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Bestimmung der Ökotoxizität
C.22. Bodenmikroorganismen: Kohlenstofftransformationstest

Stand RL 2004/73/EG
Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

C.22. 1. Methode

Diese Methode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 217 (2000).

C.22. 1.1 Einleitung

Diese Testmethode beschreibt eine Labormethode zur Untersuchung der potenziellen Langzeitauswirkungen einer einmaligen Exposition gegenüber Pflanzenschutzmitteln und etwaigen anderen Chemikalien auf die Kohlenstofftransformationsaktivität von Bodenmikroorganismen. Der Test beruht im Wesentlichen auf den Empfehlungen der Pflanzenschutzorganisation für Europa und den Mittelmeerraum (1), doch auch andere Richtlinien wurden berücksichtigt, wie die der deutschen Biologischen Bundesanstalt (2), der US-amerikanischen Environmental Protection Agency (3), und SETAC (4). Auf einem OECD-Workshop zur Boden-/Sedimentauswahl, der 1995 im italienischen Belgirate stattfand (5), wurden die bei diesem Test zu verwendende Anzahl und Art von Böden vereinbart. Die Empfehlungen zur Entnahme, Behandlung und Lagerung von Bodenproben basieren auf einer ISO-Anleitung (6) und auf Empfehlungen des Belgirate-Workshops.

Bei der Be- und Auswertung toxischer Eigenschaften von Testsubstanzen kann eine Bestimmung der Auswirkungen auf die mikrobielle Aktivität des Bodens erforderlich sein , z.B. wenn Daten zu möglichen Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Mikroflora des Bodens benötigt werden oder wenn eine Exposition von Bodenmikroorganismen gegenüber anderen Chemikalien als Pflanzenschutzmitteln erwartet wird. Der Kohlenstofftransformationstest wird durchgeführt, um den Einfluss derartiger Chemikalien auf die Bodenmikroflora zu ermitteln. Bei der Prüfung von Agrochemikalien (z.B. Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Forstchemikalien) werden sowohl Kohlenstoff- als auch Stickstofftransformationstests durchgeführt. Bei anderen Substanzen als Agrochemikalien genügt der Stickstofftransformationstest. Liegen jedoch die EC50-Werte des Stickstofftransformationstests bei diesen Chemikalien im Bereich, der für käufliche Nitrifikationshemmstoffe (z.B. Nitrapyrin) ermittelt wurde, kann ein Kohlenstofftransformationstest durchgeführt werden, um weitere Informationen zu gewinnen.

Boden besteht sowohl aus lebenden als auch aus nichtlebenden Komponenten, die in komplexen und heterogenen Gemischen vorkommen. Beim Abbau organischen Materials und seiner Transformation in fruchtbaren Böden spielen Mikroorganismen eine wichtige Rolle, wobei viele Arten für unterschiedliche Aspekte der Bodenfruchtbarkeit verantwortlich sind. Jede Langfristige Störung dieser biochemischen Prozesse kann sich potenziell auf den Nährstoffkreislauf auswirken und dadurch wiederum die Bodenfruchtbarkeit beeinflussen. Die Transformation von Kohlenstoff und Stickstoff erfolgt in allen fruchtbaren Böden. Die Transformationspfade sind im Wesentlichen gleich, auch wenn je nach Boden unterschiedliche mikrobielle Populationen für diese Prozesse verantwortlich sind.

