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Regelwerk, EU 2004, Gefahrgut/Transport - EU Bund

Richtlinie 2004/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Interoperabilität elektronischer Mautsysteme in der Gemeinschaft

(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. Nr. L 166 vom 30.04.2004 S. 124, ber. L 200 S. 50, ber. 2007 L 204 S. 30;
VO (EG) 219/2009 - ABl. Nr. L 87 vom 31.03.2009 S. 109;
RL (EU) 2019/520 - ABl. L 91 vom 29.03.2019 S. 45 *)



aufgehoben/ersetzt gem. Art. 33 der RL (EU) 2019/520 - Frist Umsetzung nat. Recht Entsprechungstabelle

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 1,

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen 2,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) In seiner Entschließung vom 17. Juni 1997 zum Ausbau der Telematik im Straßenverkehr, insbesondere zur elektronischen Gebührenerfassung 4, hat der Rat die Mitgliedstaaten und die Kommission ersucht, eine Strategie für die Zusammenführung der Systeme zur elektronischen Gebührenerfassung zu entwickeln, um einen angemessenen Grad der Interoperabilität auf europäischer Ebene zu erreichen. Die Mitteilung der Kommission über die europaweite Interoperabilität der Systeme zur elektronischen Gebührenerhebung bildete die erste Phase dieser Strategie.

(2) Die Mitgliedstaaten, die elektronische Mautsysteme zur Finanzierung der Straßeninfrastruktur oder zur Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren (nachstehend unter dem Oberbegriff "elektronische Mautsysteme" zusammengefasst) eingeführt haben, arbeiten mehrheitlich mit der Technik der Mikrowellen-Nahbereichskommunikation mit Frequenzen im Bereich von 5,8 GHz; diese Systeme sind derzeit jedoch nicht vollständig miteinander kompatibel. Die Arbeiten des Europäischen Komitees für Normung (CEN) in Bezug auf diese Mikrowellentechnik haben nach der Verabschiedung von technischen Vornormen im Jahr 1997 schließlich im Januar 2003 zur Ausarbeitung technischer Normen geführt, die der Kompatibilität der elektronischen Mautsysteme, bei denen die 5,8-GHz-Mikrowellentechnik zum Einsatz kommt, dienlich sind. Die Vornormen gelten aber nicht für alle in der Gemeinschaft verwendeten 5,8-GHz-Systeme für die Mikrowellen-Nahbereichskommunikation (Dedicated Short-Range Communications - DSRC) und enthalten zwei Varianten, die nicht vollständig miteinander kompatibel sind. Sie beruhen auf dem von der Internationalen Normenorganisation für die Kommunikation zwischen Computersystemen festgelegten OSI-Modell für die Kommunikation offener Systeme ("Open Systems Interconnection").

(3) Gerätehersteller und Infrastrukturbetreiber haben sich in der Gemeinschaft jedoch auf die Entwicklung interoperabler Produkte auf der Grundlage bestehender 5,8-GHz-DSRC-Nahbereichskommunikationssysteme geeinigt. Hierfür muss den Benutzern ein Gerät zur Verfügung stehen, das in der Lage ist, mit den Techniken zu kommunizieren, die in den nach dem 1. Januar 2007 in der Gemeinschaft in Betrieb genommenen neuen elektronischen Mautsystemen als einzige verwendet werden dürfen, nämlich Satellitenortung, Mobilfunk nach der GSM/GPRS-Norm und Mikrowellentechnik (5,8 GHz).

(4) Es kommt nun darauf an, die Normungsarbeiten so schnell wie möglich zum Abschluss zu bringen, damit technische Normen festgelegt werden, die gewährleisten, dass alle elektronischen Mautsysteme, die auf der Mikrowellentechnik (5,8 GHz), auf Satellitenortung und auf Mobilfunk beruhen, miteinander technisch kompatibel sind, um eine weitere Marktfragmentierung zu verhindern.

(5) Es sind Vorkehrungen für den Fall der allgemeinen Einführung elektronischer Mautsysteme in den Mitgliedstaaten und ihren Nachbarländern zu treffen, und dabei werden interoperable Systeme erforderlich, die der künftigen Entwicklung einer gemeinschaftlichen Gebührenpolitik und künftigen technischen Entwicklungen gerecht werden.

