umwelt-online: JVollzGB - Justizvollzugsgesetzbuch - Baden-Württemberg (2)

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Buch 3 12 22b
Strafvollzug
(JVollzGB III)

Abschnitt 1
Grundsätze

§ 1 Vollzugsziel 12

Im Vollzug der Freiheitsstrafe sollen die Gefangenen fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.

§ 2 Behandlungsgrundsätze 22b

(1) Die Gefangenen sind unter Achtung ihrer Grund- und Menschenrechte zu behandeln. Niemand darf unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.

(2) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden.

(3) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken. Die Gefangenen sind vor Übergriffen zu schützen.

(4) Der Vollzug ist darauf auszurichten, dass er den Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.

(5) Zur Erreichung des Vollzugsziels sollen die Einsicht in die dem Opfer zugefügten Tatfolgen geweckt und geeignete Maßnahmen zum Ausgleich angestrebt werden.

(6) Bei der Gestaltung des Vollzugs und bei allen Einzelmaßnahmen werden die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Gefangenen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Glauben, Behinderung und sexuelle Identität, berücksichtigt.

§ 3 Stellung der Gefangenen

(1) Die Gefangenen wirken an ihrer Behandlung und an der Erreichung des Vollzugsziels mit. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

(2) Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen den Gefangenen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Justizvollzugsanstalt unerlässlich sind.

Abschnitt 2 22b
Aufnahme, Vollzugsplanung und Verlegung

§ 4 Aufnahme und Behandlungsuntersuchung

(1) Bei der Aufnahme werden die Gefangenen über ihre Rechte und Pflichten in einer für sie verständlichen Form unterrichtet. Nach der Aufnahme werden sie alsbald ärztlich untersucht und der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter oder den von diesen beauftragten Bediensteten vorgestellt. Beim Aufnahmeverfahren und bei der ärztlichen Untersuchung dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein; Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der oder des Gefangenen.

(2) Nach der Aufnahme werden die Umstände erhoben, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung der Gefangenen im Vollzug und für die Eingliederung nach der Entlassung erforderlich sind. Hiervon kann abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Vollzugsdauer nicht geboten erscheint. Es ist zu prüfen, ob eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung oder andere therapeutische Maßnahmen angezeigt sind.

§ 5 Vollzugsplan

(1) Auf Grund der Behandlungsuntersuchung wird ein Vollzugsplan erstellt.

(2) Der Vollzugsplan enthält mindestens Angaben über

  1. die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug,
  2. die Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung,
  3. die Zuweisung zu Wohngruppen und Behandlungsgruppen,
  4. den Arbeitseinsatz, Maßnahmen der schulischen Bildung und der beruflichen Aus- oder Weiterbildung,
  5. die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung,
  6. besondere Hilfs- und Behandlungsmaßnahmen,
  7. vollzugsöffnende Maßnahmen sowie
  8. Entlassungsvorbereitung und Nachsorge.

(3) Die Vollzugsplanung wird mit der oder dem Gefangenen erörtert. Ihnen wird Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme in der Vollzugsplankonferenz abzugeben.

(4) Der Vollzugsplan wird mit der Billigung durch die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter wirksam. Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass der Vollzugsplan in bestimmten Fällen erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.

(5) Der Vollzugsplan ist in regelmäßigen Abständen auf seine Umsetzung hin zu überprüfen und mit der Entwicklung der oder des Gefangenen sowie weiteren für die Behandlung bedeutsamen Erkenntnissen in Einklang zu halten. Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fristen vorzusehen. Die Fortschreibung des Vollzugsplans wird mit den Gefangenen erörtert.

§ 6 Verlegung, Überstellung und Ausantwortung 22b

(1) Gefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Justizvollzugsanstalt überstellt oder verlegt werden,

  1. wenn ihre Behandlung oder Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird,
  2. aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt, insbesondere, wenn in erhöhtem Maß Fluchtgefahr besteht,
  3. zur besseren Behandlung einer Erkrankung oder zur besseren Versorgung bei Pflege- oder Hilfebedarf, insbesondere in einem Justizvollzugskrankenhaus oder in einer Krankenabteilung einer sonstigen Justizvollzugsanstalt,
  4. zur Prüfung ihrer Eignung für die Behandlung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung,
  5. zur Durchführung einer kriminalprognostischen Begutachtung,
  6. aus Gründen der Vollzugsorganisation oder
  7. wenn dies aus sonstigen wichtigen Gründen erforderlich ist.

§ 8 Absatz 1 und 3 bleibt unberührt.

(2) In begründeten Fällen ist das befristete Überlassen von Gefangenen in den Gewahrsam einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde zulässig. Die Justizvollzugsanstalt kann zur Durchführung der Ausantwortung Anordnungen treffen.

§ 7 Offener und geschlossener Vollzug

(1) Gefangene sollen in einer Justizvollzugsanstalt oder Abteilung des offenen Vollzugs untergebracht werden, wenn sie den besonderen Anforderungen des offenen Vollzugs genügen und insbesondere nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zu Straftaten missbrauchen werden.

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