umwelt-online: PolG - Polizeigesetz Sachsen (2)
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Abschnitt 3
Datenverarbeitung des Polizeivollzugsdienstes

Unterabschnitt 1
Allgemeines

§ 35 Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen 11

(1) Auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Polizeivollzugsdienst zur Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist das Gesetz zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Datenschutzgesetz - SächsDSG) vom 25. August 2003 (SächsGVBl. S. 330), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 8. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 940, 941), anzuwenden, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Regelungen trifft

(2) Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. Verbrechen,
  2. Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie
    1. sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen richten,
    2. auf den Gebieten des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung, der Vorteilsannahme oder -gewährung, der Bestechlichkeit oder Bestechung (§ § 331 bis 335 StGB) oder des Staatsschutzes (§ § 74a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes) begangen werden,
    3. gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen werden.

(3) Kontakt- und Begleitpersonen sind Personen, die mit anderen Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, in näherer persönlicher oder geschäftlicher Beziehung stehen oder zu ihnen über einen längeren Zeitraum eine Verbindung unterhalten oder eine Verbindung unter konspirativen Umständen hergestellt haben oder pflegen

Unterabschnitt 2
Erhebung von Daten

§ 36 Grundregeln der Erhebung von Daten 11 11

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten erheben, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der ihm durch dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben erforderlich ist.

(2) Personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, sind beim Betroffenen mit seiner Kenntnis zu erheben. Dabei ist ihm auf Verlangen der Erhebungszweck mitzuteilen, soweit dadurch nicht die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet wird. Werden die Daten aufgrund einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, so ist der Betroffene hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen. Über die Folgen der Verweigerung von Angaben ist der Betroffene aufzuklären.

(3) Bei Dritten können personenbezogene Daten nur erhoben werden, wenn

  1. eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt,
  2. der Betroffene eingewilligt hat,
  3. offensichtlich ist, dass dies im Interesse des Betroffenen liegt, dieser nicht erreichbar ist und kein
  4. Grund zu der Annahme besteht, dass er seine Einwilligung hierzu verweigern würde,
  5. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift festgelegten Auskunftspflicht nicht nachgekommen und über die beabsichtigte Erhebung bei Dritten unterrichtet worden ist,
  6. Angaben des Betroffenen überprüft werden müssen, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen,
  7. es zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person erforderlich ist,
  8. die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte vorliegen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen oder
  9. die Erhebung beim Betroffenen die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährden würde.

(4) Werden personenbezogene Daten bei einem Dritten außerhalb des öffentlichen Bereichs erhoben, ist dieser über eine Auskunftspflicht oder die Freiwilligkeit der Auskunft und die Folgen der Verweigerung von Angaben zu unterrichten. Die Unterrichtung kann im Einzelfall unterbleiben, wenn sie wegen besonderer Umstände offensichtlich unangemessen ist oder wenn hierdurch die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet oder die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden.

(5) Personenbezogene Daten sind grundsätzlich offen zu erheben. Eine Datenerhebung, die nicht als polizeiliche Maßnahme erkennbar sein soll (verdeckte Datenerhebung), ist nur zulässig, wenn sonst die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgabe gefährdet oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich oder wenn anzunehmen ist, dass dies den überwiegenden Interessen des Betroffenen entspricht. Die verdeckte Datenerhebung ist unzulässig, soweit eine Auskunftspflicht nach § 18 Abs. 6 Satz 4 nicht besteht. Ein Eingriff in andere geschützte Vertrauensverhältnisse ist nur zulässig, sofern er zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben oder Freiheit einer Person oder einer gegenwärtigen erheblichen Gesundheitsgefahr zwingend erforderlich ist. Die allgemeine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit im öffentlichen Dienst begründet kein geschütztes Vertrauensverhältnis.

Unterabschnitt 2
Erhebung von Daten

§ 37 Erhebung von Daten bei öffentlichen Veranstaltungen, Ansammlungen und besonders gefährdeten Objekten 11 11 12 13

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Sächsischen Versammlungsgesetz unterliegen, personenbezogene Daten, auch durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen, von den Personen erheben, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten begehen werden oder dass von ihnen sonstige erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Die Erhebung darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(1a) Der Polizeivollzugsdienst kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen unter freiem Himmel, die nicht dem Sächsischen Versammlungsgesetz unterliegen, Übersichtsbildübertragungen nur offen und nur dann anfertigen, wenn und soweit dies wegen der Größe der Veranstaltung oder Ansammlung oder der Unübersichtlichkeit der Lage zur Lenkung und Leitung eines Polizeieinsatzes im Einzelfall erforderlich ist. Eine Identifikation von Personen oder Aufzeichnung der Übertragung findet hierbei nicht statt.

(2) Der Polizeivollzugsdienst kann an den in § 19 Abs. 1 Nr. 2 genannten Orten und in den in § 19 Abs. 1 Nr. 3 genannten Objekten oder in deren unmittelbarer Nähe personenbezogene Daten durch Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen von Personen erheben, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass an Orten dieser Art oder an oder in Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen, Sach- oder Vermögenswerte gefährdet werden. Die Erhebung kann auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 angefertigten Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen und daraus gefertigte Unterlagen sind spätestens nach zwei Monaten zu löschen oder zu vernichten, soweit diese nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 zum Schutz privater Rechte, insbesondere zur Behebung einer bestehenden Beweisnot, erforderlich sind; § 43 Abs. 6 bleibt unberührt.

§ 38 Längerfristige Observation, Bild- und Tonaufnahmen und -aufzeichnungen, Verdeckte Ermittler und polizeiliche Beobachtung 11 12a

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten erheben durch

  1. eine voraussichtlich innerhalb eines Monats länger als 24 Stunden dauernde oder über den Zeitraum eines Monats hinaus stattfindende Observation (längerfristige Observation),
  2. den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen außerhalb von Wohnungen sowie zum Abhören oder Aufzeichnen des außerhalb von Wohnungen nichtöffentlich gesprochenen Wortes,
  3. den Einsatz eines Polizeibediensteten, der unter einer ihm verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten Identität (Legende) ermittelt (Verdeckter Ermittler),
  4. die Ausschreibung einer Person und des von ihr benutzten Kraftfahrzeugs zur polizeilichen Beobachtung.

(2) Personenbezogene Daten dürfen durch Maßnahmen nach Absatz 1 nur erhoben werden

  1. über die für eine Gefahr Verantwortlichen und unter den Voraussetzungen des § 7 über Personen, die für die Gefahr nicht verantwortlich sind, wenn dies zur Abwehr einer im einzelnen Falle bestehenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für bedeutende Sach- oder Vermögenswerte erforderlich ist und wenn die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben auf andere Weise gefährdet oder erheblich erschwert würde,
  2. über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden,
  3. über Kontakt- und Begleitpersonen der in Nummer 2 genannten Personen; die Datenerhebung darf nur zur Gewinnung von Hinweisen bezüglich der angenommenen Straftaten erfolgen und muss zu deren Verhinderung zwingend erforderlich sein.

Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 kann der Polizeivollzugsdienst die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten in Akten oder Dateien speichern.

(3) § 41 Abs. 6 und 7 gilt entsprechend.

(4) Die Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 und 4 dürfen nur durch den Leiter des Landeskriminalamtes oder einer Polizeidirektion angeordnet werden; dieser kann die Anordnungsbefugnis auf einen Bediensteten der zuständigen Polizeidienststelle übertragen. Die Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 bedürfen der richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug kann die Maßnahme auch durch den Leiter des Landeskriminalamtes, der Landespolizeidirektion Zentrale Dienste oder einer Polizeidirektion angeordnet werden. Dessen Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht innerhalb von drei Tagen richterlich bestätigt wird; die Bestätigung ist unverzüglich zu beantragen. Wird der Antrag rechtskräftig abgelehnt, dürfen die zuvor erhobenen Daten nicht verwertet werden; sie sind unverzüglich zu löschen.

(5) Sofern das technische Mittel nach Absatz 1 Nr. 2 ausschließlich zum Schutz der bei einem Einsatz tätigen Personen eingesetzt wird, tritt die Anordnung durch eine der in Absatz 4 Satz 1 genannten Personen an die Stelle der richterlichen Anordnung. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist unter den Voraussetzungen des Absatzes 11 zulässig, wenn vor der Verwertung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt wurde; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Anordnung muss schriftlich begründet werden und ist zu befristen. Die Verlängerung der Maßnahme bedarf einer erneuten Anordnung.

(7) Soweit der Einsatz technischer Mittel nach Absatz 1 Nr. 2 richterlich angeordnet ist, können Gegenstände, insbesondere Fahrzeuge, zur Durchführung der Maßnahme vorübergehend in polizeiliche Obhut genommen, verändert oder an einen anderen Ort verbracht werden. § 26 Abs. 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.

(8) Die Betroffenen sind nach Abschluss der Maßnahme hierüber durch den Polizeivollzugsdienst unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person und ohne Gefährdung des Zwecks der Datenerhebung erfolgen kann. Ist wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden, ist die Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks des Ermittlungsverfahrens möglich ist. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 sind auch die Personen zu unterrichten, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung der Verdeckte Ermittler betreten hat. Erfolgt die Unterrichtung nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Unterrichtung der richterlichen Zustimmung. Entsprechendes gilt vorbehaltlich einer anderen richterlichen Entscheidung nach Ablauf von jeweils sechs weiteren Monaten. Eine Unterrichtung kann bei Betroffenen, gegen die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat, mit richterlicher Zustimmung auf Dauer unterbleiben, wenn

  1. überwiegende Interessen eines anderen Betroffenen entgegenstehen oder
  2. deren Identität oder Aufenthaltsort nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden kann.

(9) Die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten sind dergestalt zu kennzeichnen, dass jederzeit erkennbar bleibt, aus welchen Eingriffen sie stammen. Nach einer Übermittlung dieser Daten ist die Kennzeichnung durch die Empfänger aufrechtzuerhalten.

(10) Sind die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten zur Abwehr der Gefahr oder zur Verhinderung der angenommenen Straftaten und zu den in Absatz 11 genannten Zwecken nicht mehr erforderlich, sind sie unverzüglich zu löschen, es sei denn, sie werden zur Unterrichtung der Betroffenen oder für eine gerichtliche Überprüfung noch benötigt. Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen, die ausschließlich Personen betreffen, gegen die sich die Datenerhebungen nicht richten, sind unverzüglich zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich sind. Die Löschung ist zu dokumentieren. Soweit die Löschung zur Unterrichtung der Betroffenen und für eine gerichtliche Überprüfung zurückgestellt ist, sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur zu diesem Zweck verwendet werden. Im Falle der Unterrichtung der Betroffenen sind die Daten zu löschen, wenn ein Betroffener nicht innerhalb eines Monats nach seiner Unterrichtung einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung des Polizeivollzugsdienstes, eine richterliche Entscheidung oder die Art und Weise des Vollzugs eingelegt hat. Bei der Unterrichtung sind den Betroffenen die Entscheidungen des Polizeivollzugsdienstes und die richterlichen Entscheidungen bekannt zu geben und es ist auf die Frist nach Satz 5 hinzuweisen. Sofern ein Betroffener einen Rechtsbehelf eingelegt hat, sind die Daten nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu löschen.

(11) Die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten dürfen für andere Zwecke verwertet werden, wenn dies erforderlich ist

  1. zur Abwehr einer in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 genannten Gefahr oder zur Verhinderung von Straftaten von erheblicher Bedeutung oder
  2. zur Aufklärung einer Straftat oder zur Ermittlung des Aufenthalts des Beschuldigten einer Straftat, soweit die Daten nach der Strafprozessordnung mit den Mitteln hätten erhoben werden dürfen, mit denen sie zulässigerweise erhoben worden sind.

Die Zweckänderung ist zu dokumentieren.

(12) Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Buches 1 FamFG entsprechend. Für eine richterliche Anordnung oder Bestätigung ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme überwiegend durchgeführt werden soll; für die anderen richterlichen Entscheidungen ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme überwiegend durchgeführt wurde. Die Entscheidungen des Gerichts können ohne vorherige Anhörung der Betroffenen ergehen; sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Bekanntmachung an die Betroffenen. Gegen die Ablehnung der Zustimmung zu der Zurückstellung der Unterrichtung oder zu dem dauerhaften Unterbleiben der Unterrichtung findet die Beschwerde statt. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen; die Unterrichtung darf bis zur Rechtskraft der richterlichen Entscheidung vorläufig unterbleiben.

(13) Der Staatsminister des Innern erstattet dem Landtag jährlich Bericht über abgeschlossene Maßnahmen nach Absatz 1.

§ 39 Besondere Bestimmungen über den Einsatz Verdeckter Ermittler 11 11

(1) Soweit es für den Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Legende eines Verdeckten Ermittlers unerlässlich ist, können entsprechende Urkunden hergestellt, verändert und gebraucht werden. Ein Verdeckter Ermittler kann unter der Legende zur Erfüllung seines Auftrages am Rechtsverkehr teilnehmen.

(2) Ein Verdeckter Ermittler kann unter Verwendung seiner Legende eine Wohnung mit dem Einverständnis des Berechtigten betreten. Das Einverständnis darf nicht durch ein über die Benutzung der Legende hinausgehendes Vortäuschen eines Zutrittsrechts herbeigeführt werden. Im Übrigen richten sich die Befugnisse eines Verdeckten Ermittlers nach diesem Gesetz.