(6) Die elektronischen Mautsysteme sollten interoperabel sein und auf offenen und öffentlichen Normen beruhen, die allen Systemanbietern in nichtdiskriminierender Form zugänglich sind.

(7) Es ist erforderlich, dass bei der Einführung neuer elektronischer Mautsysteme genügend Fahrzeuggeräte zur Verfügung stehen, um Diskriminierungen zwischen den betroffenen Unternehmen zu vermeiden.

(8) Insbesondere aufgrund der hohen Flexibilität und Anwendungsvielfalt der neuen Satellitenortungs- und Mobilfunktechnik (GNSS bzw. GSM/GPRS) kann ihr Einsatz zur Mauterhebung den Anforderungen der neuen Gebührenpolitik gerecht werden, die in der Gemeinschaft und in den Mitgliedstaaten derzeit in Betracht gezogen wird. Die Technik erlaubt die Erfassung der pro Straßenkategorie zurückgelegten Kilometer, ohne dass teure Infrastrukturinvestitionen erforderlich wären. Außerdem ebnet sie den Weg für neue zusätzliche Sicherheitsfunktionen und Reisedienste wie den automatischen Unfallnotruf mit Positionsangabe des Fahrzeugs und Echtzeit-Informationen über die Verkehrsbedingungen, das Verkehrsaufkommen oder Fahrtzeiten. Im Bereich der Satellitenortung soll das von der Gemeinschaft im Jahr 2002 begonnene Galileo-Projekt der Terminplanung nach ab 2008 Informationsdienste bereitstellen, die die Qualität der gegenwärtigen Satellitennavigationssysteme übertreffen und sich optimal für die Telematik im Straßenverkehr eignen. Das als Vorläufersystem geplante europäische geostationäre Navigationssystem (EGNOS), welches bereits im Jahr 2004 in Betrieb gehen wird, erbringt eine vergleichbare Leistung. Diese innovativen Systeme könnten sich allerdings im Hinblick auf die Zuverlässigkeit von Kontrollen und die Betrugsbekämpfung als problematisch erweisen. Wegen der oben erwähnten beträchtlichen Vorteile wäre aber eine Anwendung der Satellitenortungs- und Mobilfunktechnik bei der Einführung neuer elektronischer Mautsysteme grundsätzlich zu empfehlen.

(9) Die Tatsache, dass für bereits eingesetzte oder in den nächsten Jahren geplante elektronische Mautsysteme zunehmend verschiedene Techniken (vor allem 5,8-GHz-Mikrowellentechnik, Satellitenortung und Mobilfunk) verwendet werden und dass die Mitgliedstaaten und deren Nachbarländer dafür unterschiedliche Spezifikationen vorschreiben, kann sich als Hindernis für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erweisen und den Zielen der Verkehrspolitik schaden. Diese Situation birgt die Gefahr, dass immer mehr teure und miteinander inkompatible Fahrzeuggeräte in den Fahrerhäusern der LKWs angebracht werden müssen und dass es zu Bedienungsfehlern und somit beispielsweise zu einer unbeabsichtigten Gebührenminderzahlung seitens der Kraftfahrer kommt. Eine derartige Vielzahl von Techniken ist für Nutzer und Fahrzeughersteller aus Kosten-, Sicherheits- und Rechtsgründen nicht akzeptabel.

(10) Künstliche Hindernisse, die dem Funktionieren des Binnenmarkts entgegenstehen, sollten beseitigt werden; gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft die Möglichkeit erhalten, auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene unterschiedliche Gebührenkonzepte für alle Fahrzeugarten anzuwenden. Die in den Fahrzeugen angebrachten Erfassungsgeräte sollten die Erhebung dieser Gebühren unter Beachtung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung zwischen den Bürgern aller Mitgliedstaaten ermöglichen. Deshalb muss so schnell wie möglich die gemeinschaftsweite Interoperabilität der elektronischen Mautsysteme hergestellt werden.

