen. Ebenso weniger leiden Belange des Opferschutzes eine Einbuße, weil der Verletzte den für eine Realisierung seiner vermeintlichen Ansprüche benötigten Vollstreckungstitel bei einer nicht auf bestimmten Tatsachen beruhenden Beweislage regelmäßig nicht erlangen kann.

Eine - von Seiten der Praxis vereinzelt geforderte - zeitlich unbefristete Sicherstellung auf der Grundlage eines hinreichenden Tatverdachts oder gar eines bloßen Anfangsverdachts wäre demgegenüber angesichts der Eingriffsschwere und der daraus folgenden erhöhten Gefahr von Entschädigungsansprüchen nicht zu rechtfertigen.

Um im Einzelfall auch Prüfungsintervalle von weniger als sechs Monaten vorsehen zu können, ist die Möglichkeit aufgenommen worden, mehrere Verlängerungen von kürzerer Dauer als sechs Monate bis zu der Höchstdauer der Maßnahme von insgesamt zwölf Monaten anzuordnen.

Zu Nummer 2 (§ 111e Absätze 3 und 4 StPO-E)
zu den Absätzen 1 und 2

Es handelt sich um rein redaktionelle Änderungen mit dem Ziel geschlechtsneutraler Formulierungen.

Zu Absatz 3

Nach geltendem Recht ist die Anordnung der Beschlagnahme und des Arrestes dem durch die Tat Verletzten unverzüglich mitzuteilen. Zweck dieser Mitteilung ist es, den Verletzten in die Lage zu versetzen, seine Rechte zu verfolgen, ihm insbesondere die Sicherung und Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche durch Zugriff auf die zu seinen Gunsten gesicherten Vermögenswerte zu ermöglichen. Nach der Neuregelung entsteht die Mitteilungspflicht erst wenn die Maßnahmen vollzogen sind. Damit ist besser als bisher gewährleistet, dass der Erfolg der Maßnahme nicht gefährdet wird. Da mit dem Erlass der Anordnung häufig noch nicht sicher ist, ob sie auch vollzogen werden kann, kann mit der Neuregelung auch verhindert werden, dass sich die Verletzten übereilt Titel verschaffen, die sich später als nutzlos erweisen.

Die Mitteilungspflicht gilt auch in den Fällen, in denen zunächst keine Vermögenswerte gesichert werden können. Denn auf der Grundlage des weiter geltenden dinglichen Arrestes bleibt die spätere Sicherung von Vermögenswerten möglich. Außerdem kann sich das Interesse des Verletzten auch darauf richten, von fruchtlosen Vollstreckungsmaßnahmen zu erfahren um die tatsächlichen Erfolgsaussichten einer eigenen Rechtsverfolgung beurteilen zu können.

Im Hinblick auf Opferschutzbelange wurde auch die Vorgabe bestimmter inhaltlicher Mindestangaben der Unterrichtung, etwa zum Verfahren nach § 111g Abs. 2 StPO, erwogen.

Gegen eine ausdrückliche gesetzliche Regelung spricht jedoch, dass sich diese auf relativ starre Maßgaben beschränken müsste, eine angemessene und präzise Information des Verletzten aber an den jeweiligen Bedürfnissen des Einzelfalls auszurichten ist. Auch sind Unzulänglichkeiten in der Praxis insoweit nicht bekannt geworden.

Zu Absatz 4

Die Neuregelung in Satz 1, mit der eine Bekanntgabe des Vollzugs der Beschlagnahme und des Arrestes im elektronischen Bundesanzeiger auch dann erfolgen kann, wenn eine Mitteilung gegenüber jedem einzelnen Verletzten mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre verspricht eine Absenkung des Verwaltungsaufwands bei einer Vielzahl von Geschädigten.

Soll von dieser Form der Bekanntmachung Gebrauch gemacht werden, bedarf es stets der Einstellung der Mitteilung in den elektronischen Bundesanzeiger. Die Nutzung dieses modernen Kommunikationsmittels ermöglicht potenziellen Geschädigten eine kostensparende, einfache und verlässliche Information. Auch den bislang unbekannten Verletzten soll so die Möglichkeit gegeben werden, ihre Rechte wahrzunehmen und sich über den Zugriff des Staates zu unterrichten, um ihr Vorgehen danach ausrichten zu können.

Um den durch die Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger betroffenen datenschutzrechtlichen Belangen (Recht auf informationelle Selbstbestimmung) Rechnung zu tragen, war jedoch mit dem neuen Satz 3 die Veröffentlichung von Personendaten auf die Fälle zu beschränken, in denen die Angabe für die Information der Verletzten zum Zwecke ihrer Rechtsverfolgung unerlässlich ist. Zudem wurden die datenschutzrechtlichen Belange durch die in Satz 4 aufgenommene Löschungspflicht berücksichtigt. Nach vollständiger Beendigung der zuvor jeweils im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Maßnahmen hat die Staatsanwaltschaft die Löschung zu veranlassen, da die weitere Veröffentlichung nicht mehr erforderlich ist. Von einer Verpflichtung zu zwischenzeitlichen Berichtigungen der Veröffentlichung bei nur teilweiser Aufhebung der Maßnahmen wurde abgesehen, da der hiermit verbundene Aufwand praktisch nicht zu leisten ist und zudem eine erhebliche zusätzliche Kostenbelastung hervorrufen würde, die bei einer Verurteilung von dem Betroffenen zu tragen wäre.

Neben der Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger können nach Satz 2 zusätzlich anderegeeignete Mitteilungsformen zum Einsatz kommen.

Die Regelung des Absatzes 4 erweist sich zugleich als notwendiges Korrelat zu der in Absatz 3 statuierten Benachrichtigungspflicht. Insbesondere bei einer großen Anzahl von Geschädigten ist nicht auszuschließen, dass versehentlich einzelne individuelle Benachrichtigungen unterbleiben bzw. fehlerhaft erfolgen. Die vorgesehene Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger beseitigt dieses Risiko und beugt damit zugleich möglichen Amtshaftungsansprüchen vor die sich im Hinblick auf die Regelungen des § 111i Abs. 2 bis 8 StPO-E ergeben können.

Bei der Ausübung des in Absatz 4 eröffneten Ermessens bei der Nutzung dieses Instruments wird in der Praxis jedoch zu berücksichtigen sein, dass die Staatsanwaltschaft durch die Art und Weise der Mitteilung die Interessen von Verletzten nicht gefährden darf. Jedenfalls gegenüber einer überschaubaren Anzahl von bekannten Verletzten wird die Mitteilungsform des§ 111e Abs. 4 StPO-E daher nur ausnahmsweise in Betracht kommen. Andererseits berücksichtigt diese Vorschrift das Informationsinteresse von Verletzten, die (noch) unbekannt sind. Um auch solche Geschädigte zu erreichen, kann es sich zusätzlich empfehlen, dass die Staatsanwaltschaften in Pressemitteilungen zu vollzogenen Sicherungsmaßnahmen verstärkt auf die Veröffentlichungen im elektronischen Bundesanzeiger hinweisen.

Die Absätze 3 und 4 - neu - tragen damit insgesamt sowohl dem Opferschutz als auch dem Gebot des effektiven Einsatzes der staatlichen Ressourcen in ausgewogener Weise Rechnung.

Zu Nummer 3 (§ 111f Absätze 3 bis 5 StPO-E)
Zu Absatz 3

Absatz 3 - neu - stellt klar, dass auch der Gerichtsvollzieher für Pfändungsmaßnahmen im Rahmen der Vermögensabschöpfung im Strafverfahren zuständig ist (Satz 1). Durch die Änderung des Satzes 3 wird eine allgemeine Zuständigkeit auch der Staatsanwaltschaft für die Vollziehung des Arrestes geschaffen. zu Satz 1

Der geltende Gesetzeswortlaut hat in der Praxis zu unterschiedlichen Auffassungen geführt.

So wurde teilweise die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers für Pfändungsmaßnahmen im Rahmen des § 111f Abs. 3 StPO verneint (z.B. OLG Hamm, DGVZ 2002, 167 f.), teilweise bejaht(z.B. LG Aachen, DGVZ 2003, 23 f.). Durch die Aufnahme des Gerichtsvollziehers in die Aufzählung der für die Bewirkung der Pfändung zuständigen Stellen in Satz 1 wird diese Unklarheit beseitigt. Im Rahmen des Arrestvollzugs kann damit die große Sachkenntnis der Gerichtsvollzieher nutzbar gemacht werden. zu Satz 3

Mit Satz 3 - neu - wird die Staatsanwaltschaft auch für die Anordnung der Pfändung eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerkes sowie einer Forderung originär zuständig.

