Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG
- Sektoren-Richtlinie -

(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 243;
VO (EU) 2015/2171 - ABl. Nr. L 307 vom 25.11.2015 S. 7Inkrafttreten;
VO (EU) 2017/2364 - ABl. Nr. L 337 vom 19.12.2017 S. 17Inkrafttreten)



=> Zur nachfolgenden Fassung

Neufassung -Ersetzt RL 2004/17/EG

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 53 Absatz 1, Artikel 62 und Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 1,

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen 2,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Wie die Ergebnisse des Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen vom 27. Juni 2011 "Bewertung der Auswirkungen und der Effektivität der EU-Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe" ergeben haben, erscheint es sinnvoll, an spezifischen Vorschriften für die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste festzuhalten, da nationale Behörden nach wie vor Einfluss auf das Verhalten dieser Auftraggeber nehmen können, unter anderem auch durch Kapitalbeteiligungen und die Vertretung in ihren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremien. Ein weiterer Grund dafür, die Auftragsvergabe in diesen Sektoren weiterhin zu regulieren, liegt in der Abschottung der Märkte in denen die Auftraggeber tätig sind, aufgrund bestehender besonderer oder ausschließlicher Rechte, die von den Mitgliedstaaten für die Versorgung, die Bereitstellung oder den Betrieb von Netzen für die Erbringung der betreffenden Dienstleistung gewährt werden.

(2) Um zu gewährleisten, dass die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste für den Wettbewerb geöffnet wird, sollten Bestimmungen für eine Koordinierung von Aufträgen, die über einen bestimmten Wert hinausgehen, festgelegt werden. Eine solche Koordinierung ist erforderlich, um den im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) niedergelegten Grundsätzen Geltung zu verschaffen, insbesondere den Grundsätzen des freien Warenverkehrs, der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit sowie den sich daraus ableitenden Grundsätzen wie Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, gegenseitige Anerkennung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz. In Anbetracht der Art der betroffenen Sektoren sollte die Koordinierung der Zuschlagserteilung auf Unionsebene unter Wahrung der genannten Grundsätze einen Rahmen für faire Handelspraktiken schaffen und ein Höchstmaß an Flexibilität ermöglichen.

(3) Für Aufträge, deren Wert unter dem Schwellenwert für die Anwendung der Bestimmungen zur Koordinierung auf Unionsebene liegt, sei auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die ordnungsgemäße Anwendung der Vorschriften und Grundsätze des AEUV verwiesen.

(4) Die öffentliche Auftragsvergabe spielt im Rahmen der Strategie Europa 2020, die in der Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010: "Europa 2020 Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum" (in Folgenden "Strategie 'Europa 2020' für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum") enthalten ist, eine zentrale Rolle als eines der marktwirtschaftlichen Instrumente, die zur Erzielung eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums bei gleichzeitiger Gewährleistung eines möglichst effizienten Einsatzes öffentlicher Gelder genutzt werden sollen. Zu diesem Zweck müssen die Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe, die gemäß der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 4 und der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 5 erlassen wurden, überarbeitet und modernisiert werden, damit die Effizienz der öffentlichen Ausgaben gesteigert, die Teilnahme insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) an öffentlichen Vergabeverfahren erleichtert und es den Beschaffern ermöglicht wird, die öffentliche Auftragsvergabe in stärkerem Maße zur Unterstützung gemeinsamer gesellschaftlicher Ziele zu nutzen. Ferner ist es notwendig, grundlegende Begriffe und Konzepte zu klären, um mehr Rechtssicherheit zu gewährleisten und bestimmten Aspekten der einschlägigen ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Rechnung zu tragen.

(5) Bei der Umsetzung dieser Richtlinie sollte dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen 6 Rechnung getragen werden, insbesondere im Zusammenhang mit der Wahl der Kommunikationsmittel, den technischen Spezifikationen, den Zuschlagskriterien und den Bedingungen für die Auftragsausführung.

(6) Es ist angezeigt, den Begriff der Auftragsvergabe bei gebührender Berücksichtigung der Besonderheiten der von dieser Richtlinie erfassten Sektoren möglichst nah an jenen der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates 7 anzulehnen.

(7) Es sei darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten durch diese Richtlinie in keiner Weise dazu verpflichtet werden, die Erbringung von Dienstleistungen an Dritte oder nach außen zu vergeben, wenn sie diese Dienstleistungen selbst erbringen möchten oder die Erbringung durch andere Mittel als die Auftragsvergabe im Sinne der vorliegenden Richtlinie organisieren möchten. Die Erbringung von Dienstleistungen auf der Grundlage von Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder von Arbeitsverträgen sollte nicht abgedeckt sein. In einigen Mitgliedstaaten könnte dies z.B. bei der Erbringung bestimmter kommunaler Dienstleistungen wie der Trinkwasserversorgung der Fall sein.

(8) Ferner sollte diese Richtlinie nicht die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die soziale Sicherheit berühren. Sie sollte ebenso wenig die Liberalisierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die öffentlichen oder privaten Einrichtungen vorbehalten sind, oder die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, die Dienstleistungen erbringen, betreffen.

Gleichermaßen sei darauf hingewiesen, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, die Erbringung von Dienstleistungen der gesetzlichen Sozialversicherung oder andere Dienstleistungen wie Postdienste entweder als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse oder als nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse oder als eine Mischung davon zu organisieren. Es sollte klargestellt werden, dass nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen sollten.

(9) Ferner sei darauf hingewiesen, dass diese Richtlinie nicht die Freiheit nationaler, regionaler und lokaler Gebietskörperschaften berührt, im Einklang mit dem Unionsrecht Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu bestimmen, deren Umfang und Merkmale, einschließlich Bedingungen hinsichtlich der Qualität der Dienste, festzulegen, um ihre Gemeinwohlziele zu verfolgen. Diese Richtlinie sollte auch unbeschadet der Befugnis nationaler, regionaler und lokaler Gebietskörperschaften gelten, Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gemäß Artikel 14 AEUV und dem dem AEUV und dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) beigefügten Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem Interesse zu den Verträgen zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren. Darüber hinaus betrifft diese Richtlinie weder die Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse noch Beihilfen, die - insbesondere auf sozialem Gebiet - von den Mitgliedstaaten im Einklang mit den Wettbewerbsvorschriften der Union gewährt wurden.

(10) Ein Auftrag sollte nur dann als Bauauftrag gelten, wenn er speziell die Ausführung der in Anhang I genannten Tätigkeiten zum Gegenstand hat; selbst wenn der Auftrag sich auf die Erbringung anderer Dienstleistungen erstreckt, die für die Ausführung dieser Tätigkeiten erforderlich sind. Dienstleistungsaufträge, insbesondere im Bereich der Grundstücksverwaltung, können unter bestimmten Umständen Bauleistungen umfassen. Sofern diese Bauleistungen jedoch nur Nebenarbeiten im Verhältnis zum Hauptgegenstand des Auftrags darstellen und eine mögliche Folge oder eine Ergänzung des letzteren sind, rechtfertigt die Tatsache, dass der Auftrag diese Bauleistungen umfasst, nicht eine Einstufung des Dienstleistungsauftrags als Bauauftrag.

Angesichts der für Bauaufträge kennzeichnenden Vielfalt der Aufgaben sollten die Auftraggeber jedoch sowohl die getrennte als auch die gemeinsame Vergabe von Aufträgen für die Planung und das Erbringen von Bauleistungen vorsehen können. Diese Richtlinie bezweckt nicht, eine gemeinsame oder eine getrennte Auftragsvergabe vorzuschreiben.

(11) Die Errichtung eines Bauwerks gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen setzt voraus, dass der betreffende Auftraggeber Maßnahmen zur Definition der Art des Bauwerks getroffen oder zumindest einen entscheidenden Einfluss auf dessen Planung gehabt haben muss. Ob der Auftragnehmer das Bauwerk ganz oder zum Teil aus eigenen Mitteln errichtet oder dessen Errichtung mit anderen Mitteln sicherstellt, sollte nichts an der Einstufung des Auftrags als Bauauftrag ändern, solange der Auftragnehmer eine direkte oder indirekte rechtswirksame Verpflichtung zur Gewährleistung der Erbringung der Bauleistungen übernimmt.

(12) Der Begriff "öffentliche Auftraggeber" und insbesondere der Begriff "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" sind wiederholt im Rahmen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union überprüft worden. Um klarzustellen, dass der persönliche Geltungsbereich der Richtlinie unverändert bleiben sollte, ist es angezeigt, die Begriffsbestimmungen beizubehalten, auf die sich der Gerichtshof selbst stützt, und einige Erläuterungen, die im Rahmen dieser Rechtsprechung gegeben wurden, als Schlüssel zum Verständnis der Begriffsbestimmung selbst aufzunehmen, ohne dass damit beabsichtigt wird, das Verständnis des Begriffs, so wie es in der Rechtsprechung dargelegt wurde, zu ändern.

Zu diesem Zweck sollte daher klargestellt werden, dass eine Einrichtung, die unter marktüblichen Bedingungen arbeitet, gewinnorientiert ist und die mit der Ausübung ihrer Tätigkeit einhergehenden Verluste trägt, nicht als "Einrichtung des öffentlichen Rechts" gelten sollte, da die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, zu deren Erfüllung sie eingerichtet wurde oder die sie erfüllen soll, als von gewerblicher Art anzusehen sind. Ebenso ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Voraussetzung der Herkunft der Finanzausstattung einer Einrichtung geprüft und unter anderem erkannt worden, dass "überwiegend" finanziert eine Finanzierung in Höhe von mehr als der Hälfte zu verstehen ist und dass diese Finanzierung auch Zahlungen der Nutzer umfassen kann, die nach öffentlichem Recht auferlegt, berechnet und erhoben werden.

(13) Im Falle gemischter Aufträge sollten die anwendbaren Vorschriften mit Blick auf den den Hauptgegenstand des Auftrags festgelegt werden, wenn die verschiedenen Teile, aus denen sich ein Auftrag zusammensetzt, objektiv nicht voneinander zu trennen sind. Es sollte daher klargestellt werden, wie Auftraggeber festzustellen haben, ob eine Trennung der unterschiedlichen Teile möglich ist. Eine solche Präzisierung sollte sich auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union stützen. Die Festlegung sollte auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung erfolgen, bei der es allerdings nicht ausreichen sollte, dass die Absicht des Auftraggebers, die verschiedenen Teile eines gemischten Auftrags als untrennbar zu betrachten, zum Ausdruck gebracht oder vermutet wird; diese Absicht sollte sich vielmehr auf objektive Gesichtspunkte stützen, die sie rechtfertigen und die Notwendigkeit begründen können, einen einzigen Auftrag zu vergeben. Eine solche begründete Notwendigkeit, einen einzigen Auftrag zu vergeben, könnte beispielsweise im Falle der Errichtung eines einzigen Gebäudes gegeben sein, von dem ein Gebäudeteil direkt vom Auftraggeber genutzt werden soll und ein anderer Gebäudeteil auf Basis einer Konzession bewirtschaftet werden soll, zum Beispiel als öffentliches Parkhaus. Es sollte klargestellt werden, dass die Notwendigkeit, einen einzigen Auftrag zu vergeben, aus Gründen sowohl technischer als auch wirtschaftlicher Art gegeben sein kann.

(14) Im Fall gemischter Aufträge, die getrennt sein können, steht es den Auftraggebern stets frei, getrennte Aufträge für die einzelnen Teile des gemischten Auftrags zu vergeben; in diesem Fall sollten die für jeden einzelnen Teil geltenden Bestimmungen ausschließlich auf der Grundlage der Merkmale des jeweiligen spezifischen Auftrags festgelegt werden. Wenn Auftraggeber dagegen beschließen, andere Elemente in die Beschaffungsmaßnahme aufzunehmen, ungeachtet ihres Werts und der rechtlichen Regelung, der die zusätzlichen Elemente ansonsten unterliegen würden, sollte folgendes Hauptprinzip gelten: Wenn eine Auftragsvergabe gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie als Einzelvergabe erfolgt, dann sollte diese Richtlinie weiterhin für den gesamten gemischten Auftrag gelten.

(15) Besondere Bestimmungen sollten jedoch für gemischte Aufträge vorgesehen werden, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte beinhalten oder die Teile umfassen, die nicht in den Geltungsbereich des AEUV fallen. In diesen Fällen sollte die Nichtanwendung dieser Richtlinie möglich sein, vorausgesetzt die Vergabe eines einzelnen Auftrags ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt und der Beschluss, einen einzelnen Auftrag zu vergeben, wurde nicht mit der Absicht getroffen, den Auftrag von der Anwendung dieser Richtlinie oder der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 8 auszuschließen. Es sollte klargestellt werden, dass Auftraggeber nicht daran gehindert sein sollten, diese Richtlinie anstelle der Richtlinie 2009/81/EG auf bestimmte gemischte Aufträge anzuwenden.

(16) Um die Erfordernisse in mehreren Tätigkeitsbereichen zu erfüllen, können außerdem Aufträge vergeben werden, die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterworfen sein können. Es sollte klargestellt werden, dass für die rechtliche Regelung, die auf einen mehrere Tätigkeiten umfassenden einzigen Auftrag anzuwenden ist, die Vorschriften gelten sollten, die auf die Tätigkeit anzuwenden sind, auf die der Auftrag in erster Linie abzielt. Die Ermittlung der Tätigkeit, auf die der Auftrag in erster Linie abzielt, kann auf einer Analyse der Erfordernisse, zu deren Erfüllung der betreffende Auftrag vergeben werden soll, beruhen, die vom Auftraggeber durchgeführt wird, um den Auftragswert zu veranschlagen und die Auftragsunterlagen zu erstellen. In bestimmten Fällen, beispielsweise bei der Beschaffung eines einzelnen Geräts für die Fortsetzung von Tätigkeiten, für die keine Informationen verfügbar sind, die eine Veranschlagung des jeweiligen Auslastungsgrades ermöglichen, könnte es objektiv unmöglich sein, die Tätigkeit zu ermitteln, auf die der Auftrag in erster Linie abzielt. Es sollte festgelegt werden, welche Vorschriften in diesen Fällen anzuwenden sind.

(17) Es sollte klargestellt werden, dass der Begriff des "Wirtschaftsteilnehmers" im weiten Sinne zu verstehen ist und alle Personen und/oder Einrichtungen einschließt, die am Markt das Erbringen von Bauleistungen, die Lieferung von Waren bzw. die Erbringung von Dienstleistungen anbieten. Somit sollten Unternehmen, Zweigniederlassungen, Tochterunternehmen, Personengesellschaften, Genossenschaften, haftungsbeschränkte Gesellschaften, Universitäten, ob öffentlich oder privat, sowie andere Einrichtungen, bei denen es sich nicht um natürliche Personen handelt, unter den Begriff "Wirtschaftsteilnehmer" fallen, unabhängig davon, ob sie unter allen Umständen als "juristische Personen" gelten oder nicht.

(18) Es sollte klargestellt werden, dass Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern - auch wenn ihr Zusammenschluss nur befristet erfolgt - an Vergabeverfahren teilnehmen können, ohne dass sie eine bestimmte Rechtsform annehmen müssen. Soweit erforderlich, etwa wenn eine gesamtschuldnerische Haftung verlangt wird, kann eine bestimmte Form vorgeschrieben werden, wenn solche Gruppen den Zuschlag erhalten.

Ferner sollte klargestellt werden, dass Auftraggeber in der Lage sein sollten, explizit festzulegen, wie Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern die Kriterien und Anforderungen in Bezug auf Qualifizierung und Eignung nach dieser Richtlinie, die von den eigenständig teilnehmenden Wirtschaftsteilnehmern verlangt werden, zu erfüllen haben.

Bei der Durchführung von Aufträgen durch Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern kann es erforderlich sein, Bedingungen festzulegen, die für Einzelteilnehmer nicht gelten. Solche Bedingungen, die durch objektive Gründe gerechtfertigt und verhältnismäßig sein müssen, könnten beispielsweise die Ernennung eines gemeinsamen Vertreters oder eines federführenden Partners für die Zwecke des Vergabeverfahrens oder die Vorlage von Informationen über die Zusammensetzung der Gruppe sein.

(19) Um bei der Anwendung der Vergabevorschriften in den Bereichen der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste eine wirkliche Marktöffnung und ein angemessenes Gleichgewicht zu erreichen, dürfen die von der Richtlinie erfassten Auftraggeber nicht aufgrund ihrer Rechtsstellung definiert werden. Es sollte daher sichergestellt werden, dass die Gleichbehandlung von Auftraggebern, die im öffentlichen Sektor tätig sind, und Auftraggebern, die im privaten Sektor tätig sind, gewahrt bleibt. Es ist auch gemäß Artikel 345 AEUV dafür zu sorgen, dass die Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaaten unberührt bleiben.

(20) Der Begriff der besonderen oder ausschließlichen Rechte ist ein Kernelement der Definition des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie, da Auftraggeber, bei denen es sich weder um öffentliche Auftraggeber noch um öffentliche Unternehmen im Sinne dieser Richtlinie handelt, deren Bestimmungen nur insoweit unterliegen, als sie eine der aufgrund besonderer oder ausschließlicher Rechte erfassten Tätigkeiten ausüben. Daher ist es angezeigt klarzustellen, dass Rechte, die im Wege eines Verfahrens gewährt wurden, das auf objektiven Kriterien beruht, die sich insbesondere aus Rechtsvorschriften der Union herleiten, und bei dem eine angemessene Publizität gewährleistet wurde, keine besonderen oder ausschließlichen Rechte im Sinne dieser Richtlinie darstellen.

Zu den einschlägigen Rechtsvorschriften sollten zählen: die Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 9, die Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlament und des Rates 10, die Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlament und des Rates 11, die Richtlinie 94/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 12 und die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates 13.

Es sollte ferner präzisiert werden, dass diese Liste mit Rechtsvorschriften nicht erschöpfend ist und dass in beliebiger Form - auch über Konzessionen - eingeräumte Rechte, die im Wege anderer Verfahren auf der Grundlage objektiver Kriterien gewährt werden und bei denen eine angemessene Publizität gewährleistet wurde, keine besonderen oder ausschließlichen Rechte für die Zwecke der Bestimmung des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie im Hinblick auf die erfassten Personenkreise darstellen. Der Begriff der ausschließlichen Rechte sollte auch herangezogen werden, wenn es darum geht, zu bestimmen, ob die Verwendung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb gerechtfertigt wäre, da die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen aufgrund des Schutzes bestimmter ausschließlicher Rechte nur von einem konkreten Wirtschaftsteilnehmer erbracht werden können.

Angesichts der unterschiedlichen Ratio legis dieser Bestimmungen sollte jedoch klargestellt werden, dass der Begriff der ausschließlichen Rechte in den beiden Fällen nicht notwendigerweise dieselbe Bedeutung hat. Es sollte daher klargestellt werden, dass eine Einrichtung, die das ausschließliche Recht zur Erbringung einer bestimmten Dienstleistung in einem bestimmten geografischen Gebiet anhand eines auf objektiven Kriterien beruhenden Verfahrens, bei dem eine angemessene Transparenz gewährleistet wurde, erhalten hat, nicht selbst, sofern es sich um eine private Einrichtung handelt, ein Auftraggeber wäre, aber nichtsdestoweniger die einzige Einrichtung wäre, die die betreffende Dienstleistung in diesem Gebiet erbringen kann.