(11) Die Kraftfahrer erwarten mit Recht eine höhere Dienstleistungsqualität der Straßeninfrastruktur vor allem im Bereich der Sicherheit und eine erhebliche Verminderung der Staus an den Mautstellen, insbesondere zu Spitzenverkehrszeiten und an bestimmten Überlastungspunkten des Straßennetzes. Die Konzeption des europäischen elektronischen Mautdienstes muss dem Rechnung tragen. Des Weiteren sollte dafür gesorgt werden, dass die vorgesehenen Techniken und Komponenten, soweit technisch machbar, auch mit anderen Komponenten des Fahrzeugs, wie z.B. dem digitalen Fahrtenschreiber und Notrufdiensten, verbunden werden können. Intermodale Systeme sollten in einem späteren Stadium nicht ausgeschlossen sein.

(12) Die Möglichkeit des Zugangs zu weiteren, zukünftigen Anwendungen neben derjenigen zur Mauterhebung sollte durch eine entsprechende Schnittstelle sichergestellt werden.

(13) Ein europäischer elektronischer Mautdienst sollte Interoperabilität auf technischer, vertraglicher und prozeduraler Ebene herstellen und Folgendes umfassen:

  1. einen einzigen Vertrag zwischen den Kunden und den den Dienst anbietenden Betreibern, der einem vertraglichen Regelwerk entspricht, das es allen Betreibern und/oder Emittenten ermöglicht, den Dienst anzubieten, und der Zugang zum gesamten Netz verschafft;
  2. eine Reihe technischer Normen und Anforderungen, die es der Industrie ermöglichen, die notwendige Ausrüstung für die Erbringung des Dienstes bereitzustellen.

(14) Mit der vertraglichen Interoperabilität wird das Potenzial für bedeutende Erleichterungen zugunsten bestimmter Straßennutzer und für beträchtliche administrative Einsparungen zugunsten der gewerblichen Straßennutzer geschaffen.

(15) Elektronische Mautsysteme tragen wesentlich zur Verringerung der Unfallgefahr und damit zur Erhöhung der Sicherheit des Straßenverkehrs, zur Verringerung der Bargeldzirkulation und insbesondere bei hohem Verkehrsaufkommen zur Verminderung der Staus an den Mautstellen bei. Außerdem ermöglichen sie die Verringerung der negativen Umweltauswirkungen, die mit dem Anhalten und Wiederanlassen von Fahrzeugen und mit Staus sowie mit dem Bau neuer Mautstationen oder der Erweiterung bestehender Mautstellen verbunden sind.

(16) Das Weißbuch über die europäische Verkehrspolitik bis 2010 enthält Zielvorgaben für die Sicherheit und Flüssigkeit des Straßenverkehrs. Interoperablen intelligenten Verkehrsdiensten und -systemen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.

(17) Die Einführung von elektronischen Mautsystemen ist mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verbunden. Bei dieser Verarbeitung muss die Einhaltung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, insbesondere der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr 5 und der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation 6, sichergestellt sein. Das Recht auf den Schutz der personenbezogenen Daten wird in Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich anerkannt.

(18) Für die automatische Abbuchung von Mautgebühren über Bankkonten oder Kredit-/Debetkartenkonten in der Gemeinschaft und in Drittstaaten ist ein voll funktionsfähiger Zahlungsraum der Gemeinschaft ohne diskriminierende Gebühren Voraussetzung.

(19) Die in den Mitgliedstaaten in Betrieb genommenen elektronischen Mautsysteme sollten folgende grundlegende Kriterien erfüllen: Das System sollte künftige Verbesserungen und Entwicklungen der Technik und des Systems problemlos übernehmen können, ohne dass die älteren Modelle und Methoden kostspielig ersetzt werden müssen, die Kosten für die Übernahme des Systems durch gewerbliche und private Straßenbenutzer sollten im Vergleich zu den Vorteilen für die Straßenbenutzer und die Gesellschaft insgesamt vernachlässigbar sein und die Einführung des Systems in einem Mitgliedstaat sollte in keiner Hinsicht zu einer Diskriminierung der Straßenbenutzer aus anderen Mitgliedstaaten gegenüber den nationalen Straßenbenutzern führen.