§ 40 Besondere Bestimmungen zur polizeilichen Beobachtung 11 11

(1) Beim Antreffen einer zur polizeilichen Beobachtung ausgeschriebenen Person oder des von ihr benutzten Kraftfahrzeugs können Erkenntnisse über das Antreffen sowie über gemeinsam mit der ausgeschriebenen Person angetroffene Personen oder Insassen des Kraftfahrzeugs sowie über mitgeführte Sachen an die ausschreibende Polizeidienststelle übermittelt werden. Daten über nicht zur polizeilichen Beobachtung ausgeschriebene Personen dürfen nur gespeichert werden, soweit es sich um Kontakt- und Begleitpersonen der in § 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 genannten Personen handelt. Diese Einschätzung ist aktenkundig zu machen.

(2) Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung kann für höchstens ein Jahr angeordnet werden. Eine Verlängerung um nicht mehr als jeweils ein Jahr ist zulässig, soweit die Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Spätestens nach Ablauf von jeweils sechs Monaten hat die ausschreibende Polizeidienststelle zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Ausschreibung noch bestehen. Das Ergebnis der Prüfung ist aktenkundig zu machen.

(3) Zur polizeilichen Beobachtung können auch solche Personen ausgeschrieben werden, die eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen haben, wenn die aufgrund von Tatsachen vorgenommene Gesamtwürdigung der Person erwarten lässt, dass diese auch künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird. Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung gemäß Satz 1 ist nur zulässig, solange nicht ein Verwertungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes besteht.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Ausschreibung nicht mehr vor, ist der Zweck der Ausschreibung erreicht oder kann er nicht erreicht werden, ist die Ausschreibung unverzüglich zu löschen.

§ 41 Einsatz technischer Mittel zur Datenerhebung in oder aus Wohnungen  11 12a

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen personenbezogene Daten über die für eine Gefahr Verantwortlichen und unter den Voraussetzungen des § 7 über Personen, die für die Gefahr nicht verantwortlich sind, erheben und aufzeichnen, wenn dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- oder Vermögenswerte erforderlich ist und wenn die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben auf andere Weise gefährdet oder erheblich erschwert werden würde. Die Maßnahme darf nur in oder aus Wohnungen der für die Gefahr Verantwortlichen und unter den Voraussetzungen des § 7 in oder aus Wohnungen von Personen, die für die Gefahr nicht verantwortlich sind, durchgeführt werden. Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) Der Polizeivollzugsdienst kann Wohnungen der für eine Gefahr Verantwortlichen und unter den Voraussetzungen des § 7 Wohnungen von Personen, die für die Gefahr nicht verantwortlich sind, betreten, wenn dies erforderlich ist, um die technischen Voraussetzungen für die Maßnahme zu schaffen.

(3) Die Maßnahme bedarf der richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug kann die Maßnahme auch durch den Leiter des Landeskriminalamtes oder einer Polizeidirektion angeordnet werden. Deren Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht unverzüglich, spätestens nach drei Tagen richterlich bestätigt wird; die Bestätigung ist unverzüglich zu beantragen. Wird der Antrag rechtskräftig abgelehnt, dürfen die zuvor erhobenen Daten nicht verwertet werden; sie sind unverzüglich zu löschen.

(4) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutz der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine der in Absatz 3 Satz 2 genannten Personen angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist unter den Voraussetzungen des Absatzes 11 zulässig, wenn vor der Verwertung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt wurde; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(5) In der Anordnung sind anzugeben:

  1. Name und Anschrift der Personen, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit bekannt,
  2. die zu überwachende Wohnung oder die zu überwachenden Wohnräume,
  3. Art, Dauer und Umfang der Maßnahme.

Die Anordnung einer Maßnahme ist schriftlich zu begründen und auf höchstens einen Monat zu befristen. Durch erneute Anordnung kann die Maßnahme jeweils um nicht mehr als einen Monat verlängert werden.

(6) Die Maßnahme ist unzulässig und hat zu unterbleiben, soweit tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass

  1. der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist oder
  2. in ein durch Berufsgeheimnisse geschütztes Vertrauensverhältnis im Sinne der § § 53 und 53a StPO eingegriffen wird.

Anhaltspunkte für eine Berührung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung können sich insbesondere aus der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und dem Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander ergeben. Gespräche über Gefahren im Sinne des § 3 Abs. 1 gehören nicht zu dem Kernbereich privater Lebensgestaltung. Betriebs- und Geschäftsräume sind in der Regel nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen.

(7) Die Erhebung, Aufzeichnung und Auswertung aufgezeichneter Daten sind unverzüglich und so lange wie erforderlich zu unterbrechen, soweit unerwartet Daten betroffen sind, bei denen eine Erhebung nach Absatz 6 unzulässig wäre. Solche Daten dürfen nicht verwertet werden; Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache der Erhebung und Aufzeichnung solcher Daten und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. Soweit ein Verwertungsverbot nach Satz 2 in Betracht kommt, hat der Polizeivollzugsdienst vor einer Verwertung der erlangten Erkenntnisse unverzüglich eine richterliche Entscheidung über deren Zulässigkeit herbeizuführen.

(8) Die Betroffenen sind von der Maßnahme zu unterrichten, sobald dies ohne Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person und ohne Gefährdung des Zwecks der Datenerhebung erfolgen kann. Ist wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden, ist die Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks des Ermittlungsverfahrens möglich ist. Erfolgt die Unterrichtung nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Unterrichtung der richterlichen Zustimmung. Entsprechendes gilt vorbehaltlich einer anderen richterlichen Entscheidung nach Ablauf von jeweils sechs weiteren Monaten. Eine Unterrichtung kann bei Betroffenen, gegen die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat, mit richterlicher Zustimmung auf Dauer unterbleiben, wenn

  1. überwiegende Interessen eines anderen Betroffenen entgegenstehen oder
  2. deren Identität oder Aufenthaltsort nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden kann.

(9) Die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten sind dergestalt zu kennzeichnen, dass jederzeit erkennbar bleibt, aus welchen Eingriffen sie stammen. Nach einer Übermittlung dieser Daten ist die Kennzeichnung durch die Empfänger aufrechtzuerhalten.

(10) Die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Abwehr der Gefahr und zu den in Absatz 11 genannten Zwecken nicht mehr erforderlich sind, es sei denn, sie werden zur Unterrichtung der Betroffenen oder für eine gerichtliche Überprüfung noch benötigt. Die Löschung ist zu dokumentieren. Soweit die Löschung zur Unterrichtung der Betroffenen und für eine gerichtliche Überprüfung zurückgestellt ist, sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur zu diesem Zweck verwendet werden. Im Fall der Unterrichtung der Betroffenen sind die Daten zu löschen, wenn ein Betroffener nicht innerhalb eines Monats nach seiner Unterrichtung einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung des Polizeivollzugsdienstes, eine richterliche Entscheidung oder die Art und Weise des Vollzugs eingelegt hat. Bei der Unterrichtung sind den Betroffenen die Entscheidungen des Polizeivollzugsdienstes und die richterlichen Entscheidungen bekannt zu geben und sie sind auf die Frist nach Satz 4 hinzuweisen. Sofern ein Betroffener einen Rechtsbehelf eingelegt hat, sind die Daten nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu löschen.