(21) Bestimmte Einrichtungen sind im Bereich der Erzeugung, der Übertragung oder der Verteilung von Wärme und Kälte tätig. Es könnte ein gewisses Maß an Unklarheit darüber bestehen, welche Regeln jeweils auf Tätigkeiten im Zusammenhang mit Wärme bzw. mit Kälte anzuwenden sind. Daher sollte klargestellt werden, dass die im Wärmesektor tätigen öffentlichen Auftraggeber, öffentlichen Unternehmen und privatrechtlichen Gesellschaften dieser Richtlinie unterliegen, für private Unternehmen gilt diesbezüglich allerdings die zusätzliche Voraussetzung, dass sie auf der Grundlage besonderer oder ausschließlicher Rechte tätig sein müssen. Andererseits unterliegen im Kältesektor tätige öffentliche Auftraggeber den Vorschriften der Richtlinie 2014/24/EU, wohingegen öffentliche Unternehmen und private Unternehmen - ungeachtet dessen, ob letztere auf der Grundlage besonderer oder ausschließlicher Rechte tätig sind - nicht den Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge unterliegen. Darüber hinaus sollte klargestellt werden, dass die Aufträge, die für die Erbringung von Wärme als auch von Kälte vergeben werden, nach den Bestimmungen für Verträge über die Durchführung mehrerer Tätigkeiten geprüft werden sollten, um zu bestimmen, nach welchen Beschaffungsvorschriften sich die Vergabe gegebenenfalls richtet.

(22) Bevor eine Änderung des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie und der Richtlinie 2014/24/EU für diesen Sektor in Aussicht genommen wird, sollte die Lage im Kältesektor geprüft werden, damit genügend Informationen insbesondere über die Wettbewerbslage und den Umfang der grenzüberschreitenden Auftragsvergabe und die Standpunkte der Beteiligten eingeholt werden. Da die Anwendung der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates 14 auf diesen Sektor erhebliche Auswirkungen auf die Marktöffnung haben könnte, wäre es angebracht, diese Prüfung gleichzeitig mit der Bewertung der Folgen der Richtlinie 2014/23/EU durchzuführen.

(23) Ohne den Anwendungsbereich dieser Richtlinie in irgendeiner Weise zu erweitern, sollte klargestellt werden, dass der in dieser Richtlinie verwendete Begriff "Einspeisung von Elektrizität" die Erzeugung von Elektrizität und den Groß- und Einzelhandel damit umfasst.

(24) Auftraggeber im Trinkwassersektor können auch andere wasserwirtschaftliche Tätigkeiten in den Bereichen Wasservorhaben, Bewässerung, Entwässerung, Ableitung sowie Klärung von Abwässern ausüben. In derartigen Fällen sollten Auftraggeber in der Lage sein, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Vergabeverfahren bei all ihren wasserwirtschaftlichen Tätigkeiten anzuwenden, unabhängig davon, um welchen Teil des "Wasserzyklus" es geht. Die Vergabevorschriften der Art, die für die Lieferaufträge vorgeschlagen wird, sind allerdings für die Beschaffung von Wasser ungeeignet angesichts der Notwendigkeit, sich aus in der Nähe des Verwendungsorts gelegenen Quellen zu versorgen.

(25) Es ist angezeigt, Beschaffungen zum Zwecke der Exploration von Erdöl- und Erdgasvorkommen auszuschließen, da dieser Sektor nach allgemeiner Einschätzung einem so starken Wettbewerbsdruck ausgesetzt ist, dass die durch die einschlägigen Unionsvergabevorschriften bewirkte Beschaffungsdisziplin nicht mehr erforderlich ist. Da die Gewinnung von Erdöl und Erdgas weiterhin in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, könnte es erforderlich sein, zwischen Exploration und Gewinnung zu unterscheiden. Dabei sollte der Begriff "Exploration" die Tätigkeiten umfassen, die durchgeführt werden, um festzustellen, ob Erdöl und Erdgas in einem bestimmten Gebiet vorhanden ist, und wenn dies der Fall ist, ob es gewerblich nutzbar ist, während der Begriff "Gewinnung" die "Erzeugung" von Erdöl und Erdgas abdecken sollte. Gemäß der etablierten Praxis in Fusionsfällen sollte der Begriff "Erzeugung" so verstanden werden, dass er auch die "Entwicklung" umfasst, d. h. die Errichtung einer angemessenen Infrastruktur für die künftige Erzeugung (Ölplattformen, Rohrleitungen, Terminalanlagen usw.).

(26) Öffentliche Auftraggeber sollten alle ihnen nach einzelstaatlichem Recht zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um aus Interessenkonflikten resultierende Verzerrungen bei den Verfahren zur Vergabe von Aufträgen zu verhindern. Dies könnte Verfahren zur Aufdeckung, Verhinderung und Behebung von Interessenkonflikten einschließen.

(27) Mit dem Beschluss 94/800/EG des Rates 15 wurde insbesondere das Übereinkommen der Welthandelsorganisation über das öffentliche Beschaffungswesen (im Folgenden "GPA") genehmigt. Ziel des GPa ist es, einen multilateralen Rahmen ausgewogener Rechte und Pflichten in Bezug auf öffentliche Aufträge zu schaffen, um den Welthandel zu liberalisieren und auszuweiten. Bei Aufträgen, die unter die Anhänge 3, 4 und 5 sowie die Allgemeinen Anmerkungen zum Anlage I der Europäischen Union zum GPa sowie andere einschlägige, für die Union bindende internationale Übereinkommen fallen, sollten die Auftraggeber die Verpflichtungen aus den betreffenden Übereinkommen erfüllen, indem sie diese Richtlinie auf Wirtschaftsteilnehmer von Drittländern anwenden, die Unterzeichner der Übereinkommen sind.

(28) Das GPa findet Anwendung auf Aufträge oberhalb bestimmter Schwellenwerte, die im GPa festgelegt und in Sonderziehungsrechten angegeben sind. Die in dieser Richtlinie definierten Schwellenwerte sollten angepasst werden, um zu gewährleisten, dass sie den Euro-Äquivalenten der im GPa genannten Schwellenwerte entsprechen. Es sollten eine regelmäßige Überprüfung der in Euro ausgedrückten Schwellenwerte und ihre Anpassung - im Wege eines rein mathematischen Verfahrens - an mögliche Kursschwankungen des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht vorgesehen werden.

Neben diesen regelmäßigen mathematischen Anpassungen sollte während der nächsten Verhandlungsrunde eine Erhöhung der in dem GPa festgelegten Schwellenwerte geprüft werden.

Um die Anzahl der Schwellenwerte nicht unnötig zu erhöhen, ist es zudem angezeigt, unbeschadet der internationalen Verpflichtungen der Union auch künftig dieselben Schwellenwerte auf alle Auftraggeber anzuwenden, unabhängig davon, in welchem Sektor sie tätig sind.

(29) Es sollte klargestellt werden, dass für die Schätzung des Werts eines Auftrags sämtliche Einnahmen berücksichtigt werden müssen, gleich ob sie vom Auftraggeber oder von Dritten stammen.

Es sollte ferner klargestellt werden, dass für den Zweck der Schätzung von Schwellenwerten unter "gleichartigen Lieferungen" Waren für gleiche oder gleichartige Verwendungszwecke zu verstehen sind, wie Lieferungen einer Reihe von Nahrungsmitteln oder von verschiedenen Büromöbeln. Typischerweise würde ein Wirtschaftsteilnehmer, der in dem betreffenden Bereich tätig ist, solche Lieferungen wahrscheinlich als Teil seiner üblichen Produktpalette anbieten.

(30) Für die Zwecke der Schätzung des Werts eines bestimmten Auftrags sollte klargestellt werden, dass die Schätzung des Werts auf der Grundlage einer Unterteilung der Auftragsvergabe nur dann zulässig sein sollte, wenn dies durch objektive Gründe gerechtfertigt ist. So könnte es beispielsweise gerechtfertigt sein, die Auftragswerte auf der Ebene einer eigenständigen Organisationseinheit des Auftraggebers zu schätzen, sofern die betreffende Einheit selbständig für die eigenen Beschaffungsmaßnahmen verantwortlich ist. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn die eigenständige Organisationseinheit selbständig Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge durchführt und die Kaufentscheidungen trifft, wenn sie über eine getrennte Haushaltslinie für die betreffenden Auftragsvergaben verfügt, die Aufträge unabhängig vergibt und diese der Auftraggeber ihr zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln finanziert. Eine Aufteilung in Unterteilungen ist nicht allein dadurch gerechtfertigt, dass der Auftraggeber eine Auftragsvergabe dezentral durchführt.

(31) Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet und findet keine Anwendung auf Beschaffungen internationaler Organisationen in deren eigenem Namen und für eigene Rechnung. Es sollte jedoch geklärt werden, inwieweit diese Richtlinie auch auf Beschaffungen angewendet werden sollte, die spezifischen internationalen Bestimmungen unterliegen.

(32) Es sei darauf hingewiesen, dass Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienste und andere vergleichbare Formen alternativer Streitbeilegung normalerweise von Organisationen oder Personen übernommen werden, deren Bestellung oder Auswahl in einer Art und Weise erfolgt, die sich nicht nach Vergabevorschriften für öffentliche Aufträge richten kann. Es sollte klargestellt werden, dass diese Richtlinie nicht für Aufträge zur Erbringung solcher Dienstleistungen - ungeachtet ihrer Bezeichnung in den nationalen Rechtsvorschriften - gilt.

(33) Einige Rechtsdienstleistungen werden von durch ein Gericht in einem Mitgliedstaat benannten Dienstleistern erbracht, betreffen die Vertretung von Mandanten in Gerichtsverfahren durch Rechtsanwälte, müssen durch Notare erbracht werden oder sind mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden. Solche Rechtsdienstleistungen werden in der Regel durch Organisationen oder Personen erbracht, deren Bestellung oder Auswahl in einer Art und Weise erfolgt, die sich nicht nach Vergabevorschriften für öffentliche Aufträge richten kann, wie z.B. die Ernennung von Staatsanwälten in einigen Mitgliedstaaten. Diese Rechtsdienstleistungen sollten daher vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden.

(34) Es sei darauf hingewiesen, dass der Begriff "Finanzinstrumente" im Sinne dieser Richtlinie dieselbe Bedeutung hat wie in anderen Rechtsakten über den Binnenmarkt; ferner sollte mit Blick auf die kürzlich erfolgte Schaffung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität und des Europäischen Stabilitätsmechanismus festgehalten werden, dass mit dieser Fazilität und diesem Mechanismus durchgeführte Transaktionen aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen werden sollten. Schließlich sollte klargestellt werden, dass Darlehen oder Kredite, gleich ob sie mit der Ausgabe von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten oder mit diesen Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten betreffenden Transaktionen im Zusammenhang stehen oder nicht, aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen werden sollten.

(35) Es sei daran erinnert, dass Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates 16 ausdrücklich vorsieht, dass die Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG für Dienstleistungsaufträge und für öffentliche Dienstleistungsaufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen gelten, während für Dienstleistungskonzessionen für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gilt. Es sei außerdem daran erinnert, dass jene Verordnung weiterhin für öffentliche Dienstleistungsaufträge sowie für Dienstleistungskonzessionen für öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene und per Untergrundbahn gilt. Zur Präzisierung der Beziehung zwischen dieser Richtlinie und der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sollte ausdrücklich vorgesehen werden, dass die vorliegende Richtlinie nicht für Dienstleistungsaufträge für die Bereitstellung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten auf der Schiene oder mit Untergrundbahnen gelten, deren Vergabe weiterhin jener Verordnung unterliegen sollte. Soweit die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 die Möglichkeit einräumt, im nationalen Recht von den Vorschriften jener Verordnung abzuweichen, sollten die Mitgliedstaaten weiterhin in ihren nationalen Rechtsvorschriften bestimmen können, dass Dienstleistungsaufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene oder mit Untergrundbahnen durch ein Vergabeverfahren vergeben werden müssen, das ihren allgemeinen Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe entspricht.

(36) Diese Richtlinie sollte nicht für bestimmte von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbrachte Notfalldienste gelten, da der spezielle Charakter dieser Organisationen nur schwer gewahrt werden könnte, wenn die Dienstleistungserbringer nach den in dieser Richtlinie festgelegten Verfahren ausgewählt werden müssten. Dieser Ausschluss sollte allerdings nicht über das notwendigste Maß hinaus ausgeweitet werden. Der Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung sollte daher ausdrücklich nicht ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang muss im Übrigen klargestellt werden, dass die CPV-Gruppe 601 "Landverkehr" nicht den Einsatz von Krankenwagen erfasst, der unter die CPV-Klasse 8514 fällt. Es sollte daher klargestellt werden, dass für unter die CPV-Code 8514 30 00-3 fallende Dienstleistungen, die ausschließlich im Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung bestehen, die besondere Regelung für soziale und andere besondere Dienstleistungen (im Folgenden "vereinfachte Regelung") gelten sollte. Damit würden auch gemischte Aufträge für Dienste von Krankenwagen generell unter die vereinfachte Regelung fallen, falls der Wert des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung höher wäre als der Wert anderer Krankenwagendienste.

(37) In einigen Fällen kann ein bestimmter öffentlicher Auftraggeber oder ein bestimmter Zusammenschluss von öffentlichen Auftraggebern einziger Anbieter einer Dienstleistung sein, dessen Erbringung ihm, für deren Erbringung er gemäß den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften und gemäß den veröffentlichten Verwaltungsanweisungen, die mit dem AEUV in Einklang stehen, ein ausschließliches Recht besitzt. Es sollte klargestellt werden, dass die vorliegende Richtlinie nicht auf die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen an diesen öffentlichen Auftraggeber oder Zusammenschluss von öffentlichen Auftraggebern angewandt werden muss.

(38) Es besteht erhebliche Rechtsunsicherheit darüber, inwieweit die Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe auch für zwischen öffentlichen Auftraggebern geschlossene Aufträge gelten sollten. Die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wird nicht nur von den einzelnen Mitgliedstaaten, sondern auch von den einzelnen öffentlichen Auftraggebern unterschiedlich ausgelegt. Da diese Rechtsprechung in gleicher Weise auf Behörden anwendbar wäre, die in den von dieser Richtlinie abgedeckten Sektoren agieren, sollte sichergestellt werden, dass im Rahmen dieser Richtlinie und der Richtlinie 2014/24/EU dieselben Vorschriften gelten und sie in derselben Weise ausgelegt werden.

(39) Viele Auftraggeber sind als eine Wirtschaftsgruppe organisiert, die aus eine Reihe getrennter Unternehmen bestehen kann; oft hat jedes dieser Unternehmen in der Wirtschaftsgruppe eine spezielle Aufgabe. Es ist daher angezeigt, bestimmte Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge auszuschließen, die an ein verbundenes Unternehmen vergeben werden, welches seine Dienstleistungen, Lieferungen und Bauleistungen nicht am Markt anbietet, sondern hauptsächlich für die eigene Unternehmensgruppe erbringt. Zudem sollten bestimmte Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge ausgeschlossen werden, die ein Auftraggeber an ein Gemeinschaftsunternehmen vergibt, das von mehreren Auftraggebern gebildet wird, um die von dieser Richtlinie erfassten Tätigkeiten durchzuführen, und dem dieser Auftraggeber angehört. Jedoch sollte sichergestellt werden, dass durch diese Ausnahmeregelung keine Wettbewerbsverzerrungen zugunsten von Unternehmen, auch Gemeinschaftsunternehmen, entstehen, die mit den Auftraggebern verbunden sind; es sollten daher geeignete Vorschriften vorgesehen werden, insbesondere hinsichtlich der Höchstgrenzen, bis zu denen die Unternehmen einen Teil ihres Umsatzes am Markt erzielen dürfen und bei deren Überschreiten ihnen ohne einen Aufruf zum Wettbewerb kein Auftrag vergeben werden darf, sowie hinsichtlich der Zusammensetzung der Gemeinschaftsunternehmen und der Stabilität der Verbindungen zwischen diesen und den ihnen angehörenden Auftraggeber.

(40) Ferner ist es angezeigt, die Wechselwirkungen zwischen den Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen Behörden und den Bestimmungen über die Auftragsvergabe an verbundene Unternehmen oder im Rahmen von Gemeinschaftsunternehmen klarzustellen.

(41) Unternehmen sollten als verbunden gelten, wenn ein unmittelbarer oder mittelbarer beherrschender Einfluss zwischen dem Auftraggeber und dem betreffenden Unternehmen vorliegt oder wenn beide dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens unterliegen; in diesem Zusammenhang sollte eine private Beteiligung als solche nicht ausschlaggebend sein. Die Überprüfung, ob ein Unternehmen mit einem bestimmten Auftraggeber verbunden ist, sollte möglichst einfach durchzuführen sein. Da bereits für die Entscheidung, ob der Jahresabschluss der betreffenden Unternehmen und Einrichtungen konsolidiert werden sollte, geprüft werden muss, ob möglicherweise ein derartiger unmittelbarer oder mittelbarer beherrschender Einfluss vorliegt, sollten deshalb Unternehmen als verbunden betrachtet werden, wenn ihr Jahresabschluss konsolidiert wird. Die Unionsvorschriften zu konsolidierten Abschlüssen gelten in bestimmten Fällen jedoch nicht, beispielsweise aufgrund der Größe der betreffenden Unternehmen oder weil bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich ihrer Rechtsform nicht erfüllt sind. In solchen Fällen, in denen die Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates 17 nicht anzuwenden ist, muss geprüft werden, ob ein unmittelbarer oder mittelbarer beherrschender Einfluss auf der Grundlage der Eigentumsverhältnisse, der finanziellen Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden Vorschriften ausgeübt wird.

(42) Die Kofinanzierung von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen durch die Industrie sollte gefördert werden. Es sollte folglich klargestellt werden, dass diese Richtlinie nur anwendbar ist, wenn es keine solche Kofinanzierung gibt und wenn das Ergebnis der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten des betreffenden Auftraggebers zugutekommt. Damit sollte die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass der Dienstleistungserbringer, der diese Tätigkeiten durchgeführt hat, einen Bericht darüber veröffentlichen darf, solange der Auftraggeber die alleinigen Rechte zum Gebrauch der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse bei der Ausübung ihrer eigenen Tätigkeit behält. Ein fiktiver Austausch der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse oder eine symbolische Beteiligung an der Vergütung des Dienstleisters sollten jedoch nicht die Anwendung dieser Richtlinie verhindern.

(43) Diese Richtlinie sollte weder für Aufträge gelten, die die Ausübung einer der von dieser Richtlinie erfassten Tätigkeiten ermöglichen sollen, noch für Wettbewerbe zur Ausübung einer solchen Tätigkeit, wenn diese Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten ohne Zugangsbeschränkungen dem direkten Wettbewerb ausgesetzt ist. Es sollte daher das Verfahren beibehalten werden, das auf alle unter diese Richtlinie fallenden Sektoren oder Teile davon anwendbar ist und es ermöglicht, die Auswirkungen einer aktuellen oder künftigen Liberalisierung zu berücksichtigen. Ein solches Verfahren sollte den betreffenden Einrichtungen Rechtssicherheit bieten und eine angemessene Entscheidungsfindung ermöglichen, so dass innerhalb kurzer Fristen eine einheitliche Anwendung des einschlägigen Unionsrechts gewährleistet ist. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte klargestellt werden, dass alle Entscheidungen, die vor Inkrafttreten dieser Richtlinie bezüglich der Anwendbarkeit der entsprechenden Bestimmungen in Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG getroffen wurden, weiterhin gelten.

(44) Der unmittelbare Einfluss des Wettbewerbs sollte nach objektiven Kriterien festgestellt werden, wobei die besonderen Merkmale des betreffenden Sektors oder der betreffenden Teile davon zu berücksichtigen sind. Dieser Bewertung sind jedoch gewisse Grenzen gesetzt durch die kurzen Fristen und dadurch, dass sie sich auf die der Kommission vorliegenden Informationen - die aus bereits verfügbaren Quellen stammen oder im Zuge der Anwendung von Artikel 35 beschafft wurden - stützen muss und nicht durch zeitaufwändigere Methoden, wie etwa öffentliche Anhörungen, die an die beteiligten Wirtschaftsteilnehmer gerichtet sind, ergänzt werden kann. Die volle Anwendung des Wettbewerbsrechts bleibt von der im Rahmen dieser Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit einer Bewertung, inwieweit eine Tätigkeit dem unmittelbaren Wettbewerb ausgesetzt ist, unberührt.

