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Regelwerk; BGI / DGUV-I

DGUV Information 214-080 / BGI 599 - Sicheres Kuppeln von Fahrzeugen
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI)
(bisherige ZH 1/245)

(Ausgabe 10/2003aufgehoben)


Zur Aktuellen Fassung


Ein Wort vorweg

Bei den tödlichen Unfällen mit Lkw stehen die Kuppelunfälle nach den Verkehrsunfällen an zweiter Stelle. Warum kommt es beim Kuppeln von Fahrzeugen immer wieder zu solch schweren Unfällen?

Bei der Untersuchung dieser Unfälle stellt sich fast immer heraus, dass nicht technische Mängel, sondern unsachgemäßes Verhalten bis hin zu bodenlosem Leichtsinn die Ursache waren.

Solche folgenschweren Unfälle sind vermeidbar, wenn beim Kuppeln ordnungsgemäß und mit "eingeschaltetem" Verstand vorgegangen wird. Dies setzt voraus, dass bestimmte Regeln und Hinweise bekannt sind und beachtet werden.

Diese Regeln und Hinweise, aber auch einige Empfehlungen für die Neubeschaffung von Fahrzeugen, sind in dieser BG-Information zusammengefasst.

Diese BG-Information wendet sich an

Begriffe

Einige im Straßenverkehrsrecht, in den Unfallverhütungsvorschriften, in den Fahrzeugpapieren und im Sprachgebrauch von Fachleuten immer wieder verwendete Begriffe werden im Folgenden erläutert, teilweise auch mit Bezeichnungen, die den Fahrern geläufiger sind als die Begriffe aus den Vorschriften und Normen.

Bauartgenehmigung

Amtliche Bestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes, dass ein Fahrzeugteil nach straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften geprüft und mit Erteilung eines Prüfzeichens und einer Prüfnummer national für die Verwendung zugelassen wurde.

ABG = Allgemeine Bauartgenehmigung

D-Wert

Theoretische Vergleichskraft für die Deichselkraft als horizontale Kraftkomponente zwischen Zugfahrzeug und Anhänger; bei Starrdeichselanhängern: Dc-Wert.

EWG-Typgenehmigung

Amtliche Bestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes oder einer vergleichbaren Institution in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), dass eine fahrzeugverbindende Einrichtung entsprechend der Richtlinie 94/20/EG geprüft und mit Erteilung eines Prüfzeichens und einer Prüfnummer innerhalb der EU für die Verwendung zugelassen wurde.

Gelenkdeichselanhänger
(auch Mehrachs- oder Drehschemelanhänger)

Anhängefahrzeug mit mindestens zwei Achsen, von denen mindestens eine Achse lenkbar ist. Die winkelbewegliche Verbindung zum ziehenden Fahrzeug erfolgt über eine mit dem Fahrgestell vertikal beweglich verbundene Zugeinrichtung.

Mehrachsanhänger

siehe "Gelenkdeichselanhänger"

Sattelanhänger
(auch Sattelauflieger oder Auflieger)

Anhängefahrzeug, bei dem anstelle der bei Gelenkdeichselanhängern vorhandenen ersten Achse eine Sattelvorrichtung angeordnet ist und ein wesentlicher Teil seiner Gesamtmasse auf eine Sattelzugmaschine übertragen wird.

Sattelkraftfahrzeug
(auch Sattelzug)

Zusammenstellung aus einer Sattelzugmaschine und einem winkelbeweglich aufgesattelten Sattelanhänger. Diese Fahrzeugkombination wird (nach Norm) "Sattelkraftfahrzeug", im Sprachgebrauch jedoch "Sattelzug" genannt.

Sattellast

Massenanteil des Sattelanhängers, der im statischen Zustand auf die Sattelkupplung übertragen wird.

Sattelvormaß

Abstand Mitte des gekuppelten Zugsattelzapfens bis Mitte Hinter- bzw. Doppelhinterachse der Zugmaschine (kann im Falle verschiebbarer Sattelkupplungen veränderlich sein).

Selbsttätiger Kuppelvorgang

Selbsttätig ist ein Kuppelvorgang, wenn allein durch das Zurücksetzen des Zugfahrzeugs gegen den Anhänger ohne weiteren äußeren Eingriff vollständig und selbsttätig eine ordnungsgemäße Verbindung der gesamten Verbindungseinrichtung zustande kommt, diese selbsttätig gesichert wird und das Eingreifen der Sicherung angezeigt wird.