Mit der hier beschriebenen Testmethode können durch einen Stoff hervorgerufene langfristige nachteilige Auswirkungen auf den Prozess der Kohlenstofftransformation in aeroben Oberbödenbestimmt werden. Der Test reagiert empfindlich auf Veränderungen in Größe und Aktivität der mikrobiellen Populationen, die für die Kohlenstofftransformation verantwortlich sind, da diese Populationen sowohl eine m chemischen Stress als auch einem Kohlenstoffmangel ausgesetzt werden. Verwendet wird ein an organische m Material armer Sandboden. Dieser Boden wird mit der Testsubstanz behandelt und unter Bedingungen inkubiert, die einen schnellen mikrobiellen Stoffwechsel ermöglichen. Unter diesen Bedingungen werden Quellen von leicht verfügbarem Kohlenstoff im Boden rasch aufgebraucht. Dies verursacht einen Kohlenstoffmangel, der nicht nur mikrobielle Zellen tötet, sondern auch eine Keimruhe und/oder Sporenbildung induziert. Läuft der Test über mehr als 28 Tage, kann die Summe dieser Reaktionen in den Kontrollproben (unbehandelter Boden) als progressiver Verlust an stoffwechselaktiver mikrobieller Biomasse gemessen werden (7). Wird die Biomasse in kohlenstoff - gestresstem Boden unter den Versuchsbedingungen von der Anwesenheit einer Chemikalie beeinflusst, kehrt sie möglicherweise nicht auf das Niveau in den Kontrollproben zurück. Folglich halten zu einem beliebigen Zeitpunkt während des Versuchs durch die Testsubstanz verursachte Störungen häufig bis zum Ende des Tests an.

Die Tests, auf deren Grundlage diese Testmethode entwickelt wurde, waren in erster Linie für Substanzen ausgelegt, bei denen die in den Boden gelangende Menge vorherbestimmt werden kann. Dies ist z.B. bei Pflanzenschutzmitteln der Fall, bei denen die Applikationsmenge auf dem Feld bekannt ist. Bei Agrochemikalien genügt es, zwei Konzentrationen zu testen, die für die erwartete oder vorhergesagte Applikationsmenge relevant sind. Agrochemikalien können als Wirkstoffe (a.i.) oder als formulierte Handelsprodukte getestet werden. Der Test ist jedoch nicht auf Chemikalien mit vorhersagbaren Umweltkonzentrationen begrenzt. Durch Veränderung sowohl der Mengen der auf den Boden ausgebrachten Testsubstanz als auch der Art und Weise, wie die Daten ausgewertet werden, kann der Test auch für Chemikalien angewendet werden, bei denen nicht bekannt ist, in welcher Menge sie in den Boden gelangen. Somit werden bei anderen Substanzen als Agrochemikalien die Wirkungen einer Reihe von Konzentrationen auf die Kohlenstofftransformation bestimmt. Die Daten von diesen Tests werden verwendet, um eine Dosis-Wirkungs-Kurve zu erstellen und ECx-Werte zu berechnen, wobei x als die Wirkung in % definiert ist.

C.22. 1.2 Definitionen

Kohlenstoff transformation: der Abbau organischen Materials durch Mikroorganismen zum anorganischen Endprodukt Kohlendioxid.

ECx (Effektkonzentration ): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Transformation von Kohlenstoff in Kohlendioxid zu x % hemmt.

EC50) (Medianwert der Effektkonzentration): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Transformation von Kohlenstoff in Kohlendioxid zu 50 Prozent hemmt.

C.22. 1.3 Referenzsubstanzen

Keine.

C.22. 1.4 Prinzip der Testmethode

Gesiebter Boden wird entweder mit der Testsubstanz behandelt oder unbehandelt (Kontrollprobe) belassen. Werden Agrochemikalien geprüft, wird eine Mindestanzahl von zwei Testkonzentrationen empfohlen, die im Verhältnis zur höchsten auf dem Feld erwarteten Konzentration gewählt werden sollten. Nach 0, 7, 14 und 28 Tagen Inkubation werden Proben behandelter und unbehandelter Böden mit Glucose gemischt, und die glucoseinduzierten Respirationsraten werden 12 Stunden hintereinander gemessen. Respirationsraten werden als freigesetztes Kohlendioxid (mg Kohlendioxid/kg Trockenboden/h) oder verbrauchter Sauerstoff (mg Sauerstoff/kg Boden/h) ausgedrückt. Die mittlere Respirationsrate in behandelten Bodenproben wird mit der in der Kontrollprobe verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung der behandelten Proben von den Kontrollproben berechnet. Alle Tests laufen mindestens 28 Tage. Sind die Differenzen zwischen behandelten und unbehandelten Böden am 28. Tag gleich oder größer als 25 %, werden die Messungen in Abständen von 14 Tagen für die Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die Testsubstanz in einer Reihe von Konzentrationen Bodenproben zugesetzt, und nach 28 Tagen die glucose-induzierten Respirationsraten (d. h. das Mittel der Mengen an gebildetem Kohlendioxid oder verbrauchtem Sauerstoff) gemessen. Die Ergebnisse aus Versuchen mit einer Reihe von Konzentrationen werden mit Hilfe eines Regressionsmodells analysiert, und die ECx-Werte berechnet (d. h. EC50, EC25 und/oder EC10). Siehe Definitionen.