(45) Die Bewertung, ob ein bestimmter Sektor oder Teile davon unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, sollte hinsichtlich des relevanten geografischen Markts, d. h. des spezifischen Bereichs, in dem die Tätigkeit oder die betreffenden Teile davon von den jeweiligen Wirtschaftsteilnehmern durchgeführt werden, erfolgen. Da der Begriff des relevanten geografischen Markts entscheidend für die Bewertung ist, sollte er angemessen und auf der Grundlage der im Unionsrecht bestehenden Begriffe definiert werden. Es sollte ferner klargestellt werden, dass der relevante geografische Markt nicht notwendigerweise mit dem Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats übereinstimmt; folglich sollten Entscheidungen über die Anwendbarkeit der Ausnahme auf Teile des Hoheitsgebiets des betreffenden Mitgliedstaats beschränkt werden können.

(46) Die Umsetzung und Anwendung geeigneter Rechtsvorschriften der Union zur Liberalisierung eines bestimmten Sektors oder Teilsektors sollten als hinreichender Anhaltspunkt für das Bestehen eines freien Zugangs zu dem betreffenden Markt gelten. Entsprechende Rechtsvorschriften sollten in einem Anhang aufgeführt werden, der von der Kommission aktualisiert werden kann. Bei der Aktualisierung des Anhangs sollte die Kommission insbesondere dem Umstand Rechnung tragen, dass eventuell Maßnahmen verabschiedet wurden, die eine echte Öffnung von Sektoren wie beispielsweise dem nationalen Schienenpersonenverkehr, für die in diesem Anhang noch keine Rechtsvorschriften genannt sind, für den Wettbewerb bewirken.

(47) Kann der freie Zugang zu einem Markt nicht aufgrund der Anwendung einschlägiger Rechtsvorschriften der Union vorausgesetzt werden, sollte dieser freie Zugang de jure und de facto nachgewiesen werden. Erweitert ein Mitgliedstaat die Anwendung eines Unionsrechtsakts über die Öffnung eines Sektors für den Wettbewerb auf Situationen, die nicht in den Anwendungsbereich dieses Rechtsakts fallen, z.B. indem die Richtlinie 94/22/EG auf den Kohlesektor oder die Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates 18 auf Fahrgastdienste auf nationaler Ebene angewandt wird, so sollte diesem Umstand bei der Bewertung, ob der Zugang zum betreffenden Sektor frei ist, Rechnung getragen werden.

(48) Unabhängige nationale Behörden, wie sektorale Regulierungsbehörden oder Wettbewerbsbehörden, verfügen in der Regel über spezialisiertes Fachwissen, Informationen und Kenntnisse, die bei der Bewertung, ob eine Tätigkeit oder Teile davon unmittelbar dem Wettbewerb auf Märkten mit unbeschränktem Zugang ausgesetzt sind, sachdienlich sind. Anträge auf Ausnahmen sollten daher gegebenenfalls mit einer Stellungnahme jüngeren Datums über die Wettbewerbssituation in dem betreffenden Sektor, die von einer für die betreffende Tätigkeit zuständigen unabhängigen nationalen Behörde verfasst wurde, eingereicht werden oder eine solche beinhalten.

Bei Nichtvorlage einer mit Gründen und Belegen versehenen Stellungnahme einer für die betreffende Tätigkeit zuständigen unabhängigen nationalen Behörde wäre mehr Zeit für die Bewertung eines Antrags auf Ausnahme erforderlich. Die Fristen, innerhalb deren die Kommission die Bewertung solcher Anträge ausführen muss, sollten daher entsprechend geändert werden.

(49) Die Kommission sollte stets verpflichtet sein, Anträge zu prüfen, die den detaillierten Vorschriften für die Anwendung der Verfahren für die Feststellung, ob eine Tätigkeit oder Teile davon unmittelbar dem Wettbewerb auf Märkten mit unbeschränktem Zugang ausgesetzt ist, entsprechen. Es sollte jedoch auch klargestellt werden, dass solche Anträge derart komplex sein können, dass es eventuell nicht immer möglich ist, die Annahme von Durchführungsrechtsakten zur Feststellung, ob eine bestimmte Tätigkeit oder Teile davon unmittelbar dem Wettbewerb auf Märkten mit unbeschränktem Zugang ausgesetzt ist, innerhalb der anwendbaren Fristen zu gewährleisten.

(50) Es sollte klargestellt werden, dass die Kommission die Möglichkeit haben sollte, von den Mitgliedstaaten oder den Auftraggebern zu verlangen, Informationen vorzulegen oder zu ergänzen oder zu präzisieren. Die Kommission sollte eine angemessene Frist dafür festsetzen, wobei neben der gebührenden Berücksichtigung der Tatsache, dass die Fristen für die Annahme des Durchführungsrechtsakts durch die Kommission einzuhalten sind, auch Faktoren wie die Komplexität und die Zugänglichkeit der verlangten Informationen zu beachten sind.

(51) Beschäftigung und Beruf tragen zur Integration in die Gesellschaft bei und sind zentrale Elemente für die Gewährleistung von Chancengleichheit. In diesem Zusammenhang können geschützte Werkstätten eine wichtige Rolle spielen. Das gilt auch für andere soziale Unternehmen, deren Hauptanliegen die Förderung der gesellschaftlichen und beruflichen Eingliederung oder Wiedereingliederung von Personen mit Behinderung oder von benachteiligten Personen wie Arbeitslosen, Angehörigen benachteiligter Minderheiten oder auf andere Weise an den Rand der Gesellschaft gedrängten Personen ist. Es ist jedoch möglich, dass solche Werkstätten oder Unternehmen nicht in der Lage sind, unter normalen Wettbewerbsbedingungen Aufträge zu erhalten. Es ist daher angemessen, vorzusehen, dass die Mitgliedstaaten das Recht, an Verfahren zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder von bestimmten Auftragslosen teilzunehmen, derartigen Werkstätten oder Unternehmen vorbehalten können oder die Ausführung eines Auftrags geschützten Beschäftigungsprogrammen vorbehalten können.

(52) Im Hinblick auf eine angemessene Einbeziehung ökologischer, sozialer und arbeitsrechtlicher Erfordernisse in die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge ist es besonders wichtig, dass Mitgliedstaaten und Auftraggeber geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Einhaltung der am Ort der Ausführung der Bauleistungen oder der Erbringung der Dienstleistungen geltenden Anforderungen auf dem Gebiet des Umwelt-, Sozial- und Arbeitsrechts zu gewährleisten, die sich aus auf nationaler und auf Unionsebene geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Verfügungen und Beschlüssen sowie aus Tarifverträgen ergeben, sofern diese Regelungen und ihre Anwendung mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Gleichermaßen sollten während der Auftragsausführung auch die Verpflichtungen aus den von allen Mitgliedstaaten ratifizierten und in Anhang XIV aufgeführten internationalen Übereinkommen gelten. Dies sollte jedoch auf keinen Fall der Anwendung von für die Arbeitnehmer günstigeren Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen entgegenstehen.

Die betreffenden Maßnahmen sollten mit den Grundprinzipien des Unionsrechts im Einklang stehen, insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung der Gleichbehandlung. Sie sollten im Einklang mit der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 19 und in einer Art und Weise angewandt werden, dass die Gleichbehandlung gewährleistet ist und Wirtschaftsteilnehmer und Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten weder direkt noch indirekt diskriminiert werden.

(53) Als Ort der Erbringung der Dienstleistungen sollte der Ort gelten, an dem die charakteristischen Leistungen erbracht werden. Bei aus der Ferne, zum Beispiel von Callcentern erbrachten Dienstleistungen, sollte dies der Ort der Leistungserbringung sein, ungeachtet der Orte und Mitgliedstaaten, für die die Dienstleistungen bestimmt sind.

(54) Die diesbezüglichen Verpflichtungen könnten sich in Auftragserfüllungsklauseln widerspiegeln. Ferner sollte es möglich sein, Klauseln zur Sicherstellung der Einhaltung von Tarifverträgen im Einklang mit dem Unionsrecht in öffentliche Aufträge aufzunehmen. Die Nichteinhaltung der einschlägigen Verpflichtungen kann als schwere Verfehlung des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers betrachtet werden, die dessen Ausschluss vom Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags zur Folge haben kann.

(55) Die Überprüfung der Einhaltung dieser umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen sollte in den relevanten Phasen des Vergabeverfahrens erfolgen, also bei der Anwendung der allgemeinen Grundsätze für die Auswahl der Teilnehmer und die Auftragsvergabe, bei der Anwendung der Ausschlusskriterien und bei der Anwendung der Bestimmungen bezüglich ungewöhnlich niedriger Angebote. Die zu diesem Zweck erforderliche Überprüfung sollte im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie, insbesondere den Bestimmungen zu Nachweisen und Eigenerklärungen, durchgeführt werden.

(56) Keine Bestimmung dieser Richtlinie sollte dem Erlass oder der Durchsetzung von Maßnahmen, die zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sittlichkeit und der öffentlichen Sicherheit, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen und Tieren oder zur Erhaltung pflanzlichen Lebens notwendig sind, oder von sonstigen Umweltschutzmaßnahmen, insbesondere mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung, entgegenstehen, sofern diese Maßnahmen mit dem AEUV im Einklang stehen.

(57) Forschung und Innovation, einschließlich Öko-Innovation und sozialer Innovation, gehören zu den Haupttriebkräften künftigen Wachstums und stehen im Mittelpunkt der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Auftraggeber sollten die öffentliche Auftragsvergabe strategisch optimal nutzen, um Innovationen voranzutreiben. Der Kauf innovativer Produkte, Bauleistungen und Dienstleistungen spielt eine zentrale Rolle bei der Steigerung der Effizienz und der Qualität öffentlicher Dienstleistungen und ermöglicht es gleichzeitig, großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Er trägt dazu bei, ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen und einen umfassenderen wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Nutzen zu generieren, indem neue Ideen hervorgebracht, diese in innovative Produkte und Dienstleistungen umgesetzt werden und damit ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum gefördert wird.

Es sei daran erinnert, dass die Kommission in ihrer Mitteilung vom 14. Dezember 2007 "Vorkommerzielle Auftragsvergabe: Innovationsförderung zur Sicherung tragfähiger und hochwertiger öffentlicher Dienste in Europa" eine Reihe von Beschaffungsmodellen beschrieben hat, bei denen es um die Vergabe öffentlicher Aufträge für Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen geht, die nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen. Diese Modelle würden auch weiterhin wie bislang zur Verfügung stehen, doch diese Richtlinie sollte auch dazu beitragen, die Beschaffung von Innovationen zu erleichtern, und Mitgliedstaaten darin unterstützen, die Ziele der Innovationsunion zu erreichen.

(58) Aufgrund der Bedeutung von Innovation sollten die Auftraggeber ermutigt werden, so oft wie möglich Varianten zuzulassen. Die Auftraggeber sollten folglich darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Mindestanforderungen für Varianten definiert werden müssen, bevor angegeben wird, dass Varianten eingereicht werden können.

(59) Kann der Bedarf an der Entwicklung eines innovativen Produkts bzw. einer innovativen Dienstleistung oder innovativer Bauleistungen und dem anschließenden Erwerb dieses Produkts bzw. dieser Dienstleistung oder dieser Bauleistungen nicht durch bereits auf dem Markt verfügbare Lösungen befriedigt werden, so sollten Auftraggeber in Bezug auf Aufträge, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, Zugang zu einem spezifischen Beschaffungsverfahren haben. Dieses spezifische Verfahren sollte es den Auftraggebern ermöglichen, eine langfristige Innovationspartnerschaft für die Entwicklung und die anschließende Beschaffung neuer, innovativer Produkte, Dienstleistungen oder Bauleistungen zu begründen - unter der Voraussetzung, dass für solche innovativen Produkte, Dienstleistungen oder Bauleistungen die vereinbarten Leistungs- und Kostenniveaus eingehalten werden können, und ohne dass ein getrenntes Vergabeverfahren für die Beschaffung erforderlich ist. Die Innovationspartnerschaft sollte sich auf die Verfahrensregeln stützen, die für das Verhandlungsverfahren mit vorherigem Aufruf zum Wettbewerb gelten, und die Auftragsvergabe sollte einzig auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses erfolgen, was für den Vergleich von Angeboten für innovative Lösungen am besten geeignet ist. Ganz gleich, ob es um sehr große Vorhaben oder um kleinere innovative Vorhaben geht, sollte die Innovationspartnerschaft so strukturiert sein, dass sie die erforderliche Marktnachfrage ("Market Pull") bewirken kann, die die Entwicklung einer innovativen Lösung anstößt, ohne jedoch zu einer Marktabschottung zu führen. Die Auftraggeber sollten daher Innovationspartnerschaften nicht in einer Weise nutzen, durch die der Wettbewerb behindert, eingeschränkt oder verfälscht wird. In bestimmten Fällen könnten solche Effekte durch die Gründung von Innovationspartnerschaften mit mehreren Partnern vermieden werden.

(60) Die Erfahrung hat gezeigt, dass der in der Richtlinie 2014/24/EU vorgesehene wettbewerbliche Dialog sich in Fällen als nützlich erwiesen hat, in denen öffentliche Auftraggeber nicht in der Lage sind, die Mittel zur Befriedigung ihres Bedarfs zu definieren oder zu beurteilen, was der Markt an technischen, finanziellen oder rechtlichen Lösungen zu bieten hat. Diese Situation kann insbesondere bei innovativen Projekten, bei der Realisierung großer, integrierter Verkehrsinfrastrukturprojekte oder großer Computer-Netzwerke oder bei Projekten mit einer komplexen, strukturierten Finanzierung eintreten. Es sollte den Mitgliedstaaten daher erlaubt sein, den Auftraggebern dieses Instrument zur Verfügung zu stellen. Den öffentlichen Auftraggebern sollte gegebenenfalls empfohlen werden, einen Projektleiter zu ernennen, um eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsteilnehmern und dem öffentlichen Auftraggeber während des Vergabeverfahrens zu gewährleisten.

(61) Angesichts der negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb sollten Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen zur Anwendung kommen. Diese Ausnahme sollte auf Fälle beschränkt bleiben, in denen eine Veröffentlichung entweder aus Gründen extremer Dringlichkeit wegen unvorhersehbarer und vom Auftraggeber nicht zu verantwortender Ereignisse nicht möglich ist oder in denen von Anfang an klar ist, dass eine Veröffentlichung nicht zu mehr Wettbewerb oder besseren Beschaffungsergebnissen führen würde, nicht zuletzt weil objektiv nur ein einziger Wirtschaftsteilnehmer in der Lage ist, den Auftrag auszuführen. Dies ist der Fall bei Kunstwerken, bei denen der einzigartige Charakter und Wert des Kunstgegenstands selbst untrennbar an die Identität des Künstlers gebunden ist. Ausschließlichkeit kann auch aus anderen Gründen erwachsen, doch nur Situationen einer objektiven Ausschließlichkeit können den Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb rechtfertigen, sofern die Ausschließlichkeitssituation nicht durch den Auftraggeber selbst mit Blick auf das anstehende Vergabeverfahren herbeigeführt wurde.

Auftraggeber, die auf diese Ausnahme zurückgreifen, sollten begründen, warum es keine vernünftigen Alternativen oder keinen vernünftigen Ersatz gibt, wie die Nutzung alternativer Vertriebswege, auch außerhalb des Mitgliedstaats des Auftraggebers, oder die Erwägung funktionell vergleichbarer Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen.

Wenn die Ausschließlichkeitssituation auf technische Gründe zurückzuführen ist, sollten diese im Einzelfall genau beschrieben und nachgewiesen werden. Zu diesen Gründen könnte beispielsweise gehören, dass es für einen anderen Wirtschaftsteilnehmer technisch nahezu unmöglich ist, die geforderte Leistung zu erbringen, oder dass es nötig ist, spezielles Wissen, spezielle Werkzeuge oder Hilfsmittel zu verwenden, die nur einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer zur Verfügung stehen. Technische Gründe können auch zurückzuführen sein auf konkrete Anforderungen an die Interoperabilität, die erfüllt sein müssen, um das Funktionieren der zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen zu gewährleisten.

Schließlich ist ein Vergabeverfahren nicht sinnvoll, wenn Waren direkt an einer Warenbörse gekauft werden, einschließlich Handelsplattformen für Bedarfsgüter wie landwirtschaftliche Güter und Rohstoffe und Energiebörsen, wo naturgemäß aufgrund der regulierten und überwachten multilateralen Handelsstruktur Marktpreise garantiert sind.

(62) Es sollte klargestellt werden, dass die Bestimmungen zum Schutz vertraulicher Informationen in keiner Weise der Offenlegung der nicht vertraulichen Teile von abgeschlossenen Verträgen, einschließlich späterer Änderungen, entgegenstehen.

(63) Elektronische Informations- und Kommunikationsmittel können die Bekanntmachung von Aufträgen erheblich vereinfachen und Effizienz und Transparenz der Vergabeverfahren steigern. Sie sollten zum Standard für Kommunikation und Informationsaustausch im Rahmen von Vergabeverfahren werden, da sie die Möglichkeiten von Wirtschaftsteilnehmern zur Teilnahme an Vergabeverfahren im gesamten Binnenmarkt stark verbessern. Zu diesem Zweck sollten die Übermittlung von Bekanntmachungen in elektronischer Form, die elektronische Verfügbarkeit der Auftragsunterlagen sowie - nach einem Übergangszeitraum von 30 Monaten - eine ausschließliche elektronische Kommunikation, das heißt eine Kommunikation durch elektronische Mittel, in allen Verfahrensstufen, einschließlich der Übermittlung von Teilnahmeanträgen und insbesondere der Übermittlung der Angebote (im Folgenden "elektronische Übermittlung"), verbindlich vorgeschrieben werden. Es sollte den Mitgliedstaaten und Auftraggebern freigestellt bleiben, auf Wunsch hierüber hinauszugehen. Es sollte außerdem klargestellt werden, dass die verbindliche Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel nach dieser Richtlinie Auftraggeber nicht zur elektronischen Verarbeitung von Angeboten verpflichten oder eine elektronische Bewertung oder automatische Verarbeitung vorschreiben sollte. Des Weiteren sollten nach dieser Richtlinie weder Bestandteile des Verfahrens der öffentlichen Auftragsvergabe, die auf die Vergabe des Auftrags folgen, noch die interne Kommunikation des Auftraggebers unter die Verpflichtung zur Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel fallen.

(64) Die Auftraggeber sollten, von spezifischen Sonderfällen abgesehen, elektronische Kommunikationsmittel nutzen, die diskriminierungsfrei, allgemein verfügbar sowie mit den allgemein verbreiteten Erzeugnissen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) kompatibel sind und den Zugang der Wirtschaftsteilnehmer zum Vergabeverfahren nicht einschränken. Die Verwendung dieser Kommunikationsmittel sollte auch der Zugänglichkeit für Personen mit Behinderungen hinreichend Rechnung tragen. Es sollte klargestellt werden, dass die Verpflichtung zur Verwendung elektronischer Mittel in allen Phasen des Vergabeverfahrens weder angemessen wäre, wenn die Nutzung elektronischer Mittel besondere Instrumente oder Dateiformate erfordern würde, die nicht allgemein verfügbar sind, noch, wenn die betreffende Kommunikation nur mit speziellen Bürogeräten bearbeitet werden könnte. Öffentliche Auftraggeber sollten daher in bestimmten Fällen nicht verpflichtet werden, die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel im Einreichungsverfahren zu verlangen; diese Fälle sollten erschöpfend aufgelistet werden. Diese Richtlinie legt fest, dass hierzu Fälle gehören, in denen die Nutzung spezieller Bürogeräte erforderlich wäre, die Auftraggeber nicht generell zur Verfügung stehen, wie beispielsweise Großformatdrucker. In einigen Vergabeverfahren kann in den Auftragsunterlagen die Einreichung eines physischen oder maßstabsgetreuen Modells verlangt werden, das den Auftraggebern nicht auf elektronischem Wege vorgelegt werden kann. In solchen Fällen sollte das Modell den Auftraggebern auf dem Postweg oder einem anderen geeigneten Weg zugesandt werden.