(11) Die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten dürfen für andere Zwecke verwertet werden, wenn dies erforderlich ist

  1. zur Abwehr einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Gefahr oder
  2. zur Aufklärung einer Straftat, aufgrund derer eine Maßnahme nach § 100c StPO angeordnet werden könnte, oder zur Ermittlung des Aufenthalts der einer solchen Straftat beschuldigten Person.

Die Zweckänderung ist zu dokumentieren.

(12) § 38 Abs. 12 und 13 gilt entsprechend.

§ 42 Erhebung von Telekommunikationsdaten 11 13

(1) Zur Abwehr einer im Einzelfall vorliegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darf der Polizeivollzugsdienst von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt (Diensteanbieter), Auskunft über die nach den § § 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S.1190), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154, 3200) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, erhobenen Daten verlangen ( § 113 Abs. 1 Satz 1 TKG). Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird ( § 113 Abs. 1 Satz 2 TKG), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die Endgeräte oder Speichereinrichtungen der Beschlagnahme unterliegen und tatsächliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass ohne den Zugriff auf gespeicherte Daten die Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates, das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer Person sowie wesentliche Vermögenswerte aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(2) Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden ( § 113 Abs. 1 Satz 3 TKG).

(3) Auskunftsverlangen nach Absatz 1 Satz 1 dürfen nur durch den Leiter des Landeskriminalamtes, einer Polizeidirektion oder des Präsidiums der Bereitschaftspolizei angeordnet werden; dieser kann die Anordnungsbefugnis auf einen Bediensteten der zuständigen Polizeidienststelle übertragen.

(4) Auskunftsverlangen nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 bedürfen der richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug kann die Maßnahme auch durch die in Absatz 3 genannten Personen angeordnet werden. Deren Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht innerhalb von drei Tagen richterlich bestätigt wird; die Bestätigung ist unverzüglich zu beantragen. Wird der Antrag rechtskräftig abgelehnt, dürfen die zuvor erhobenen Daten nicht verwertet werden; sie sind unverzüglich zu löschen.

(5) Die betroffene Person ist von der Beauskunftung nach den Absätzen 1 und 2 zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der Zweck der Auskunft nicht vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst entgegenstehen. Wird die Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 3 von ihr abgesehen, sind die Gründe zu dokumentieren.

(6) Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Buches 1 FamFG entsprechend. Für eine richterliche Anordnung oder Bestätigung ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die beantragende Polizeidienststelle ihren Sitz hat. Die Entscheidungen des Gerichts können ohne vorherige Anhörung der Betroffenen ergehen; sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Bekanntmachung an die Betroffenen.

(7) Aufgrund eines Auskunftsverlangens nach Absatz 1 oder 2 hat der Diensteanbieter die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu übermitteln.

(8) Der Diensteanbieter erhält für Auskünfte nach den Absätzen 1 und 2 eine Entschädigung, deren Umfang sich nach § 23 und Anlage 3 JVEG bemisst. § 2 Abs. 1 und 4 JVEG sind entsprechend anzuwenden.

(9) Die Auswirkungen dieser Vorschrift und die praktische Anwendung werden nach einem Erfahrungszeitraum von drei Jahren durch die Staatsregierung unter Mitwirkung eines unabhängigen wissenschaftlichen Sachverständigen geprüft. Die Staatsregierung berichtet dem Landtag über das Ergebnis der Evaluierung.

Unterabschnitt 3
Sonstige Verarbeitung von Daten

§ 43 Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten 11

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten in Akten oder Dateien speichern, verändern und nutzen, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben, zu einer zeitlich befristeten Dokumentation oder zur Vorgangsverwaltung erforderlich ist. Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten nur für Zwecke speichern, verändern und nutzen, für die die Daten erhoben worden sind. Für andere Zwecke kann er personenbezogene Daten nur speichern, verändern und nutzen, wenn die Daten für diese Zwecke mit den Mitteln hätten erhoben werden dürfen, mit denen sie zulässigerweise erhoben worden sind.

(1a) Daten, die gemäß § 13 Abs. 4 SächsDSG gespeichert worden sind, sind nach spätestens einem Jahr zu löschen. Sie dürfen nach Anordnung durch den Leiter des Landeskriminalamtes oder einen von ihm beauftragten Beamten auch zum Zweck der Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte sowie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung verwendet werden. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte ist unverzüglich zu unterrichten.

(2) Der Polizeivollzugsdienst kann auch personenbezogene Daten, die er im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungsverfahren oder von Personen gewonnen hat, die verdächtig sind, eine Straftat begangen zu haben, speichern, verändern und nutzen, soweit dies zur Gefahrenabwehr, insbesondere zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Entfällt der der Speicherung zugrunde liegende Verdacht, sind die Daten zu löschen.

(3) Die Dauer der Speicherung ist auf das erforderliche Maß zu beschränken. Für automatisierte Dateien sind Termine festzulegen, an denen spätestens überprüft werden muss, ob die suchfähige Speicherung von Daten weiterhin erforderlich ist (Prüfungstermine). Für nicht automatisierte Dateien und Akten sind Prüfungstermine oder Aufbewahrungsfristen festzulegen. Dabei sind der Speicherungszweck sowie Art und Bedeutung des Anlasses der Speicherung zu berücksichtigen.

(4) Die nach Absatz 3 festzulegenden Prüfungstermine oder Aufbewahrungsfristen dürfen bei Erwachsenen zehn Jahre, bei Jugendlichen fünf Jahre und bei Kindern zwei Jahre nicht überschreiten. In Fällen von geringerer Bedeutung sind kürzere Fristen festzusetzen. Die Frist beginnt regelmäßig mit dem Ende des Jahres, in dem das letzte Ereignis erfasst worden ist, das zur Speicherung von Daten geführt hat, jedoch nicht vor Entlassung des Betroffenen aus einer Justizvollzugsanstalt oder der Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung.

(5) Sofern die Voraussetzungen der Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung vorliegen, kann abweichend von Absatz 4 ein späterer Prüfungstermin oder eine längere Aufbewahrungsfrist festgelegt werden. Wird die Speicherung oder Aufbewahrung nach dem Prüfungstermin fortgesetzt, ist nach spätestens drei Jahren eine erneute Prüfung durchzuführen.

(6) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten auch zur Aus- und Fortbildung nutzen. Die Anonymisierung kann unterbleiben, wenn diese nicht mit vertretbarem Aufwand möglich ist oder dem Aus- und Fortbildungszweck entgegensteht und jeweils die berechtigten Interessen des Betroffenen an der Geheimhaltung der Daten ausnahmsweise nicht überwiegen.