C.22. 1.5 Validität des Tests

Auswertungen von Testergebnissen mit Agrochemikalien beruhen auf vergleichsweise kleinen Differenzen (d. h. Mittelwert ± 25 %) zwischen dem freigesetzten Kohlendioxid oder dem verbrauchten Sauerstoff in (bzw. durch) Kontrollproben und behandelte(n) Bodenproben, so dass große Schwankungen bei den Kontrollproben zu falschen Ergebnissen führen können. Daher sollte die Abweichung zwischen Replikatkontrollproben weniger als ± 15 % betragen.

C.22. 1.6 Beschreibung der Testmethode

C.22. 1.6.1 Geräte

Es werden Testgefäße aus chemisch inertem Material verwendet. Ihr Fassungsvermögen sollte sich nach dem gewählten Inkubationsverfahren der Bödenrichten , d. h. für die Inkubation von Sammelproben oder einer Reihe einzelner Bodenproben (siehe Abschnitt 1.7.1.2). Während des Tests ist darauf zu achten, dass sowohl der Wasserverlust möglichst gering gehalten wird als auch ein Gasaustausch stattfinden kann (so könnten die Testbehälter z.B. mit perforierter Polyethylenfolie abgedeckt werden). Beim Testen flüchtiger Substanzen sind abdichtbare und gasdichte Behälter zu verwenden. Diese sollten in ihrer Größe so bemessen sein, dass sie zu etwa einem Viertel ihres Volumens mit der Bodenprobe gefüllt sind.

Zur Bestimmung der glucose-induzierten Respiration werden Inkubationssysteme sowie Geräte für die Messung der Kohlendioxidbildung bzw. des Sauerstoffverbrauchs benötigt. Beispiele für derartige Systeme sind in der Literatur zu finden (8) (9) (10) (11).

C.22. 1.6.2 Auswahl und Anzahl der Böden

Es wird ein einziger Boden verwendet. Empfohlen wird Boden mit folgenden Eigenschaften:

Sandgehalt: mindestens 50 % und höchstens 75 %:

pH: 5,5 - 7,5;

Meist stellt ein Boden mit diesen Eigenschaften den "worst case" dar, da seine Adsorption minimal und die Verfügbarkeit der Testchemikalie für die Mikroflora maximal ist. Demnach sind in aller Regel keine Tests mit anderen Böden notwendig. Unter bestimmten Umständen jedoch, wenn z.B. der erwartete hauptsächliche Einsatz der Testsubstanz auf bestimmten Böden wie sauren Waldböden stattfindet, oder bei elektrostatisch aufgeladenen Chemikalien kann es erforderlich sein , einen zusätzlichen Boden zu verwenden.