Es sollte jedoch klargestellt werden, dass die Nutzung anderer Kommunikationsmittel auf die Bestandteile des Angebots beschränkt sein sollte, für die eine elektronische Kommunikation nicht verlangt wird.

Es ist angezeigt zu präzisieren, dass - sofern dies aus technischen Gründen erforderlich ist - die Auftraggeber in der Lage sein sollten, eine maximale Größe der einzureichenden Dateien festzulegen.

(65) In Ausnahmefällen sollte es den Auftraggebern gestattet sein, andere als elektronische Kommunikationsmittel zu nutzen, wenn es zum Schutz besonders sensibler Informationen erforderlich ist, keine elektronische Kommunikationsmittel zu nutzen. Es sollte klargestellt werden, dass in Fällen, in denen der Rückgriff auf nicht allgemein verfügbare elektronische Mittel das nötige Schutzniveau bieten kann, diese elektronischen Mittel genutzt werden sollten. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Auftraggeber die Nutzung spezieller sicherer Kommunikationskanäle vorschreiben, zu denen sie den Zugang anbieten.

(66) Unterschiedliche technische Formate oder Verfahren und Nachrichtenstandards könnten potenzielle Hindernisse für die Interoperabilität nicht nur innerhalb des jeweiligen Mitgliedstaats, sondern auch und insbesondere zwischen den Mitgliedstaaten entstehen lassen. Beispielsweise wären Wirtschaftsteilnehmer, um an einem Vergabeverfahren teilzunehmen, bei dem die Verwendung von elektronischen Katalogen - einem Format zur Darstellung und Gestaltung von Informationen in einer Weise, die für alle teilnehmenden Bieter gleich ist und für die eine elektronische Bearbeitung sich anbietet - zulässig oder vorgeschrieben ist, bei einer fehlenden Normung verpflichtet, ihre eigenen Kataloge an jedes Vergabeverfahren anzupassen, was bedeuten würde, dass je nach den Spezifikationen des jeweiligen Auftraggebers sehr ähnliche Informationen in unterschiedlichen Formaten bereitgestellt werden müssten. Durch die Vereinheitlichung der Katalogformate würde somit das Maß an Interoperabilität verbessert, die Effizienz gesteigert und zudem der Aufwand für die Wirtschaftsteilnehmer vermindert.

(67) Hinsichtlich der Frage, ob es notwendig ist, die Nutzung spezifischer Standards verbindlich vorzuschreiben, um die Interoperabilität zwischen verschiedenen technischen Formaten oder Verfahrens- und Nachrichtenstandards sicherzustellen beziehungsweise zu verbessern, und welche Standards unter Umständen eingeführt werden sollten, sollte die Kommission die Meinungen der betreffenden Beteiligten weitestgehend berücksichtigen. Die Kommission sollte auch bedenken, in welchem Umfang ein gegebener Standard bereits von den Wirtschaftsteilnehmern und den Auftraggebern in der Praxis genutzt wird und wie gut er sich bewährt hat. Bevor ein bestimmter Standard vorgeschrieben wird, sollte die Kommission auch sorgfältig die damit gegebenenfalls verbundenen Kosten prüfen, insbesondere hinsichtlich eventuell erforderlicher Anpassungen bestehender Lösungen für das elektronische Beschaffungswesen, einschließlich Infrastrukturen, Verfahren oder Software.

Sofern die betreffenden Standards nicht von einer internationalen, europäischen oder nationalen Normungsorganisation entwickelt werden, sollten sie die Anforderungen erfüllen, die für IKT-Normen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates 20.

(68) Vor Festlegung des erforderlichen Sicherheitsniveaus für die elektronischen Kommunikationsmittel, die in den verschiedenen Phasen des Vergabeverfahrens genutzt werden sollen, sollten die Mitgliedstaaten und die Auftraggeber die Verhältnismäßigkeit zwischen einerseits den Anforderungen zur Sicherstellung einer sachlich richtigen und zuverlässigen Identifizierung der Absender der betreffenden Mitteilungen sowie der Unversehrtheit von deren Inhalt und andererseits der Gefahr von Problemen beispielsweise in Fällen, in denen Mitteilungen durch einen anderen als den angegebenen Absender verschickt werden, abwägen. Dies würde bei ansonsten gleichen Umständen bedeuten, dass das Sicherheitsniveau, das beispielsweise bei der per E-Mail erfolgten Anforderung einer Bestätigung der genauen Anschrift, an der eine Informationsveranstaltung durchgeführt werden soll, erforderlich ist, nicht so hoch sein muss wie für das eigentliche Angebot, das für den Wirtschaftsteilnehmer ein verbindliches Angebot darstellt. In ähnlicher Weise könnte die Abwägung der Verhältnismäßigkeit dazu führen, dass im Zusammenhang mit der erneuten Einreichung von elektronischen Katalogen oder der Einreichung von Angeboten im Rahmen von Kleinstwettbewerben gemäß einer Rahmenvereinbarung oder dem Zugang zu den Auftragsunterlagen niedrigere Sicherheitsniveaus verlangt werden.

(69) Während wesentliche Bestandteile eines Vergabeverfahrens wie die Auftragsunterlagen, Teilnahmeanträge, Interessensbestätigungen und Angebote stets in Schriftform vorgelegt werden sollten, sollte weiterhin auch die mündliche Kommunikation mit Wirtschaftsteilnehmern möglich sein, vorausgesetzt, dass ihr Inhalt ausreichend dokumentiert wird. Dies ist nötig, um angemessene Transparenz sicherzustellen und so überprüfen zu können, ob der Grundsatz der Gleichbehandlung eingehalten wurde. Wichtig ist vor allem, dass jede mündliche Kommunikation mit Bietern, die einen Einfluss auf den Inhalt und die Bewertung des Angebots haben könnte, in hinreichendem Umfang und in geeigneter Weise dokumentiert wird, z.B. durch Niederschrift oder Tonaufzeichnungen oder Zusammenfassungen der wichtigsten Aspekte der Kommunikation.

(70) Unionsweit zeichnet sich auf den öffentlichen Beschaffungsmärkten ein starker Trend zur Zusammenführung der Nachfrage der öffentlichen Beschaffer ab, wobei das Ziel darin besteht, Größenvorteile, unter anderem eine Senkung der Preise und der Transaktionskosten, zu erzielen und das Beschaffungsmanagement zu verbessern und zu professionalisieren. Dies kann erreicht werden durch Sammelbeschaffungen einer größeren Zahl von Auftraggebern oder durch Sammelbeschaffungen, bei denen über einen längeren Zeitraum hinweg ein bestimmtes Auftragsvolumen oder ein bestimmter Auftragswert erreicht wird. Die Zusammenführung und Zentralisierung von Beschaffungen sollte sorgfältig überwacht werden, um eine übermäßige Konzentration der Kaufkraft und geheime Absprachen zu verhindern und Transparenz und Wettbewerb sowie die Möglichkeiten des Marktzugangs für KMU aufrechtzuerhalten.

(71) Das Instrument der Rahmenvereinbarungen kann in der gesamten Union als effiziente Beschaffungsmethode angewandt werden; allerdings gilt es, durch eine Verbesserung der Transparenz von und des Zugang zu Beschaffungen, die im Wege von Rahmenvereinbarungen durchgeführt werden, den Wettbewerb zu stimulieren. Daher ist es angebracht, die auf solche Vereinbarungen anwendbaren Bestimmungen zu überprüfen; insbesondere sollte die Vergabe von spezifischen Aufträgen auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung anhand von objektiven Vorschriften und Kriterien vorgesehen werden, z.B. im Anschluss an einen Kleinstwettbewerb, und die Laufzeit von Rahmenvereinbarungen sollte begrenzt werden.

(72) Ebenso sollte klargestellt werden, dass zwar auf einer Rahmenvereinbarung beruhende Aufträge vor Ablauf der Laufzeit der Rahmenvereinbarung selbst zu vergeben sind, die Laufzeit der einzelnen auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge jedoch nicht der Laufzeit jener Rahmenvereinbarung entsprechen muss, sondern gegebenenfalls kürzer oder länger sein kann. Insbesondere sollte es zulässig sein, bei der Festlegung der Länge einzelner auf einer Rahmenvereinbarung beruhender Aufträge Faktoren zu berücksichtigen wie beispielsweise die für ihre Durchführung erforderliche Zeit, eine vorgesehene Wartung von Ausrüstung mit einer erwarteten Nutzungsdauer von mehr als acht Jahren oder eine für die Auftragsausführung erforderliche umfassende Mitarbeiterschulung.

Es sollte ferner klargestellt werden, dass es Fälle geben könnte, in denen auch bei Rahmenvereinbarungen selbst eine Laufzeit von mehr als acht Jahren zulässig sein sollte. Solche Fälle, die - insbesondere mit dem Gegenstand der Rahmenvereinbarung - hinreichend zu begründen sind, können beispielsweise auftreten, wenn Wirtschaftsteilnehmer Ausrüstung benötigen, deren Amortisierungszeitraum mehr als acht Jahre beträgt und die während der gesamten Laufzeit der Rahmenvereinbarung jederzeit verfügbar sein muss. Im spezifischen Kontext von Versorgern, die wesentliche Dienstleistungen für die Öffentlichkeit erbringen, kann es Fälle geben, in denen eine längere Laufzeit sowohl für Rahmenvereinbarungen als auch für einzelne Aufträge erforderlich ist, etwa im Fall von Rahmenvereinbarungen über laufende Wartungsmaßnahmen und außerordentliche Instandhaltungsarbeiten für Netze, wozu teure Ausrüstung benötigt werden könnte, die von eigens geschulten hochspezialisierten Fachkräften bedient werden müsste, um die Kontinuität der Dienstleistungen und eine Minimierung etwaiger Störungen zu gewährleisten.

(73) Im Lichte der bisherigen Erfahrungen gilt es ferner, die Vorschriften für dynamische Beschaffungssysteme anzupassen, um es den Auftraggebern zu erlauben, die Möglichkeiten, die dieses Instrument bietet, in vollem Umfang zu nutzen. Die betreffenden Systeme müssen vereinfacht werden, indem sie insbesondere in Form eines nichtoffenen Verfahrens betrieben werden; die Notwendigkeit der Einreichung unverbindlicher Angebote, die sich als eine der größten Belastungen bei dynamischen Beschaffungssystemen erwiesen hat, würde damit entfallen. So sollte jeder Wirtschaftsteilnehmer, der einen Teilnahmeantrag stellt und die Auswahlkriterien erfüllt, zur Teilnahme an Vergabeverfahren zugelassen werden, die mittels des dynamischen Beschaffungssystems durchgeführt werden, befristet auf die Gültigkeitsdauer des Systems.

Diese Beschaffungsmethode ermöglicht es dem Auftraggeber, eine besonders breite Palette von Angeboten einzuholen und damit sicherzustellen, dass die Gelder im Rahmen eines breiten Wettbewerbs in Bezug auf marktübliche oder gebrauchsfertige Waren, Bauleistungen oder Dienstleistungen, die allgemein auf dem Markt verfügbar sind, optimal eingesetzt werden.

(74) Die Prüfung dieser Teilnahmeanträge sollte im Regelfall innerhalb von höchstens zehn Arbeitstagen durchgeführt werden, da die Bewertung der Auswahlkriterien aufgrund der von den Auftraggebern gegebenenfalls im Einklang mit den vereinfachten Bestimmungen der Richtlinie 2014/24/EU festgelegten Dokumentationsanforderungen erfolgt. Allerdings können sich Auftraggeber bei erstmaliger Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems einer so hohen Zahl von Teilnahmeanträgen als Reaktion auf die erste Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung oder die Aufforderung zur Interessenbestätigung gegenübersehen, dass sie zur Prüfung der Anträge mehr Zeit benötigen. Dies sollte zulässig sein, vorausgesetzt, es wird keine einzelne Auftragsvergabe eingeleitet, bevor alle Anträge geprüft wurden.

Den Auftraggebern sollte es freigestellt sein, wie sie die Teilnahmeanträge prüfen, z.B. indem sie sich entscheiden, solche Prüfungen nur einmal pro Woche durchzuführen, sofern die Fristen für die Prüfung der einzelnen Anträge auf Zulassung eingehalten werden. Auftraggeber, die die in der Richtlinie 2014/24/EU vorgesehenen Ausschlussgründe oder Auswahlkriterien im Rahmen eines dynamischen Beschaffungssystem anwenden, sollten die entsprechenden Bestimmungen der genannten Richtlinie in der gleichen Weise anwenden wie öffentliche Auftraggeber, die ein dynamisches Beschaffungssystem gemäß der Richtlinie 2014/24/EU durchführen.

(75) Um die Möglichkeiten für KMU zur Teilnahme an großen dynamischen Beschaffungssystemen zu fördern, beispielsweise an einem System, das von einer zentralen Beschaffungsstelle betrieben wird, sollte der betreffende öffentliche Auftraggeber oder der betreffende Auftraggeber für das System objektiv definierte Kategorien von Waren, Bauleistungen oder Dienstleistungen formulieren können. Solche Kategorien sollten unter Bezugnahme auf objektive Faktoren definiert werden, wie beispielsweise den höchstens zulässigen Umfang konkreter Aufträge, die innerhalb der betreffenden Kategorie vergeben werden sollen, oder ein spezifisches geografisches Gebiet, in dem spätere konkrete Aufträge auszuführen sind. Wird ein dynamisches Beschaffungssystem in Kategorien unterteilt, so sollte der öffentliche Auftraggeber oder der Auftraggeber Auswahlkriterien anwenden, die im Verhältnis zu den wesentlichen Merkmalen der betreffenden Kategorie stehen.

(76) Es sollte klargestellt werden, dass elektronische Auktionen typischerweise nicht geeignet sind für bestimmte Bauaufträge und bestimmte Dienstleistungsaufträge, die geistige Leistungen wie beispielsweise die Planung von Bauleistungen zum Gegenstand haben, denn nur die Elemente, die sich für die automatische Bewertung auf elektronischem Wege - ohne jegliche Intervention oder Begutachtung durch den Auftraggeber - eignen, namentlich quantifizierbare Elemente, die sich in Zahlen oder Prozentsätzen ausdrücken lassen, können Gegenstand elektronischer Auktionen sein.

Es sollte darüber hinaus jedoch verdeutlicht werden, dass elektronische Auktionen in einem Vergabeverfahren für den Kauf eines Rechts an einem bestimmten geistigen Eigentum genutzt werden können. Es sollte außerdem daran erinnert werden, dass es Auftraggebern zwar freigestellt bleibt, Auswahlkriterien anzuwenden, die es ihnen ermöglichen, die Zahl der Bewerber oder Bieter zu reduzieren, solange die Auktion noch nicht begonnen hat, dass es jedoch nicht zulässig ist, die Zahl der an einer elektronischen Auktion teilnehmenden Bieter weiter zu reduzieren, nachdem die Auktion begonnen hat.

(77) Es werden ständig neue elektronische Beschaffungsmethoden entwickelt, wie etwa elektronische Kataloge. Elektronische Kataloge bieten ein Format zur Darstellung und Gestaltung von Informationen in einer Weise, die allen teilnehmenden Bietern gemeinsam ist und die sich für eine elektronische Bearbeitung anbietet. Ein Beispiel wären Angebote in Form einer Kalkulationstabelle. Die Auftraggeber sollten elektronische Kataloge in allen verfügbaren Verfahren verlangen können, in denen die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel vorgeschrieben ist. Elektronische Kataloge tragen zur Stärkung des Wettbewerbs und zur Rationalisierung der öffentlichen Beschaffung bei, vor allem durch Zeit- und Geldersparnis. Es sollten jedoch bestimmte Regeln festgelegt werden, um sicherzustellen, dass bei ihrer diese Richtlinie und die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz eingehalten werden. So sollte die Verwendung elektronischer Kataloge zur Einreichung von Angeboten nicht zur Folge haben, dass die Wirtschaftsteilnehmer die Möglichkeit erhalten, sich auf die Übermittlung ihres allgemeinen Katalogs zu beschränken. Die Wirtschaftsteilnehmer sollten ihre allgemeinen Kataloge vor dem Hintergrund des konkreten Vergabeverfahrens nach wie vor anpassen müssen. Damit wird sichergestellt, dass der im Rahmen eines bestimmten Vergabeverfahrens übermittelte Katalog nur Waren, Bauleistungen oder Dienstleistungen enthält, die nach Einschätzung der Wirtschaftsteilnehmer, zu der sie nach einer aktiven Prüfung gelangt sind, den Anforderungen des Auftraggebers entsprechen. Dabei sollten Wirtschaftsteilnehmer in ihrem allgemeinen Katalog enthaltene Informationen kopieren dürfen, jedoch nicht den allgemeinen Katalog als solchen einreichen dürfen. Insbesondere in Fällen, in denen auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung ein erneuter Aufruf zum Wettbewerb erfolgt oder in denen ein dynamisches Beschaffungssystem genutzt wird, sollte es Auftraggebern außerdem gestattet sein, Angebote für bestimmte Beschaffungen anhand früher übermittelter elektronischer Kataloge zu generieren, sofern ausreichende Garantien hinsichtlich Rückverfolgbarkeit, Gleichbehandlung und Vorhersehbarkeit geboten werden.

Wurden Angebote durch den Auftraggeber generiert, so sollte der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Möglichkeit erhalten, sich davon zu überzeugen, dass das dergestalt erstellte Angebot keine sachlichen Fehler enthält. Liegen sachliche Fehler vor, so sollte der Wirtschaftsteilnehmer nicht an das Angebot gebunden sein, das durch den Auftraggeber generiert wurde, es sei denn, der Fehler wird korrigiert.

Im Einklang mit den Anforderungen der Vorschriften für elektronische Kommunikationsmittel sollten Auftraggeber ungerechtfertigte Hindernisse für den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern zu Vergabeverfahren vermeiden, bei denen die Angebote in Form elektronischer Kataloge einzureichen sind und die die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung garantieren.

(78) In den meisten Mitgliedstaaten kommen zunehmend zentralisierte Beschaffungsverfahren zum Einsatz. Zentrale Beschaffungsstellen haben die Aufgabe, entgeltlich oder unentgeltlich für andere öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber Ankäufe zu tätigen, dynamische Beschaffungssysteme zu verwalten oder Aufträge zu vergeben beziehungsweise Rahmenvereinbarungen zu schließen. Die Auftraggeber, für die eine Rahmenvereinbarung geschlossen wird, sollten sie für einzelne oder wiederkehrende Aufträge nutzen können. In Anbetracht der großen Mengen, die beschafft werden, sollten diese Verfahren zur Verbesserung des Wettbewerbs beitragen und sollte mit ihnen das öffentliche Auftragswesen professionalisiert werden. Daher sollte eine unionsweit geltende Definition des Begriffs der für Auftraggeber tätigen zentralen Beschaffungsstellen festgelegt werden, und es sollte klargestellt werden, dass zentrale Beschaffungsstellen auf zwei unterschiedliche Arten tätig sind.

Sie sollten in der Lage sein, durch Ankauf, Lagerung und Weiterverkauf zum einen als Großhändler oder durch die Vergabe von Aufträgen, den Betrieb dynamischer Beschaffungssysteme oder den Abschluss von Rahmenvereinbarungen, die durch Auftraggeber zu verwenden sind, zum anderen als Zwischenhändler zu wirken.

Eine derartige Rolle als Zwischenhändler könnte in manchen Fällen im Wege einer autonomen, ohne detaillierte Anweisungen seitens der betreffenden Auftraggeber erfolgenden Durchführung der jeweiligen Vergabeverfahren ausgeübt werden, in anderen Fällen im Wege einer nach den Anweisungen der betreffenden Auftraggeber, in deren Auftrag und auf deren Rechnung erfolgenden Durchführung der jeweiligen Vergabeverfahren.