Starrdeichselanhänger

Starrdeichselanhänger ist ein gezogenes Fahrzeug mit einer Achse oder Achsgruppe und einer Zugeinrichtung, die nicht frei beweglich mit dem Fahrgestell verbunden ist, und bei dem nach seiner Bauart ein Teil seiner Gesamtmasse von dem ziehenden Fahrzeug getragen wird, wobei auch höhere Stützlasten als bei Zentralachsanhängern auftreten können.

Hierzu gehören auch Tandemanhänger und Zentralachsanhänger.

Stützlast

Massenanteil des Starrdeichselanhängers, der im statischen Zustand am Kuppelpunkt übertragen wird.

V-Wert

Theoretische Vergleichskraft für die vertikale Kraft zwischen Zugfahrzeug und Starrdeichselanhänger.

Zentralachsanhänger
(Untergruppe der Starrdeichselanhänger)

Zentralachsanhänger ist ein gezogenes Fahrzeug mit einer Zugeinrichtung, die nicht senkrecht beweglich ist, und dessen Achseln) so nah am Schwerpunkt des Fahrzeugs angeordnet ist (sind), dass nur eine kleine vertikale Last von höchstens 10 % der Gesamtmasse des Anhängers oder 1000 kg (es gilt der kleinere Wert) auf das Zugfahrzeug übertragen wird.

Zugeinrichtung
(Zuggabel oder Zugdeichsel, Zugöse)

Zugeinrichtungen sind vorn an gezogenen Fahrzeugen oder am Fahrzeugrahmen angebracht und zusammen mit Kupplungseinrichtungen zur Verbindung mit Zugfahrzeugen geeignet.

Wenn Zuggabeln vertikal beweglich (gelenkig) angebracht sind, spricht man von "Gelenkdeichselanhängern".

Sind Zuggabeln vertikal nicht beweglich (starr) oder sind starre Zugdeichseln angebracht, spricht man von "Starrdeichselanhängern".

I Die Verbindungseinrichtungen

I.1 Bauartgenehmigungen

Die an Kraftfahrzeugen und deren Anhängern bzw. Sattelanhängern verwendeten Einrichtungen zur Verbindung von Fahrzeugen müssen in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sein.

Siehe Begriffe

Diese Bestimmung gilt unabhängig davon, ob die Fahrzeuge gemäß StVZO zulassungspflichtig oder zulassungsfrei sind.

Ob Einrichtungen eine amtliche Genehmigung erteilt wurde, kann man an dem Prüfzeichen, bestehend aus einer Wellenlinie, einem Buchstaben und einer Prüfnummer (ABG) oder einem Rechteckfeld mit dem Buchstaben "e", einer Kennzahl oder einem Kennbuchstaben und einer Bauartgenehmigungsnummer erkennen.

Die Prüfzeichen befinden sich in der Regel auf dem Fabrikschild, können aber auch an anderer Stelle der Einrichtung vorhanden sein.

I.2 Übersicht

Übersicht über die wichtigsten Verbindungseinrichtungen:

Anhängekupplungen (Bolzenkupplungen, in der Regel in genormter Ausführung)

Zugeinrichtungen

Sattelkupplungen

Zugsattelzapfen (Königszapfen)

Zugkugelkupplungen, zur Verbindung mit Kupplungskugeln mit Halterung (in genormter Ausführung)

Höheneinstelleinrichtungen (HEE)

Diese BG-Information befasst sich nur mit denjenigen der zuvor genannten Einrichtungen, die im Text fett gedruckt sind.

Für alle Einrichtungen zur Verbindung von Fahrzeugen gilt, dass sie sich gefahrlos und leicht betätigen lassen müssen. In gekuppeltem Zustand muss die Verbindung formschlüssig gesichert sein. Die Wirksamkeit der formschlüssigen Sicherung muss durch Sichtkontrolle ohne Behinderung festgestellt werden können.