C.22. 1.6.3 Entnahme und Lagerung von Bodenproben

C.22. 1.6.3.1 Entnahme

Es sind ausführliche Informationen über die Vorgeschichte des Feldstandorts erforderlich, von dem der Testboden entnommen wird. Diese Angaben beinhalten unter anderem die genaue Lage, den Bewuchs, die Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln sowie mit organischen und anorganischen Düngemitteln, Zusätze biologischer Materialien oder unbeabsichtigte Kontaminationen. Der für die Bodenentnahme gewählte Standort muss über einen längeren Zeitraum hinweg nutzbar sein. Geeignet sind Dauerweiden, Felder mit einjährigen Getreidekulturen (ausgenommen Mais) oder dichtgesäten Gründüngungspflanzen. Der gewählte Probenahmestandort sollte mindestens ein Jahr vor der Probenahme nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sein. Ferner sollten mindestens sechs Monate vorher keine organischen Düngemittel ausgebracht worden sein. Die Verwendung von Mineraldünger ist nur zulässig, wenn dies für die Kultur erforderlich ist, und die Entnahme der Bodenproben sollte frühestens drei Monate nach Ausbringung des Düngemittels erfolgen. Zu vermeiden ist die Verwendung von Boden, der mit Düngemitteln mit bekannter biozider Wirkung (z.B. Kalkstickstoff) behandelt wurde.

Die Probenahme während oder nach längeren (mehr als 30 Tage) Dürre- oder Überschwemmungsperioden sollte vermieden werden. Bei gepflügten Böden sind die Proben aus einer Tiefe von 0 bis 20 cm zu entnehmen. Bei Grünland (Weiden) oder anderen Böden, die über längere Zeiträume (mindestens eine Vegetationsperiode) nicht gepflügt werden, kann die maximale Tiefe der Probenahme geringfügig über 20 cm liegen (z.B. bei bis zu 25 cm). Die Bodenproben sollten in Behältern und unter Temperaturbedingungen transportiert werden, die sicherstellen, dass die ursprünglichen Bodeneigenschaften nicht wesentlich verändert werden.

C.22. 1.6.3.2 Lagerung

Bevorzugt wird die Verwendung feldfrischer Böden. Lässt sich die Lagerung im Labor nicht vermeiden, sollten die Böden im Dunkeln bei 4 ± 2 °C höchstens drei Monate gelagert werden. Während der Lagerung der Böden müssen aerobe Bedingungen sichergestellt sein. Werden Böden von Flächen entnommen, die über mindestens drei Monate im Jahr gefroren sind, kann eine Lagerung für sechs Monate bei -18 °C in Betracht gezogen werden. Vor jedem Versuch ist die mikrobielle Biomasse der gelagerten Böden zu bestimmen , und der Kohlenstoffgehalt in der Biomasse sollte mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs des Bodens betragen (siehe Abschnitt 1.6.2).

C.22. 1.6.4 Handhabung und Vorbereitung des Bodens für den Test

C.22. 1.6.4.1 Vorinkubation

Falls der Boden gelagert wurde (siehe Abschnitte 1.6.4.2 und 1.7.1.3), wird eine Vorinkubation über eine Zeitdauer von 2 bis 28 Tagen empfohlen. Die Temperatur und der Feuchtegehalt des Bodens während der Vorinkubation sollten den Testbedingungen möglichst entsprechen (siehe Abschnitte 1.6.4.2 und 1.7.1.3).

C.22. 1.6.4.2 Physikalisch-chemische Eigenschaften

Der Boden wird manuell von großen Gegenständen befreit (z.B. Steine, Pflanzenteile usw.) und im feuchten Zustand ohne übermäßiges Austrocknen auf eine Partikelgröße von kleiner als oder gleich 2 mm gesiebt. Der Feuchtegehalt der Bodenprobe sollte mit destilliertem oder entionisiertem Wasser auf einen Wert zwischen 40% und 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität eingestellt werden.