§ 44 Datenübermittlung zum Zwecke einer Zuverlässigkeitsüberprüfung  11

(1) Zum Zwecke der Gefahrenabwehr bei besonders gefährdeten Veranstaltungen kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten an öffentliche und nichtöffentliche Stellen übermitteln, soweit dies zum Zwecke einer Zuverlässigkeitsüberprüfung erforderlich ist, mit schriftlicher Einwilligung des Betroffenen erfolgt und im Hinblick auf den Anlass dieser Überprüfung, insbesondere den Zugang des Betroffenen zu der Veranstaltung, mit Rücksicht auf ein berechtigtes Sicherheitsinteresse des Empfängers sowie wegen der Art und des Umfanges der Erkenntnisse über den Betroffenen angemessen ist. Die Rückmeldung an eine nichtöffentliche Stelle beschränkt sich auf die Auskunft zum Vorliegen von Zuverlässigkeitsbedenken. Der Betroffene ist über den Inhalt der Übermittlung zu informieren, soweit dies nicht bereits auf andere Weise sichergestellt ist.

(2) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck der Zuverlässigkeitsüberprüfung verarbeiten. Der Polizeivollzugsdienst hat den Empfänger schriftlich zu verpflichten, diese Zweckbestimmung einzuhalten.

(3) Der Sächsische Datenschutzbeauftragte ist zu unterrichten, wenn eine Datenübermittlung wegen einer besonders gefährdeten Veranstaltung beabsichtigt ist.

(4) Der Staatsminister des Innern berichtet über die Maßnahmen nach Absatz 1 jährlich dem Landtag.

§ 45 Datenübermittlung an nichtöffentliche Stellen

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann von Amts wegen personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der ihm durch dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben erforderlich ist.

(2) Der Polizeivollzugsdienst kann auf Antrag an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs personenbezogene Daten übermitteln, soweit der Antragsteller

  1. ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft macht und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen der Übermittlung entgegenstehen, oder
  2. ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, offensichtlich ist, dass die Datenübermittlung im Interesse des Betroffenen liegt, und kein Grund zu der Annahme besteht, dass er in Kenntnis der Sachlage seine Einwilligung verweigern würde.

(3) § 16 Abs. 4 Satz 1 und 2 sowie § 17 Abs. 4 SächsDSG gelten entsprechend.

§ 46 Datenabgleich

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten der in § § 4 und 5 genannten Personen mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgleichen. Personenbezogene Daten anderer Personen kann der Polizeivollzugsdienst nur abgleichen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zur Wahrnehmung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erfotderlich ist. Der Polizeivollzugsdienst kann ferner die im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufgaben erlangten personenbezogenen Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen. Für die Dauer des Datenabgleichs kann der Betroffene angehalten werden.

(2) Rechtsvorschriften über den Datenabgleich in anderen Fällen bleiben unberührt.

§ 47 Rasterfahndung 11 12a

(1) Der Polizeivollzugsdienst kann von öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen die Übermittlung von personenbezogenen Daten bestimmter Personengruppen aus Dateien zum Zwecke des automatisierten Abgleichs mit anderen Datenbeständen verlangen, soweit dies zur Abwehr einer konkreten Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Rechtsvorschriften über Berufs- oder besondere Amtsgeheimnisse bleiben unberührt.

(2) Das Übermittlungsersuchen ist auf die in § 18 Abs. 3 genannten und die sonstigen im Einzelfall erforderlichen Daten zu beschränken. Ist ein Aussondern der zu übermittelnden Daten nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, so können die weiteren Daten ebenfalls übermittelt werden. Eine Verwendung dieser weiteren Daten ist unzulässig.

(3) Die Rasterfahndung bedarf der richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug kann die Maßnahme auch durch den Leiter des Landeskriminalamtes, oder einer Polizeidirektion mit Zustimmung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern angeordnet werden. § 38 Abs. 4 Satz 4 und 5 sowie Abs. 6 gilt entsprechend.

(4) Der Sächsische Datenschutzbeauftragte ist von der Maßnahme unverzüglich zu unterrichten.

(5) Personen, gegen die nach Abschluss der Rasterfahndung weitere Maßnahmen durchgeführt werden, sind hierüber durch den Polizeivollzugsdienst unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der weiteren Datennutzung erfolgen kann. Ist wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden, ist die Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks des Ermittlungsverfahrens möglich ist.

(6) Die übermittelten und die im Zusammenhang mit der Maßnahme zusätzlich angefallenen Daten sind unverzüglich zu löschen, soweit sie zur Abwehr der Gefahr, zu den in Absatz 7 genannten Zwecken sowie zur Unterrichtung der Betroffenen und für eine gerichtliche Überprüfung nicht mehr erforderlich sind. Die Löschung ist zu dokumentieren. Soweit die Löschung zur Unterrichtung der Betroffenen und für eine gerichtliche Überprüfung zurückgestellt ist, sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur zu diesem Zweck verwendet werden. Im Fall der Unterrichtung der Betroffenen sind die Daten zu löschen, wenn ein Betroffener nicht innerhalb eines Monats nach seiner Unterrichtung einen Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Maßnahme oder die Art und Weise des Vollzugs eingelegt hat. Bei der Unterrichtung sind die Betroffenen auf die Frist nach Satz 4 hinzuweisen. Sofern ein Betroffener einen Rechtsbehelf eingelegt hat, sind die Daten nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu löschen.

(7) Die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten dürfen für andere Zwecke verwertet werden, wenn dies zur Abwehr einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Gefahr oder Aufklärung einer in § 98a Abs. 1 StPO bezeichneten Straftat erforderlich ist.

§ 48 Automatisiertes Abrufverfahren 11

(1) Das Staatsministerium des Innern kann zur Übermittlung personenbezogener Daten zwischen Polizeidienststellen des Freistaates Sachsen automatisierte Abrufverfahren im Sinne des § 8 Abs. 1 SächsDSG einrichten.

(2) Das Staatsministerium des Innern kann zur Erfüllung vollzugspolizeilicher Aufgaben zwischen Polizeidienststellen des Freistaates Sachsen sowie mit anderen Ländern und dem Bund einen Datenverbund vereinbaren, der eine automatisierte Datenübermittlung zwischen Polizeidienststellen ermöglicht.

§ 49 Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten

Hinsichtlich der Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten durch den Polizeivollzugsdienst sind die § § 19 bis 21 SächsDSG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Löschung nach § 20 Abs. 4 SächsDSG auch dann unterbleibt, wenn

  1. die Daten zur Behebung einer dringenden Beweisnot unerlässlich sind oder
  2. die Nutzung der Daten zu wissenschaftlichen Zwecken erforderlich ist; § 43 Abs. 6 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 50 Errichtungsanordnung

(1) Vor dem erstmaligen Einsatz von automatisierten Verfahren, mit denen Polizeidienststellen personenbezogene Daten verarbeiten, sind in einer Errichtungsanordnung die in § 10 Abs. 1 SächsDSG genannten Angaben festzulegen.