Rechtsgrundlagen:

§ 43 Abs. 4 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ( StVZO)

§ 28 Abs. 1 Unfallverhütungsvorschrift "Fahrzeuge" (BGV D29) Weitere Vorschriften und Regeln:

Siehe Abschnitt VI

I.3 Anhängekupplungen

Anhängekupplungen müssen selbsttätig wirken, damit beim Kuppelvorgang niemand zwischen die Fahrzeuge treten muss (denn das ist in höchstem Maße gefährlich und daher verboten!).

Genormte Bolzenkupplung

Zur Verbindung von Zugfahrzeug und Gelenkdeichsel- oder Starrdeichselanhänger über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht dient in der Regel die genormte selbsttätige Bolzenkupplung. Es gibt sie in den Größen 40 und 50, wobei sich die Kennzahl auf den Innendurchmesser der entsprechenden Zugöse bezieht.

Funktionsprinzip

Zum Abkuppeln wird der Kupplungsbolzen mit dem Handhebel in die Ausrückstellung gebracht. Je nach Bauart der Kupplung ist das Fangmaul in der Ausrückstellung arretiert oder es bleibt beweglich.

Je nach Bauart schließt die Kupplung nach dem Ausfahren der Zugöse oder sie bleibt geöffnet ohne Kuppelbereitschaft und ohne Arretierung des Fangmauls stehen. Die Bauart mit nur einer Arretier- und Kuppelstellung muss daher vor dem Ankuppeln wieder geöffnet werden, die andere (ältere) Bauart stellt die Kuppelbereitschaft erst in einer zweiten (hinteren) Raststellung her.

Beim Ankuppeln löst die in das Fangmaul eingeführte Zugöse eine Sperre, wodurch der Kupplungsbolzen mittels Federkraft in die Schließstellung gebracht und dort formschlüssig gesichert wird.

Gleichzeitig wird bei Kupplungen mit beweglichem Fangmaul dessen Arretierung aufgehoben.

Kontrollanzeiger

Alle selbsttätigen Bolzenkupplungen haben Einrichtungen - so genannte Kontrollanzeiger -, die optisch (Sichtkontrolle) oder durch Tasten (z.B. bei Dunkelheit) dahin gehend kontrolliert werden können, ob der Kupplungsbolzen nach dem Schließvorgang ordnungsgemäß eingerastet ist. Am weitesten verbreitet sind

Kontrollanzeiger zweier Fabrikate,
jeweils in geöffneter (oben) und geschlossener (unten) Stellung der Kupplung

Bei Ausführungen mit Fernanzeige muss der Zustand "ordnungsgemäß geschlossen und gesichert" durch ein optisches Signal (Kontrollanzeige) im Führerhaus angezeigt werden (siehe Abschnitt 1.4).

Anbau

Bolzenkupplungen müssen so ausgeführt und am Fahrzeug angebracht sein, dass sie leicht und gefahrlos betätigt werden können. Dies setzt u.a. voraus, dass

Freiraummaße bei Bolzenkupplungen

* Die Maße für den Handhebelfreiraum (> 60 mm und> 100 mm) gelten grundsätzlich für alle Arten von Bolzenkupplungen und Anbausituationen. Für Bolzenkupplungen mit nach unten gerichtetem Handhebel gilt das Maß> 60 mm sinngemäß (hier: nach unten).

Heckabstandsmaß bei Bolzenkupplungen

Bei nachweislicher technischer Notwendigkeit kann der Abstand von 420 mm jedoch unter bestimmten Voraussetzungen überschritten werden

Unter dem Begriff der technischen Notwendigkeit ist zu verstehen, dass alle konstruktiven Möglichkeiten voll ausgeschöpft sind, um bei zumutbarem wirtschaftlichem Aufwand das Abstandsmaß zwischen Mitte Kupplungsbolzen und Hinterkante des Fahrzeugaufbaues von max. 420 mm einzuhalten.

Für die Überprüfung des Kontrollanzeigers - z.B. durch Ertasten - darf der Abstand der Mittellinie durch den Kontrollanzeiger bis zur Hinterkante des Fahrzeugaufbaues 550 mm nicht überschreiten. Der sich aus diesem Maß und den Freiraummaßen nach Abbildung ergebende Freiraum darf durch weitere Fahrzeugteile, wie z.B. Aufbauteile, Rahmenprofile, Kupplungsköpfe oder Ersatzrad, nicht eingeschränkt werden, um eine unmittelbare Sichtkontrolle und die Ertastbarkeit des Kontrollanzeigers ohne Behinderung zu ermöglichen.