C.22. 1.6.5 Vorbereitung der Testsubstanz zur Applikation auf den Boden

Üblicherweise wird die Testsubstanz unter Verwendung eines Trägers zugegeben. Bei diesem Träger kann es sich um Wasser (bei wasserlöslichen Substanzen) oder einen inerten Feststoff wie feinen Quarzsand (Partikelgröße: 0,1 - 0,5 mm) handeln. Andere flüssige Träger als Wasser (z.B. organische Lösungsmittel wie Aceton oder Chloroform) sind zu vermeiden, da sie die Mikroflora schädigen können. Wird Sand als Träger benutzt, kann er mit der in einem geeigneten Lösungsmittel aufgelösten oder suspendierten Testsubstanz überzogen werden. In diesen Fällen sollte das Lösungsmittel vor dem Mischen mit dem Boden durch Verdampfen entfernt werden. Zur optimalen Verteilung der Testsubstanz im Boden wird ein Verhältnis von 10 g Sand je kg Boden (Trockengewicht) empfohlen. Die Kontrollproben werden nur mit einer äquivalenten Menge Wasser und/oder Quarzsand behandelt.

Beim Testen flüchtiger Chemikalien sind Verluste während der Behandlung so weit wie möglich zu vermeiden, und es ist nach Möglichkeit für eine homogene Verteilung im Boden zu sorgen (z.B. indem die Testsubstanz an verschiedenen Stellen in den Boden injiziert wird).

C.22. 1.6.6 Testkonzentrationen

Werden Pflanzenschutzmittel oder andere Chemikalien mit vorhersagbaren Umweltkonzentrationen geprüft, sind mindestens zwei Konzentrationen zu verwenden. Die niedrigere Konzentration sollte mindestens der maximalen Mengeentsprechen, die unter praxisüblichen Bedingungen voraussichtlich in den Boden gelangt, während die höhere Konzentration ein Mehrfaches der niedrigeren Konzentration sein sollte. Die Konzentrationen der dem Boden zugegebenen Testsubstanz werden unter der Annahme einer gleichmäßigen Einarbeitung bis zu einer Tiefe von 5 cm und einer Bodenrohdichte von 1,5 berechnet. Bei Agrochemikalien, die direkt auf den Boden ausgebracht werden, oder bei Chemikalien, bei denen die den Boden erreichende Menge vorhersagbar ist, werden als Testkonzentrationen die höchste vorhergesagte Umweltkonzentration (PEC) und das Fünffache dieser Konzentration empfohlen. Substanzen, die voraussichtlich mehrmals in einer Kulturperiode auf den Boden ausgebracht werden, sollten in Konzentrationen getestet werden, die sich durch die Multiplikation der PEC mit der höchsten erwarteten Anzahl der Anwendungen ergeben. Allerdings sollte die obere getestete Konzentration das Zehnfache der höchsten einfachen Applikationsrate nicht übersteigen.

Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird eine geometrische Reihe von mindestens fünf Konzentrationenverwendet. Die getesteten Konzentrationen sollten den zur Bestimmung der ECx-Werte notwendigen Bereich abdecken.

C.22. 1.7 Durchführung des Tests

C.22. 1.7.1 Expositionsbedingungen

C.22. 1.7.1.1 Behandlung und Kontrolle

Werden Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in drei Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Zwei Teile werden mit dem produkthaltigen Träger gemischt, und der dritte wird mit dem Träger ohne das Produkt vermischt (Kontrollprobe). Sowohl für die behandelten als auch die unbehandelten Böden wird eine Mindestanzahl von drei Replikaten empfohlen. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in sechs Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Fünf dieser Proben werden mit dem die Testsubstanz enthaltenden Träger vermischt, und die sechste wird mit dem Träger ohne die Chemikalie vermischt. Sowohl für die behandelten Proben als auch für die Kontrollproben werden drei Replikate empfohlen. Es ist auf eine homogene Verteilung der Testsubstanz in den behandelten Bodenproben zu achten. Während des Mischens ist eine Verdichtung oder Verklumpung des Bodens zu vermeiden.