(20) Da die Ziele dieser Richtlinie, insbesondere die Interoperabilität der elektronischen Mautsysteme innerhalb des Binnenmarkts und die Einrichtung eines europäischen elektronischen Mautdienstes für das gesamte mautpflichtige Straßennetz der Gemeinschaft, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher aufgrund ihrer europäischen Tragweite besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 EG-Vertrag niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(21) Die Einbindung interessierter Kreise (wie etwa Betreiber von Mautdiensten, Betreiber von Infrastrukturen, Elektronik- und Autoindustrie sowie Benutzer) in die Anhörungen der Kommission zu technischen und vertraglichen Aspekten der Schaffung des europäischen elektronischen Mautdienstes sollte vorgesehen werden. Gegebenenfalls sollte die Kommission auch nichtstaatliche Organisationen konsultieren, die auf den Gebieten des Schutzes der Privatsphäre, der Straßenverkehrssicherheit und des Umweltschutzes tätig sind.

(22) Die Schaffung eines europäischen elektronischen Mautdienstes setzt die Aufstellung von Grundsätzen durch den mit dieser Richtlinie eingesetzten Ausschuss für elektronische Maut voraus.

(23) Diese Richtlinie lässt die Freiheit der Mitgliedstaaten unberührt, Vorschriften für die Erhebung von Gebühren für Straßeninfrastrukturen und entsprechende Steuervorschriften festzulegen.

(24) Die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse 7 erlassen werden

- haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1 Ziel und Anwendungsbereich

(1) In dieser Richtlinie werden die Voraussetzungen für die Gewährleistung der Interoperabilität der elektronischen Mautsysteme in der Gemeinschaft festgelegt. Sie gilt für die elektronische Erhebung aller Arten von Straßenbenutzungsgebühren im gesamten gemeinschaftlichen Straßennetz einschließlich aller städtischen und außerstädtischen Straßen, Autobahnen, übergeordneten und nachgeordneten Straßen sowie Bauwerke wie Tunnel und Brücken sowie Fähren.

(2) Diese Richtlinie gilt nicht für:

  1. Mautsysteme ohne elektronische Einrichtungen für die Mauterhebung;
  2. elektronische Mautsysteme, die einen Einbau fahrzeugseitiger Geräte nicht erforderlich machen;
  3. kleine, rein lokale Mautsysteme, bei denen die Kosten für eine Anpassung an die Anforderungen dieser Richtlinie außer Verhältnis zum erzielten Nutzen stehen würden.

(3) Zur Verwirklichung des in Absatz 1 genannten Ziels wird ein "europäischer elektronischer Mautdienst" geschaffen. Dieser Mautdienst, der die nationalen elektronischen Mautdienste der Mitgliedstaaten ergänzt, gewährleistet, dass die in den Mitgliedstaaten bereits vorhandenen und die künftig gemäß dieser Richtlinie eingeführten Mautsysteme für den Nutzer gemeinschaftsweit interoperabel sind.

Artikel 2 Technische Lösungen

(1) Alle neuen elektronischen Mautsysteme, die ab dem 1. Januar 2007 in Betrieb genommen werden, nutzen zur Mautabwicklung eine oder mehrere der folgenden Techniken:

  1. Satellitenortung;
  2. Mobilfunk nach der GSM/GPRS-Norm (GSM TS 03.60/23.060);
  3. Mikrowellentechnik (5,8 GHz).

(2) Der europäische elektronische Mautdienst wird gemäß Artikel 3 Absatz 1 in Dienst gestellt. Die Betreiber stellen den interessierten Nutzern nach dem in Artikel 3 Absatz 4 festgelegten Zeitplan Erfassungsgeräte für ihre Fahrzeuge bereit, die sich für alle in den Mitgliedstaaten eingesetzten elektronischen Mautsysteme, bei denen die in Absatz 1 genannten Techniken zum Einsatz kommen, und für alle Fahrzeugarten eignen. Diese Geräte müssen zumindest interoperabel und in der Lage sein, mit allen in den Mitgliedstaaten betriebenen Systemen, bei denen eine oder mehrere der in Absatz 1 genannten Techniken eingesetzt werden, zu kommunizieren. Die genauen Regelungen hierfür legt der in Artikel 5 Absatz 1 genannte Ausschuss fest, wozu auch Regelungen gehören, mit denen erreicht werden soll, dass der Nachfrage interessierter Nutzer nach fahrzeugseitigen Geräten entsprochen werden kann.