(2) Die Errichtungsanordnung bedarf der Zustimmung des Staatsministeriums des Innern. Vor dem erstmaligen Einsatz von automatisierten Verfahren nach Absatz 1 ist der Sächsische Datenschutzbeauftragte zu unterrichten.

§ 51 Auskunft

Der Polizeivollzugsdienst erteilt Auskunft über die von ihm gespeicherten personenbezogenen Daten nach § 18 SächsDSG; er ist jedoch nicht verpflichtet, über die Herkunft der Daten Auskunft zu erteilen, soweit dadurch die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet würde.

Abschnitt 4
Entschädigung

§ 52 Voraussetzungen

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 kann der Unbeteiligte, gegenüber dem die Polizei eine Maßnahme getroffen hat, eine angemessene Entschädigung für den ihm durch die Maßnahme entstandenen Schaden verlangen. Dies gilt nicht, soweit die Maßnahme zum Schutz seiner Person oder seines Vermögens getroffen worden ist.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, soweit die Ersatzpflicht wegen Maßnahmen nach § 7 Abs. 1 in besonderen gesetzlichen Vorschriften geregelt ist.

§ 53 Inhalt, Art und Umfang der Entschädigung

(1) Entschädigung nach § 52 wird grundsätzlich nur für Vermögensschaden gewährt. Für entgangenen Gewinn, der über den Ausfall des gewöhnlichen Verdienstes oder Nutzungsentgeltes hinausgeht und für Nachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der polizeilichen Maßnahme stehen, ist Entschädigung nur zu gewähren, wenn und soweit dies zur Abwendung unbilliger Härten geboten erscheint.

(2) Bei einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit oder bei einer Freiheitsentziehung ist auch der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, angemessen auszugleichen; dieser Anspruch ist nicht übertragbar und nicht vererblich, es sei denn, dass er rechtshängig geworden oder durch Vertrag anerkannt worden ist.

(3) Die Entschädigung wird in Geld gewährt. Hat die zur Entschädigung verpflichtende Maßnahme die Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit oder eine Vermehrung der Bedürfnisse oder den Verlust oder die Beeinträchtigung eines Rechtes auf Unterhalt zur Folge, so ist die Entschädigung durch Entrichtung einer Rente zu gewähren. § 760 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist anzuwenden. Statt der Rente kann eine Kapitalabfindung verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Geschädigten Unterhalt zu gewähren hat.

(4) Stehen dem Geschädigten Ansprüche gegen Dritte zu, so ist, soweit diese Ansprüche nach Inhalt und Umfang dem Entschädigungsanspruch entsprechen, die Entschädigung nur gegen Abtretung dieser Ansprüche zu gewähren.

(5) Bei der Bemessung der Entschädigung sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere Art und Vorhersehbarkeit des Schadens und ob der Geschädigte oder sein Vermögen durch die Maßnahme der Polizei geschützt worden ist. Haben Umstände, die der Geschädigte zu vertreten hat, zur Entstehung oder Vergrößerung des Schadens beigetragen, so hängt die Verpflichtung zur Entschädigung sowie der Umfang der Entschädigung insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend durch die Polizei oder den Geschädigten verursacht worden ist.

§ 54 Ansprüche mittelbar Geschädigter

(1) Im Falle der Tötung sind im Rahmen des § 53 Abs. 5 die Kosten der Bestattung demjenigen zu ersetzen, dem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.

(2) Stand der Getötete zu einem Dritten in einem Verhältnis, aufgrund dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so kann der Dritte im Rahmen des § 53 Abs. 5 insoweit eine angemessene Entschädigung verlangen, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhaltes verpflichtet gewesen wäre. § 53 Abs. 3 Satz 3 bis 5 sind entsprechend anzuwenden. Die Entschädigung kann auch dann verlangt werden, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war.

§ 55 (aufgehoben) 08b

§ 56 Entschädigungspflichtiger

Zur Entschädigung ist der Staat oder die Körperschaft verpflichtet, deren Bediensteter die Maßnahme getroffen hat. Ist die Maßnahme von einem Polizeibediensteten auf Weisung einer Polizeibehörde getroffen worden, so ist der Träger der Polizeibehörde zur Entschädigung verpflichtet.

§ 57 Rückgriff gegen den Verantwortlichen

(1) Die nach § 56 entschädigungspflichtige Körperschaft kann von den nach den § § 4 oder 5 Verantwortlichen Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen, wenn sie aufgrund des § 52 Abs. 1 Satz 1 eine Entschädigung gewährt hat.

(2) Sind mehrere Personen nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

§ 58 Rechtsweg

Für Ansprüche nach den § § 52 bis 57 ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Teil 2
Die Organisation der Polizei

Abschnitt 1
Gliederung und Aufgabenverteilung

§ 59 Allgemeines

Die Organisation der Polizei umfasst

  1. die Polizeibehörden,
  2. den Polizeivollzugsdienst mit seinen Bediensteten (Polizeibedienstete).

§ 60 Zuständigkeitsabgrenzung

(1) Für die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben sind die Polizeibehörden zuständig, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Polizeivollzugsdienst nimmt die polizeilichen Aufgaben wahr, wenn ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint.

(3) Für die Wahrnehmung der Befugnisse nach den § § 18 bis 27 ist auch der Polizeivollzugsdienst zuständig.

§ 61 Vollzugshilfe

(1) Der Polizeivollzugsdienst leistet auf Ersuchen von Gerichten und Behörden Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die ersuchende Stelle nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügt oder ihre Maßnahmen nicht auf andere Weise durchsetzen kann.

(2) Der Polizeivollzugsdienst ist nur für die Art und Weise der Durchführung verantwortlich. Im übrigen gelten die Grundsätze der Amtshilfe entsprechend.

(3) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt.

§ 62 Verfahren

(1) Vollzugsersuchen sind schriftlich zu stellen; Grund und Rechtsgrundlage der Maßnahme sind anzugeben.

(2) In Eilfällen kann das Ersuchen formlos gestellt werden; es ist jedoch auf Verlangen unverzüglich schriftlich zu bestätigen.

(3) Die ersuchende Stelle ist von der Ausführung des Ersuchens zu verständigen.

§ 63 Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung

(1) Hat das Vollzugshilfeersuchen eine Freiheitsentziehung zum Inhalt, ist auch die richterliche Entscheidung über die Freiheitsentziehung vorzulegen oder in dem Ersuchen zu bezeichnen.

(2) Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, hat der Polizeivollzugsdienst die festgehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Stelle diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.