C.22. 1.7.1.2 Inkubation von Bodenproben

Die Inkubation der Bodenproben kann auf zwei Wegen durchgeführt werden: als Sammelproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden oder als Reihe von einzelnen, gleich großen Teilproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden. Bei flüchtigen Substanzen sollte der Test jedoch nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchgeführt werden. Bei der Inkubation von Böden als Sammelproben werden große Mengen von jedem behandelten und unbehandelten Boden vorbereitet und während des Tests je nach Notwendigkeit zu analysierende Teilproben entnommen. Die zu Beginn für jede Behandlung und Kontrolle vorbereitete Menge ist abhängig von der Größe der Teilproben, der Anzahl der zur Analyse verwendeten Replikate und der höchsten erwarteten Anzahl von Probenahmen. Vor der Entnahme von Teilproben sind die inkubierten Sammelproben gründlich zu mischen. Bei der Bodeninkubation als Reihe einzelner Bodenproben wird jeder behandelte und unbehandelte Sammelboden in die benötigte Anzahl von Teilproben aufgeteilt, und diese Teilproben werden je nach Notwendigkeit verwendet. Für Untersuchungen mit mehr als zwei Probenahmezeitpunkten sind genügend Teilproben herzustellen, um alle Replikate und Probenahmezeiten zu berücksichtigen. Mindestens drei Replikatproben des Testbodens sollten unter aeroben Bedingungen inkubiert werden (siehe Abschnitt 1.7.1.1). Bei allen Tests sind geeignete Behälter mit ausreichendem headspace zu verwenden, um das Entstehen anaerober Bedingungen zu vermeiden. Werden flüchtige Substanzen geprüft, ist der Test nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchzuführen.

C.22. 1.7.1.3 Testbedingungen und -dauer

Der Test wird im Dunkeln bei Raumtemperatur (20 ± 2 °C) durchgeführt. Der Feuchtegehalt der Bodenproben ist im Testverlauf bei 40% - 60 % (± 5%) der maximalen Wasserhaltekapazität des Bodens zu halten (siehe Abschnitt 1.6.4.2). Destilliertes bzw. entionisiertes Wasser kann nach Bedarf zugegeben werden.

Die Mindestdauer der Tests beträgt 28 Tage. Bei Agrochemikalien werden die Mengen an freigesetztem Kohlenstoff bzw. verbrauchtem Sauerstoff in den behandelten Proben mit denen in den Kontrollproben verglichen. Weichen diese am 28. Tag um mehr als 25 % voneinander ab, wird der Test bis zum Erreichen einer Differenz von gleich oder weniger als 25 % bzw. für die Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt, je nachdem, was kürzer ist. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Test nach 28 Tagen beendet. Am 28. Tag werden die Mengen an freigesetztem Kohlendioxid bzw. verbrauchtem Sauerstoff in den behandelten Proben und in den Kontrollproben bestimmt und die ECx-Werte berechnet.

C.22. 1.7.2 Probenahme und Analyse von Böden

C.22. 1.7.2.1 Probenahmeintervalle

Bei der Prüfung von Agrochemikalien werden Bodenproben am Tag 0, 7, 14 und 28 auf glucose-induzierte Respirationsraten analysiert. Ist eine Testverlängerung erforderlich, sind weitere Messungen vom 28. Tag an im Abstand von jeweils 14 Tagen vorzunehmen.

Bei der Prüfung von anderen Substanzen als Agrochemikalien werden mindestens fünf Testkonzentrationen verwendet und Bodenproben am Beginn (Tag 0) und am Ende der Expositionszeit (28 Tage) auf die glucoseinduzierte Respiration analysiert. Gegebenenfalls kann eine Zwischenmessung, z.B. am 7. Tag , eingefügt werden. Die am 28. Tag erhaltenen Daten werden zur Bestimmung des ECx Werts der Chemikalie benutzt. Falls gewünscht, können die Daten der Kontrollproben vom Tag 0 zur Abschätzung der Ausgangsmengen der stoffwechselaktiven mikrobiellen Biomasse im Boden herangezogen werden (12).