Damit erhält sie eine einheitliche Vollstreckungskompetenz für die Durchführung der Beschlagnahme (Absatz 1) und die Vollziehung des Arrestes (vgl. auch § 36 Abs. 2 StPO). Das Verfahren wird damit vereinfacht und beschleunigt. Die Grundentscheidung (Erlass des Arrestes) ist nach wie vor dem Gericht vorbehalten. Dem Richtervorbehalt ist damit durch § 111e Abs. 1 und 2 StPO Rechnung getragen. Obwohl die Staatsanwaltschaft in den meisten Fällen von dieser Kompetenz Gebrauch machen dürfte, um eine schnelle Sicherung zu erreichen kann sie es in Einzelfällen oder aus Praktikabilitätsgründen, auch im Hinblick auf die Möglichkeit von Amtshaftungsansprüchen, für geboten halten, das Gericht zu befassen.

Um der Staatsanwaltschaft eine flexible und an den Bedürfnissen des Einzelfalles orientierte Handhabung zu ermöglichen, sieht Satz 3 (neu) daher auch vor, dass sie eine Entscheidung des Gerichts herbeiführen kann. Der praktische Mehraufwand im Rahmen der nachfolgenden Bearbeitung wird dadurch nicht erheblich ins Gewicht fallen.

Zu Absatz 4

Durch die Verweisung in § 111d Abs. 2 StPO ist die Staatsanwaltschaft nach geltendem Recht bei der Zustellung auf das Verfahren im Amtsbetrieb angewiesen (§§ 166 ff. ZPO). Die vorgesehene Änderung regelt in Abweichung von § 111d Abs. 2 StPO, dass die Staatsanwaltschaft beider Beschlagnahme oder beim Arrestvollzug erforderliche Zustellungen so wohl im Partei- als auch im Amtsbetrieb (§§ 166 ff., §§ 191 ff. ZPO) sowie durch ihre Ermittlungspersonen vornehmen kann. Der Vorbehalt des § 168 Abs. 2 ZPO (Beauftragung einer anderen Behörde erst dann, wenn eine Zustellung nach § 168 Abs. 1 ZPO keinen Erfolg verspricht) gilt damit nicht. Die Neuregelung ermöglicht es, Zustellungen ohne die Gefahr eines schädlichen Zeitverlustes ausführen zu können.

Der Überlegung, Zustellungen gegen Empfangsbekenntnis über den in § 174 ZPO genannten Personenkreis hinaus zu erweitern, wurde nicht näher getreten. Abgesehen davon, dass ein nachhaltiger Entlastungseffekt zweifelhaft wäre (es kämen insoweit wohl allenfalls Banken und Versicherungen in Betracht), würde damit auch mangels einer entsprechenden zivilprozessualen Regelung die Einheitlichkeit des Zustellungsrechts aufgegeben. Zudem wäre in Einzelfällen mit erheblichen Unsicherheiten über den für die Rangfolge der Verletztenansprüche entscheidenden Zustellungszeitpunkt (vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2001, 484 f.) zu rechnen.

Zu Absatz 5

Absatz 5 stellt klar, dass es hinsichtlich aller Einwendungen gegen Maßnahmen, die in Vollziehung der Beschlagnahme oder des Arrestes getroffen werden, beim strafprozessualen Rechtsweg verbleibt. Für die Entscheidung zuständig ist also der Ermittlungsrichter oder, nach Erhebung der öffentlichen Klage, das mit der Hauptsache befasste Gericht sowie nach Rechtskraft das Gericht des ersten Rechtszuges. Die Zuständigkeit der Strafgerichte gilt auch dann, wenn es sich der Sache nach um zwangsvollstreckungsrechtliche Rechtsbehelfe handelt(z.B. §§ 766, 771 bis 776 ZPO) oder der Gerichtsvollzieher tätig gewesen ist. Damit wird die Frage, ob insoweit eine Zuständigkeit der Zivilgerichte (vgl. Hanseatisches OLG, NJW-RR 2003, 715 f, OLG Naumburg, Beschluss vom 19.5.2004, 1 Ws 171/04 (PDF) ) oder der Strafgerichte (so LG Saarbrücken, wistra 2002, 158 ff.; LR - Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 111f Rn. 12; KK-Nack, StPO, 5. Aufl., § 111f Rn. 6) besteht, im letzteren Sinne geklärt.

Auch soweit der Rechtspfleger nach §§ 22, 31 Abs. 1 RPflG tätig geworden ist, besteht für den Betroffenen die Möglichkeit, die Entscheidung des für die Anordnung der Beschlagnahme bzw. des Arrestes zuständigen Gerichts herbeizuführen.

Zugunsten einer einheitlichen Befassung ist ferner der strafprozessuale Rechtsweg auch gegen die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft über die Herausgabe von Gegenständen an den Verletzten nach § 111k StPO-E vorgesehen.

Für eine generelle Zuständigkeit der Strafgerichte spricht, dass der Ermittlungsrichter aufgrund seiner Vorbefassung über die umfassenderen Kenntnisse von den Gesamtumständen des Falles verfügt und infolgedessen einem möglichen Missbrauch, etwa durch vorgeschobene Rechte von Personen aus dem Täterumfeld, wirksamer begegnen kann. Außerdem würde das Ziel der Vereinheitlichung und Konzentration bei verschiedenen Zuständigkeiten verfehlt. Die Aufsplitterung des Verfahrens bedeutete für die Verletzten von Straftaten in vielen Fällen - aufgrund der nötigen Einarbeitung des Zivilgerichts - weiteren Zeitverlust und würde die Durchsetzung ihrer Ansprüche komplizierter machen. Aber auch für den Beschuldigten könnte sich die Vorgabe des Zivilrechtswegs nachteilig auswirken, weil sich im Zivilverfahren Spannungen zu seinem strafprozessualen Schweigerecht ergeben können.

Zu Nummer 4 (§ 111g Abs. 1 bis 4 StPO-E)
zu den Absätzen 1 bis 4

§ 111g StPO begründet in der geltenden Fassung einen Rangrücktritt des Staates zugunsten des Verletzten. Dieser gilt vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an, wenn der Verletzte über einen nach § 111c StPO beschlagnahmten Gegenstand aufgrund eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung verfügt hat - und die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung nach § 111g Abs. 2 StPO zugelassen wird. Entsprechendes bestimmt § 111h StPO, wenn der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück betreibt, in welches zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz ein Arrest nach § 111d StPO vollzogen ist.

In diesen Fällen kann er verlangen, dass die durch den Vollzug dieses Arrestes begründete Sicherungshypothek hinter seinem Recht im Rang zurücktritt, sofern die Rangänderung gemäß § 111h Abs. 2 StPO zugelassen ist. Wird hingegen aufgrund eines dinglichen Arrestes in bewegliches Vermögen (z.B. in Forderungen) vollstreckt, so sind jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut weder ein solches Zulassungsverfahren noch ein entsprechender Rangrücktritt des Staates zugunsten des Verletzten vorgesehen.

Die Ergänzung der Absätze 1 bis 3 beseitigt diese Unterscheidung. Damit ist das Zulassungsverfahren nach Absatz 2 künftig auch auf den dinglichen Arrest in bewegliches Vermögen anwendbar. Dies hat zur Folge, dass alle nach dem Zeitpunkt der Arrestvollziehung erfolgenden Verfügungen anderer Gläubiger, insbesondere solche aus Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung, gegenüber dem nach Absatz 2 zugelassenen Verletzten relativ unwirksam sind. Dieser Rangvorrang ließ sich bisher nur durch die in der Rechtsprechung umstrittene analoge Anwendung der §§ 111g, 111h StPO erreichen (s. OLG Köln, NJW 2003, 2546 ff. und OLG Hamburg, Beschluss vom 21.2.2002 - 1 Ws 024/01 - einerseits, OLG Stuttgart, ZIP 2001, 484 f. andererseits). Dieser Meinungsstreit wird sich mit der Neuregelung erledigen.