Das Kriterium der sicheren Betätigung ist erfüllt, wenn

I.4 Fernbetätigung

In allen anderen Fällen muss eine geeignete Fernbetätigungseinrichtung mit Fernkontrollanzeige für die Kupplung vorhanden sein (die Kriterien hierfür sind in der EG-Richtlinie 94/20/EG über "mechanische Verbindungseinrichtungen von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie ihre Anbringung an diesen Fahrzeugen" festgelegt).

Fernbetätigungseinrichtungen und Fernkontrollanzeigen müssen fest mit dem Fahrzeug verbunden sein. Die gesamten Einrichtungen zur Fernkontrolle oder Fernbetätigung gehören mit allen Teilen der Betätigungseinrichtung und der Übertragungseinrichtung zum Prüf- und Genehmigungsumfang der Kupplung. Eine nachträgliche Änderung ist somit unzulässig.

Fernbetätigungseinrichtung handbetätigt

Fernbetätigungseinrichtung kraftbetätigt

Vom Grundsatz her sind die gleichen Kriterien auf Kurzkuppelsysteme anzuwenden (hierfür gelten die Anforderungen der ECE-Regelung 102 "Kurzkupplungseinrichtungen (KKE) einschließlich Anbau am Fahrzeug").

Fernbetätigungseinrichtungen, die lediglich aus einem Seilzug mit Schlaufe bestehen, sind ungeeignet.

Sie entsprechen in mehrerlei Hinsicht nicht den verkehrsrechtlichen, ergonomischen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen und Kriterien.

Eine solche Seilzug-Fernbetätigungseinrichtung ist ungeeignet

I.5 Zugeinrichtungen

Auch Zugeinrichtungen (Zuggabeln, Zugdeichseln und Zugösen) gehören zu den Einrichtungen, die nach § 22a StVZO nur in amtlich genehmigter Bauart verwendet werden dürfen.

Die Bauartgenehmigung erlischt, wenn nachträgliche Veränderungen an derartigen Einrichtungen durchgeführt werden.

Aus diesem Grunde dürfen Schweiß- und Richtarbeiten an Zugeinrichtungen nur von dem Inhaber der amtlichen Genehmigung durchgeführt werden - das ist in der Regel der Hersteller.

I.5.1 Zuggabeln für Gelenkdeichselanhänger

Das lichte Maß für die Bodenfreiheit von Zuggabeln an Gelenkdeichselanhängern muss mindestens 200 mm betragen, um Fußverletzungen nach dem Abkuppeln durch das Herabfallen der Zugeinrichtung zu vermeiden.

Das bedeutet, dass die aus Horizontallage herabfallende Zuggabel das Maß von 200 mm - gemessen an der Zugöse - nicht unterschreiten darf.

Für teleskopierbare Zuggabeln gilt das lichte Maß für die Bodenfreiheit auch bei größtem Auszug.

Ausreichende Bodenfreiheit auch bei teleskopierter Zugeinrichtung

Die Zugöse muss zum gefahrlosen Ankuppeln jeweils in Höhe des Fangmauls der Bolzenkupplung einstellbar sein.

Siehe auch Abschnitt 1.6.1 Höheneinstelleinrichtungen

Zuggabeln gibt es vielfach auch in gekröpften Ausführungen, um deutlich voneinander abweichenden Anbauhöhen von Anhängekupplungen und Zuggabeln Rechnung zu tragen, denn in gekuppeltem Zustand muss die Zugöse horizontale Lage aufweisen (zulässig ist in der Regel nur eine Abweichung von bis zu ± 3° aus der Horizontallage).

Gekröpfte Zugeinrichtung für horizontale Lage der Zugöse beim Ankuppeln

I.5.2 Zugdeichseln für Starrdeichselanhänger

Auch die Zugdeichsel des Starrdeichselanhängers muss - wie die des Gelenkdeichselanhängers - bodenfrei sein. Da die Deichsel starr mit dem Anhänger verbunden ist, bedeutet dies, dass der Anhänger nicht nach vorne kippen darf (ebenso wenig darf er nach hinten kippen können).

Dies ist z.B. durch geeignete feste oder klappbare, höhenverstellbare Stützen möglich.