Außerdem sollten die jeweiligen Zuständigkeiten der zentralen Beschaffungsstelle und der Auftraggeber, die ihre Beschaffungen über die zentrale Beschaffungsstelle abwickeln, für die Einhaltung der aus dieser Richtlinie erwachsenden Verpflichtungen, auch im Falle von Rechtsmitteln, durch geeignete Vorschriften geregelt werden. Obliegt die Durchführung der Vergabeverfahren allein der zentralen Beschaffungsstelle, so sollte diese auch die alleinige und unmittelbare Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Verfahren tragen. Führt eine Vergabestelle bestimmte Teile des Verfahrens, beispielsweise einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung oder die Vergabe von Einzelaufträgen auf der Grundlage eines dynamischen Beschaffungssystems durch, so sollte sie auch für die von ihr durchgeführten Verfahrensschritte verantwortlich bleiben.

(79) Auftraggebern sollte es gestattet sein, einen Dienstleistungsauftrag über die Ausübung zentralisierter Beschaffungstätigkeiten an eine zentrale Beschaffungsstelle ohne Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahren zu vergeben. Ferner sollte es gestattet sein, dass derartige Dienstleistungsaufträge auch die Ausübung von Nebenbeschaffungstätigkeiten umfassen. Solche Dienstleistungsaufträge für die Ausübung von Nebenbeschaffungstätigkeiten sollten, wenn sie nicht durch eine zentrale Beschaffungsstelle im Zusammenhang mit deren Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten für den betreffenden Auftraggeber ausgeführt werden, im Einklang mit dieser Richtlinie vergeben werden. Es sei ebenfalls daran erinnert, dass diese Richtlinie nicht gelten sollte, wenn zentrale Beschaffungstätigkeiten oder Nebenbeschaffungstätigkeiten auf andere Weise als durch einen entgeltlichen Vertrag ausgeführt werden, der eine Beschaffung im Sinne dieser Richtlinie darstellt.

(80) Eine Stärkung der Bestimmungen zu zentralen Beschaffungsstellen sollte auf keinen Fall die derzeitige Praxis einer gelegentlichen gemeinsamen Beschaffung verhindern, d. h. weniger institutionalisierte und systematische gemeinsame Beschaffungen oder die bewährte Praxis des Rückgriffs auf Dienstleister, die Vergabeverfahren im Namen und für Rechnung eines Auftraggebers und nach deren Anweisungen vorbereiten und durchführen. Vielmehr sollten wegen der wichtigen Rolle, die gemeinsame Beschaffungen nicht zuletzt im Zusammenhang mit innovativen Projekten spielen können, bestimmte Merkmale gemeinsamer Beschaffungen eindeutiger gefasst werden.

Gemeinsame Beschaffungen können viele verschiedene Formen annehmen; diese reichen von einer koordinierten Beschaffung durch die Erstellung gemeinsamer technischer Spezifikationen für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen, die durch mehrere Auftraggeber beschafft werden, von denen jede ein getrenntes Vergabeverfahren durchführt, bis hin zu Fällen, in denen die betreffenden Auftraggeber gemeinsam ein Vergabeverfahren durchführen und dabei entweder gemeinsam handeln oder eine Vergabestelle mit der Verwaltung des Vergabeverfahrens im Namen aller Auftraggeber beauftragen.

Führen mehrere Auftraggeber gemeinsam ein Vergabeverfahren durch, so sollten sie gemeinsam für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach dieser Richtlinie verantwortlich sein. Werden jedoch nur Teile des Vergabeverfahrens von den Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so sollte die gemeinsame Verantwortung nur für die gemeinsam ausgeführten Teile des Verfahrens gelten. Jeder Auftraggeber sollte lediglich für Verfahren oder Teile von Verfahren verantwortlich sein, die sie selbst durchführt, wie die Vergabe eines Auftrags, den Abschluss einer Rahmenvereinbarung, den Betrieb eines dynamischen Beschaffungssystems oder die Wiedereröffnung des Wettbewerbs auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung.

(81) Elektronische Kommunikationsmittel sind in besonderem Maße für die Unterstützung zentralisierter Beschaffungsverfahren und -instrumente geeignet, da sie die Möglichkeit bieten, Daten weiterzuverwenden und automatisch zu verarbeiten und Informations- und Transaktionskosten möglichst gering zu halten. Die Verwendung entsprechender elektronischer Kommunikationsmittel sollte daher - in einem ersten Schritt - für zentrale Beschaffungsstellen verpflichtend gemacht werden, was auch einer Konvergenz der Praktiken innerhalb der Union förderlich sein dürfte. Nach einer Übergangszeit von 30 Monaten sollte dann eine allgemeine Verpflichtung zur Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel in sämtlichen Beschaffungsverfahren eingeführt werden.

(82) Einer gemeinsamen Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber aus verschiedenen Mitgliedstaaten stehen derzeit noch gewisse rechtliche Schwierigkeiten hinsichtlich konfligierender nationaler Rechtsvorschriften entgegen. Wenngleich die Richtlinie 2004/17/EG implizit eine grenzüberschreitende gemeinsame öffentliche Auftragsvergabe zulässt, sehen sich Auftraggeber noch immer beträchtlichen rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten bei der Beschaffung über zentrale Beschaffungsstellen in anderen Mitgliedstaaten oder bei der gemeinsamen Vergabe von Aufträgen gegenüber. Damit Auftraggeber durch Größenvorteile und eine Risiko-Nutzen-Teilung das Potenzial des Binnenmarkts optimal ausschöpfen können, nicht zuletzt im Hinblick auf innovative Projekte, die höhere Risiken bergen, als sie nach vernünftigem Ermessen von einer einzelnen Vergabestelle getragen werden können, sollten diese Schwierigkeiten beseitigt werden. Daher sollten neue Vorschriften für die grenzüberschreitende gemeinsame Beschaffung festgelegt werden, um die Zusammenarbeit zwischen Auftraggebern zu erleichtern und die Vorteile des Binnenmarkts durch die Schaffung grenzüberschreitender Geschäftsmöglichkeiten für Lieferanten und Diensteanbieter zu erhöhen. Mit diesen Vorschriften sollten die Bedingungen für die grenzüberschreitende Nutzung zentraler Beschaffungsstellen festgelegt und das in grenzüberschreitenden gemeinsamen Beschaffungsverfahren anwendbare Recht für die öffentliche Auftragsvergabe, einschließlich der anwendbaren Rechtsvorschriften für Rechtsmittel, bestimmt werden, ergänzend zu den Kollisionsnormen der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates 21. Darüber hinaus können Auftraggeber aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten gemeinsame juristische Personen nach nationalem Recht oder Unionsrecht gründen. Für derartige Formen gemeinsamer Beschaffung sollten spezifische Regeln eingeführt werden.

Die Auftraggeber sollten jedoch die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden gemeinsamen Beschaffung nicht dazu nutzen, im Einklang mit dem Unionsrecht stehende verbindliche Vorschriften des öffentlichen Rechts zu umgehen, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie ansässig sind, auf sie anwendbar sind. Zu solchen Vorschriften können beispielsweise Bestimmungen über Transparenz und Zugang zu Dokumenten oder spezifische Anforderungen bezüglich der Rückverfolgbarkeit empfindlicher Lieferungen gehören.

(83) Die von Beschaffern erstellten technischen Spezifikationen müssen es erlauben, das öffentliche Auftragswesen für den Wettbewerb zu öffnen und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Zu diesem Zweck sollte es möglich sein, Angebote einzureichen, die die Diversität der technischen Lösungen, Normen und technischen Spezifikationen auf dem Markt widerspiegeln, einschließlich solcher, die auf der Grundlage von Leistungskriterien im Zusammenhang mit dem Lebenszyklus und der Nachhaltigkeit des Produktionsprozesses der Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen erstellt wurden.

Folglich sollten technische Spezifikationen so abgefasst sein, dass eine künstliche Einengung des Wettbewerbs vermieden wird, zu der es kommen könnte, wenn Anforderungen festgelegt würden, die einen bestimmten Wirtschaftsteilnehmer begünstigen, indem auf wesentliche Merkmale der vom betreffenden Wirtschaftsteilnehmer angebotenen Lieferungen, Dienstleistungen oder Bauleistungen abgestellt wird. Die Formulierung technischer Spezifikationen in Form von Funktions- und Leistungsanforderungen erlaubt es in der Regel, dieses Ziel bestmöglich zu erreichen. Funktions- und Leistungsanforderungen sind auch ein geeignetes Mittel, um im öffentlichen Auftragswesen Innovationen zu fördern, und sollten möglichst breite Verwendung finden. Wird auf eine europäische Norm oder in Ermangelung einer solchen auf eine nationale Norm Bezug genommen, so sollten Angebote, die auf gleichwertigen, die Anforderungen der Auftraggeber erfüllenden Regelungen basieren und auch hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen gleichwertig sind, von den Auftraggebern berücksichtigt werden. Es sollte Sache des Wirtschaftsteilnehmers sein, den Nachweis für die Gleichwertigkeit mit dem geforderten Gütezeichen zu erbringen.

Zum Nachweis der Gleichwertigkeit sollte von den Bietern die Vorlage von Belegen verlangt werden können, deren Korrektheit von Dritten bestätigt wurde. Es sollten jedoch auch andere geeignete Nachweise, wie etwa eine technische Dokumentation des Herstellers, zugelassen sein, wenn der betreffende Wirtschaftsteilnehmer keinen Zugang zu entsprechenden Bescheinigungen oder Prüfberichten oder keine Möglichkeit hat, diese fristgerecht zu beschaffen, sofern er auf diesem Weg nachweist, dass die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen die in den technischen Spezifikationen, den Zuschlagskriterien oder den Bedingungen für die Auftragsausführung genannten Anforderungen und Kriterien erfüllen.

(84) Für sämtliche Beschaffungen, die für die Nutzung durch Personen - ob die Allgemeinbevölkerung oder das Personal des Auftraggebers - bestimmt sind, ist es außer in hinreichend begründeten Fällen erforderlich, dass die Auftraggeber technische Spezifikationen festlegen, um den Kriterien der Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen und des "Design für alle" Rechnung zu tragen.

(85) Auftraggeber, die beabsichtigen, Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen mit spezifischen ökologischen, sozialen oder sonstigen Merkmalen zu erwerben, sollten auf bestimmte Gütezeichen Bezug nehmen können, wie etwa das europäische Umweltzeichen, (multi)nationale Umweltzeichen oder andere Gütezeichen, sofern die Anforderungen für den Erwerb des Gütezeichens einen Bezug zum Auftragsgegenstand - wie der Beschreibung des Produkts und seiner Präsentation, einschließlich Anforderungen an die Verpackung - aufweisen. Darüber hinaus ist es von entscheidender Bedeutung, dass diese Anforderungen auf der Grundlage objektiv überprüfbarer Kriterien und unter Anwendung eines Verfahrens, an dem sich die Akteure - wie Regierungsstellen, Verbraucher, Hersteller, Vertriebsunternehmen und Umweltorganisationen - beteiligen können, definiert und angenommen werden und dass das Gütezeichen für alle interessierten Parteien zugänglich und verfügbar ist. Es sollte klargestellt werden, dass es sich bei den Akteuren um öffentliche oder private Stellen, Unternehmen oder jede Art von Nichtregierungsorganisationen (Organisationen, die nicht Teil einer Regierung und keine konventionellen gewinnorientierten Unternehmen sind) handeln kann.

Außerdem sollte klargestellt werden, dass bestimmte nationale oder Regierungsstellen oder -organisationen in die Festlegung der Anforderungen an Gütezeichen einbezogen werden können, die im Zusammenhang mit einer Auftragsvergabe durch öffentliche Auftraggeber verwendet werden können, ohne dass diese Stellen oder Organisationen ihren Status als dritte Parteien verlieren. Bezugnahmen auf Gütezeichen sollten nicht innovationshemmend wirken.

(86) Die Auftraggeber sollten bei der Festlegung der technischen Spezifikationen den aus dem Unionsrecht auf dem Gebiet des Datenschutzes resultierenden Anforderungen Rechnung tragen, insbesondere was das Konzept der Verarbeitung personenbezogener Daten angeht (eingebauter Datenschutz).

(87) Die öffentliche Vergabe sollte an die Bedürfnisse von KMU angepasst werden. Den Auftraggebern sollte empfohlen werden, auf den Leitfaden für bewährte Verfahren zurückzugreifen, der im Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vom 25. Juni 2008 mit dem Titel "Europäischer Leitfaden für bewährte Verfahren zur Erleichterung des Zugangs kleiner und mittlerer Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen" wiedergegeben ist und Vorgaben enthält, wie sie die Vergabevorschriften so anwenden können, dass die Beteiligung von KMU erleichtert wird. Dafür sollte ausdrücklich vorgesehen sein, dass Aufträge in Lose unterteilt werden können. Eine solche Unterteilung könnte auf einer quantitativen Grundlage erfolgen, so dass die Größe der Einzelaufträge jeweils der Kapazität der kleineren oder mittleren Unternehmen besser entspricht, oder auf einer qualitativen Grundlage gemäß den verschiedenen involvierten Gewerken und Spezialisierungen, so dass der Inhalt der Einzelaufträge stärker an die Fachsektoren der KMU angepasst wird, oder gemäß den unterschiedlichen aufeinanderfolgenden Projektphasen. Die Größe und der Gegenstand der Lose sollten durch den Auftraggeber frei bestimmt werden, der es - im Einklang mit den einschlägigen Regeln zur Berechnung des Schätzwerts der Beschaffung - auch gestattet sein sollte, einige der Lose ohne Anwendung der Verfahren dieser Richtlinie zu vergeben.

Es sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, in ihren Bemühungen um Förderung der Teilnahme von KMU am öffentlichen Beschaffungsmarkt hierüber noch hinauszugehen, indem sie eine Verpflichtung zur Prüfung der Frage einführen, ob eine Aufteilung von Aufträgen in Lose sinnvoll ist, indem sie Auftraggeber verpflichten, die Entscheidung, Aufträge nicht in Lose aufzuteilen, zu begründen, oder indem sie eine Aufteilung in Lose unter bestimmten Bedingungen verbindlich vorschreiben. Zu demselben Zweck sollte es Mitgliedstaaten auch freistehen, Direktzahlungen an Unterauftragnehmer vorzusehen.

(88) Werden Aufträge in Lose unterteilt, so sollten die Auftraggeber beispielsweise zur Wahrung des Wettbewerbs oder zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit die Zahl der Lose, für die ein Wirtschaftsteilnehmer ein Angebot unterbreiten kann, begrenzen dürfen; ebenso sollten sie die Zahl der Lose begrenzen dürfen, die an einen einzigen Bieter vergeben werden können.

Wenn die Auftraggeber jedoch verpflichtet wären, den Auftrag auch dann Los für Los zu vergeben, wenn dadurch wesentlich ungünstigere Lösungen im Vergleich zu einer gemeinsamen Vergabe mehrerer oder aller Lose akzeptiert werden müssten, so könnte sich dies negativ auf das Ziel auswirken, den Zugang der KMU zu öffentlichen Aufträgen zu erleichtern. Sofern die Möglichkeit der Anwendung einer solchen Methode vorab deutlich genannt worden ist, sollten Auftraggeber daher eine vergleichende Bewertung der Angebote durchführen dürfen, um festzustellen, ob die Angebote eines bestimmten Bieters für eine bestimmte Kombination von Losen die Zuschlagskriterien dieser Richtlinie in Bezug auf diese Lose als Ganzes besser erfüllen als die Angebote für die betreffenden einzelnen Lose für sich genommen. Ist dies der Fall, so sollte es den Auftraggebern gestattet sein, dem betreffenden Bieter einen Auftrag in Kombination der betreffenden Lose zu erteilen. Es sollte klargestellt werden, dass Auftraggeber bei einer solchen vergleichenden Bewertung zunächst ermitteln sollten, welche Bieter die festgelegten Zuschlagskriterien für jedes einzelne Los am besten erfüllen, um dann einen Vergleich mit den Angeboten eines einzelnen Bieters für eine bestimmte Kombination von Losen zusammengenommen durchzuführen.

(89) Um Verfahren zu beschleunigen und effizienter zu machen, sollten die Fristen für die Teilnahme an Vergabeverfahren so kurz wie möglich gehalten werden, ohne unzulässige Hürden für den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern im gesamten Binnenmarkt und insbesondere für KMU zu schaffen. Daher sollte beachtet werden, dass die Auftraggeber bei der Fristsetzung für den Eingang von Angeboten und Teilnahmeanträgen vor allem die Komplexität des Auftrags und die für die Angebotserstellung erforderliche Zeit berücksichtigen sollten, auch wenn dies eine Festlegung von Fristen bedeutet, die über die Mindestfristen nach dieser Richtlinie hinausgehen. Die Nutzung elektronischer Informations- und Kommunikationsmittel, insbesondere die vollständige elektronische Bereitstellung von Auftragsunterlagen an Wirtschaftsteilnehmer, Bieter und Bewerber und die elektronische Übermittlung von Bekanntmachungen führen jedoch andererseits zu mehr Transparenz und Zeitersparnis. Dementsprechend ist es angebracht, im Einklang mit den Vorschriften des GPa eine Verkürzung der für offene Verfahren geltenden Mindestfristen vorzusehen, jedoch unter der Voraussetzung, dass sie mit den auf Unionsebene vorgesehenen spezifischen Übertragungsmodalitäten vereinbar sind. Darüber hinaus sollten die Auftraggeber die Möglichkeit haben, die Fristen für den Eingang von Angeboten bei offenen Verfahren weiter zu verkürzen, wenn aufgrund der Dringlichkeit die reguläre Frist für das offene Verfahren nicht praktikabel ist, ein offenes Verfahren mit einer verkürzten Frist aber dennoch nicht unmöglich ist. Lediglich in Ausnahmefällen, wenn aufgrund von Umständen, die für den Auftraggeber nicht vorhersehbar waren und die sie nicht zu vertreten hat, eine besondere Dringlichkeit eingetreten ist, die ein reguläres Verfahren selbst mit verkürzten Fristen nicht zulässt, sollten die Auftraggeber, soweit unbedingt erforderlich, die Möglichkeit haben, Aufträge im Wege des Verhandlungsverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb zu vergeben. Dies könnte der Fall sein, wenn bei Naturkatastrophen sofortiges Handeln geboten ist.

(90) Es sollte klargestellt werden, dass die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer über genügend Zeit für die Erstellung entsprechender Angebote verfügen, möglicherweise dazu führen kann, dass die ursprünglich festgesetzten Fristen verlängert werden müssen. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn wesentliche Änderungen an den Auftragsunterlagen vorgenommen werden. Es sollte auch angegeben werden, dass als wesentliche Änderungen in diesem Fall Änderungen - insbesondere der technischen Spezifikationen - zu verstehen sind, bei denen die Wirtschaftsteilnehmer für die Erfassung und die entsprechende Reaktion zusätzliche Zeit benötigen würden. Es sollte allerdings klargestellt werden, dass solche Änderungen nicht so wesentlich sein dürfen, dass andere als die ursprünglich ausgewählten Bewerber zugelassen worden wären oder dass das Interesse zusätzlicher Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt worden wäre. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Änderungen dazu führen, dass sich der Auftrag oder die Rahmenvereinbarung von der Art her substanziell von dem unterscheidet, was ursprünglich in den Auftragsunterlagen festgelegt war.