Die Neufassung eröffnet dem Verletzten mithin einen privilegierten Zugriff auf das gesamte legal erworbene Vermögen des Täters. Da dieses Vermögen grundsätzlich zum Ausgleich sämtlicher Verbindlichkeiten zur Verfügung steht, liegt hierin eine Bevorzugung der Opferansprüche gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger. Wie die Regelung für die Vollziehung dinglicher Arreste in Immobilien zeigt, verfügen Opfer von Straftaten in Teilbereichen bereits de lege lata über solche privilegierten Vollstreckungsmöglichkeiten in allgemeines Tätervermögen. Der Entwurf nimmt diese Wertung auf und führt sie konsequent fort. Er trägt damit den Opferinteressen in besonderer Weise Rechnung. Auch wird es bislang in der Praxis der Rückgewinnungshilfe vielfach als Missstand empfunden, dass sich sonstige Gläubiger in Kenntnis der staatlichen Arrestmaßnahmen zügig Titel beschaffen, während rechtlich weniger bewanderte Verletzte oftmals das Nachsehen haben. Die Neuregelung begegnet dieser Gefahr und führt damit zu einer nachhaltigen Stärkung des Opferschutzes, zumal Vollstreckungen in bewegliches Vermögen auf der Grundlage dinglicher Arreste in der Praxis große Bedeutung haben.

Die Ergänzung in Absatz 4 ist eine notwendige Folgeänderung zur Neuregelung in den Absätzen 1 bis 3.

Der Vorschlag, Opferansprüche im Fall der Insolvenz des Täters mit einem umfassenden Schutz zu versehen, wurde dagegen nicht aufgegriffen. Nach überwiegender Ansicht sind nachdem geltenden Recht die im Wege der Rückgewinnungshilfe gesicherten Ansprüche Tatgeschädigter, abgesehen von Aussonderungsrechten nach §§ 47, 48 InsO, nicht insolvenzfest (LG Saarbrücken, NStZ-RR 2004, 274, 275; LG Neubrandenburg, ZInsO 2000, 676; Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 484; Malitz, NStZ 2002, 337, 341; Moldenhauer/ Momsen, wistra 2001, 456, 458; Hees/Ahlbeck, ZIP 2000, 871, 876; Uhlenbruck, wistra 1996, 1, 7; a. A. Kiethe/Groeschke/Hohmann, ZIP 2003, 185, 190; Münch-Komm-Ott, InsO, § 80 Rn. 154). Danach steht der Vollstreckungserfolg des Verletzten, der - unbeschadet § 89 InsO - erfolgreich das Zulassungsverfahren nach § 111g Abs. 2 StPO betrieben hat, im Fall der Insolvenzeröffnung sowohl unter dem Vorbehalt der einmonatigen Rückschlagsperre des § 88 InsO als auch der Geltendmachung von Anfechtungsrechten nach § 130 InsO durch den Insolvenzverwalter.

Für eine Änderung dieser Rechtslage besteht kein Bedürfnis. Rückgewinnungshilfe vermag nicht die umfassende Realisierung von Restitutions- und Schadensersatzansprüchen zu gewährleisten, sondern kann den Verletzten lediglich innerhalb des vom Zivilrecht vorgegebenen Rechtsrahmens bei der Durchsetzung seiner Ansprüche unterstützen. Vor allem aber stehen Funktion und Bedeutung des Insolvenzverfahrens entgegen. Denn dieses Verfahren erfüllt eine wichtige staatliche Ordnungsaufgabe, indem es die Verteilung der Insolvenzmasse regelt und den für den einzelnen Gläubiger eintretenden Rechts- und Vermögensverlust durch den staatlich garantierten Erhalt der Insolvenzmasse kompensiert. Dementsprechend vermögen auf dem Sozialstaatsprinzip gründende Belange Eingriffe in das Ranggefüge des Insolvenzrechts nicht ohne weiteres zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 65, 182, 193 f). Ist der Vermögensverfall des Täters durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dokumentiert, kann dem die Rückgewinnungshilfe tragenden Ausgleichsinteresse nur noch eine eingeschränkte Bedeutung zukommen. Denn wenn es kaum noch etwas abzuschöpfen und zu verteilen gibt, sind die Möglichkeiten eines vermögensrechtlichen Ausgleichs zwischen Täter und Opfer alsbald erschöpft. Erfüllt die Rückgewinnungshilfe ihre Funktion jedoch tatsächlich nur noch in eingeschränktem Maße, fällt sie gegenüber widerstreitenden rechtlichen Belangen weniger stark ins Gewicht. Dies gilt umso mehr, als sich ihre Zielrichtung in der Insolvenzsituation zwangsläufig verändert: Wirtschaftlich trifft sie hier weniger den Täter, der nicht mehr viel zu verlieren hat, sondern belastet in erster Linie die Notgemeinschaft der sonstigen Gläubiger, weil ein absoluter Vorrang der Opferansprüche deren Forderungsausfall erhöhte.

Im Übrigen gewährt die Rechtsordnung den Ansprüchen der Verletzten auch sonst keinen absoluten Schutz, wie etwa die Regelungen der §§ 430, 442 StPO und die Beendigung der Sicherstellung beim zwischenzeitlichen Eintritt eines Verfahrenshindernisses zeigen. Ob für die Beschuldigten ein erheblicher Anreiz für eine "Flucht in die Insolvenz" besteht, erscheint hingegen fraglich, denn auch im Insolvenzverfahren können sie nicht davon ausgehen, inkriminiertes Vermögen behalten zu dürfen.

Zu Nummer 5 (§ 111h Abs. 4 StPO-E)

Da der dingliche Arrest in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge nach den Vorschriften über die Pfändung beweglicher Sachen vollzogen wird (vgl. § 931 ZPO), scheinen solche Fälle nunmehr vom Wortlaut des § 111g StPO-E erfasst. Absatz 4 - neu stellt deshalb klar, dass sich die Rangänderung bei Vollziehung des Arrestes in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge nach wie vor entsprechend § 111h StPO bestimmt.

Denn § 26 SchiffsrechteG und § 26 LuftfahrzeugG lassen hier ausnahmsweise die - bei Pfandrechten an beweglichen Sachen grundsätzlich ausgeschlossene - Rangänderung mit dinglicher Wirkung zu und schaffen so eine den Grundpfandrechten angenäherte Rechtslage (vgl. § 880 BGB). Auf der Grundlage des geltenden Rechts entspricht es deshalb herrschender Meinung, dass § 111h StPO beim Arrestvollzug in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge entsprechend anzuwenden ist (LR-Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 111h Rn. 1; KK-Nack, StPO, 5. Aufl., § 111h Rn. 1; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 111h Rn. 4). Zur Wahrung des Gleichklangs mit der Zivilrechtslage soll hieran nichts geändert werden. Dem dient die klarstellende Regelung im neuen Absatz 4.

Zu Nummer 6 (§ 111i StPO-E)

Eine wesentliche Schwäche des geltenden Rechts liegt darin, dass teilweise sichergestellte Vermögenswerte an den Täter zurückgegeben werden müssen, wenn die Verletzten ihre Ansprüche nicht geltend machen. Hier schafft § 111i StPO-E unter Beibehaltung des materiellen Rechts, insbesondere des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, nunmehr Abhilfe, indem es in diesen Fällen künftig generell zu einem Auffangrechtserwerb des Staates kommt. Bisher behalf sich die Praxis - abgesichert durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NStZ 1984, 409 f.; vgl. auch RiStBV Nr. 75 Abs. 5) - bei durch Eigenmacht in Besitz gebrachten Gegenständen damit, eine Rückgabe an den Täter über eine entsprechende Anwendung der Fundvorschriften zu vermeiden. Die Neuregelung macht nicht nur diesen Rückgriff entbehrlich, sondern erfasst zugleich die Fälle, in denen Forderungen und andere Vermögenswerte betroffen sind.