Siehe auch Abschnitt 1.6.2 Stützeinrichtungen

Achtung: Bei Flanschzugösen älterer Bauart der Größe 50, die mit 6 Schrauben an der Zugdeichsel befestigt sind, besteht die Gefahr der Überdehnung dieser Schrauben durch extreme Überlastung, z.B. im Fall von Schwenkwinkelüberschreitungen im Rangierbetrieb oder bei extremem Kurvenlauf. Da eine solche Vorschädigung optisch nicht feststellbar ist, kann ein nicht vorhersehbarer Abriss der Schraubverbindungen der Flanschzugöse während der Fahrt erfolgen und damit der Anhänger vom Zugfahrzeug getrennt und so zur tödlichen Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer werden.

Unfall durch abgerissene Zugöse mit 6-Loch-Flansch

Das Kraftfahrt-Bundesamt empfiehlt deshalb, die Zugöse 50 mit 6-Loch-Flansch gegen eine geeignete Zugöse mit 8-Loch-Flansch, unter Verwendung von dafür vom Hersteller vorgeschriebenen hochfesten Schrauben, durch eine autorisierte Fachwerkstatt austauschen zu lassen.

Zugöse 50
mit 6-Loch-Flansch
Zugöse 50
mit 8-Loch-Flansch


Zugösen der Größe 40 sind hiervon nicht betroffen. Diese werden weiterhin mit 6-Loch-Flanschbefestigung genehmigt und können problemlos verwendet werden.

I.6 Höheneinstelleinrichtungen, Stützeinrichtungen

Die Zugöse des Anhängers muss in Höhe des Fangmauls einstellbar sein, damit sich während des Kuppelvorganges keine Person zwischen den Fahrzeugen aufhalten oder ein ungeeignetes Hilfsmittel zum Unterstützen der Zugeinrichtung verwendet werden muss.

Holzlatte als untauglicher Ersatz für eine ungeeignete und defekte HEE

I.6.1 Höheneinstelleinrichtungen

Zur Erfüllung dieser Anforderung wird beim Gelenkdeichselanhänger eine Höheneinstelleinrichtung (nachfolgend HEE genannt) angebracht, die ebenfalls nur in amtlich genehmigter oder in ihrer Wirkung geprüfter Bauart verwendet werden darf.

Wenn die HEE nicht so eingerichtet ist, dass sie ihre Fixierung/Arretierung nach dem Ankuppeln des Anhängers selbsttätig löst, darf nicht vergessen werden, das Lösen von Hand vorzunehmen, da sonst Schäden an den Verbindungseinrichtungen auftreten können und die HEE selbst nach kürzester Zeit funktionsunfähig wird.

Geeignete bauartgenehmigte Höheneinstelleinrichtungen

Weniger geeignete HEE

I.6.2 Stützeinrichtungen

Stützeinrichtung

Mittels einer Stützeinrichtung lässt sich die Zugöse des Starrdeichselanhängers in Höhe des Fangmauls einstellen. Weiterhin verhindert sie ein Kippen in Längsrichtung nach vorne und stellt die Bodenfreiheit der Zugdeichsel sicher. Stützeinrichtungen zählen jedoch nicht zu den Verbindungseinrichtungen.

Nach dem Ankuppeln des Starrdeichselanhängers darf nicht vergessen werden, die Stützeinrichtung in die Grundstellung zu bringen, da es sonst zu Beschädigungen bzw. zur Funktionsunfähigkeit der Stützeinrichtung kommen kann.

Ist ein Kippen des abgekuppelten Starrdeichselsanhängers nach hinten - besonders beim Vorgang des Be- bzw. Entladens - nicht sicher vermieden, müssen auch heckseitig Stützen angebracht sein.

I.7 Sattelverbindungseinrichtungen

I.7.1 Sattelkupplungen

Sattelkupplungen stellen die Verbindung zwischen Sattelzugmaschine und Sattelanhänger (Auflieger) dar. Sie sind in der Regel genormt und auf der Sattelzugmaschine aufgebaut (mit oder ohne Montageplatte). Zur Anpassung des Sattelvormaßes sind einige Sattelkupplungen auf Verschiebeplatten aufgebaut.