(91) Es sollte klargestellt werden, dass Informationen hinsichtlich bestimmter Entscheidungen, die während eines Vergabeverfahrens getroffen werden, darunter auch Entscheidungen, einen Auftrag nicht zu vergeben oder eine Rahmenvereinbarung nicht zu schließen, von den Auftraggebern versendet werden sollten, ohne dass die Bewerber oder Bieter derartige Informationen anfordern müssen. Es sei ebenfalls daran erinnert, dass Auftraggeber gemäß der Richtlinie 92/13/EWG des Rates 22 verpflichtet sind, den betreffenden Bewerbern und Bietern eine Zusammenfassung der einschlägigen Gründe für einige der zentralen Entscheidungen, die im Verlauf des Vergabeverfahrens getroffen werden, zur Verfügung zu stellen, ohne dass die Bewerber oder Bieter die Angaben anfordern müssen. Schließlich sollte klargestellt werden, dass Bewerber und Bieter die Möglichkeit erhalten sollten, ausführlichere Informationen zu den betreffenden Gründen anzufordern; Auftraggeber sollten diese Informationen bereitzustellen haben, sofern nicht ernsthafte Gründe dagegen sprechen. Diese Gründe sollten in der Richtlinie aufgeführt werden. Zur Sicherstellung der nötigen Transparenz im Rahmen von Vergabeverfahren, die Verhandlungen und Dialoge mit Bietern umfassen, sollten Bieter, die ein ordnungsgemäßes Angebot unterbreitet haben, sofern nicht ernsthafte Gründe dagegen sprechen, ebenfalls die Möglichkeit erhalten, Informationen über die Durchführung und den Fortgang des Verfahrens anzufordern.

(92) Soweit dies mit der Notwendigkeit, eine solide Geschäftspraxis und gleichzeitig ein Maximum an Flexibilität zu gewährleisten, vereinbar ist, ist es angezeigt, in Bezug auf die Anforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit und die beizubringenden Nachweise die Anwendung der Richtlinie 2014/24/EU vorzusehen. Daher sollen die Auftraggeber die in der Richtlinie 2004/18/EG über die öffentliche Auftragsvergabe genannten Auswahlkriterien anwenden können und, wenn sie dies tun, verpflichtet sein, einige andere Bestimmungen, insbesondere zur Beschränkung der Anforderungen an einen Mindestumsatz und zur Verwendung des einheitlichen europäischen Auftragsdokuments anzuwenden.

(93) Auftraggeber sollten verlangen können, dass während der Ausführung eines Auftrags Umweltmanagementmaßnahmen oder -regelungen angewandt werden. Umweltmanagementregelungen können - unabhängig davon, ob sie im Rahmen von Unionsinstrumenten wie der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates 23 registriert sind oder nicht - als Nachweis dafür dienen, dass der betreffende Wirtschaftsteilnehmer über die für die Ausführung des Auftrags erforderliche technische Leistungsfähigkeit verfügt. Alternativ zu Umweltmanagement-Registrierungssystemen sollte eine Beschreibung der von dem Wirtschaftsteilnehmer durchgeführten Maßnahmen zur Gewährleistung desselben Umweltschutzniveaus als Nachweis akzeptiert werden, wenn der betreffende Wirtschaftsteilnehmer keinen Zugang zu derartigen Umweltmanagement-Registrierungssystemen oder keine Möglichkeit hat, sich fristgerecht registrieren zu lassen.

(94) Der Begriff der Zuschlagskriterien stellt einen zentralen Begriff dieser Richtlinie dar; daher ist es wichtig, dass die diesbezüglichen Bestimmungen so einfach und übersichtlich wie möglich dargestellt werden. Dies kann dadurch erreicht werden, dass als übergeordnetes Konzept der Begriff des "wirtschaftlich günstigsten Angebots" verwendet wird, da alle Angebote, die den Zuschlag erhalten, letztlich danach ausgewählt werden sollten, was der einzelne Auftraggeber für die wirtschaftlich beste Lösung unter den Angeboten hält. Da derzeit bereits in den Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG das Zuschlagskriterium des "wirtschaftlich günstigsten Angebots" verwendet wird, sollte jedoch zur Vermeidung von Unklarheiten ein anderer Begriff benutzt werden, nämlich das "beste Preis-Leistungs-Verhältnis". Dieser sollte folglich im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung im Zusammenhang mit den genannten Richtlinien ausgelegt werden, sofern die vorliegende Richtlinie nicht eine sachlich klar unterschiedliche Lösung bietet.

(95) Aufträge sollten auf der Grundlage objektiver Kriterien vergeben werden, die die Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung gewährleisten, um einen objektiven Vergleich des relativen Werts der Angebote sicherzustellen, damit unter den Bedingungen eines effektiven Wettbewerbs ermittelt werden kann, welches das wirtschaftlich günstigste Angebot ist. Es sollte ausdrücklich festgehalten werden, dass das wirtschaftlich günstigste Angebot auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses ermittelt werden sollte, welches stets eine Preis- oder Kostenkomponente beinhalten sollte. Es sollte ferner klargestellt werden, dass eine solche Bewertung des wirtschaftlich günstigsten Angebots auch allein auf der Grundlage entweder des Preises oder der Kostenwirksamkeit durchgeführt werden könnte. Des Weiteren sei darauf hingewiesen, dass es Auftraggebern freisteht, angemessene Qualitätsstandards in Form von technischen Spezifikationen oder von Bedingungen für die Auftragsausführung festzulegen.

Um eine stärkere Ausrichtung der öffentlichen Auftragsvergabe auf die Qualität zu fördern, sollte es den Mitgliedstaaten gestattet sein, die Anwendung des alleinigen Preis- oder Kostenkriteriums zur Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zu untersagen oder einzuschränken, sofern sie dies für zweckmäßig halten.

Damit die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Vergabe von Aufträgen sichergestellt wird, sollten Auftraggeber verpflichtet werden, für die nötige Transparenz zu sorgen, so dass sich jeder Bieter angemessen über die Kriterien und Vereinbarungen, die der Zuschlagsentscheidung zugrunde gelegt werden, unterrichten kann. Auftraggeber sollten daher verpflichtet werden, die Zuschlagskriterien und deren jeweilige relative Gewichtung anzugeben. Es sollte Auftraggebern jedoch gestattet werden, von der Verpflichtung zur Auskunft über die Gewichtung der einzelnen Zuschlagskriterien in ordnungsgemäß begründeten Fällen abzuweichen, wenn die Gewichtung insbesondere wegen der Komplexität des Auftrags nicht im Voraus festgelegt werden kann. In derartigen Fällen sollten sie die Kriterien in absteigender Reihenfolge ihrer Bedeutung angeben.

(96) Artikel 11 AEUV müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden. Diese Richtlinie stellt klar, auf welche Weise die Auftraggeber zum Umweltschutz und zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können, und gewährleistet gleichzeitig, dass sie bei der Auftragsvergabe ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis erzielen können.

(97) Zur Bewertung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses sollten Auftraggeber die mit dem Gegenstand des Auftrags verbundenen wirtschaftlichen und qualitativen Vergabekriterien festlegen, auf deren Grundlage sie die Angebote beurteilen, um das wirtschaftlich günstigste Angebot aus der Sicht der Auftraggeber zu bestimmen. Diese Kriterien sollten damit eine vergleichende Beurteilung des Leistungsniveaus jedes einzelnen Bieters gemessen am Gegenstand des Auftrags, wie in den technischen Spezifikationen festgelegt, ermöglichen. Hinsichtlich des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses wird in dieser Richtlinie eine nicht abschließende Liste möglicher Zuschlagskriterien festgelegt. Auftraggeber sollten zur Wahl von Zuschlagskriterien ermutigt werden, mit denen sie qualitativ hochwertige Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen erhalten können, die ihren Bedürfnissen optimal entsprechen.

Die gewählten Zuschlagskriterien sollten dem Auftraggeber keine unbegrenzte Wahlfreiheit einräumen und sollten einen wirksamen und fairen Wettbewerb ermöglichen und mit Anforderungen verknüpft werden, die eine effektive Überprüfung der von den Bietern beigebrachten Informationen erlauben.

Um das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln, sollten der Entscheidung über den Zuschlag nicht ausschließlich kostenfremde Kriterien zugrunde gelegt werden. Den qualitativen Kriterien sollte deshalb ein Kostenkriterium an die Seite gestellt werden, das - je nach Wahl des Auftraggebers - entweder der Preis oder ein Kosten-Wirksamkeits-Ansatz wie der Lebenszyklus-Kostenansatz sein könnte. Die Zuschlagskriterien sollten jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Anwendung von nationalen Bestimmungen zur Festlegung der Vergütung für bestimmte Dienstleistungen oder zu Festpreisen für bestimmte Lieferungen haben.

(98) Es sollte klargestellt werden, dass es in den Fällen, in denen die Vergütung für bestimmte Dienstleistungen oder Festpreise für bestimmte Lieferungen durch nationale Vorschriften festgelegt sind, auch weiterhin möglich ist, das Preis-Leistungs-Verhältnis auf der Grundlage anderer Faktoren als ausschließlich des Preises oder der Vergütung zu bewerten. Je nach Dienstleistung oder Produkt könnten solche Faktoren beispielsweise die Liefer- und Zahlungsbedingungen, Kundendienstaspekte (z.B. den Umfang von Beratungs- und Ersatzteilleistungen) oder ökologische oder soziale Aspekte (z.B. den Druck von Büchern auf Recyclingpapier oder Papier aus nachhaltigem Holz, die externen Umwelteffekten zugeschriebenen Kosten oder die Förderung der sozialen Integration von benachteiligten Personen oder Angehörigen sozial schwacher Gruppen unter den für die Ausführung des Auftrags eingesetzten Personen) einschließen. Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten der Bewertung des Preis-Leistungs-Verhältnisses anhand sachlicher Kriterien sollte der Rückgriff auf eine Unterteilung in Lose als einziges Mittel der Auftragsvergabe vermieden werden.

(99) Wenn die Qualität des eingesetzten Personals für das Niveau der Auftragsausführung relevant ist, sollte es Auftraggebern ferner gestattet sein, die Organisation, Qualifikation und Erfahrung der Mitarbeiter, die für die Ausführung des betreffenden Auftrags eingesetzt werden, als Zuschlagskriterien zugrunde zu legen, da sich dies auf die Qualität der Vertragserfüllung und damit auf den wirtschaftlichen Wert des Angebots auswirken kann. Dies kann beispielsweise bei Aufträgen für geistig-schöpferische Dienstleistungen, wie Beratungstätigkeiten oder Architektenleistungen, der Fall sein. Auftraggeber, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, sollten mit Hilfe geeigneter vertraglicher Mittel sicherstellen, dass die zur Auftragsausführung eingesetzten Mitarbeiter die angegebenen Qualitätsnormen effektiv erfüllen und dass diese Mitarbeiter nur mit Zustimmung des Auftraggebers ersetzt werden können, wenn diese sich davon überzeugt hat, dass das Ersatzpersonal ein gleichwertiges Qualitätsniveau hat.

(100) Es ist außerordentlich wichtig, das Potenzial der öffentlichen Auftragsvergabe in vollem Umfang für die Verwirklichung der Ziele der Strategie "Europa 2020" für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum auszuschöpfen. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass öffentliche Aufträge insbesondere als Motor für Innovationen eine entscheidende Rolle spielen, was für das künftige Wachstum in Europa von großer Bedeutung ist. Angesichts der zwischen einzelnen Sektoren und einzelnen Märkten bestehenden großen Unterschiede wäre es jedoch nicht sinnvoll, allgemein verbindliche Anforderungen an eine umweltfreundliche, soziale und innovative Beschaffung zu definieren.

Der Unionsgesetzgeber hat bereits verbindliche Beschaffungsanforderungen zur Erreichung spezifischer Ziele in den Sektoren Straßenfahrzeuge (Richtlinie 2009/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 24) und Bürogeräte (Verordnung (EG) Nr. 106/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates 25) festgelegt. Im Übrigen wurden bei der Festlegung gemeinsamer Methoden für die Lebenszykluskostenrechnung erhebliche Fortschritte gemacht.

Es erscheint daher angezeigt, diesen Weg weiterzuverfolgen und es der sektorspezifischen Rechtsetzung zu überlassen, in Abhängigkeit von der spezifischen Politik und den spezifischen Rahmenbedingungen im betreffenden Sektor verbindliche Ziele zu definieren, und die Entwicklung und Anwendung europäischer Konzepte für die Lebenszykluskostenrechnung zu fördern, um die Nutzung der öffentlichen Auftragsvergabe zur Erzielung nachhaltigen Wachstums zu untermauern.

(101) Die sektorspezifischen Maßnahmen sollten ergänzt werden durch eine Anpassung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG, durch die die Auftraggeber in die Lage versetzt werden, im Rahmen ihrer Beschaffungsstrategien die Ziele der Strategie "Europa 2020" für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu verfolgen. Es sollte somit klargestellt werden, dass Auftraggeber - außer wenn die Bewertung allein auf Grundlage des Preises erfolgt - das wirtschaftlich günstigste Angebot und den niedrigsten Preis unter Zugrundelegung einer Lebenszykluskostenrechnung bestimmen können. Bei der Lebenszykluskostenrechnung werden sämtliche über den gesamten Lebenszyklus von Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen anfallenden Kosten berücksichtigt.

Das umfasst interne Kosten wie Kosten für durchzuführende Forschung, Entwicklung, Herstellung, Transport, Nutzung, Wartung und Entsorgung, kann aber auch Kosten umfassen, die externen Umwelteffekten zugeschrieben werden, wie einer durch die Gewinnung der im Produkt verwendeten Rohstoffe oder das Produkt selbst oder dessen Herstellung hervorgerufenen Umweltverschmutzung, sofern sie sich finanziell bewerten und überwachen lassen. Die Methoden, die von den Auftraggebern für die Bewertung der externen Umwelteffekten zugeschriebenen Kosten verwendet werden, sollten in einer objektiven und diskriminierungsfreien Weise im Voraus festgelegt und allen interessierten Parteien zugänglich gemacht werden. Solche Methoden können auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene festgelegt werden; um jedoch Wettbewerbsverzerrungen durch speziell zugeschnittene Methoden zu vermeiden, sollten sie allgemein in dem Sinne gehalten werden, dass sie nicht speziell für ein bestimmtes öffentliches Vergabeverfahren festgelegt werden sollten. Es sollten gemeinsame Methoden auf der Ebene der Union für die Berechnung der Lebenszykluskosten für bestimmte Kategorien von Lieferungen oder Dienstleistungen entwickelt werden. Wann immer solche gemeinsamen Methoden entwickelt werden, sollte ihre Anwendung verbindlich vorgeschrieben werden.

Des Weiteren sollte geprüft werden, ob eine gemeinsame Methode zur Ermittlung der Sozialkosten entlang des Lebenszyklus festgelegt werden kann, bei der bereits bestehende Methoden wie etwa die im Rahmen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen festgelegten Leitlinien für die soziale Produktbewertung entlang des Lebenszyklus (Guidelines for Social Life Cycle Assessment of Products) berücksichtigt werden.

(102) Im Hinblick auf eine bessere Einbeziehung sozialer und ökologischer Überlegungen in die Vergabeverfahren sollte es den Auftraggebern darüber hinaus gestattet sein, von Zuschlagskriterien oder Bedingungen für die Auftragsausführung betreffend die gemäß öffentlichem Auftrag zu erbringenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen in jeder Hinsicht und in jedem Lebenszyklus-Stadium von der Gewinnung der Rohstoffe für das Produkt bis zur Entsorgung des Produkts Gebrauch zu machen, einschließlich von Faktoren, die mit dem spezifischen Prozess der Herstellung oder Bereitstellung solcher Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen oder dem Handel mit ihnen und den damit verbundenen Bedingungen oder einem spezifischen Prozess in einem späteren Lebenszyklus-Stadium zusammenhängen, auch wenn derartige Faktoren nicht Teil von deren stofflicher Beschaffenheit sind. Kriterien und Bedingungen bezüglich eines derartigen Herstellungs- oder Bereitstellungsprozesses sind beispielsweise, dass zur Herstellung der beschafften Waren keine giftigen Chemikalien verwendet wurden oder dass die erworbenen Dienstleistungen unter Zuhilfenahme energieeffizienter Maschinen bereitgestellt wurden.

Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gehören dazu auch Zuschlagskriterien oder Bedingungen für die Auftragsausführung, die sich auf die Lieferung oder die Verwendung von fair gehandelten Produkten während der Ausführung des zu vergebenden Auftrags beziehen. Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags, die sich auf ökologische Aspekte beziehen, könnten beispielsweise auch die Anlieferung, Verpackung und Entsorgung von Produkten und im Falle von Bau- und Dienstleistungsaufträgen auch die Abfallminimierung oder die Ressourceneffizienz betreffen.

Die Bedingung eines Bezugs zum Auftragsgegenstand schließt allerdings Kriterien und Bedingungen bezüglich der allgemeinen Unternehmenspolitik aus, da es sich dabei nicht um einen Faktor handelt, der den konkreten Prozess der Herstellung oder Bereitstellung der beauftragten Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen charakterisiert. Daher sollte es Auftraggebern nicht gestattet sein, von Bietern eine bestimmte Politik der sozialen oder ökologischen Verantwortung zu verlangen.

(103) Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sich Zuschlagskriterien oder Bedingungen für die Auftragsausführung, die soziale Aspekte des Produktionsprozesses betreffen, auf die gemäß dem Auftrag zu erbringenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen beziehen. Ferner sollten sie gemäß der Richtlinie 96/71/EG in der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union angewandt werden und sollten nicht in einer Weise ausgewählt oder angewandt werden, durch die Wirtschaftsteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten oder aus Drittstaaten, die Vertragspartei des GPa oder der Freihandelsübereinkommen sind, denen die Union angehört, unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden. Demnach sollten Anforderungen hinsichtlich der in der Richtlinie 96/71/EG geregelten grundlegenden Arbeitsbedingungen, wie Mindestlöhne, auf dem Niveau bleiben, das durch nationale Rechtsvorschriften oder durch Tarifverträge, die im Einklang mit dem Unionsrecht im Kontext der genannten Richtlinie angewandt werden, festgelegt wurde.

Hinter Bedingungen für die Auftragsausführung könnte auch die Absicht stehen, die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz, die verstärkte Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben und die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben oder den Umwelt- oder Tierschutz zu begünstigen und im Kern die grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu erfüllen und mehr benachteiligte Personen als nach einzelstaatlichem Recht gefordert einzustellen.

(104) Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der am Herstellungsprozess beteiligten Arbeitskräfte, zur Förderung der sozialen Integration von benachteiligten Personen oder Angehörigen sozial schwacher Gruppen unter den für die Ausführung des Auftrags eingesetzten Personen oder zur Schulung im Hinblick auf die für den betreffenden Auftrag benötigten Fähigkeiten können ebenfalls Gegenstand von Zuschlagskriterien oder von Bedingungen für die Auftragsausführung sein, sofern sie mit den im Rahmen des Auftrags zu erbringenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen im Zusammenhang stehen. Derartige Kriterien oder Bedingungen können sich unter anderem auf die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen oder die Umsetzung von Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitslose oder Jugendliche im Zuge der Ausführung des zu vergebenden Auftrags beziehen. In technischen Spezifikationen können Auftraggeber solche sozialen Anforderungen vorsehen, die das betreffende Ware oder die betreffende Dienstleistung unmittelbar charakterisieren, wie das Kriterium der Zugänglichkeit für Personen mit einer Behinderung oder das Kriterium "Design für alle".

(105) Öffentliche Aufträge sollten nicht an Wirtschaftsteilnehmer vergeben werden, die sich an einer kriminellen Vereinigung beteiligt haben oder sich der Bestechung, des Betrugs zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union, terroristischer Straftaten, der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung schuldig gemacht haben. Die Nichtzahlung von Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen sollte ebenfalls zum obligatorischen Ausschluss auf Unionsebene führen. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch Abweichungen von jenen zwingenden Ausschlüssen in Ausnahmesituationen vorsehen können, wenn unabdingbare Gründe des Allgemeininteresses eine Auftragsvergabe unumgänglich machen. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn dringend benötigte Impfstoffe oder Notfallausrüstungen nur von einem Wirtschaftsteilnehmer käuflich erworben werden können, auf den sonst einer der Gründe für den zwingenden Ausschluss zutrifft. Da Auftraggeber, die keine öffentlichen Auftraggeber sind, möglicherweise keinen Zugang zu sicheren Beweisen für derartige Sachverhalte haben, sollte es diesen Auftraggebern überlassen bleiben, die Ausschlusskriterien gemäß Richtlinie 2014/24/EU anzuwenden oder nicht. Infolgedessen sollten zur Anwendung von Artikel 57 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 2014/24/EU nur Auftraggeber verpflichtet sein, bei denen es sich um öffentliche Auftraggeber handelt.

