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Regelwerk, EU 2004, Lebensmittel - EU Bund

Richtlinie 2004/1/EG der Kommission vom 6. Januar 2004 zur Änderung der Richtlinie 2002/72/EG betreffend die Aussetzung der Verwendung von Azodicarbonamid als Treibmittel

(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. Nr. L 7 vom 13.01.2004 S. 45;
VO (EU) 10/2011 - ABl. Nr. L 278 vom 25.10.2011 S. 13aufgehoben)



aufgehoben/ersetzt zum 01.05.2011 gemäß Art. 21 der VO (EU) Nr. 10/2011

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 89/109/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen 1, insbesondere auf Artikel 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Mit der Richtlinie 2002/72/EG der Kommission vom 6. August 2002 über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen 2, wird die Verwendung von Azodicarbonamid als Treibmittel in Materialien und Gegenständen aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, gemäß der Stellungnahme des wissenschaftlichen Ausschusses "Lebensmittel" (SCF) zugelassen.

(2) Azodicarbonamid wird als Treibmittel bei der Herstellung von Kunststoffdichtungen in Metalldeckeln verwendet, die zum Schließen von Glasgefäßen verwendet werden. Neueren Erkenntnissen zufolge zerfällt Azodicarbonamid unter der Hitzeeinwirkung bei der Herstellung der aufgeschäumten Dichtung und bei der Sterilisation des dicht verschlossenen Glasgefäßes in Semicarbazid (SEM).

(3) Am 8. Juli 2003 wurde die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (nachstehend "die Behörde" genannt) von der Industrie darüber informiert, dass SEM in einer Reihe von in Glasgefäßen abgefüllten Lebensmitteln festgestellt worden war. Der Gehalt an SEM war in diesen Lebensmitteln unterschiedlich (bis zu 25 µg/kg), wobei die höchsten Konzentrationen in Säuglingsnahrung gefunden wurden.

(4) Auf der Grundlage der vorliegenden wissenschaftlichen Daten, einschließlich der Ergebnisse neuerer Forschungsarbeiten, die von der Behörde in Auftrag gegeben wurden, kam das Wissenschaftliche Gremium für Lebensmittelzusatzstoffe, Aromastoffe, Verarbeitungshilfsstoffe und Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen (nachstehend "das Gremium" genannt), in seiner Stellungnahme vom 1. Oktober 2003 zu dem Schluss, dass SEM bei Versuchstieren leicht karzinogen wirkt, in vitro eine geringe Gentoxizität aufweist, dass es jedoch anhand des derzeitigen Wissensstandes nicht möglich ist, eindeutig festzustellen, ob SEM ein Krebsrisiko beim Menschen darstellt.

(5) Die Behörde richtete speziell zu diesem Thema eine Adhoc-Sachverständigengruppe ein, die sie in der Frage der möglichen Risiken für Säuglinge - d. h. diejenige Verbrauchergruppe, bei der die Exposition gegenüber SEM je Körpergewicht vermutlich am stärksten ist - weiter beraten soll. Zur Bewertung der möglichen Wirkung von SEM in Säuglingsnahrung prüfte die Sachverständigengruppe sowohl toxikologische Aspekte als auch mikrobiologische und nährwertbezogene.

(6) Am 9. Oktober 2003 erklärte sie, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Informationen über den Gehalt an SEM in Lebensmitteln, über Aufnahme und Toxizität das Risiko für Säuglinge und Erwachsene, die SEM enthaltende Lebensmittel verzehren, vermutlich sehr gering sei. Das Gremium stellte jedoch fest, dass das Vorhandensein von SEM in Säuglingsnahrung nicht erwünscht sei, und empfahl, die Exposition gegenüber SEM vorsichtshalber so rasch zu reduzieren, wie es der technische Fortschritt auf sichere Weise ermöglicht.