(3) § 22 Abs. 4 bis 6 und Abs. 7 Satz 4 gilt entsprechend.

Abschnitt 2
Die Polizeibehörden

§ 64 Arten der Polizeibehörden 08 12a

(1) Allgemeine Polizeibehörden sind

  1. die zuständigen Staatsministerien als oberste Landespolizeibehörden,
  2. die obere Verwaltungsbehörde als Landespolizeibehörde,
  3. die Landratsämter und die Kreisfreien Städte als Kreispolizeibehörden,
  4. die Gemeinden als Ortspolizeibehörden.

(2) Die Aufgaben der Kreis- und der Ortspolizeibehörden sind Weisungsaufgaben; das Weisungsrecht ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften unbeschränkt.

(3) Besondere Polizeibehörden sind alle anderen Polizeibehörden. Ihr Aufbau wird durch dieses Gesetz nicht berührt.

§ 65 Dienstaufsicht 08 12a

(1) Es führen die Dienstaufsicht über

  1. die Landespolizeibehörden: das Staatsministerium des Innern,
  2. die Kreispolizeibehörden: die obere Verwaltungsbehörde und das Staatsministerium des Innern,
  3. die Ortspolizeibehörden:
    1. in den Kreisfreien Städten: die obere Verwaltungsbehörde und das Staatsministerium des Innern,
    2. im Übrigen: die Landratsämter, die obere Verwaltungsbehörde und das Staatsministerium des Innern.

(2) Das Staatsministerium des Innern führt die Aufsicht jeweils im Benehmen mit dem fachlich zuständigen Staatsministerium.

§ 66 Fachaufsicht 08 12a

Es führen die Fachaufsicht über

  1. die Landespolizeibehörden: die zuständigen Staatsministerien,
  2. die Kreispolizeibehörden: die oberen Verwaltungsbehörde und die zuständigen Staatsministerien,
  3. die Ortspolizeibehörden:
    1. in den Kreisfreien Städten: die obere Verwaltungsbehörde und die zuständigen Staatsministerien,
    2. im Übrigen: die Landratsämter, die obere Verwaltungsbehörde und die zuständigen Staatsministerien.

§ 67 Weisungsrecht und Unterrichtungspflicht

(1) Die zur Dienstaufsicht oder zur Fachaufsicht zuständigen Behörden können den allgemeinen Polizeibehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit uneingeschränkt Weisungen erteilen. Die allgemeinen Polizeibehörden haben diesen Weisungen Folge zu leisten.

(2) Leistet eine allgemeine Polizeibehörde einer ihr erteilten Weisung keine Folge, so kann an Stelle dieser Behörde jede zur Fachaufsicht zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen treffen.

(3) Die allgemeinen Polizeibehörden sind verpflichtet, die weisungsbefugten Behörden von allen sachdienlichen Wahrnehmungen zu unterrichten.

§ 68 Allgemeine sachliche Zuständigkeit

(1) Die sachliche Zuständigkeit der Polizeibehörden wird vom fachlich zuständigen Staatsministerium im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung bestimmt, soweit keine gesetzliche Regelung getroffen ist.

(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind die Ortspolizeibehörden sachlich zuständig.

§ 69 Besondere sachliche Zuständigkeit

(1) Erscheint bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der sachlich zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar, so können deren Aufgaben von den in § 66 bezeichneten zur Fachaufsicht zuständigen Behörden wahrgenommen werden.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann jede Polizeibehörde innerhalb ihres Dienstbezirkes die Aufgaben einer übergeordneten Polizeibehörde wahrnehmen.

(3) Die zuständige Polizeibehörde ist von den getroffenen Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten.

(4) Diese Bestimmungen gelten nicht für Polizeiverordnungen.

§ 70 örtliche Zuständigkeit

(1) Die örtliche Zuständigkeit der Polizeibehörden beschränkt sich auf ihren Dienstbezirk.

(2) örtlich zuständig ist die Polizeibehörde, in deren Dienstbezirk eine polizeiliche Aufgabe wahrzunehmen ist. Das fachlich zuständige Staatsministerium kann im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung etwas anderes bestimmen.

(3) Erscheint bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der örtlich zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar, so kann auch die für einen benachbarten Dienstbezirk zuständige Polizeibehörde die erforderlichen Maßnahmen treffen. Die örtlich zuständige Polizeibehörde ist von den getroffenen Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten.

(4) Kann eine polizeiliche Aufgabe in mehreren Dienstbezirken zweckmäßig nur einheitlich wahrgenommen werden, so wird die örtliche Zuständigkeit von der Behörde geregelt, welche die Fachaufsicht über die beteiligten Polizeibehörden führt. Die Regelung kann auch von der Landespolizeibehörde oder der obersten Landespolizeibehörde getroffen werden.

Abschnitt 3
Der Polizeivollzugsdienst

§ 71 Polizeidienststellen und Einrichtungen für den Polizeivollzugsdienst 12a

(1) Der Freistaat Sachsen unterhält für den Polizeivollzugsdienst folgende Polizeidienststellen:

  1. das Landespolizeipräsidium im Staatsministerium des Innern,
  2. das Landeskriminalamt,
  3. das Polizeiverwaltungsamt
  4. das Präsidium der Bereitschaftspolizei
  5. die Polizeidirektionen.

(2) Der Freistaat Sachsen unterhält für den Polizeivollzugsdienst die erforderlichen Ausbildungs- und Beschaffungseinrichtungen.

§ 72 Aufgaben des Staatsministeriums des Innern 12a

(1) Das Staatsministerium des Innern ist oberste Dienstbehörde und Führungsstelle des Polizeivollzugsdienstes.

(2) Das Staatsministerium des Innern kann sich oder einer anderen Polizeidienststelle nachgeordnete Polizeidienststellen vorübergehend unmittelbar unterstellen, wenn die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben dies erfordert.

(3) Ist bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden des Staatsministeriums des Innern nicht zu erreichen, so kann das Landeskriminalamt Maßnahmen nach Absatz 2 treffen.

§ 73 Aufgaben und Gliederung der Polizeidienststellen

Die Gliederung des Polizeivollzugsdienstes in Polizeidienststellen und deren Aufgaben werden im Rahmen dieses Gesetzes vom Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung bestimmt.

§ 74 Dienstaufsicht und Fachaufsicht 08 11 12a 12b

(1) Die Dienstaufsicht über das Landeskriminalamt, das Präsidium der Bereitschaftspolizei, das Polizeiverwaltungsamt und die Polizeidirektionen übt das Staatsministerium des Innern aus.

(2) Die Fachaufsicht üben aus

  1. das Staatsministerium des Innern über das Landeskriminalamt, das Präsidium der Bereitschaftspolizei und das Polizeiverwaltungsamt,
  2. die zuständigen Staatsministerien und die obere Verwaltungsbehörde über die Polizeidirektionen.