(106) Auftraggeber sollten ferner die Möglichkeit erhalten, Wirtschaftsteilnehmer auszuschließen, die sich als unzuverlässig erwiesen haben, beispielsweise wegen Verstoßes gegen umwelt- oder sozialrechtliche Verpflichtungen, einschließlich Vorschriften zur Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen, oder wegen anderer Formen schwerwiegenden beruflichen Fehlverhaltens wie der Verletzung von Wettbewerbsregeln oder Rechten des geistigen Eigentums. Es sollte klargestellt werden, dass schwerwiegendes berufliches Fehlverhalten die Integrität eines Wirtschaftsteilnehmers in Frage stellen und dazu führen kann, dass er - auch wenn er ansonsten über die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Auftragsausführung verfügen würde - als für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags ungeeignet betrachtet wird.

Da der Auftraggeber für die Folgen ihrer möglicherweise falschen Entscheidung verantwortlich ist, sollte es ihr auch freistehen, - sofern die nationalen Rechtsvorschriften nichts anderes vorsehen - ein schwerwiegendes berufliches Fehlverhalten zu konstatieren, wenn sie vor einer endgültigen und verbindlichen Entscheidung über das Vorliegen zwingender Ausschlussgründe gleich auf welche geeignete Weise nachweisen kann, dass der Wirtschaftsteilnehmer gegen seine Pflichten, unter anderem diejenigen im Zusammenhang mit der Zahlung von Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen, verstoßen hat. Es sollte ihnen auch möglich sein, Bewerber oder Bieter auszuschließen, deren Leistung bei früheren öffentlichen Aufträgen oder Aufträgen für andere Auftraggeber im Hinblick auf wesentliche Anforderungen erhebliche Mängel aufwies, z.B. Lieferungsausfall oder Leistungsausfall, erhebliche Defizite der gelieferten Waren oder Dienstleistungen, die sie für den beabsichtigten Zweck unbrauchbar machen, oder Fehlverhalten, das ernste Zweifel an der Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers aufkommen lässt. In den nationalen Rechtsvorschriften sollte eine Höchstdauer für solche Ausschlüsse vorgesehen sein.

Bei der Anwendung fakultativer Ausschlussgründe sollte insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden. Kleinere Unregelmäßigkeiten sollten nur in Ausnahmefällen zum Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers führen. Wiederholte Fälle kleinerer Unregelmäßigkeiten können allerdings Zweifel an der Zuverlässigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers wecken, die seinen Ausschluss rechtfertigen könnten.

(107) Sind die Auftraggeber dazu verpflichtet oder entscheiden sie sich dafür, solche Ausschlusskriterien anzuwenden, so sollten sie die Richtlinie 2014/24/EU in Bezug auf die Möglichkeit anwenden, dass Wirtschaftsteilnehmer Compliance-Maßnahmen treffen können, um die Folgen etwaiger strafrechtlicher Verstöße oder eines Fehlverhaltens zu beheben und weiteres Fehlverhalten wirksam zu verhindern.

(108) Angebote, deren Preis im Verhältnis zu den angebotenen Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen ungewöhnlich niedrig erscheint, können auf technisch, wirtschaftlich oder rechtlich fragwürdigen Annahmen oder Praktiken basieren. Kann der Bieter keine hinreichende Begründung geben, so sollte der Auftraggeber berechtigt sein, das Angebot abzulehnen. Eine Ablehnung sollte obligatorisch sein in Fällen, in denen der Auftraggeber festgestellt hat, dass die vorgeschlagenen ungewöhnlich niedrigen Preise oder Kosten daraus resultieren, dass verbindliche sozial-, arbeits- oder umweltrechtliche Unionsvorschriften oder mit dem Unionsrecht in Einklang stehende nationale Rechtsvorschriften oder internationale arbeitsrechtliche Vorschriften nicht eingehalten werden.

(109) In den Bedingungen für die Auftragsausführung sind konkrete Anforderungen bezüglich der Ausführung des Auftrags festgelegt. Anders als Zuschlagskriterien, die die Grundlage für eine vergleichende Bewertung der Qualität von Angeboten bilden, sind Bedingungen für die Auftragsausführung festgelegte, objektive Anforderungen, von denen die Bewertung von Angeboten unberührt bleibt. Die Bedingungen für die Auftragsausführung sollten mit dieser Richtlinie vereinbar sein, sofern sie nicht unmittelbar oder mittelbar eine Diskriminierung bewirken und mit dem Auftragsgegenstand in Zusammenhang stehen; dazu gehören alle Faktoren, die mit dem konkreten Prozess der Herstellung, Bereitstellung oder Vermarktung zusammenhängen. Dies schließt die Bedingungen in Bezug auf die Ausführung des Auftrags mit ein, jedoch nicht die Anforderungen in Bezug auf eine allgemeine Unternehmenspolitik.

(110) Es ist wichtig, die Einhaltung der geltenden Anforderungen des Unionsrechts, der nationalen Rechtsvorschriften und von Tarifverträgen auf dem Gebiet des Umwelt-, Sozial- und Arbeitsrechts und der internationalen umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften dieser Richtlinie - vorausgesetzt, die betreffenden Vorschriften und ihre Anwendung sind mit dem Unionsrecht vereinbar - durch Unterauftragnehmer mittels geeigneter Maßnahmen der zuständigen nationalen Behörden, wie etwa Gewerbeaufsichtsämter oder Umweltschutzagenturen, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und Befugnisse sicherzustellen.

Auch muss in der Kette der Unterauftragsvergabe eine gewisse Transparenz gewährleistet sein, da die Auftraggeber dadurch über Informationen darüber verfügen, wer an Baustellen tätig ist, auf denen Bauleistungen für sie erbracht werden, oder welche Unternehmen Dienstleistungen in oder an Gebäuden, Infrastruktur oder Arealen wie Rathäusern, städtischen Schulen, Sporteinrichtungen, Häfen oder Straßen erbringen, für die die Auftraggeber zuständig sind oder die unter ihrer unmittelbaren Aufsicht stehen. Es sollte klargestellt werden, dass die Verpflichtung zur Bereitstellung der erforderlichen Informationen in jedem Fall dem Hauptauftragnehmer obliegt, und zwar entweder auf der Grundlage spezieller Klauseln, die jeder Auftraggeber in sämtliche Vergabeverfahren aufzunehmen hätte, oder indem die Mitgliedstaaten die Hauptauftragnehmer durch generell geltende Bestimmungen hierzu verpflichten würden.

Es sollte ferner klargestellt werden, dass die Bedingungen für die Durchsetzung der Einhaltung der geltenden Anforderungen des Unionsrechts, der nationalen Rechtsvorschriften und von Tarifverträgen auf dem Gebiet des Umwelt-, Sozial- und Arbeitsrechts und der internationalen umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften dieser Richtlinie - vorausgesetzt, die betreffenden Vorschriften und ihre Anwendung sind mit dem Unionsrecht vereinbar - immer dann angewandt werden sollten, wenn die nationalen Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats einen Mechanismus der gemeinsamen Haftung der Unterauftragnehmer und des Hauptauftragnehmers vorsehen. Des Weiteren sollte ausdrücklich angegeben werden, dass die Mitgliedstaaten auch die Möglichkeit haben sollten, über die entsprechenden Bestimmungen hinauszugehen, beispielsweise durch Erweiterung der Transparenzanforderungen, indem sie Direktzahlungen an Unterauftragnehmer erlauben oder indem sie es den öffentlichen Auftraggebern erlauben oder vorschreiben, zu überprüfen, dass auf Unterauftragnehmer keine der Situationen zutrifft, die den Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern rechtfertigen würden. Werden solche Maßnahmen auf Unterauftragnehmer angewandt, so sollte die Kohärenz mit den für die Hauptauftragnehmer geltenden Bestimmungen sichergestellt werden, so dass das Vorliegen zwingender Ausschlussgründe zur Folge hätte, dass der Hauptauftragnehmer den betreffenden Unterauftragnehmer ersetzen muss. Zeigt sich bei einer solchen Überprüfung, dass nicht zwingende Gründe für einen Ausschluss vorliegen, so sollte klargestellt werden, dass öffentliche Auftraggeber die Ersetzung verlangen können. Allerdings sollte ausdrücklich auch dargelegt werden, dass öffentliche Auftraggeber verpflichtet sein können, die Ersetzung des betreffenden Unterauftragnehmers zu verlangen, wenn der Ausschluss von Hauptauftragnehmer in denselben Fällen verpflichtend wäre.

Zudem sollte ausdrücklich angegeben werden, dass es den Mitgliedstaaten nach wie vor freisteht, in den nationalen Rechtsvorschriften strengere Haftungsregelungen oder erweiterte Regelungen für Direktzahlungen an Unterauftragnehmer vorzusehen.

(111) Angesichts der derzeitigen Diskussionen über horizontale Bestimmungen zur Regelung der Beziehungen zu Drittländern im Kontext des öffentlichen Auftragswesens ist es angezeigt, während einer Übergangsfrist die bestehende Regelung beizubehalten, die gemäß den Artikeln 58 und 59 der Richtlinie 2004/17/EG für den Versorgungssektor gilt. Folglich sollten diese Bestimmungen unverändert bleiben; dies gilt auch für die Bestimmung über die Annahme von Durchführungsrechtsakten, wenn Unternehmen der Union auf Schwierigkeiten beim Marktzugang in Drittländern stoßen. Unter diesen Umständen sollten diese Durchführungsrechtsakte weiterhin vom Rat erlassen werden.

(112) Es sei darauf hingewiesen, dass die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 26 für die Berechnung der in der vorliegenden Richtlinie genannten Fristen gilt.

(113) Es ist erforderlich klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen Änderungen eines Auftrags während des Ausführungszeitraums ein neues Vergabeverfahren erfordern; dabei ist der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Rechnung zu tragen. Ein neues Vergabeverfahren ist erforderlich bei wesentlichen Änderungen des ursprünglichen Auftrags, insbesondere des Umfangs und der inhaltlichen Ausgestaltung der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Parteien, einschließlich der Zuweisung der Rechte des geistigen Eigentums. Derartige Änderungen sind Ausdruck der Absicht der Parteien, wesentliche Bedingungen des betreffenden Auftrags neu zu verhandeln. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die geänderten Bedingungen, hätten sie bereits für das ursprüngliche Verfahren gegolten, dessen Ergebnis beeinflusst hätten.

Änderungen des Auftrags, die zu einer geringfügigen Änderung des Auftragswerts bis zu einer bestimmten Höhe führen, sollten jederzeit möglich sein, ohne dass ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden muss. Zu diesem Zweck und um Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollten in dieser Richtlinie Geringfügigkeitsgrenzen vorgesehen werden, unterhalb deren kein neues Vergabeverfahren erforderlich ist. Änderungen des Auftrags, die diese Schwellenwerte überschreiten, sollten ohne erneutes Vergabeverfahren möglich sein, sofern die in dieser Richtlinie festgelegten einschlägigen Bedingungen erfüllt sind.

(114) Auftraggeber können sich damit konfrontiert sehen, dass zusätzliche Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen nötig werden; in solchen Fällen kann eine Änderung des ursprünglichen Auftrags ohne neues Vergabeverfahren gerechtfertigt sein, insbesondere wenn die zusätzlichen Lieferungen entweder als Teilersatz oder zur Erweiterung bestehender Dienstleistungen, Lieferungen oder Einrichtungen bestimmt sind und ein Wechsel des Lieferanten dazu führen würde, dass der Auftraggeber Material, Bau- oder Dienstleistungen mit unterschiedlichen technischen Merkmalen erwerben müsste und dies eine Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Instandhaltung mit sich bringen würde.

(115) Auftraggeber können sich mit externen Rahmenbedingungen konfrontiert sehen, die sie zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nicht absehen konnten, insbesondere wenn sich die Ausführung des Auftrags über einen langen Zeitraum erstreckt. In einem solchen Fall ist ein gewisses Maß an Flexibilität erforderlich, um den Auftrag an diese Gegebenheiten anzupassen, ohne ein neues Vergabeverfahren einleiten zu müssen. Der Begriff "unvorhersehbare Umstände" bezeichnet Umstände, die auch bei einer nach vernünftigem Ermessen sorgfältigen Vorbereitung der ursprünglichen Zuschlagserteilung durch der Auftraggeber den Auftraggeber unter Berücksichtigung der dieser zur Verfügung stehenden Mittel, der Art und Merkmale des spezifischen Projekts, der bewährten Praxis im betreffenden Bereich und der Notwendigkeit, ein angemessenes Verhältnis zwischen den bei der Vorbereitung der Zuschlagserteilung eingesetzten Mitteln und dem absehbaren Nutzen zu gewährleisten, nicht hätten vorausgesagt werden können.

Dies kann jedoch nicht für Fälle gelten, in denen sich mit einer Änderung das Wesen des gesamten Auftrags verändert - indem beispielsweise die zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen durch andersartige Leistungen ersetzt werden oder indem sich die Art der Beschaffung grundlegend ändert -, da in einer derartigen Situation ein hypothetischer Einfluss auf das Ergebnis unterstellt werden kann.

(116) Im Einklang mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und Transparenz sollte der erfolgreiche Bieter, zum Beispiel wenn ein Auftrag aufgrund von Mängeln bei der Ausführung gekündigt wird, nicht durch einen anderen Wirtschaftsteilnehmer ersetzt werden, ohne dass der Auftrag erneut ausgeschrieben wird. Der erfolgreiche Bieter, der den Auftrag ausführt, sollte jedoch - insbesondere wenn der Auftrag an mehr als ein Unternehmen vergeben wurde - während des Zeitraums der Auftragsausführung gewisse strukturelle Veränderungen durchlaufen können, wie etwa eine rein interne Umstrukturierung, eine Übernahme, einen Zusammenschluss oder Unternehmenskauf oder eine Insolvenz. Derartige strukturelle Veränderungen sollten nicht automatisch neue Vergabeverfahren für sämtliche vom betreffenden Bieter ausgeführten Aufträge erfordern.

(117) Auftraggeber sollten über die Möglichkeit verfügen, im einzelnen Vertrag in Form von Überprüfungs- oder Optionsklauseln Änderungen vorzusehen, doch sollten derartige Klauseln ihnen keinen unbegrenzten Ermessensspielraum einräumen. Daher sollte in dieser Richtlinie festgelegt werden, inwieweit im ursprünglichen Vertrag die Möglichkeit von Änderungen vorgesehen werden kann. Es sollte daher klargestellt werden, dass mit hinlänglich klar formulierten Überprüfungs- oder Optionsklauseln etwa Preisindexierungen vorgesehen werden können oder beispielsweise sichergestellt werden kann, dass Kommunikationsgeräte, die während eines bestimmten Zeitraums zu liefern sind, auch im Fall veränderter Kommunikationsprotokolle oder anderer technologischer Änderungen weiter funktionsfähig sind. Ferner sollte es möglich sein, mittels hinlänglich klarer Klauseln Anpassungen des Auftrags vorzusehen, die aufgrund technischer Schwierigkeiten, die während des Betriebs oder der Instandhaltung auftreten, erforderlich werden. Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass Aufträge beispielsweise sowohl laufende Wartungsmaßnahmen beinhalten als auch außerordentliche Instandhaltungsarbeiten vorsehen können, die erforderlich werden könnten, um die Kontinuität einer öffentlichen Dienstleistung zu gewährleisten.

(118) Auftraggeber werden mitunter mit Umständen konfrontiert, die eine vorzeitige Kündigung öffentlicher Aufträge erfordern, damit aus dem Unionsrecht erwachsende Verpflichtungen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe eingehalten werden. Die Mitgliedstaaten sollten daher sicherstellen, dass Auftraggeber unter bestimmten Bedingungen, die im nationalen Recht festgelegt sind, über die Möglichkeit verfügen, einen öffentlichen Auftrag während seiner Laufzeit zu kündigen, wenn dies aufgrund des Unionsrechts erforderlich ist.

(119) Die Ergebnisse des Arbeitspapiers der Kommissionsdienststellen vom 27. Juni 2011 "Bewertungsbericht der Auswirkungen und der Effektivität der EU-Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe" haben nahegelegt, dass der Ausschluss bestimmter Dienstleistungen von der vollständigen Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG überprüft werden sollte. Infolgedessen sollte die vollständige Anwendung der vorliegenden Richtlinie auf eine Reihe von Dienstleistungen ausgedehnt werden.

(120) Bestimmte Dienstleistungskategorien haben aufgrund ihrer Natur nach wie vor lediglich eine begrenzte grenzüberschreitende Dimension, insbesondere die sogenannten personenbezogenen Dienstleistungen, wie etwa bestimmte Dienstleistungen im Sozial-, im Gesundheits- und im Bildungsbereich. Diese Dienstleistungen werden in einem spezifischen Kontext erbracht, der sich, bedingt durch unterschiedliche kulturelle Traditionen, in den einzelnen Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich darstellt. Daher sollten für Aufträge, die derartige Dienstleistungen zum Gegenstand haben, eine besondere Regelung und ein höherer Schwellenwert gelten als der, der für andere Dienstleistungen gilt.

Im spezifischen Kontext der Auftragsvergabe in diesen Sektoren dürfte bei einem darunter liegenden Auftragswert in der Regel davon auszugehen sein, dass die Erbringung personenbezogener Dienstleistungen für Dienstleister aus anderen Mitgliedstaaten nicht von Interesse ist, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die das Gegenteil vermuten lassen, wie etwa eine Finanzierung grenzüberschreitender Projekte durch die Union.

Aufträge zur Erbringung personenbezogener Dienstleistungen oberhalb dieses Schwellenwerts sollten unionsweiten Transparenzvorschriften unterliegen. Angesichts der Bedeutung des kulturellen Kontexts und angesichts des sensiblen Charakters dieser Dienstleistungen sollte den Mitgliedstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt werden, damit sie die Auswahl der Dienstleister in einer Weise organisieren können, die sie für am besten geeignet erachten. Die Vorschriften dieser Richtlinie tragen diesem Erfordernis Rechnung, indem sie lediglich die Einhaltung von Grundprinzipien der Transparenz und der Gleichbehandlung verlangen und sicherstellen, dass die Auftraggeber spezifische Qualitätskriterien für die Auswahl von Dienstleistern anwenden können, wie etwa die Kriterien, die in dem vom Ausschuss für Sozialschutz der Europäischen Union veröffentlichten Europäischen Qualitätsrahmen für Sozialdienstleistungen festgelegt wurden. Bei der Festlegung der Verfahren, die für die Auftragsvergabe bei personenbezogenen Dienstleistungen anzuwenden sind, sollten die Mitgliedstaaten Artikel 14 AEUV und das Protokoll Nr. 26 mit berücksichtigen. Dabei sollten sie sich auch die Vereinfachung und die Reduzierung des Verwaltungsaufwands für die Auftraggeber und die Wirtschaftsteilnehmer zum Ziel setzen; es sollte klargestellt werden, dass hierfür auch Bestimmungen für Dienstleistungsaufträge herangezogen werden können, die nicht unter die Sonderregelung fallen.

Den Mitgliedstaaten und Auftraggebern steht es auch künftig frei, diese Dienstleistungen selbst zu erbringen oder soziale Dienstleistungen in einer Weise zu organisieren, die nicht mit der Vergabe öffentlicher Aufträge verbunden ist, beispielsweise durch die bloße Finanzierung solcher Dienstleistungen oder durch Erteilung von Lizenzen oder Genehmigungen - ohne Beschränkungen oder Festsetzung von Quoten - für alle Wirtschaftsteilnehmer, die die von dem Auftraggeber vorab festgelegten Kriterien erfüllen; Voraussetzung ist, dass ein solches System eine ausreichende Bekanntmachung gewährleistet und den Grundsätzen der Transparenz und Nichtdiskriminierung genügt.