C.22. 1.7.2.2 Messung von glucose-induzierten Respirationsraten

Die glucose-induzierte Respirationsrate in jeder behandelten Probe und in jedem Kontrollreplikat wird zu jedem Probenahmezeitpunkt bestimmt. Die Bodenproben werden mit einer Menge Glucose vermischt, die groß genug ist, um unverzüglich einen maximalen Atmungswert zu erreichen. Die zum Erreichen eines maximalen Atmungswertes in einem bestimmten Boden notwendige Glucosemenge kann in einem Vorversuch mit einer Reihe von Glucosekonzentrationen bestimmt werden (14). Bei sandigen Böden mit einem organischen Kohlenstoffgehalt von 0,5 - 1,5 % sind jedoch üblicherweise 2.000 mg bis 4.000 mg Glucose je kg Boden (Trockengewicht) ausreichend. Die Glucose kann mit sauberem Quarzsand pulverisiert werden (10 g Sand/kg Trockengewicht Boden) und mit dem Boden homogen vermischt werden.

Die mit Glucose angereicherten Bodenproben werden in einem geeigneten Gerät inkubiert, mit dem die Respirationsraten bei 20 ± 2 °C entweder laufend, stündlich oder in 2-Stunden-Intervallen gemessen werden können (siehe Abschnitt 1.6.1). Das freigesetzte Kohlendioxid bzw. der verbrauchte Sauerstoff werden 12 Stunden lang gemessen, und die Messungen sollten so früh wie möglich beginnen, d. h. innerhalb von ein bis zwei Stunden nach der Glucosezugabe. Die Gesamtmengen des in den 12 Stunden freigesetzten Kohlendioxids bzw. verbrauchten Sauerstoffs werden gemessen und die mittleren Respirationsraten bestimmt.

C.22. 2 Daten

C.22. 2.1 Aufbereitung der Ergebnisse

Werden Agrochemikalien geprüft, ist für jedes Replikat die Menge des jeweils freigesetzten Kohlendioxids bzw. verbrauchten Sauerstoffs aufzuzeichnen, und die Mittelwerte aller Replikate sind in tabellarischer Form darzustellen. Die Ergebnisse sind mittels geeigneter und allgemein anerkannter statistischer Methoden (z.B. F-Test, 5 % Signifikanzniveau) zu bewerten. Die glucose-induzierten Respirationsraten werden in mg Kohlendioxid/kg Trockengewicht Boden/h bzw. mg Sauerstoff/Trockengewicht Boden/h ausgedrückt. Die mittlere Kohlendioxidbildungsrate bzw. die mittlere Sauerstoffverbrauchsrate jeder Behandlung wird mit der in der Kontrollprobe verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung von der Kontrollprobe berechnet.

Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die Menge an freigesetztem Kohlendioxid bzw. an verbrauchtem Sauerstoff für jedes Replikat bestimmt, und zur Abschätzung der ECK-Werte eine Dosis-Wirkungs-Kurve erstellt. Die in den behandelten Proben nach 28 Tagen gefundenen glucose-induzierten Respirationsraten (d. h. mg Kohlendioxid/kg Trockengewicht Boden/h bzw. mg Sauerstoff/Trockengewicht Boden/h) werden mit den in der Kontrollprobe gefundenen verglichen. Auf der Basis dieser Daten werden die Inhibitionswerte , ausgedrückt in %, für jede Testkonzentration berechnet. Diese Prozentangaben werden über der Konzentration aufgetragen, und dann werden mit Hilfe statistischer Verfahren die ECx Werte berechnet. Mittels Standardverfahren werden ferner Vertrauensbereiche (p = 0,95) für die errechneten ECx-Werte ermittelt (15)(16)(17).

C.22. 2.2 Interpretation der Ergebnisse

Ist bei der Auswertung der Testergebnisse von Agrochemikalien die Differenz der Respirationsraten zwischen der niedrigen Behandlung (d. h. der höchsten erwarteten Konzentration) und den Kontrollproben zu jedem Probenahmezeitpunkt nach dem 28. Tag gleich oder geringer als 25 %, dann ist das Produkt so zu bewerten, dass es keinen langfristigen Einfluss auf die Kohlenstofftransformation in Böden hat. Für die Auswertung der Testergebnisse von anderen Chemikalien als Agrochemikalien werden die EC50-, EC25- und/oder EC10-Werte herangezogen.