Die Fachaufsicht der Polizeibehörden über die Polizeidirektionen nach Satz 1 Nr. 3 ist auf die Fälle beschränkt, in denen die Polizeidirektionen die polizeilichen Aufgaben auf der Grundlage von § 60 Abs. 2 wahrnehmen.

(3) Die Fachaufsicht über die kriminalpolizeiliche Tätigkeit der Polizeidienststellen wird, unbeschadet der Befugnisse der übrigen zur Fachaufsicht zuständigen Stellen, vom Landeskriminalamt ausgeübt.

(4) Im Übrigen kann das Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung weitere Regelungen über die Dienst- und Fachaufsicht über die nachgeordneten Polizeidienststellen und die Ausbildungs- und Beschaffungseinrichtungen für den Polizeivollzugsdienst treffen.

(5) Die zur Dienstaufsicht oder zur Fachaufsicht zuständigen Stellen können den Polizeidienststellen im Rahmen ihrer Zuständigkeit Weisungen erteilen. Die Polizeidienststellen haben diesen Weisungen Folge zu leisten. Sie sind verpflichtet, die weisungsbefugten Stellen von allen sachdienlichen Wahrnehmungen zu unterrichten.

§ 75 Weisungsrecht der Kreis- und Ortspolizeibehörden

Die Kreis- und Ortspolizeibehörden können den Polizeidienststellen im Rahmen ihrer Zuständigkeit fachliche Weisungen erteilen.

§ 76 örtliche Zuständigkeit

Die Polizeidienststellen sind im ganzen Landesgebiet zuständig; sie sollen in der Regel jedoch nur in ihrem Dienstbezirk tätig werden.

§ 77 Amtshandlungen von Polizeibediensteten anderer Länder und des Bundes im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Sachsen 11

(1) Polizeibedienstete eines anderen Bundeslandes können im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Sachsen Amtshandlungen vornehmen

  1. auf Anforderung oder mit Zustimmung des Staatsministeriums des Innern,
  2. in den Fällen der Artikel 35 Abs. 2 und 3 und 91 Abs. 1 des Grundgesetzes,
  3. zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr, zur Verfolgung von Straftaten auf frischer Tat sowie zur Verfolgung und Wiederergreifung Entwichener, wenn die zuständige Stelle die erforderlichen Maßnahmen nicht treffen kann,
  4. zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben im Zusammenhang mit Transporten von Personen oder Sachen,
  5. zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten und zur Gefahrenabwehr in den durch Verwaltungsabkommen mit anderen Bundesländern geregelten Fällen.

In den Fällen der Nummern 3 und 4 ist die zuständige Polizeidienststelle unverzüglich zu unterrichten.

(2) Werden Polizeibedienstete eines anderen Bundeslandes nach Absatz 1 tätig, haben sie die gleichen Befugnisse wie die des Freistaates Sachsen. Ihre Maßnahmen gelten als Maßnahmen derjenigen Polizeidienststellen, in deren örtlichem und sachlichem Zuständigkeitsbereich sie tätig geworden sind. Sie unterliegen insoweit deren Weisungen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für

  1. Polizeibedienstete des Bundes und
  2. Vollzugsbeamte der Zollverwaltung, denen der Gebrauch von Schusswaffen bei Anwendung unmittelbaren Zwangs nach dem Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 201-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 28 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407, 2410) geändert worden ist, gestattet ist,

entsprechend.

(4) Vollzugsbedienstete anderer Staaten mit polizeilichen Aufgaben können im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Sachsen polizeiliche Amtshandlungen vornehmen, soweit dies durch völkerrechtliche Vereinbarungen oder durch Rechtsakte der Europäischen Union geregelt ist.

§ 78 Amtshandlungen von Polizeibediensteten des Freistaates Sachsen außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs 11

(1) Die Polizeibediensteten des Freistaates Sachsen dürfen im Zuständigkeitsbereich des Bundes oder eines anderen Bundeslandes nur dann tätig werden, wenn das Bundesrecht oder das jeweilige Landesrecht es vorsieht. Außerhalb der Bundesrepublik Deutschland dürfen die Polizeibediensteten nur tätig werden, soweit dies durch völkerrechtliche Vereinbarungen oder durch Rechtsakte der Europäischen Union geregelt ist.

(2) Einer Anforderung von Polizeikräften durch den Bund oder ein anderes Bundesland soll entsprochen werden, soweit nicht die Verwendung der Polizeikräfte im Freistaat Sachsen dringender ist, als die Unterstützung des Bundes oder des anderen Bundeslandes.

Teil 3
Sonstige Bestimmungen

§ 79 Einschränkung von Grundrechten 11 13

Durch polizeiliche Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes können im Rahmen des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Sachsen eingeschränkt werden

  1. das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ( Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, Artikel 16 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen),
  2. die Freiheit der Person ( Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes, Artikel 16 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen),
  3. die Unverletzlichkeit der Wohnung ( Artikel 13 des Grundgesetzes, Artikel 30 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen),
  4. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ( Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes, Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen),
  5. das Recht der Freizügigkeit ( Artikel 11 Abs. 1 des Grundgesetzes),
  6. das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit ( Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes, Artikel 15 der Verfassung des Freistaates Sachsen),
  7. das Recht auf Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ( Artikel 10 des Grundgesetzes, Artikel 27 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen).

§ 80 Gemeindliche Vollzugsbedienstete

(1) Die Ortspolizeibehörden können sich zur Wahrnehmung bestimmter auf den Gemeindebereich beschränkter polizeilicher Vollzugsaufgaben gemeindlicher Vollzugsbediensteter bedienen. Das Staatsministerium des Innern bestimmt durch Rechtsverordnung, welche polizeilichen Vollzugsaufgaben auf gemeindliche Vollzugsbedienstete übertragen werden können. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes bleibt unberührt.

(2) Die gemeindlichen Vollzugsbediensteten haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Stellung von Polizeibediensteten im Sinne dieses Gesetzes.

(3) Die Ortspolizeibehörden machen öffentlich bekannt, welche polizeilichen Vollzugsaufgaben auf gemeindliche Vollzugsbedienstete übertragen sind.

§ 81 Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft 11

Das Staatsministerium des Innern kann im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft, die mit der Wahrnehmung bestimmter polizeilicher Aufgaben betraut sind, ohne einer Polizeidienststelle anzugehören, die Stellung von Polizeibediensteten im Sinne dieses Gesetzes haben.

§ 82 Obere Verwaltungsbehörden 08 12a

Obere Verwaltungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes ist die Landesdirektion Sachsen.

§ 83 Verweisungen 11

Soweit dieses Gesetz auf Rechtsvorschriften verweist, bezieht sich die Verweisung auf die Vorschriften in ihrer jeweils geltenden Fassung.

§ 84 Inkrafttreten 11


ENDE

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