(121) Ebenso werden Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen typischerweise nur von Wirtschaftsteilnehmern angeboten, die an dem konkreten Ort der Erbringung dieser Dienstleistungen angesiedelt sind, und haben daher ebenfalls eine begrenzte grenzüberschreitende Dimension. Sie sollten daher nur durch die vereinfachte Regelung abgedeckt werden, die ab einem Schwellenwert von 1.000.000 EUR gilt. Großaufträge im Beherbergungs- und Gaststättengewerbe über diesem Schwellenwert können für verschiedene Wirtschaftsteilnehmer, wie Reiseagenturen und andere Zwischenhändler, auch auf grenzüberschreitender Grundlage interessant sein.

(122) Ebenso betreffen bestimmte Rechtsdienstleistungen ausschließlich Fragen des nationalen Rechts und werden daher in der Regel nur von Wirtschaftsteilnehmern in dem betreffenden Mitgliedstaat angeboten; sie haben folglich ebenfalls eine begrenzte grenzüberschreitende Dimension. Sie sollten daher nur durch die vereinfachte Regelung abgedeckt werden, die ab einem Schwellenwert von 1.000.000 EUR gilt. Großaufträge für Rechtsdienstleistungen über diesem Schwellenwert können für verschiedene Wirtschaftsteilnehmer, wie internationale Anwaltskanzleien, auch auf grenzüberschreitender Grundlage interessant sein, insbesondere wenn es dabei um rechtliche Fragen geht, die auf Unionsrecht oder sonstigen internationalen Rechtsvorschriften beruhen oder darin ihren Hintergrund haben oder die mehr als ein Land betreffen.

(123) Die Erfahrung hat gezeigt, dass einige andere Dienstleistungen, wie Rettungsdienste, Feuerwehrdienste und Strafvollzugsdienste, in der Regel nur dann ein gewisses grenzüberschreitendes Interesse bieten, wenn sie aufgrund eines relativ hohen Auftragswerts eine ausreichend große kritische Masse erreichen. Soweit sie nicht aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen sind, sollten sie daher in die vereinfachte Regelung aufgenommen werden. Insofern ihre Erbringung tatsächlich auf Verträgen beruht, würden andere Kategorien von Dienstleistungen, wie Detekteien- und Schutzdienstleistungen, in der Regel wahrscheinlich erst ab einem Schwellenwert von 1.000.000 EUR ein grenzüberschreitendes Interesse bieten; sie sollten daher nur der vereinfachten Regelung unterliegen.

(124) Um die Kontinuität der öffentlichen Dienstleistungen zu gewährleisten, sollte es im Rahmen dieser Richtlinie gestattet sein, die Teilnahme an Vergabeverfahren für bestimmte Dienstleistungen im Gesundheits-, Sozial- und kulturellen Bereich Organisationen, die nach dem Prinzip der Mitarbeiterbeteiligung oder der aktiven Mitbestimmung der Belegschaft an der Führung der Organisation arbeiten, oder bestehenden Organisationen wie Genossenschaften zur Erbringung dieser Dienstleistungen an die Endverbraucher vorzubehalten. Diese Bestimmung gilt ausschließlich für bestimmte Dienstleistungen im Gesundheits- und Sozialbereich und damit verbundene Dienstleistungen, bestimmte Dienstleistungen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung, bestimmte Bibliotheks-, Archiv-, Museums- und sonstige kulturelle Dienstleistungen, Sportdienstleistungen und Dienstleistungen für private Haushalte; ihr Ziel ist es nicht, die ansonsten durch diese Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen abzudecken. Für diese Dienstleistungen sollte daher nur die vereinfachte Regelung gelten.

(125) Es ist angezeigt, diese Dienstleistungen durch Bezugnahme auf spezifische Posten des mit der Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates 27 angenommenen "Gemeinsamen Vokabulars für öffentliche Aufträge" (CPV) zu identifizieren; es handelt sich dabei um eine hierarchisch strukturierte Nomenklatur, die in Abteilungen, Gruppen, Klassen, Kategorien und Unterkategorien eingeteilt ist. Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit sollte klargestellt werden, dass eine Bezugnahme auf eine Abteilung nicht automatisch eine Bezugnahme auf untergeordnete Unterteilungen bedeutet. Bei einer solchen umfassenden Abdeckung sollten vielmehr ausdrücklich alle einschlägigen Posten, erforderlichenfalls als Abfolge von Codes, angegeben werden.

(126) Wettbewerbe sind seit jeher überwiegend im Bereich der Stadt- und Raumplanung, der Architektur und des Bauwesens oder der Datenverarbeitung durchgeführt worden. Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass diese flexiblen Instrumente auch für andere Zwecke verwendet werden könnten und dass auch festgelegt werden kann, dass die daran anschließenden Dienstleistungsaufträge im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung an den Gewinner oder einen der Gewinner des Wettbewerbs vergeben würden.

(127) Wie die Bewertung gezeigt hat, gibt es noch erhebliche Verbesserungsmöglichkeiten bei der Anwendung der Vergabevorschriften der Union. Für eine effizientere und einheitlichere Anwendung der Vorschriften ist es unerlässlich, sich einen guten Überblick über mögliche strukturelle Probleme und allgemeine Muster des Auftragswesens in den einzelnen Mitgliedstaaten zu verschaffen, um gezielter auf mögliche Probleme eingehen zu können. Dieser Überblick sollte durch eine geeignete Überwachung gewonnen werden, deren Ergebnisse regelmäßig veröffentlicht werden sollten, um eine sachkundige Debatte darüber zu ermöglichen, wie Beschaffungsvorschriften und -verfahren verbessert werden könnten. Ein solcher guter Überblick könnte auch Einblicke in die Anwendung der Vergabevorschriften im Zusammenhang mit der Durchführung von durch die Union kofinanzierten Projekten ermöglichen. Es sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, zu entscheiden, wie und durch wen diese Überwachung praktisch durchgeführt werden soll; dabei sollte es ihnen ferner überlassen bleiben, zu entscheiden, ob die Überwachung auf der Basis einer stichprobenartigen Ex-post-Kontrolle oder einer systematischen Ex-ante- Kontrolle von öffentlichen Beschaffungsverfahren, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, erfolgen sollte. Es sollte möglich sein, potenzielle Probleme den geeigneten Instanzen zur Kenntnis zu bringen; dazu sollte es nicht notwendigerweise erforderlich sein, dass diejenigen, die die Überwachung durchgeführt haben, ein Klagerecht vor Gericht haben.

Bessere Orientierungshilfen, Information und Unterstützung für Auftraggeber und Wirtschaftsteilnehmer könnten ebenfalls in hohem Maße dazu beitragen, die Effizienz des öffentlichen Auftragswesens durch umfangreicheres Wissen, stärkere Rechtssicherheit und professionellere verfahren zu steigern. Die Orientierungshilfen sollten den Auftraggebern und Wirtschaftsteilnehmern bei Bedarf jederzeit zur Verfügung gestellt werden, um die korrekte Anwendung der Vorschriften zu verbessern. Die bereitzustellenden Orientierungshilfen könnten alle Sachverhalte abdecken, die für das öffentliche Auftragswesen relevant sind, wie die Beschaffungsplanung, die Verfahren, die Wahl von Methoden und Instrumenten und vorbildliche Vorgehensweisen bei der Durchführung der Verfahren. Im Hinblick auf rechtliche Fragen sollte die Orientierungshilfe nicht notwendigerweise den Umfang einer vollständigen rechtlichen Analyse des betreffenden Problems annehmen; sie könnte begrenzt sein auf allgemeine Hinweise auf die Elemente, die bei einer späteren Detailanalyse der Fragen berücksichtigt werden sollten, beispielsweise Hinweise auf einschlägige Rechtsprechung oder auf Leitfäden oder sonstige Quellen, in denen die konkrete Frage bereits untersucht wurde.

(128) Die Richtlinie 92/13/EWG sieht vor, dass bestimmte Nachprüfungsverfahren zumindest jedem zur Verfügung stehen, der ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Verstoß gegen das Unionsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieses Rechts ein Schaden entstanden ist beziehungsweise zu entstehen droht. Diese Nachprüfungsverfahren sollten von dieser Richtlinie unberührt bleiben. Jedoch haben Bürger, organisierte oder nicht organisierte Interessengruppen und andere Personen oder Stellen, die keinen Zugang zu Nachprüfungsverfahren gemäß der Richtlinie 92/13/EWG haben, als Steuerzahler dennoch ein begründetes Interesse an soliden verfahren. Ihnen sollte daher die Möglichkeit gegeben werden, auf anderem Wege als dem des Nachprüfungssystems gemäß der Richtlinie 92/13/EWG und ohne dass sie zwingend vor Gericht klagen können müssten, mögliche Verstöße gegen diese Richtlinie gegenüber einer zuständigen Behörde oder Stelle anzuzeigen. Um Überschneidungen mit bestehenden Behörden oder Strukturen zu vermeiden, sollte es den Mitgliedstaaten möglich sein, auf allgemeine Überwachungsbehörden oder -strukturen, branchenspezifische Aufsichtsstellen, kommunale Aufsichtsbehörden, Wettbewerbsbehörden, den Bürgerbeauftragten oder nationale Prüfbehörden zurückzugreifen.

(129) Um das Potenzial des öffentlichen Auftragswesens voll auszunutzen und so die Ziele der Strategie "Europa 2020" für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen, werden Aspekte des Umweltschutzes, soziale Aspekte und Innovationsaspekte eine wichtige Rolle bei der Beschaffung spielen müssen. Es ist daher wichtig, einen Überblick über die Entwicklungen im Bereich der strategischen Beschaffung zu gewinnen, um sich über allgemeine Trends auf übergeordneter Ebene in diesem Bereich eine fundierte Meinung bilden zu können. Jeder bereits vorliegende, geeignete Bericht kann in diesem Zusammenhang natürlich ebenfalls herangezogen werden.

(130) Angesichts des Potenzials von KMU bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, bei Wachstum und Innovation ist es wichtig, sie zur Beteiligung an öffentlichen Beschaffungsvorhaben zu ermutigen, sowohl durch geeignete Bestimmungen in dieser Richtlinie als auch durch Initiativen auf nationaler Ebene. Die neuen Bestimmungen in dieser Richtlinie sollten dazu beitragen, das Erfolgsniveau zu heben, worunter der Anteil von KMU am Gesamtwert der vergebenen Aufträge zu verstehen ist. Es ist nicht angebracht, obligatorische Erfolgsquoten vorzuschreiben; jedoch sollten die nationalen Initiativen zur Verbesserung der Teilnahme von KMU angesichts ihrer Bedeutung aufmerksam überwacht werden.

(131) In Bezug auf die Mitteilungen der Kommission an die Mitgliedstaaten und ihre Kontakte zu ihnen, wie die Mitteilungen und Kontakte bezüglich der Verfahren gemäß Artikel 258 und 260 AEUV, das Problemlösungsnetz für den Binnenmarkt (SOLVIT) und EU Pilot, die durch diese Richtlinie nicht geändert werden, wurde bereits eine Reihe von Verfahren und Arbeitsmethoden festgelegt. Sie sollten jedoch durch die Benennung jeweils einer einzigen Kontaktstelle in jedem Mitgliedstaat für die Zusammenarbeit mit der Kommission ergänzt werden, die als alleinige Anlaufstelle für Fragen hinsichtlich der öffentlichen Beschaffung in dem betreffenden Mitgliedstaat fungieren sollte. Diese Funktion könnte von Personen oder Strukturen übernommen werden, die zu Fragen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Auftragswesen bereits in regelmäßigem Kontakt mit der Kommission stehen, wie die nationalen Kontaktstellen, die Mitglieder des Beratenden Ausschusses für öffentliche Aufträge, die Mitglieder des Netzes für das Auftragswesen (Procurement Network) oder nationale Koordinierungsstellen.

(132) Rückverfolgbarkeit und Transparenz von Entscheidungen in Vergabeverfahren sind entscheidend, um solide Verfahren, einschließlich einer effizienten Bekämpfung von Korruption und Betrug, zu gewährleisten. Öffentliche Auftraggeber sollten daher Kopien von geschlossenen Verträgen mit hohem Wert aufbewahren, um interessierten Parteien den Zugang zu diesen Dokumenten im Einklang mit den geltenden Bestimmungen über den Zugang zu Dokumenten gewähren zu können. Außerdem sollten die wesentlichen Elemente und Entscheidungen einzelner Vergabeverfahren in einem Vergabebericht von den Auftraggebern dokumentiert werden. Um Verwaltungsaufwand weitestgehend zu vermeiden, sollte es erlaubt sein, dass der Vergabebericht auf Informationen verweist, die bereits in der entsprechenden Vergabebekanntmachung enthalten sind. Die von der Kommission verwalteten elektronischen Systeme zur Veröffentlichung dieser Bekanntmachungen sollten auch verbessert werden, um die Eingabe von Daten zu erleichtern sowie das Extrahieren umfassender Berichte und den Datenaustausch zwischen Systemen einfacher zu gestalten.

(133) Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und um die Belastung der Mitgliedstaaten zu verringern, sollte die Kommission in regelmäßigen Abständen untersuchen, ob die in den Bekanntmachungen, die im Zusammenhang mit den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge veröffentlicht werden, enthaltenen Informationen qualitativ ausreichend und umfangreich genug sind, damit die Kommission die statistischen Angaben, die ansonsten von den Mitgliedstaaten übermittelt werden müssten, daraus entnehmen kann.

(134) Für den Austausch der zur Durchführung von Vergabeverfahren in grenzüberschreitenden Situationen nötigen Informationen ist eine effektive Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene unerlässlich, insbesondere hinsichtlich der Überprüfung der Ausschlussgründe und Zuschlagskriterien und der Anwendung von Qualitätsstandards und Umweltstandards. Das durch die Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates 28 geschaffene IMI-System könnte ein nützliches elektronisches Hilfsmittel sein, um die Verwaltungszusammenarbeit beim Informationsmanagement auf der Grundlage einfacher und einheitlicher Verfahren, mit deren Hilfe sprachliche Barrieren überwunden werden können, zu erleichtern und zu verbessern. Daher sollte so rasch wie möglich ein Pilotprojekt eingeleitet werden, um zu testen, ob eine Ausdehnung des Binnenmarkt-Informationssystems ein geeigneter Schritt wäre, um den nach dieser Richtlinie vorgesehenen Informationsaustausch zu bewältigen.

(135) Zur Anpassung an rasche technische, wirtschaftliche und rechtliche Entwicklungen sollte der Kommission gemäß Artikel 290 AEUV die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte zu verschiedenen nicht wesentlichen Elementen dieser Richtlinie zu erlassen. Da es internationale Übereinkommen einzuhalten gilt, sollte die Kommission ermächtigt werden, die den Methoden zur Berechnung der Schwellenwerte zugrunde liegenden technischen Verfahren zu ändern sowie die Schwellenwerte selbst in regelmäßigen Abständen zu überprüfen; Bezugnahmen auf die CPV-Nomenklatur können rechtlichen Änderungen auf Unionsebene unterworfen sein; diesen Änderungen ist im Text dieser Richtlinie Rechnung zu tragen; die technischen Einzelheiten und Merkmale der Vorrichtungen für eine elektronische Entgegennahme sollten mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten; auch ist es erforderlich, die Kommission zu ermächtigen, unter Berücksichtigung der technologischen Entwicklungen bestimmte verbindliche technische Normen für die elektronische Kommunikation vorzugeben, um die Interoperabilität der technischen Formate, Prozesse und Mitteilungssysteme bei Vergabeverfahren sicherzustellen, die mithilfe elektronischer Kommunikationsmittel abgewickelt werden; die Kommission sollte ferner ermächtigt werden, das Verzeichnis der Rechtsakte der Union zur Festlegung gemeinsamer Methoden für die Berechnung der Lebenszykluskosten anzupassen; das Verzeichnis internationaler Übereinkommen im Sozial- und Umweltrecht und das Verzeichnis der Rechtsakte der Union, bei dessen Durchführung von der Annahme ausgegangen wird, dass ein freier Marktzugang gegeben ist, sowie Anhang II mit dem Verzeichnis der Rechtsakte der Union, die heranzuziehen sind, um zu bestimmen, ob besondere oder ausschließliche Rechte bestehen, sollten zeitnah angepasst werden, um den auf sektoraler Ebene eingeführten Maßnahmen Rechnung zu tragen. Um diesem Bedarf zu entsprechen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, die Verzeichnisse auf dem aktuellen Stand zu halten. Besonders wichtig ist, dass die Kommission bei ihren vorbereitenden Arbeiten - auch auf Sachverständigenebene - angemessene Konsultationen durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission dafür sorgen, dass relevante Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat zeitgleich, rechtzeitig und ordnungsgemäß übermittelt werden.

(136) Die Kommission sollte sich bei der Anwendung dieser Richtlinie mit den einschlägigen Expertengruppen auf dem Gebiet des elektronischen Beschaffungswesens beraten; dabei ist auf eine ausgewogene Vertretung der wichtigsten interessierten Kreise zu achten.

(137) Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Richtlinie in Bezug auf das Verfahren für die Übermittlung und Veröffentlichung der in Anhang IX genannten Angaben und die Verfahren für die Form und Übermittlung von Bekanntmachungen und auf die Standardformulare für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen sollten der Kommission entsprechende Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates 29, ausgeübt werden.

(138) Die Durchführungsrechtsakte zu den Standardformularen für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen, die sich weder finanziell noch auf Art und Umfang der aus dieser Richtlinie erwachsenden Verpflichtungen auswirken, sollten im Wege des Beratungsverfahrens verabschiedet werden. Diese Rechtsakte erfüllen im Gegenteil einen rein administrativen Zweck und dienen dazu, die Anwendung der in dieser Richtlinie niedergelegten Vorschriften zu vereinfachen.

Außerdem sollten Entscheidungen darüber, ob eine bestimmte Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb auf frei zugänglichen Märkten ausgesetzt ist, unter Voraussetzungen getroffen werden, die einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Bestimmung gewährleisten. Der Kommission sollten daher Durchführungsbefugnisse übertragen werden, auch in Bezug auf die detaillierten Bestimmungen für die Durchführung des Verfahrens gemäß Artikel 35, um zu bestimmen, ob Artikel 34 und die Durchführungsrechtsakte selbst anwendbar sind. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden. Für den Erlass dieser Durchführungsrechtsakte sollte das Beratungsverfahren angewandt werden.

(139) Die Kommission sollte die Auswirkungen überprüfen, die die Anwendung der Schwellenwerte auf den Binnenmarkt hat, und dem Europäischen Parlament und dem Rat darüber Bericht erstatten. Dabei sollte sie Faktoren wie den Umfang der grenzüberschreitenden Beschaffung, die Beteiligung von KMU, Transaktionskosten und das Kosten-Nutzen-Verhältnis berücksichtigen.

Gemäß Artikel XXII Absatz 7 ist das GPa drei Jahre nach seinem Inkrafttreten und danach in regelmäßigen Abständen Gegenstand weiterer Verhandlungen. In diesem Zusammenhang sollte auch geprüft werden, ob das Niveau der Schwellenwerte angemessen ist, wobei die Auswirkungen der Inflation mit berücksichtigt werden sollten, da die in dem GPa festgelegten Schwellenwerte über einen langen Zeitraum nicht geändert worden sind; sollte sich daraus eine Änderung der Schwellenwerte ergeben, so sollte die Kommission gegebenenfalls einen Vorschlag für einen Rechtsakt zur Änderung der in dieser Richtlinie festgelegten Schwellenwerte annehmen.

(140) Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Koordinierung der für bestimmte öffentliche Vergabeverfahren geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs und seiner Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(141) Die Richtlinie 2004/17/EG sollte aufgehoben werden.

(142) Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten vom 28. September 2011 haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in dem beziehungsweise denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen einzelstaatlicher Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt

-haben folgende Richtlinie erlassen:


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