Das nach dem Entwurf vorgesehene Verfahren vollzieht sich in mehreren Schritten:

Den Ausgangspunkt bildet die Hauptverhandlung, aufgrund derer das erkennende Gericht folgende Fragen zu beantworten hat:

Ist das Gericht danach davon überzeugt, dass der Angeklagte noch etwas aus Straftaten erlangt hat, der Verfallsanordnung jedoch Ansprüche Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen, kann es dies - unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens - im Urteil feststellen(§ 111i Abs. 2 StPO-E). Der Begriff des Verfalls erfasst dabei, wie auch in § 73e, § 76 oder § 76a StGB, alle Arten des Verfalls, also auch den Verfall von Wertsatz. Hierzu sind die unmittelbar erlangten Gegenstände oder - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 73a StGB - der erlangte Wert als Geldbetrag zu bezeichnen. Indem das Gericht den Umfang der insoweit erlangten Vermögenswerte unter Berücksichtigung der möglichen zwischenzeitlichen Restitution bestimmt, gibt es den Rahmen des möglichen späteren Auffangrechtserwerbs vor. Die Entscheidung aufgrund der Hauptverhandlung hat den Vorteil, dass die Beteiligten ihren Anspruch auf rechtliches Gehör dort am besten zur Geltung bringen können und das Tatgericht in diesem Verfahrensabschnitt über die größtmögliche Sachnähe und die breiteste Tatsachengrundlage verfügt. Für den Betroffenen ist erkennbar, dass er seine Verteidigung auch auf diesen Aspekt einrichten muss und sich weiteres Vorbringen nicht für spätere Zeitpunkte aufsparen kann. Außerdem kann er diese - ihn wie eine Entscheidung nach §§ 73 ff. StGB belastende - Anordnung mit dem Urteil anfechten, so dass eine einheitliche revisionsrechtliche Beurteilung sichergestellt ist.

Zugleich hat das Gericht in diesen Fällen die schon bisher gewährte Rückgewinnungshilfe des Staates im Interesse des Opferschutzes auf drei Jahre nach Urteilsverkündung durch Beschluss zu verlängern (§ 111i Abs. 3 StPO-E). Dies geschieht im Rahmen der nach Absatz 2 getroffenen Vorgabe durch die Aufrechterhaltung (oder ggf. Anordnung) der Beschlagnahme bestimmter Gegenstände nach § 111c StPO sowie des dinglichen Arrests nach § 111d StPO. Künftig bleiben die Vermögenswerte damit - unbeschadet der Vorschriften über die Notveräußerung (§ 111l StPO-E) - zur Befriedigung der Ansprüche des Verletzten bis zur Rechtskraft, mindestens aber für drei Jahre, gesichert. Haben die Verletzten nicht innerhalb dieser Frist die Zwangsvollstreckung eine Arrestvollziehung in die sichergestellten Gegenstände betrieben, sonst Befriedigung erlangt oder berechtigte Herausgabeansprüche im Sinne des § 111k StPO geltend gemacht, kommt es zum staatlichen Auffangrechtserwerb (§ 111i Abs. 5 StPO-E). Aus Gründen der Rechtssicherheit hat das Gericht des ersten Rechtszuges die mit Fristablauf eingetretenen Folgen durch Beschluss festzustellen (§ 111i Abs. 6 StPO-E). Um den Verletzten die Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermöglichen und ihnen ausreichendes rechtliches Gehör zu gewähren, bestehen qualifizierte Mitteilungspflichten (§ 111i Abs. 4 StPO-E). Damit es auch nach Eintritt des staatlichen Rechtserwerbs zu keiner doppelten Inanspruchnahme des Betroffenen kommt, ist in § 111i Abs. 7 StPO-E ein entsprechender Ausgleichsanspruch vorgesehen.

Dieses Verfahren gilt für das selbständige Verfallsverfahren nach § 76a StGB entsprechend (§ 111i Abs. 8 StPO-E). Damit wird die lückenlose Anwendbarkeit des Auffangrechtserwerbs sichergestellt. Insbesondere wird vermieden, dass im Nachhinein Vermögenswerte an jene Beschuldigten zurückgegeben werden müssen, die sich dem Verfahren, etwa durch Flucht, entzogen haben. Auch wird so ein Auffangrechtserwerb bei Einstellungen aufgrund von Opportunitätsentscheidungen und insbesondere im Rahmen eines objektiven Verfahrens nach einer Einstellung nach § 154 StPO ermöglicht (vgl. BGH 3 StR 421/02, NStZ-RR 2003, 422 f.).

Im Bußgeldverfahren sind die Regelungen der neuen Absätze 2 bis 7 grundsätzlich nicht relevant. Denn § 29a OWiG enthält keine dem Rechtsgedanken des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entsprechende Regelung. Die Ratio der Neuregelung des § 111i StPO-E kann jedoch für die Ermessensausübung nach § 29a OWiG nutzbar gemacht werden. Soweit im Bußgeldverfahren ausnahmsweise Ersatzansprüche Verletzter vorhanden sein sollten (vgl. hierzu BT-Drs. 010/318 S. 43), wird demnach eine Berücksichtigung dieser Ansprüche bei der Entscheidung nach § 29a OWiG jedenfalls regelmäßig dann nicht in Betracht kommen, wenn nicht ernstlich damit zu rechnen ist, dass die Verletzten diese Ansprüche auch geltend machen werden. Wider Erwarten doch noch nachträglich geltend gemachte Ansprüche können im Verfahren nach § 99 Abs. 2 OWiG berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt auch im Rahmen der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils nach § 17 Abs. 4 OWiG. Auch hier wird eine Minderung des wirtschaftlichen Vorteils durch bestehende, aber noch nicht geltend gemachte Ersatzansprüche Dritter jedenfalls regelmäßig dann unberücksichtigt bleiben können, wenn mit deren Geltendmachung nicht ernstlich zu rechnen ist. Bei nachträglicher Geltendmachung kommt eine analoge Anwendung von § 99 Abs. 2 OWiG in Betracht (KK-Steindorf, OWiG, 2. Aufl., § 17 Rn. 131 m. w. N.).

Zu Absatz 1

Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift beschränkt sich künftig auf jene Taten, bei denen eszu Verfahrensbeschränkungen nach §§ 430, 442 StPO gekommen ist und das Vorliegen von Opferansprüchen zumindest nicht ausgeschlossen ist. Ansonsten sind die nachstehenden Absätze einschlägig. Für die danach noch von Absatz 1 - neu - erfassten Fälle ist es angemessen die Rückgewinnungshilfe nur im bisherigen Umfang zu gewähren. Die Regelung, die im Übrigen lediglich redaktionell geändert worden ist, stellt außerdem klar, dass die Aufrechterhaltung der Sicherungsmaßnahmen auch für die Fälle des dinglichen Arrests gilt.

Das in den Absätzen 2 bis 7 vorgesehene Verfahren kommt in den Fällen des Absatzes 1 nicht zur Anwendung. Die hier zu beachtenden Rechte des Betroffenen können nicht im Wege einer Verfahrensbeschränkung verkürzt werden. Daher verlangt der Eintritt des Auffangrechtserwerbs stets die Anwendung des hierfür vorgesehenen Verfahrens, in dem - unbeschadet des Ausschlussgrundes des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB - das Vorliegen der sonstigen materiellen Verfallsvoraussetzungen zu prüfen ist. Im Übrigen bleibt es in diesen Fällen bis zum Eintritt der Rechtskraft unbenommen, die erfolgte Beschränkung gemäß § 430 Abs. 3 StPO wieder aufzuheben.

Zu Absatz 2

Das erkennende Gericht legt die Basis für den möglichen späteren Auffangrechtserwerb im Urteil. Ob in die Urteilsformel Feststellungen über das Erlangte aufzunehmen sind, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Mit der Gewährung dieses Entscheidungsspielraums soll dem Gericht die Möglichkeit erhalten bleiben, in Ausnahmefällen, insbesondere im Hinblick auf den Resozialisierungsgedanken, von entsprechenden Feststellungen absehen zu können und die Verpflichtungen zur Schadenswiedergutmachung auf die Bewährungsebene zu verlagern. Die fakultative Ausgestaltung trägt zudem der Beachtung der Härtefallregelung des § 73c StGB Rechnung. Will das Tatgericht aufgrund pflichtgemäßen Ermessens ausnahmsweise von einer Entscheidung nach Absatz 2 absehen, wird es jedoch zu prüfen haben, ob es geboten ist, unter Anwendung der §§ 430, 442 StPO nach Absatz 1 - neu - zu verfahren.

Die Ausgestaltung als "Kann"-Regelung bedeutet indessen nicht, dass das Gericht nur teilweise Feststellungen nach Absatz 2 treffen, also etwa nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach vornehmen kann, weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde.