(3) Es wird empfohlen, bei neuen elektronischen Mautsystemen, die nach Annahme dieser Richtlinie in Betrieb genommen werden, die Satellitenortungs- und die Mobilfunktechnik gemäß Absatz 1 einzusetzen. Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit dem in Artikel 5 Absatz 1 genannten Ausschuss bis 31. Dezember 2009 einen Bericht über die mögliche Umstellung von Systemen, die andere Techniken nutzen, auf Systeme, bei denen diese Techniken eingesetzt werden, vorlegen. Dieser Bericht enthält eine Studie über die Nutzung der in Absatz 1 genannten Techniken sowie eine Kosten-Nutzen-Analyse. Gegebenenfalls fügt die Kommission dem Bericht einen an das Europäische Parlament und den Rat gerichteten Vorschlag für eine Strategie zur Umstellung der Systeme bei.

(4) Unbeschadet des Absatzes 1 kann das fahrzeugseitige Erfassungsgerät auch für andere Techniken geeignet sein, sofern dies nicht zu einer zusätzlichen Belastung der Nutzer oder zu einer Diskriminierung einzelner Nutzer führt. Gegebenenfalls kann das fahrzeugseitige Erfassungsgerät auch mit dem digitalen Fahrtenschreiber des Fahrzeugs verbunden werden.

(5) Verfügen die Mitgliedstaaten über Mautsysteme, so ergreifen sie die erforderlichen Maßnahmen, durch die eine breitere Nutzung von elektronischen Mautsystemen bewirkt werden kann. Sie sind bestrebt, sicherzustellen, dass spätestens ab 1. Januar 2007 an jeder Mautstelle mindestens 50 % der Fahrzeuge elektronische Mautsysteme nutzen können. Unter gebührender Berücksichtigung der Sicherheit können die für die elektronische Mauterhebung genutzten Fahrspuren auch für andere Arten der Mauterhebung genutzt werden.

(6) Durch die Arbeiten an der Interoperabilität der bestehenden elektronischen Mauterhebungstechniken, die im Rahmen des europäischen elektronischen Mautdienstes durchgeführt werden, muss gewährleistet werden, dass diese Techniken mit den in Absatz 1 genannten Techniken und den dazugehörigen Geräten vollständig kompatibel und ihre Schnittstellen aneinander angepasst sind.

(7) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die für den Betrieb des europäischen elektronischen Mautdienstes notwendige Verarbeitung personenbezogener Daten in Übereinstimmung mit den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zum Schutz der Freiheitsrechte und Grundrechte natürlicher Personen, einschließlich ihrer Privatsphäre, erfolgt und dass insbesondere den Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG entsprochen wird.

Artikel 3 Schaffung eines europäischen elektronischen Mautdienstes

(1) Für das gesamte Straßennetz der Gemeinschaft, für das elektronisch Maut- oder Straßenbenutzungsgebühren erhoben werden, wird ein europäischer elektronischer Mautdienst eingerichtet. Dieser elektronische Mautdienst beruht auf einem vertraglichen Regelwerk, das es allen Betreibern und/oder Emittenten ermöglicht, den Dienst zu erbringen, sowie auf einer Reihe technischer Normen und Anforderungen und einem einzigen Vertrag zwischen den Kunden und den Betreibern und/- oder Emittenten, die den Dienst anbieten. Dieser Vertrag, der mit dem Betreiber eines beliebigen Teils dieses Netzes und/oder mit dem Emittenten geschlossen werden kann, verschafft Zugang zu dem Mautdienst für das gesamte Netz.

(2) Der europäische elektronische Mautdienst steht in keinem Zusammenhang mit den Grundsatzentscheidungen der Mitgliedstaaten über die Erhebung einer Maut für bestimmte Arten von Fahrzeugen, mit der Höhe der Gebühren oder mit dem Zweck ihrer Erhebung. Er betrifft lediglich die Art der Maut- oder Gebührenerhebung. Der Dienst muss den Abschluss von Verträgen unabhängig vom Zulassungsort des Fahrzeugs, der Staatsangehörigkeit der Vertragsparteien sowie von dem Mautgebiet oder der Stelle, an der die Maut erhoben wird, gestatten.

