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Regelwerk; Strahlenschutz

Nachhaltiger Schutz der Bevölkerung vor UV-Strahlung
Empfehlung der Strahlenschutzkommission

Vom 21. November 2007
(BAnz. Nr. 12 vom 23.01.2008 S. 198)


Nachfolgend wird die Empfehlung der Strahlenschutzkommission "Nachhaltiger Schutz der Bevölkerung vor UV-Strahlung", verabschiedet in der 217. Sitzung der Kommission am 20./21. September 2007, bekannt gegeben.

Die Strahlenschutzkommission (SSK) betrachtet mit Sorge den starken Anstieg von Hautkrebsfällen: In Deutschland erkranken nach Hochrechnungen des Krebsregisters Schleswig-Holstein ca. 140.000 Menschen (inkl. der ca. 20.000 in-situ-Fälle) pro Jahr an Hautkrebs. Davon entfallen ca. 10 bis 15 % auf das maligne Melanom (MM) und die überwiegende Mehrheit auf das Basalzellkarzinom (BCC *) und das Plattenepithelkarzinom (SCC **). Von den an malignem Melanom Erkrankten versterben ca. 20 bis 25 % aufgrund der Krankheit, dies entspricht somit ca. 4000 bis 5000 Todesfällen pro Jahr. Der Altersgipfel für das Auftreten des malignen Melanoms verschiebt sich in den letzten Jahren zu immer jüngeren Lebensaltern. An BCC und SCC versterben ungefähr zwischen 0,5 % bis 1% der Erkrankten. Die Zahl der Neuerkrankungen an Hautkrebs steigt stärker als die für andere Krebserkrankungen. Die Neuerkrankungsrate des malignen Melanoms hat sich in Deutschland in den letzten 20 Jahren verdreifacht. Diese Entwicklung ist bei der weißen Bevölkerung weltweit zu verzeichnen.

Durch eine Vielzahl epidemiologischer und experimenteller in-vitro- und in-vivo-Untersuchungen ist belegt, dass UV-Strahlung ein "vollständiges" Karzinogen darstellt, da sie sowohl an der Krebsentstehung (Initiation) als auch an der Promotion und Progression der Erkrankung beteiligt ist. Von internationalen Organisationen (NIEHS, IARC) wird die UV-Strahlung übereinstimmend als karzinogen eingestuft [1, 2]. Dies gilt (nach IARC) sowohl für die UV-Strahlung der Sonne als auch für UV-Strahlung aus künstlichen Quellen, z.B. Solarien. Aufgrund dieser Datenlage empfehlen internationale Gesundheits- und Strahlenschutzorganisationen, wie z.B. WHO, ICNIRP, EUROSKIN und der Verbund nordischer Strahlenschutz-Behörden, die Nutzung von Solarien/Sonnenbänken für Jugendliche unter 18 Jahren zu untersagen [3, 4, 5, 6, 7].

Die Wirkungsmechanismen der Krebsentstehung für natürliche (solare) und künstliche UV-Strahlung (z.B. Solarien) sind gleich. Ein geändertes Freizeit- und Sozialverhalten seit den 50er Jahren führte zu einer erhöhten UV-Exposition und wird daher für die kontinuierliche Zunahme an Hautkrebserkrankungen verantwortlich gemacht. Solarien, die seit ca. 30 Jahren in steigendem Maße genutzt werden, haben zu der beschriebenen Entwicklung beigetragen [8].

Biopositive Effekte der UV-Strahlung werden über die UV-indizierte Produktion von Vitamin D bewirkt. Das Hormon ist essentiell für den Erhalt der Knochenstabilität. Darüber hinaus wird behauptet, dass Vitamin D das Risiko für einige Krebsarten, Autoimmun-Erkrankungen oder mentale Erkrankungen, wie z.B. Schizophrenie, reduzieren könnte. Die Datenlage hierzu ist nicht ausreichend belastbar [9, 16].

Bei gesunden Menschen sind für das Auftreten der biopositiven Effekte der UV-Strahlen keine belastenden UV-Expositionen erforderlich. Für die Vitamin-D-Synthese im menschlichen Organismus reichen im gesamten Bundesgebiet bereits die im Alltag auftretenden natürlichen UV-Expositionen aus, weil bereits ca. 15 Minuten Expositionen des Gesichts und der Hände pro Tag in der Regel genügen. Weitere erhöhte Expositionen (wie z.B. in Solarien) sind daher aus diesem Grund nicht gerechtfertigt [9, 10], da außerdem in Deutschland symptomatische Vitamin-D3-Mangel-Erkrankungen nicht bekannt sind. Bei diagnostiziertem Vitamin-D-Mangel ist die Kompensation durch Nahrungsmittel (-Ergänzungen) ausreichend.

Sowohl die Ätiologie als auch die Epidemiologie des Hautkrebses weisen darauf hin, dass UV-Belastungen besonders in der Kindheit und Jugend einen erheblichen Risikofaktor für die Entstehung von Hautkrebs im späteren Leben darstellen [11, 12, 13, 14 und Zitate darin].

Aus diesen Gründen hat die Strahlenschutzkommission in der Vergangenheit schon mehrmals Empfehlungen und Stellungnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor künstlicher und natürlicher UV-Strahlung abgegeben [15].

Trotz der Eindringlichkeit der SSK-Empfehlungen und SSK-Stellungnahmen und der Vielzahl der auf ihnen basierenden nationalen (und teilweise internationalen) Aktivitäten sind die gesundheitlichen Risiken von UV-Expositionen bei großen Teilen der Bevölkerung immer noch nicht genügend bekannt und auch im Wissen der Verantwortlichen im Gesundheitswesen noch nicht ausreichend verankert.

Als besonders bedenklich muss eingestuft werden, dass gegen das bestehende Wissen sogar von Einrichtungen des Gesundheitswesens zu UV-Expositionen ermutigt wird und z.B. von einigen Krankenkassen Sonnenstudio-Ketten als "Gesundheitspartner" genannt und beworben werden. Es ist bedenklich und für die Gesundheitsvorsorge kontraproduktiv, wenn der Besuch von Sonnenstudios als gesundheitsfördernd dargestellt und zu therapeutischen Zwecken (z.B. bei chronisch entzündlichen Dermatosen) beworben wird.

Vor dem Hintergrund der gesicherten erheblichen Risiken von UV-Strahlung ist es aus strahlenhygienischer Sicht auch nicht verantwortbar, dass bei Schulen und öffentlichen Einrichtungen (z.B. Schwimmbäder) bei Planung, Gestaltung und Umbauten noch immer zu wenig auf natürlichen oder künstlichen Sonnenschutz (Bäume, Schatten, Sonnensegel etc.) geachtet wird. Ebenso sollten auch Reiseveranstalter angehalten werden, auf die Gefahren von UV-Strahlung hinzuweisen und bei den angebotenen Reisezielen und Unterkünften verstärkt auf das Vorhandensein von ausreichenden und attraktiven Schattenplätzen zu achten, da das Aufstellen von einzelnen Sonnenschirmen keinen ausreichenden Schutz gewährleistet.

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