Die Formulierung "feststellen" in Satz 1 verdeutlicht, dass sich mit dem Urteilsausspruch noch kein Rechtserwerb des Staates vollzieht. Durch die Erstreckung auch auf den erweiterten Verfall trägt die Regelung der (gemäß Artikel 2 vorgesehenen) Geltung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB im Anwendungsbereich des § 73d StGB Rechnung. Satz 2 stellt klar, dass das Gericht im Rahmen der zu treffenden Feststellung die einzelnen "Verfallsgegenstände" bezeichnen muss. Satz 3 trifft eine entsprechende Regelung für den Fall, dass das unmittelbar "Erlangte" aus den in § 73a StGB genannten Gründen nicht mehr vorhanden ist. In diesem Fall hat das Gericht den Betrag anzugeben, der dem "Wertersatzverfall" entspricht. Der Zusatz "insoweit" verdeutlicht, dass es um "Erlangtes" im Sinne der vorstehenden Sätze 1 und 2 geht. Satz 4 schließlich stellt sicher, dass die genannten Fälle der Zwangsvollstreckung oder Erfüllung aus dem zunächst ermittelten Umfang des Erlangten wieder "herauszurechnen" sind. Dabei wird mit Satz 4 Nr. 3 zudem klargestellt, dass die Möglichkeit der vereinfachten Herausgabe nach § 111k StPO fortwährend von der Staatsanwaltschaft und ab Anklageerhebung vom Gericht zu beachten ist.

Ist der Verletzte durch seine Versicherung entschädigt worden, so liegt darin noch keine Befriedigung nach Absatz 2 Satz 4 Nummer 2, weil die Zahlung der Versicherung den Anspruch gegen den Täter nicht entfallen lässt: Soweit in diesem Fall die nach den §§ 111b ff. StPO gesicherten Ansprüche des Verletzten nach § 67 VVG auf die Versicherung übergegangen sind kann vielmehr nun diese anstelle des Verletzten auf die sichergestellten Vermögenswerte zugreifen. Leistet hingegen nicht der Versicherer des Verletzten, sondern ein Dritter, so wird der Opferanspruch regelmäßig erlöschen. Der Dritte hat sich insoweit nach Maßgabe seiner zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche mit dem von der Sicherungsmaßnahme Betroffenen auseinanderzusetzen. So kann er sich ggf. dessen Rückgewähranspruch auf Freigabe gesicherter Vermögenswerte abtreten lassen.

Zu Absatz 3

Absatz 3 sieht eine obligatorische Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Maßnahme vor. Es ist nicht vorstellbar, dass ein Gericht Feststellungen nach Absatz 2 trifft, ohne die Sicherungsmaßnahmen aufrecht zu halten. Damit stellt die Neuregelung sicher, dass der Angeklagte auch nach Urteilserlass die Befriedigung der Ansprüche der Verletzten nicht beeinträchtigen kann.

Dazu sieht Satz 1 vor, dass das Gericht die Beschlagnahme nach § 111c StPO oder den Arrest nach § 111d StPO in dem nach Absatz 2 bestimmten Umfang zwingend für die Dauer von drei Jahren aufrechterhält. Erschöpfen die sichergestellten Vermögenswerte den nach Absatz 2 festgestellten Betrag nicht, können bis zur Rechtskraft des Urteils nach den allgemeinen Regeln der Vermögensabschöpfung weitere Sicherstellungen, insbesondere in zwischenzeitlich vom Angeklagten erlangte Vermögenswerte, vorgenommen werden.

Die Entscheidung nach Absatz 3 ergeht durch - regelmäßig zusammen mit dem Urteil - zu verkündenden Beschluss. Diese Entscheidungsform ermöglicht eine flexible Anpassung und erleichtert Berichtigungen.

Nach Satz 2 "soll" das Gericht die sichergestellten Gegenstände bezeichnen (die nach § 111c StPO beschlagnahmten Gegenstände sind ohnehin bereits in der Entscheidung nach Absatz 2 zu benennen). Eine solche Bezeichnung wird insbesondere dann sinnvoll sein, wenn aufgrund des dinglichen Arrestes eine Vielzahl von Vermögenswerten sichergestellt worden ist. Der Betroffene erhält hierdurch die nötige Klarheit, hinsichtlich welcher konkreten Vermögensbestandteile er einen Rechtsverlust erleidet, und kann etwa in Irrtumsfällen im Beschwerdeweg eine Korrektur herbeiführen. Da der Beschluss nach Absatz 3 den Verletzten mitzuteilen ist (vgl. Absatz 4), dient die Aufzählung der einzelnen sichergestellten Vermögensgegenstände darüber hinaus auch deren Information und verbessert so deren Vollstreckungsmöglichkeiten.

Ferner wird so die Belastung für das nach Fristablauf mit dem Auffangrechtserwerb befasste Gericht reduziert: Sind die potenziell betroffenen Vermögensbestandteile bereits durch das erkennende Gericht bezeichnet, braucht das Gericht später nur noch die erfolgten Vollstreckungsmaßnahmen abzugleichen und die sonstigen Leistungen an die Verletzten zu berücksichtigen.

Die hierdurch für das erkennende Gericht entstehende Mehrbelastung erscheint vertretbar.

Soweit im Hinblick auf die Aufrecherhaltung von Sicherstellungen nicht nur die im Urteil ohnehin zu benennenden "Verfallsgegenstände", sondern auch die nach § 111d StPO gesicherten Vermögenswerte zu bezeichnen sind, wird das Gericht regelmäßig auf die Anklageschrift oder Aufstellungen aus den Finanzermittlungen zurückgreifen können. Zudem hat es den Umfang der erfolgten Sicherungsmaßnahmen ohnehin in der Hauptverhandlung zu erörtern.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Aufwand für das Gericht, welches nach drei Jahren - möglicherweise erst nach umfangreicher Einarbeitung in den Fall - durch Beschluss zu entscheiden hat, auf diese Weise so gering wie möglich gehalten wird.

Um den Auffangrechtserwerb abzusichern, soll der dingliche Arrest nach der Verurteilung unabhängig vom Vorliegen eines Arrestgrundes aufrechterhalten werden können, weshalb gemäß Satz 3 § 917 ZPO für nicht anwendbar erklärt wird. Die Sicherung der potenziell dem staatlichen Auffangrechtserwerb zufallenden Vermögenswerte soll unabhängig sein vom Vorliegen einer - etwa bei Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung kaum zu begründenden - Vereitelungsgefahr. Da mit der Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 3 die Feststellung des Gerichts verbunden ist, dass die Voraussetzungen für eine Entziehung der Vermögenswerte vorliegen und der Betroffene vorbehaltlich einer nachträglichen Befriedigung des Verletzten keine Rechte an den inkriminierten Vermögenswerten geltend machen kann stellt der Verzicht auf einen Arrestgrund keinen Eingriff in die Vermögensrechte des Verurteilten dar.

Die obligatorische Dreijahresfrist ist an § 981 BGB angelehnt. Die in Satz 4 geregelte "automatische"

Verlängerung der Frist bis zur Rechtskraft des Urteils ist erforderlich, weil sonst die Frist ablaufen und die in Absatz 3 vorgesehenen Rechtsfolgen (Auffangrechtserwerb des Staates) eintreten könnten, obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Befriedigt der Angeklagte bzw. Verurteilte den Verletzten vor Ablauf der Frist aus sonstigem, nicht in Beschlag genommenem Vermögen, erwirbt er einen entsprechenden Anspruch auf Freigabe, in der Regel auf Aufhebung des dinglichen Arrestes. Insoweit kann er nicht auf den Fristablauf verwiesen werden. Es ist deshalb in Satz 5 eine Regelung eingestellt worden, nach welcher der Betroffene in diesen Fällen beim Gericht die entsprechende Aufhebung beantragen kann.

Zu Absatz 4

Absatz 4 enthält eine vom Gericht zu erfüllende qualifizierte Mitteilungspflicht für die Anordnung nach Absatz 3. Diese ist im Hinblick auf Artikel 14 GG und den Opferschutzgedanken erforderlich - und entspricht zudem dem Rechtsgedanken des § 980 BGB. Im Zusammenspiel mit§ 111e Abs. 3 und 4 Satz 1 StPO-E wird es somit den Verletzten in hinreichender Weise ermöglicht ihre Rechte geltend zu machen. Dem Betroffenen ist die Anordnung ohnehin mitzuteilen was regelmäßig im Zusammenhang mit der Urteilsverkündung geschehen wird.

Hinsichtlich der Verlängerung der Sicherungsmaßnahme nach Absatz 1 ergibt sich die Notwendigkeit einer - einfachen - Bekanntmachung bereits aus § 35 StPO.