(7) Angesichts der Schlussfolgerungen des Gremiums und der Ad-hoc-Sachverständigengruppe sowie der verbleibenden wissenschaftlichen Ungewissheiten ist es angezeigt, die Verwendung von Azodicarbonamid gemäß dem in Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates 3 (Lebensmittelrecht) genannten Vorsorgeprinzip auszusetzen, um das in der Gemeinschaft gewählte hohe Gesundheitsschutzniveau zu erreichen. Der vorläufige Ausschluss von Azodicarbonamid aus dem unvollständigen Verzeichnis der auf Gemeinschaftsebene vollständig harmonisierten Additive sollte gelten, solange die Gemeinschaft nach umfassenderen Informationen sucht, die die Lücken im derzeitigen Kenntnisstand über SEM schließen können.

(8) Die Kommission wurde darüber informiert, dass in naher Zukunft Alternativen zu Azodicarbonamid zur Verfügung stehen werden. Was den möglichen Ersatz von Azodicarbonamid in Verpackungsmaterialien für Säuglingsnahrung anbelangt, muss die Dichtungsintegrität der Materialien vor ihrer Einführung sorgfältig geprüft und evaluiert werden, damit die mikrobiologische Sicherheit der Lebensmittel nicht beeinträchtigt wird. Daher ist eine Übergangsphase von 18 Monaten vorzusehen, in der eine derartige Evaluierung über einen Zeitraum durchgeführt wird, bei dem die Mindesthaltbarkeit solcher abgepackten Lebensmittel berücksichtigt wird.

(9) Auch für Materialien und Gegenstände, die vor Ablauf der Durchführungsfrist dieser Richtlinie mit Lebensmitteln in Berührung gekommen sind, sollte eine Übergangsfrist vorgesehen werden.

(10) Diese Übergangsfrist sollte auch den Bestimmungen der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln und die Werbung hierfür 4 Rechnung tragen.

(11) Die Richtlinie 2002/72/EG sollte dementsprechend geändert werden.

(12) Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit

- hat folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1

Für das Additiv Azodicarbonamid mit der Referenznummer 36640 wird der Text in Anhang III Abschnitt a Spalte 4 der Richtlinie 2002/72/EG wie folgt ersetzt:

"Nur zur Verwendung als Treibmittel. Verwendung verboten ab 2. August 2005."

Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen bis spätestens 2. August 2005 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechtsvorschriften mit und fügen eine Entsprechungstabelle dieser Rechtsvorschriften und der vorliegenden Richtlinie bei.

(2) Die Mitgliedstaaten wenden die Bestimmungen in Absatz 1 ab 2. August 2005 in der Weise an, dass das Inverkehrbringen und die Einfuhr von Materialien und Gegenständen aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und die die Bedingungen dieser Richtlinie nicht erfüllen, in die Gemeinschaft verboten sind.

Materialien und Gegenstände, die vor dem 2. August 2005 abgefüllt wurden, dürfen weiterhin in Verkehr gebracht werden, sofern das Abfülldatum auf den Materialien und Gegenständen angegeben wird. Das Abfülldatum kann durch eine andere Angabe ersetzt werden, sofern diese die Ermittlung des Abfülldatums ermöglicht. Auf Nachfrage ist das Abfülldatum den zuständigen Behörden sowie allen Personen, die die Bestimmungen dieser Richtlinie durchsetzen, anzugeben.

Unterabsatz 1 und 2 gelten unbeschadet der Bestimmungen der Richtlinie 2000/13/EG.

Beim Erlass der Vorschriften in Absatz 1 nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(3) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an alle Mitgliedstaaten gerichtet.

  

1) ABl. L 40 vom 11.02.1989 S. 38. Richtlinie geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003 S. 1).

2) ABl. L 220 vom 15.08.2002 S. 18.

3) ABl. L 31 vom 01.02.2002 S. 1. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1642/2003 (ABl. L 245 vom 29.09.2003 S. 4).

4) ABl. L 109 vom 06.05.2000 S. 29. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/89/EG(ABl. L 308 vom 25.11.2003 S. 15).

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