(3) Das System muss die Weiterentwicklung der Intermodalität gestatten, ohne dass andere Verkehrsarten benachteiligt werden.

(4) Verfügen die Mitgliedstaaten über nationale Systeme zur elektronischen Mauterhebung, so sorgen sie dafür, dass die Betreiber und/- oder Emittenten ihren Kunden den europäischen elektronischen Mautdienst nach folgendem Zeitplan anbieten:

  1. für alle Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen und für Fahrzeuge, die für die Beförderung von mehr als neun Personen (Fahrer + acht Personen) zugelassen sind, spätestens drei Jahre, nachdem die in Artikel 4 Absatz 4 genannten Entscheidungen über die Merkmale des europäischen elektronischen Mautdienstes getroffen worden sind;
  2. für alle anderen Fahrzeugarten spätestens fünf Jahre, nachdem die in Artikel 4 Absatz 4 genannten Entscheidungen über die Merkmale des europäischen elektronischen Mautdienstes getroffen worden sind.

Artikel 4 Merkmale des europäischen elektronischen Mautdienstes

(1) Der europäische elektronische Mautdienst stützt sich auf die im Anhang aufgeführten Merkmale.

(2) Gegebenenfalls kann dieser Anhang aus technischen Gründen angepasst werden. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie werden nach dem in Artikel 5 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

(3) Der europäische elektronische Mautdienst beruht auf den in Artikel 2 genannten technischen Lösungen, wobei öffentlich zugängliche Spezifikationen verwendet werden.

(4) Die Kommission trifft Entscheidungen über die Merkmale des europäischen elektronischen Mautdienstes. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 5 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen. Diese Entscheidungen werden nur getroffen, wenn entsprechend einer Bewertung auf der Grundlage geeigneter Untersuchungen alle Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass die Interoperabilität in jeder Hinsicht - einschließlich technischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Voraussetzungen - funktioniert.

(5) Die Kommission trifft technische Entscheidungen über die Bereitstellung des europäischen elektronischen Mautdienstes. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 5 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

(7) Die Kommission ersucht entsprechend dem in der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften 8 festgelegten Verfahren die zuständigen Normenorganisationen, insbesondere das CEN, nach Kräften an der schnellen Verabschiedung von Normen für die in Artikel 2 Absatz 1 genannten Techniken für elektronische Mautsysteme zu arbeiten.

(8) Die für den europäischen elektronischen Mautdienst bestimmten Erfassungsgeräte müssen insbesondere den Anforderungen der Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funk anlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität 9 und der Richtlinie 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit 10 entsprechen.

Artikel 5 Ausschussverfahren

(1) Die Kommission wird von einem "Ausschuss für elektronische Maut" unterstützt.

(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Artikel 6 Umsetzung

Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens ab dem 20. November 2005 nachzukommen. Sie übermitteln der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften und eine Tabelle der Entsprechungen zwischen diesen Vorschriften und denen dieser Richtlinie.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

Artikel 7 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 8 Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 29. April 2004.

1) ABl. C 32 vom 05.02.2004 S. 36.

2) ABl. C 73 vom 23.03.2004 S. 54.

3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 18. Dezember 2003 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 22. März 2004 (ABl. C 95 E vom 20.04.2004 S. 53) und Beschluss des Europäischen Parlaments vom 20. April 2004.

4) ABl. C 194 vom 25.06.1997 S. 5.

5) ABl. Nr. L 281 vom 23.11.1995 S. 31. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. Nr. L 284 vom 31.10.2003 S. 1).

6) ABl. Nr. L 201 vom 31.07.2002 S. 37.

7) ABl. Nr. L 184 vom 17.07.1999 S. 23.

8) ABl. Nr. L 204 vom 21.07.1998 S. 37. Zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 2003.

9) ABl. Nr. L 91 vom 07.04.1999 S. 10. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003.

10) ABl. Nr. L 139 vom 23.05.1989 S. 19. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/68/EWG (ABl. Nr. L 220 vom 30.08.1993 S. 1).

.