Zu Absatz 5

Nach Absatz 5 erfolgt der Auffangrechtserwerb des Staates nach Ablauf der in Absatz 3 genannten Frist von Gesetzes wegen. Er greift nicht ein, soweit der Verletzte auf das gesicherte Vermögen vor Ablauf der Frist zugegriffen hat (Satz 1 Nr. 1), der Betroffene nachweist, dass der Verletzte zwischenzeitlich aus anderweitigem Vermögen befriedigt worden ist (Satz 1 Nr. 2), oder Gegenstände nach § 111k StPO herausgegeben oder hinterlegt worden sind(Satz 1 Nr. 3). Dies gilt auch, wenn der Verletzte noch während des Fristlaufes berechtigte Herausgabeansprüche nach § 111k StPO erhoben hatte (Satz 1 Nr. 4). Die in Satz 1 Nr. 1 alternativ zur Zwangsvollstreckung vorgesehene Möglichkeit der Arrestvollziehung durch den Verletzten stellt sicher, dass auch derjenige Verletzte, der innerhalb der Dreijahresfrist keinen vollstreckbaren zivilrechtlichen Titel in der Hauptsache erlangen konnte, seine Ansprüche sichern kann. Denn bei drohendem Ablauf der Dreijahresfrist werden regelmäßig die Voraussetzungen für den Erlass eines zivilprozessualen Arrestes vorliegen: Aufgrund des Strafurteils nach Absatz 2 wird dem Verletzten die Glaubhaftmachung des Arrestanspruchs ohne weiteres möglich sein. Der Arrestgrund ergibt sich aus dem bevorstehenden Ablauf der Dreijahresfrist und dem daraus drohenden Verlust der privilegierten Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten.

Bei den nach § 111c StPO beschlagnahmten Gegenständen vollzieht sich der Auffangrechtserwerb des Staates dadurch, dass diese Gegenstände nach Satz 1 in entsprechender Anwendung des § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB mit Ablauf der in Absatz 3 genannten Frist kraft Gesetzes an den Staat fallen. Der Staat wird also beispielsweise Eigentümer einer beschlagnahmten Sache oder Inhaber einer beschlagnahmten Forderung. Die Formulierung "entsprechend § 73e des Strafgesetzbuchs" dient der Klarstellung, dass es sich bei "dem von der Anordnung Betroffenen" regelmäßig um den Verletzten handeln wird, also der Übergang von Rechten des Verletzten und nicht des Verurteilten betroffen ist. Ein Rechtsverlust des Verurteilten wird nur in den eher seltenen Fällen in Betracht kommen, dass er Eigentum an der durch die Straftat erlangten Sache erworben hat. Rechte sonstiger Dritter an dem Gegenstand (wie z.B. Eigentumsrechte oder bereits vor der Beschlagnahme begründete Pfandrechte) bleiben aufgrund der Verweisung auf § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB grundsätzlich bestehen. Hiervon ausgenommen sind solche Rechte, die erst nach der Beschlagnahme begründet wurden und den Rechtsübergang auf den Staat vereiteln würden. Denn durch die Beschlagnahme wurde ein relatives Veräußerungsverbot zugunsten des Staates begründet (vgl. § 111c Abs. 5 StPO in Verbindung mit § 136 BGB).

Satz 1 Nr. 3 gewährleistet die fortwährende Anwendbarkeit des § 111k StPO. Dies vermeidet einen sonst auftretenden Wertungswiderspruch zwischen den Regelungen des § 111k StPO und § 111i StPO-E innerhalb des Rechts der Rückgewinnungshilfe. Indem bis zum Ablauf der Drei-Jahres-Frist diese erleichterte Möglichkeit zur Herausgabe beweglicher Sachen an den Verletzten zu beachten ist, wird den Opferbelangen Rechnung getragen. Diesem Ziel dient auch die Regelung in Satz 1 Nr. 4. Danach hat der Verletzte seine Rechte auch dann gewahrt wenn er einen nach § 111k StPO berechtigten Anspruch auf Herausgabe noch vor Ablauf der Frist geltend gemacht hat. Daraus, dass möglicherweise erst nach Fristablauf über sein Begehren entschieden wird, sollen ihm keine Nachteile erwachsen. Dies kann etwa in Fällen relevant werden, in denen es der Verletzte - unter der Voraussetzung seiner offenkundigen Berechtigung ( § 111k StPO) - nicht geschafft hat, zu vollstrecken oder einen zivilrechtlichen Titel zu erlangen. Mit Satz 1 Nr. 4 wird somit insbesondere ausgeschlossen, dass sich der Staat sehenden Auges Vermögensbestandteile bekannter Verletzter, die rechtzeitig Herausgabeansprüche nach § 111k StPO geltend gemacht haben, aneignet.

Außerdem werden bei Ablauf der Frist hinterlegte Gegenstände von dem Auffangrechtserwerb ausgenommen. Das Gericht wird damit ausdrücklich in die Lage versetzt, in strittigen Einzelfällen, in denen behauptete Rechte Dritter (z.B. mehrerer Verletzter, Gläubiger von Verletzten oder sonstiger Dritter) in Rede stehen, flexibel zu reagieren, ohne zu einer zivilrechtlichen Entscheidung gezwungen zu sein.

Soweit Ansprüche des Verletzten durch die Arrestvollziehung ( § 111d StPO) gesichert wurden, erfolgt der Auffangrechtserwerb, indem kraft Gesetzes ein Zahlungsanspruch des Staates in Höhe des nach Absatz 2 im Urteil festgestellten Betrages - abzüglich der noch nach Urteilsverkündung erfolgten Zwangsvollstreckung oder nachweislichen Befriedigung des Verletzten - entsteht.

Nach Satz 2 kann der Staat das durch die Arrestvollziehung begründete Pfandrecht verwerten.

Der erzielte Erlös sowie hinterlegtes Geld fallen damit dem Staat zu (Satz 3). Da die Verwertung somit zugunsten des Staates und nicht zugunsten des Verletzten erfolgt, erlöschen die Ansprüche des Verletzten gegen den Verurteilten hierdurch nicht. Die Verletzten können daher auch nach dem Auffangrechtserwerb des Staates weiterhin nach Maßgabe des Zivilrechts ihre Ansprüche verfolgen. Vor einer doppelten Inanspruchnahme durch den Verletzten einerseits und den Auffangrechtserwerb des Staates andererseits wird der Betroffene nach Maßgabe der Regelung in Absatz 7 Satz 2 bewahrt.

Zu Absatz 6

Aus Gründen der Rechtssicherheit bedarf es nach Ablauf der in Absatz 3 genannten Frist eines Gerichtsbeschlusses, der über den Eintritt und den Umfang des staatlichen Auffangrechtserwerbs befindet. Dieser Gerichtsbeschluss dient als Grundlage der nachfolgenden Verwertung. Das Gericht des ersten Rechtszuges hat den Eintritt und Umfang des staatlichen Rechtserwerbs festzustellen. Der Verweis auf Absatz 5 Satz 1 unterstreicht die deklaratorische Natur des Beschlusses. Hinsichtlich der Feststellung des Umfangs des staatlichen Rechtserwerbs kann sich das Gericht auf die nach Absatz 3 bezeichneten Gegenstände beziehen.

Außerdem ist die Höhe des noch verbleibenden Anspruchs im Beschluss anzugeben.

Da es sich um die Feststellung einer materiellen Berechtigung handelt, ist es erforderlich, das Verfahren mit rechtsstaatlichen Garantien auszustatten. Deshalb sind im Rahmen des sich nach der Strafprozeßordnung richtenden Verfahrens die Anhörung der Betroffenen (Satz 2) und das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (Satz 3) vorgesehen. Mit der Bestandskraft des Beschlusses besteht ein rechtskräftiger Vollstreckungstitel des Staates.

Nach der Rechtskraft ist die weitere, nach Absatz 4 angeordnete Veröffentlichung der Anordnung nach Absatz 3 nicht mehr erforderlich. Die durch die Verwendung der Informationstechnologie des elektronischen Bundesanzeigers betroffenen datenschutzrechtlichen Belange gebieten hier eine Löschung dieser Veröffentlichung. Satz 4 sieht demzufolge vor, dass das Gericht mit der Feststellung der Rechtskraft die Löschung zu veranlassen hat.