I.7.2 Zugsattelzapfen

Zur Verbindung mit der Sattelkupplung dient am Sattelanhänger eine Aufgleitplatte mit einem Zugsattelzapfen (im Sprachgebrauch auch "Königszapfen" genannt). Bei Sattelanhängern mit Zwangslenkung befindet sich hinter dem Zugsattelzapfen noch ein (gefederter) Lenkkeil, der beim Kurvenlauf die zwangsweise Lenkung der Lenkachse bewirkt.

I.7.3 Sattelverbindung - Funktionsprinzip

Beim Aufsatteln löst der in die Sattelkupplung eingeführte Zugsattelzapfen eine Sperre, wodurch die Kupplung in Schließstellung gebracht und der Zugsattelzapfen durch einen Kupplungshaken bzw. Verschlussriegel formschlüssig umfasst wird.

Der Zugsattelzapfen ist nach dem Schließvorgang ordnungsgemäß gekuppelt, wenn - je nach Ausführung - die Sicherungsfalle eingefallen ist oder der Karabinerhaken bzw. ein Vorhängeschloss angebracht werden kann.

Zum Absatteln wird nach Anheben der Sicherungsfalle bzw. nach Entfernen des Karabinerhakens mit dem Handgriff die Zugstange zur Seite geschwenkt, anschließend nach außen gezogen und ggf. mit einer Aussparung in der Zugstange am Rand der Sattelplatte eingehängt. Beim Vorziehen der Sattelzugmaschine wird durch den ausfahrenden Zugsattelzapfen automatisch wieder Einkuppelbereitschaft hergestellt.

Einfahrstellung Fahrstellung Ausfahrstellung
Sattelkupplung offen (A) Sattelkupplung geschlossen und gesichert durch
Karabinerhaken (B) bzw. Sicherungsfalle (C)

I.7.4 Sensor-Sattelkupplung

Gelegentlich kommt es während der Fahrt zum Verlust von Sattelanhängern, weil der Aufsattelvorgang nicht korrekt durchgeführt wurde und dies unter den schwierigen räumlichen Verhältnissen (enger Spalt zwischen Auflieger und Kotflügel der Sattelzugmaschine), oft zusätzlich erschwert durch Dunkelheit, vom Fahrer bei der Durchführung seiner Sichtkontrolle nicht bemerkt wurde. Dadurch können auch Verriegelungen beschädigt und außer Funktion gesetzt werden.

Um das wirksam zu verhindern, gibt es als neue Entwicklung so genannte "Sensor-Sattelkupplungen".

Berührungslos wirkende Sensoren an der Sattelkupplung fragen die Position des Zugsattelzapfens und die Stellung des Verriegelungsmechanismus ab. Eine Steuerung führt nach Einschalten der Zündung einen Selbsttest durch. Das Ergebnis wird optisch über Kontrollanzeigen und im Falle von Funktionsstörungen oder nicht ordnungsgemäßem Aufsattelvorgang zusätzlich auch akustisch dem Fahrer im Führerhaus mitgeteilt.

Er hat also unmittelbar nach dem Aufsattelvorgang die Information über den Kuppelzustand.

Fehlerhaftes Aufsatteln wird damit sofort erkannt und kann korrigiert werden.

I.7.5 Sattelstützen

Sattelstützen zählen nicht zu den Verbindungseinrichtungen, dennoch erfüllen sie am Sattelanhänger (auch) die Funktion einer Höheneinstelleinrichtung, ähnlich derjenigen an einer Zuggabel.

Sattelstützen

Mit Sattelstützen erfolgt die Höhenanpassung des Sattelanhängers bzw. dessen Zugsattelzapfens an die Sattelkupplungshöhe der Sattelzugmaschine. Gemäß § 44 Abs. 1 StVZO muss eine Stützeinrichtung vorhanden sein oder angebracht werden können; ein Verzicht kommt jedoch allenfalls dann infrage, wenn ein betriebsmäßiges Ab-/Aufsatteln nicht erfolgt, weil z.B. die Verbindung nur zu Zwecken der Instandhaltung werkstattmäßig getrennt wird.

Sattelstützen sind in der Regel so ausgelegt, dass sie den beladenen abgesattelten Auflieger tragen können. Ist das nicht der Fall, müssen sie deutlich erkennbar und dauerhaft mit der Aufschrift

Nur den leeren Anhänger absatteln!
Den abgesattelten Anhänger nicht beladen!

gekennzeichnet sein.