C.22. 3 Abschlussbericht

Testbericht

Der Testbericht muss folgende Informationen enthalten:

Vollständige Angaben zu den verwendeten Böden , darunter:

geographische Angaben zum Standort (Breitengrad, Längengrad);

Testsubstanz:

Testbedingungen: Kenndaten, falls relevant mit Strukturformel, Reinheit (d. h. bei Pflanzenschutzmitteln der Wirkstoffanteil

Ergebnisse:

C.22. 4 Literaturangaben

(1) EPPO (1994). Decision-Making Scheme for the Environmental Risk Assessment of Plant Protection Chemicals. Chapter 7: Soil Microflora. EPPO Bulletin 24: 1-16, 1994.

(2) BBa (1990). Effects on the Activity of the Soil Microflora. BBa Guidelines for the Official Testing of Plant Protection Products, VI, 1-1 (2. Ausgabe, 1990).

(3) EPa (1987). Soil Microbial Community Toxicity Test. EPa 40 CFR Part 797.3700. Toxic Substances Control Act Test Guidelines; Proposed rule. 28. September 1987.

(4) SETAC-Europe (1995). Procedures for assessing the environmental fitte and ecotoxicity of pesticides, Ed. M.R. Lynch, Pub. SETAC-Europe, Brüssel.

(5) OECD (1995). Final Report of the OECD Workshop on Selection of Soils/Sediments, Belgirate, Italien, 18.-20. Januar 1995.

(6) ISO 10381-6 (1993). Bodenbeschaffenheit - Probenahme - Teil 6: Anleitung zur Probenahme, Behandlung und Lagerung von Boden für die Bestimmung aerober mikrobieller Prozesse unter Laborbedingungen.

(7) Anderson, J.P.E. (1987). Handling and Storage of Soils for Pesticide Experiments, in "Pesticide Effects on Soil Microflora". Eds. L. Somerville and M.P. Greaves, Chap. 3: 45-60.

(8) Anderson, J.P.E. (1982). Soil Respiration, in "Methods of Soil Analysis - Part 2: Chemical and Microbiological Properties". Agronomy Monograph N° 9. Eds. A.L. Page, R.H. Miller and D.R. Keeney. 41: 831- 871.

(9) ISO 11266-1. (1993). Soil Quality - Guidance on Laboratory Tests for Biodegradation in Soil: Part 1. Aerobic Conditions.

(10) ISO 14239 (1997E). Bodenbeschaffenheit - Laboratoriumsinkubationssysteme zur Messung der Mineralisierung von organischen Chemikalien im Boden bei aeroben Bedingungen.

(11) Heinemeyer, O., Insam, H., Kaiser, E.A. und Walenzik, G. (1989). Soil microbial biomass and respiration measurements; an automated technique based on infrared gas analyses. Plant and Soil, 116: 77-81.

(12) ISO 14240-1 (1997). Bodenbeschaffenheit - Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden - Teil 1: Substratinduziertes Respirationsverfahren.

(13) ISO 14240-2 (1997). Bodenbeschaffenheit - Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden - Teil 2: Fumigations-Extraktionsverfahren.

(14) Malkomes, H.-P. (1986). Einfluss von Glukosemenge auf die Reaktion der Kurzzeit-Atmung im Boden gegenüber Pflanzenschutzmitteln, dargestellt am Beispiel eines Herbizids. (Influence of the Amount of Glucose Added to the Soil on the Effect of Pesticides in Short-Term Respiration, using a Herbicide as an Example). Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd., Braunschweig, 38: 113-120.

(15) Litchfield, J.T. und Wilcoxon, F. (1949). a simplified method of evaluating dose-effect experiments. Jour. Pharmacol. and Exper. Ther., 96, 99-113.

(16) Finney, D.J. (1971). Probit Analysis. 3rd ed., Cambridge, London and New-York.

(17) Finney D.J. (1978). Statistical Methods in biological Assay. Griffin, Weycombe, UK.

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