Zu Absatz 7

Mit der Regelung in Absatz 7 wird ein Ausgleichsanspruch des Betroffenen gegen den Staat für solche Fälle geschaffen, in denen der Verurteilte oder sonst Betroffene den Verletzten erst nach Ablauf der Frist nach Absatz 3 befriedigt hat. Hierdurch wird vermieden, dass der Betroffene doppelt in Anspruch genommen wird und die Sicherstellung in Verbindung mit dem staatlichen Auffangrechtserwerb ggf. den Charakter einer Strafmaßnahme gewinnt. Der Ausgleichsanspruch des Betroffenen gegen den Staat ist allerdings auf die Höhe des dem Staat tatsächlich nach Absatz 5 zu gefallenen Vermögens beschränkt. Außerdem kommt

Von der Schaffung eines direkten Ausgleichsanspruchs des Geschädigten gegen den Staat in diesen Fällen wurde abgesehen, weil der Opferschutz eine derart weitreichende Privilegierung nicht gebietet. Außerdem dürfte das praktische Bedürfnis für eine derartige Vorschrift in Anbetracht der vorgesehenen Mitteilungspflichten und der Dauer bis zum Eintritt des Auffangrechtserwerbs gering sein.

Zu Absatz 8

Diese Regelung erstreckt die Anwendbarkeit des Auffangrechtserwerbs auf die Fälle des selbständigen Verfahrens, um zugunsten des Opferschutzes und der Gleichbehandlung ein lückenloses Eingreifen dieses neu geschaffenen Instrumentariums zu gewährleisten.

Hat sich der Beschuldigte dem Verfahren entzogen, wird zunächst die Sicherstellung aufrechterhalten bleiben mit der Folge, dass sich die Verletzten aus dem nach § 111b StPO gesicherten Vermögen befriedigen können. Werden die sichergestellten Werte durch deren Zugriff nicht erschöpft, wäre ein staatlicher Auffangrechtserwerb ohne die Regelung in Absatz 8 nicht möglich, weil ein subjektives Verfahren wegen der Unerreichbarkeit des Beschuldigten nicht durchgeführt, mithin § 111i StPO-E nicht angewendet werden könnte und dem Übergang in das objektive Verfahren nach § 76a Abs. 1 StGB die Regelung in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstünde. Für eine derartige Privilegierung des unerreichbaren Täters besteht aber kein Grund. § 111i Abs. 8 StPO-E erklärt deshalb das Verfahren nach § 111i Abs. 2 bis 7 StPO-E für entsprechend anwendbar. An die Stelle des Urteils tritt dabei die Beschlussentscheidung nach § 441 Abs. 2 StPO, es sei denn, es wird aufgrund eines entsprechenden Antrags nach § 441 Abs. 3 StPO verfahren. Die Regelung eröffnet zugleich der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, ihren Antrag nach § 442 Abs. 1 i. V. m. § 440 Abs. 1 StPO unmittelbar auf eine Anordnung nach § 111i Abs. 2 und 3 StPO-E zu richten, um hierdurch ein auf den staatlichen Auffangrechtserwerb nach § 111i StPO-E zielendes Verfahren in Gang zu setzen.

Im Hinblick auf die Rechte des Betroffenen begründet die Anwendbarkeit des Verfahrens zum staatlichen Auffangrechtserwerb keinen grundlegenden Unterschied zum jetzigen objektiven Verfallsverfahren nach § 76a StGB. So kommt dieses Verfahren nach § 76a Abs. 1 StGB zur Anwendung, wenn entweder ein bestimmter Tatbeteiligter nicht festgestellt werden kann oder der Täter zwar bekannt ist, aber aus tatsächlichen Gründen, etwa wegen Unerreichbarkeit, nicht verurteilt werden kann (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 76a Rn. 5).

Hierin liegt - ebenso wie bei der Sicherungseinziehung im selbständigen Verfahren (vgl. hierzu Brandenburgisches VerfG, NStZ 1997, 93) - auch keine Verletzung der Unschuldsvermutung.

Der Verfall ist keine Strafe und stellt auch keine strafähnliche Maßnahme dar, sondern ist eine Maßnahme eigener Art (vgl. BGH, NJW 2002, 3339 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat dem erweiterten Verfall nach § 73d StGB eine präventivordnende und keine repressive Funktion beigemessen (Beschluss vom 14. Januar 2004, 2 BvR 564/95, Rn. 60 ff.).

Für Maßnahmen nach § 73 und § 73a StGB kann nichts anderes gelten. Zwar ist die straf37 rechtliche Wertung im Rahmen der Prüfung inzident von Bedeutung. Da eine Verfallsanordnung sich aber auch gegen einen ohne Schuld Handelnden oder gegen einen unbeteiligten schuldlosen Dritten richten kann, stellt das Gericht hier nicht die strafrechtliche Schuld oder Nichtschuld eines bestimmten Beschuldigten fest, sondern entscheidet allein über die Anordnung des Verfalls und das Vorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen.

Zu Nummer 7 (§ 111k StPO-E)

zu Satz 1

Die Änderungen in Satz 1 sind rein redaktioneller Art.

zu Satz 2 und 3

Mit dem neuen Satz 3 wird klargestellt, dass die Staatsanwaltschaft bei Zweifeln über das Bestehen von Rechten des Verletzten das Gericht anrufen kann, und zwar unabhängig davon, ob die Beschlagnahme durch das Gericht angeordnet wurde oder nicht. Stehen Ansprüche Dritter entgegen oder ist dies zweifelhaft, ist die Sache indessen wie bisher zu hinterlegen.

Ob die Sache für Zwecke des Strafverfahrens noch benötigt wird, entscheidet die Staatsanwaltschaft hingegen selbst, nach Erhebung der öffentlichen Klage bis zur Rechtskraft das Gericht. Durch die im neuen Satz 2 vorgesehene Anwendung des § 111f Abs. 5 StPO-E wird klargestellt, dass auch gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft über die Herausgabe von Gegenständen an den Verletzten der strafprozessuale Rechtsweg eröffnet ist.

Zu Nummer 8 (§ 111l StPO-E)
Zu Absatz 1

Einer Forderung der Praxis folgend erstreckt die Neuregelung die Möglichkeiten der Notveräußerung über körperliche Gegenstände hinaus auch auf sonstige Vermögenswerte. Dies ermöglicht z.B. eine zeitnahe Reaktion bei drohenden Wertverlusten sichergestellter Aktiendepots.

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Schutzwürdigkeit unterscheidet die Vorschrift ferner zwischen Notveräußerungen vor und nach Eintritt der Rechtskraft. Satz 2 - neu - knüpft die Voraussetzungen für die Notveräußerung von Vermögenswerten, die aufgrund eines Arrestes gesichert werden und der Rückgewinnungshilfe unterliegen, nach Rechtskraft des Urteils allein an Zweckmäßigkeitserwägungen. Diese Erleichterung ist dadurch legitimiert, dass aufgrund des rechtskräftigen Urteils in Verbindung mit dem Beschluss nach § 111i Abs. 2 StPO-E endgültig feststeht, dass diese Gegenstände grundsätzlich der Sicherung der Verletztenansprüche dienen und unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO-E dem Staat anheim fallen werden. Ab Rechtskraft des Urteils besteht daher nur noch eine geringe Schutzwürdigkeit des Verurteilten. Satz 2 schafft so eine für die Praxis notwendige Erleichterung, die als Korrelat zu der sich aus dem Verfahren des Auffangrechtserwerbs ergebenden Mehrbelastung anzusehen ist. Da die Rechte des Verurteilten nicht mehr entgegenstehen, bedarf es nur noch eines Ausgleiches im Verhältnis zu den Interessen des Verletzten.

Dieser ist hinsichtlich der durch dinglichen Arrest gesicherten "Wertersatzansprüche" hauptsächlich an einer effektiven Wahrnehmung der Verwaltung und Verwertung der gesicherten Vermögenswerte interessiert, denn das Interesse des Verletzten kann hier nur auf die Zahlung eines Geldbetrages, der dem Wert des aus der Straftat Erlangten entspricht, gerichtet sein. Seinen Belangen wird durch die vorgesehene Zweckmäßigkeitsklausel Rechnung getragen. Die Notveräußerung hat nach pflichtgemäßen Ermessen zu erfolgen. Die aus allgemeinem Vermögen sichergestellten Gegenstände können somit möglichst effektiv verwertet werden. Zugleich mindert der damit verbundene weite Handlungsspielraum Haftungsrisiken der Staatsanwaltschaften und ermöglicht eine flexible Handhabung.