Bei der Fahrzeugbeschaffung sollte darauf geachtet werden, dass nicht nur die Stützlast, sondern auch die Hublast für den beladenen Auflieger ausreicht, wenn ein beladenes Absatteln vorkommen kann.

II Das Kuppeln von Fahrzeugen

II.1 Allgemeines

Dieser Abschnitt ist wie folgt gegliedert:

Grundsätzlich gilt:

Der Profi verlässt sich niemals darauf, dass die Funktionen der Verbindungseinrichtungen sicher sind, er kontrolliert die Funktionen bevor er sie nutzt.

Auch wenn immer derselbe Fahrer denselben Zug zu fahren hat, können unerwartete Probleme auftreten, weil die Fahrzeugteile, insbesondere auch Teile zum Verbinden von Fahrzeugen, unbemerkt verschleißen und damit in ihrer Funktion beeinträchtigt sein können.

Auch Körperschutz muss sein!

Arbeitshandschuhe sind unverzichtbar für alle An- und Abkuppelvorgänge.

Muss mit Verkehr anderer Fahrzeuge oder Flurförderzeuge gerechnet werden: Warnweste tragen, damit man besser gesehen wird!

In Baustellenbereichen außerdem: Schutzschuhe und Schutzhelm tragen!

II.2 Kuppeln mit selbsttätigen Bolzenkupplungen

II.2.1 Ankuppeln von Gelenkdeichsel- und Starrdeichselanhängern

Beim Kuppeln mit selbsttätigen Bolzenkupplungen sind die nachfolgend beschriebenen Arbeitsschritte einzuhalten und in der aufgeführten Reihenfolge durchzuführen.

In Kurzform finden Sie diese Arbeitsschritte in Anhang VII.

1 Verbindung zulässig?

Ist die Verbindung Zugfahrzeug - Anhänger überhaupt zulässig? Passen Zugfahrzeug und Anhänger zusammen in Bezug auf

Solche Abweichung von der Horizontalen ist nicht zulässig!

Fast alle Bolzenkupplungen sind drehbar, allerdings nur schwergängig (also mit hohem Drehmoment). Anhänger mit drehbarer Zugöse dürfen mit solchen Bolzenkupplungen nicht gekuppelt werden.

2 Feststellbremse betätigt?

Anhänger muss durch betätigte Feststellbremse (Spindel- oder Federspeicherbremse) gegen Wegrollen gesichert sein.
Die automatische Bremsung durch Trennender Bremsluftleitungen ist nicht ausreichend. Wird nach dem Kuppelvorgang die Vorratsleitung wieder angeschlossen, wird die Bremsstellung des Anhängerbremsventils wieder aufgehoben. Wurde das Zugfahrzeug nicht zuvor durch die Feststellbremse gesichert, setzt sich der Zug bei vorhandenem Gefälle unkontrolliert in Bewegung!

3 Unterlegkeile angelegt?

Sofern die Standfläche nicht vollständig eben und waagerecht ist - und das ist sie nur ganz selten -, müssen zusätzlich Unterlegkeile angelegt sein.

Unterlegkeile dürfen nur an Rädern der starren Achse angelegt sein, nie jedoch an lenkbarer Achse und an Liftachse.

4 Lösen Vorderachsbremse

Nur beim Gelenkdeichselanhänger

Beim Gelenkdeichselanhänger muss die Vorderachse drehbar bleiben, also die Vorderachsbremse gelöst sein, um das Hineingleiten der Zugöse in das Fangmaul zu ermöglichen.

Sollte die Federspeicherbremse des Anhängers noch nicht betätigt gewesen sein, ist Folgendes zu beachten: Nach Ziehen des Betätigungsknopfes kann es mehrere Sekunden dauern, bis die Federspeicher die Bremsen anlegen. Die Federspeicher-Systeme im Anhänger verfügen in der Regel nicht über Relaisventile wie die Zugfahrzeuge, die den Entlüftungsvorgang beschleunigen. Die Anlage ist erst vollständig eingesteuert, wenn kein Abblasgeräusch mehr zu hören ist. Erst dann das Vorderachslöseventil oder das Betriebsbrems-Löseventil zum Entsperren der Vorderachse betätigen.