Für Definition und Einsatz des europäischen elektronischen Mautdienstes erforderliche Merkmale   Anhang

Die nachstehend aufgelisteten Merkmale sind von grundlegender Bedeutung für die Definition und den Einsatz des europäischen elektronischen Mautdienstes gemäß dieser Richtlinie. Hierbei wird zwischen technischen, verfahrensbezogenen und rechtlichen Aspekten unterschieden:

Technische Aspekte:

  1. Verfahren für den Betrieb des Dienstes: Teilnahme am Mautdienst, Anleitungen für Bedienung, Einbau und Anbringung der Erfassungsgeräte im Fahrzeug, Verarbeitung der Transaktionen an den Mautstellen oder bei kontinuierlicher Erhebung, Verfahren zur Wiedergewinnung von Transaktionsdaten bei Ausfällen oder Funktionsstörungen der Geräte, systemtechnische Kontrolle (Plausibilität und Abrechnung), Berechnung und Einziehung geschuldeter Beträge, Kundendienst, Kundenunterstützung, Festlegung des Umfangs der Leistungserbringung für die Kunden; bei der Festlegung dieser Verfahren sind die in den Mitgliedstaaten bestehenden Verfahren zu berücksichtigen.
  2. Funktionale Spezifikationen des Dienstes: Beschreibung der Funktionen der Einrichtungen im Fahrzeug und der Einrichtungen außerhalb des Fahrzeugs.
  3. Technische Spezifikationen für die Einrichtungen im Fahrzeug und die Einrichtungen außerhalb des Fahrzeugs, auf denen der Dienst beruht, sowie die einzuhaltenden Normen, Zertifizierungsverfahren und Vorgaben.
  4. Einleitung und Verfolgung der die zuständigen europäischen Normenorganisationen betreffenden Arbeiten, mögliche technische Ergänzungen der verwendeten Nonnen oder Vornormen zur Gewährleistung der Interoperabilität.
  5. Spezifikationen für den Einbau der fahrzeugseitigen Geräte.
  6. Transaktionsmodelle: genaue Festlegung der Transaktionsalgorithmen entsprechend den jeweiligen Mauterhebungsarten (Erhebung an Mautstellen oder kontinuierliche Erhebung), Festlegung des Datenaustausches zwischen Einrichtungen im Fahrzeug und Einrichtungen außerhalb des Fahrzeugs sowie des Formats dieser Daten.
  7. Regelungen, mit denen erreicht werden soll, dass der Nachfrage aller interessierten Nutzer nach fahrzeugseitigen Geräten entsprochen werden kann.

    Verfahrensbezogene Aspekte:


  8. Verfahren für die Überprüfung der technischen Leistung der Einrichtungen im Fahrzeug, der Einrichtungen außerhalb des Fahrzeugs sowie des Einbaus von Fahrzeuggeräten.
  9. Parameter für die Klassifizierung der Fahrzeuge: Validierung einer Gemeinschaftsliste mit technischen Parametern, aus der jeder Mitgliedstaat die Parameter auswählt, die er für seine Tarifgestaltung verwenden will. Die Parameter spiegeln die Eigenschaften der Fahrzeuge hinsichtlich Bauweise, Motorisierung und Umweltfreundlichkeit wider. Die Einteilung in Fahrzeugklassen anhand dieser Parameter ist Sache der Mitgliedstaaten.
  10. Abwicklung der Verfahren für die Behandlung von Sonderfällen, wie z.B. Funktionsstörungen aller Art. Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen der betreffende Mautsystembetreiber und der Kunde in unterschiedlichen Ländern ansässig sind.

    Rechtliche Aspekte:


  11. Überprüfung der gewählten technischen Lösungen im Hinblick auf die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zum Schutz der Freiheitsrechte und Grundrechte natürlicher Personen, einschließlich ihrer Privatsphäre. Insbesondere muss die Vereinbarkeit mit den Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG sichergestellt sein.
  12. Aufstellung nicht diskriminierender gemeinsamer Vorschriften und Mindestanforderungen, die potenzielle Diensteerbringer bei der Erbringung dieser Dienste erfüllen sollten.
  13. Untersuchung der Frage, ob es möglich ist, die Vorschriften über die Durchsetzung von Ansprüchen in Bezug auf die elektronische Maut zu harmonisieren.
  14. Vereinbarung zwischen Mautsystembetreibern über die Einführung des europäischen elektronischen Mautdienstes, die sich auch auf Streitbeilegungsverfahren erstreckt.
ENDE

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