Bei der unmittelbaren Tatbeute, also den nach § 111c beschlagnahmten Sachen, wird das Interesse des Geschädigten hingegen oftmals auf eine gegenständliche Rückgabe gerichtet sein. Für die Notveräußerung nach § 111c StPO beschlagnahmter Gegenstände gelten deshalb schon im Hinblick auf Artikel 14 GG auch nach Rechtskraft des Urteils die Voraussetzungen des Satzes 1. Eine Notveräußerung kann hier somit nur unter den einschränkenden Voraussetzungen in Betracht kommen, die bereits während des noch laufenden Strafverfahrens gelten(§ 111l Abs. 1 Satz 1 StPO: drohender Verderb, Wertminderung etc.).

Eine in einigen Stellungnahmen zum Diskussionsentwurf erwogene Regelung für den Einsatz externer Verwalter enthält der Entwurf nicht. Zunächst besteht Unklarheit darüber, für welche Tätigkeiten externe Verwalter konkret Verwendung finden sollen, zumal die Übergänge zur Wahrnehmung originär staatsanwaltschaftlicher Aufgaben fließend sein dürften.

Die tatsächlichen Möglichkeiten zur Delegation in der Praxis sollten deshalb nicht überschätzt werden. Da der ermittelnde Staatsanwalt zeitnah über alle relevanten Informationen verfügen muss, würde die Beauftragung externer Verwalter zudem die Gefahr von Reibungsverlusten durch ein unterschiedliches Informationsniveau und zusätzlichen Abstimmungsaufwand begründen. Eine Lösung der Probleme, wer für die Bestellung derartiger Verwalter zuständig sein soll sowie nach welchen Kriterien, unter wessen Mitwirkung und in welcher Rechtsform dies zu geschehen hat, ist nicht absehbar. Dies gilt auch für die Fragen, in welcher Weise eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung überwacht und nach welchen Maßstäben der Verwalter vergütet werden soll. Hinzu kommen ungelöste Haftungsfragen und die mit der Einschaltung Dritter verbundenen allgemeinen Risiken für das Ermittlungsverfahren.

Schließlich dürfte allenfalls eine "Kann"-Regelung in Betracht kommen. Mit dieser wäre im Verhältnis zur jetzigen Rechtslage in der Praxis aber voraussichtlich kein wesentlicher Mehrwert erzielt, weil die Staatsanwaltschaft gegen den erklärten Willen anderer Beteiligter kaum einen Verwalter bestellen würde. Vorzugswürdig erscheinen praktikable Lösungen auf freiwilliger Basis, z.B. die Zusammenarbeit mit Anwälten, die Gruppen von Geschädigten vertreten was bereits im Rahmen des geltenden Rechts möglich ist.

Zu Absatz 2

Die Ergänzung dient einer klaren Zuständigkeitsregelung.

Zu Absatz 5

Nach § 825 ZPO kann grundsätzlich nur die Zwangsversteigerung durch eine andere Person als den Gerichtsvollzieher oder die Verwertung durch den Gerichtsvollzieher auf andere Weise als durch Zwangsvollstreckung angeordnet werden. Absatz 5 Satz 4 - neu - versetzt die Strafverfolgungsbehörden künftig in die Lage, die Veräußerung nach pflichtgemäßem Ermessen auch durch freihändigen Verkauf durch gewerbliche Verwerter anzuordnen, wenn dies auf Grund sachlicher Gründe zweckmäßig erscheint.

Zu Absatz 6

Durch die Ergänzung wird der Rechtsweg gegen die nach der Rechtskraft nach Absatz 2 zu treffenden Anordnungen klargestellt.

Zu Nummern 9 bis 12 (§§ 291, 292, 293 und 371 StPO-E)

Es handelt sich um Folgeänderungen aufgrund der Entscheidung in § 111e Abs. 4 StPO-E, für Bekanntmachungen in Strafverfahren den elektronischen Bundesanzeiger zu nutzen.

Zu Nummer 13 (§ 409 StPO-E)

Mit der Ergänzung in Absatz 1 Satz 3 wird sichergestellt, dass die in § 111i Abs. 2 StPO-E vorgesehenen Feststellungen als Grundlage für den sich ggf. anschließenden Auffangrechtserwerb des Staates auch im Strafbefehlsverfahren möglich sind mit der Folge, dass das weitere Verfahren nach § 111i Abs. 3 ff. StPO-E eingreift.

Zu Artikel 2 (Änderung des Strafgesetzbuchs)

Die vorgeschlagene Ausdehnung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auf § 73d StGB beruht auf dem Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts aus dessen Beschluss vom 14. Januar 2004 (2 BvR 564/94, Rn. 109) und stellt zugleich eine bereits bei Einführung des erweiterten Verfalls in Aussicht gestellte systematische Bereinigung dar (vgl. BT-Drs. 011/6623, S.7). Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung Zweifel daran angemeldet, ob die Rechte Tatgeschädigter beim erweiterten Verfall noch hinreichend gewahrt seien, nachdem die Vorschrift über ihren ursprünglichen Anwendungsbereich hinaus mittlerweile auch bei einer Reihe von Vermögensdelikten Anwendung finde und daher die Beeinträchtigung von Ersatzansprüchen Tatverletzter wahrscheinlicher geworden sei.

In der Tat hat sich der Anwendungsbereich des § 73d StGB in den letzten Jahren deutlich verändert. Während bei der ursprünglichen, auf bestimmte Betäubungsmitteldelikte als Anlasstaten und damit einen bestimmten Täterkreis beschränkten Konzeption das Bestehen von Verletztenansprüchen in der Regel ausgeschlossen werden konnte, kann dies jedenfalls in den Fällen, in denen es sich bei der abgeurteilten Tat um eine Vermögensstraftat handelt, kaum mehr angenommen werden. Damit erscheint es auch nicht mehr angemessen, die Beachtung von Verletztenansprüchen allein der Anwendung der Härtefallregelung des § 73c StGB zu überlassen. Vielmehr soll entsprechend den Bedenken des Bundesverfassungsgerichts auch bei § 73d StGB den Ersatzansprüchen der Tatopfer der Vorrang gegenüber dem staatlichen Verfallsanspruch eingeräumt werden.

Dieser Ansatz führt aufgrund der Einführung des Auffangrechtserwerbs zu keinen kriminalpolitisch bedenklichen Lücken, sondern fügt sich in die Gesamtkonzeption der Neuregelung ein. Unterbleibt die Anordnung des erweiterten Verfalls wegen bestehender Opferansprüche, so kann in Zukunft auch insoweit der Weg des § 111i StPO-E beschritten werden, um sicherzustellen, dass die Erträge nicht - ohne Befriedigung des Verletzten - an den Täter herausgegeben werden müssen.

Im Übrigen stellt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sicher dass dieser Ausschlussgrund nicht die weitgehende Unanwendbarkeit des § 73d StGB zur Folge hat. Nach dieser Rechtsprechung ist nämlich in Zweifelsfällen über das Bestehen von Verletztenansprüchen § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht anzuwenden, die Verfallsanordnung also nicht gehindert (BGH, Urteil vom 5. Mai 2004, 5 StR 139/03, wistra 2004, 391, 393). Dementsprechend können auch in Zukunft die Gelder, die etwa bei einem wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Verurteilten sichergestellt wurden, für verfallen erklärt werden, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass diese aus weiteren Straftaten stammen und keine Anhaltspunkte darauf schließen lassen, dass es sich hierbei nicht ebenfalls um Betäubungsmitteldelikte, sondern um (Vermögens-) Straftaten handelt, die Ersatzansprüche Tatverletzter begründet haben (vgl. insoweit auch schon BGH, Beschluss vom22. November 1994, 4 StR 516/94, NJW 1995, 470 a. E.).

Durch die außerdem in § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB-E eröffnete entsprechende Anwendbarkeit des § 73b StGB soll klargestellt werden, dass die Höhe von Ansprüchen Geschädigter auch geschätzt werden kann (die in § 73d Abs. 2 StGB bereits angeordnete Anwendbarkeit des § 73b StGB bezieht sich allein auf den Wert des ursprünglich dem erweiterten Verfall unterliegenden Gegenstands, BT-Drs. 011/6623, S. 9).

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Artikel 3 regelt das Inkrafttreten.

Einer Übergangsregelung bedarf es nicht, weil hinsichtlich § 73d StGB-E und den sich aus § 111i Abs. 2 bis 8 StPO-E ergebenden möglichen Belastungen für den Verurteilten § 2 StGB anwendbar ist und es sich ansonsten um Änderungen des Verfahrensrechts handelt.