Achtung: Beim Lösen der Vorderachsbremse kann die Zuggabel seitlich herumschlagen, wenn die Räder der Vorderachse nicht auf ebenem, glattem Untergrund stehen!

5 Heranfahren

Mit dem Zugfahrzeug so weit heranfahren, dass noch ca. 1 m Abstand zwischen Kupplung und Zugöse bleibt. Beim Heranfahren kann man sich an der Stellung des linken Vorderrades des Anhängers orientieren, um möglichst gerade zu kuppeln.

Linkes Vorderrad des Anhängers fluchtet mit linkem Hinterrad des Zugfahrzeugs



6 Zugöse ausrichten

6a Zugöse ausrichten beim Gelenkdeichselanhänger

Wenn die Zugöse zum Fangmaul der Kupplung nur einen geringfügigen seitlichen Versatz aufweist, dann kann die exakte Positionierung durch seitliches Schwenken der Zuggabel bei gelöster Vorderachsbremse erfolgen. Dies ist aber nur auf ebenem, glattem Boden möglich. Anderenfalls: erneut heranfahren!

Die Höhe der Zugöse prüfen und gegebenenfalls mittels Höheneinstelleinrichtung auf Kupplungshöhe einstellen.

Höheneinstellung mit HEE

Auf gar keinen Fall darf die Zuggabel während des anschließenden Ankuppelvorganges von Hand hochgehalten werden (durch eine zweite Person).

Normalerweise sind bei Zugfahrzeugen und Gelenkdeichselanhängern mit Luftfederung die Zuggabeln in Höhe des Fangmauls eingestellt, wenn die Federungen an Zugfahrzeug und Anhänger in Fahrstellung stehen. Das ist aber nicht immer der Fall, weil z.B. im Zugfahrzeug die Abweichung der Fahrhöhe am Armaturenbrett nicht angezeigt wird oder bei betätigter Feststellbremse die Fahrstellung nicht erreicht wird. Weiterhin kann durch schwergängige Gabellagerung (Schmierungsmangel) oder vorherigen Einsatz eines Zugfahrzeugs mit anderer Kupplungshöhe die Höheneinstellung der Zuggabel verändert sein.

Nicht auf die Abstellhöhe des Anhängers beim Ankuppelvorgang vertrauen!

Die meisten Zugfahrzeuge und Anhänger sind heute mit verstellbaren Luftfederanlagen in unterschiedlichen technischen Ausführungen ausgerüstet. Anstatt also mit irgendwelchen Mitteln (auch nicht mittels des lieben Kollegen) eine Zuggabel hoch- oder tiefhalten zu wollen, nutzt der Profi die technischen Möglichkeiten des Zugfahrzeugs, die Höheneinstellung mittels Luftfederung vorzunehmen. Der Kollege darf nur in sicherem Abstand von den zu kuppelnden Fahrzeugen (das heißt in Sicht- und Rufkontakt zum Fahrer) als Einweiser das Verfahren kommentieren. Welche Handzeichen zum Einweisen er zur unmissverständlichen Verständigung mit dem Fahrer verwenden sollte, ist aus Abschnitt III ersichtlich.

Bei über längere Zeit abgestellten Anhängern und nach Be- und Entladevorgängen ist immer damit zu rechnen, dass die Luftfederanlage und/oder die Bremsanlage drucklos sind oder über äußerlich nicht erkennbare Restdrücke verfügen. Ein mit Balgdruck "leer" abgestellter Anhänger baut während des Beladens in den Bälgen Druck auf, wenn die Hebel der Hub-Senkventile in Fahrstellung belassen wurden. Beim Anschließen der Luftleitungen (bzw. der Lichtleitungen bei elektronisch geregelten Luftfederanlagen) und beim Lösen von Feststellbremsen können solche Federungen plötzlich in Funktion treten.

An mit Feststellbremse abgestellten Anhängefahrzeugen mit Einarmlenkfedern keine Höhenregulierung mittels Luftfederung vornehmen (etwa für die Höhe der Zugöse), weil sich in diesem Fall die Achse um den Anlenkpunkt dreht und die Federung gegen die festgebremsten Räder arbeitet.

Luftfederung in Einarmlenkfederausführung


weiter .

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