Regelwerk

Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen
- Baden-Württemberg -

Vom 29. Februar 2008
und einer Ergänzung vom 10. September 2009


Archivfassung 2004

1. Allgemeines

In der Umwelt können Geruchsbelästigungen vor allem durch Luftverunreinigungen aus Chemieanlagen, Mineralölraffinerien, Lebensmittelfabriken, Tierhaltungsanlagen und Abfallbehandlungsanlagen sowie aus dem Kraftfahrzeugverkehr, aus Hausbrand, Landwirtschaft und Vegetation verursacht werden.

Die Vorgehensweise bei der Beurteilung dieser Belästigungen unterscheidet sich grundlegend von der anderer Immissionen. In der Regel können Immissionen durch Luftverunreinigungen als Massenkonzentration mit Hilfe physikalisch-chemischer Messverfahren objektiv nachgewiesen werden. Der Vergleich gemessener oder ggf. berechneter Immissionskonzentrationen mit Immissionswerten bereitet dann im Allgemeinen keine besonderen Schwierigkeiten. Hingegen entzieht sich die Erfassung und Beurteilung von Geruchsimmissionen weitgehend einem solchen Verfahren. Da Geruchsbelästigungen meist schon bei sehr niedrigen Stoffkonzentrationen und im Übrigen durch das Zusammenwirken verschiedener Substanzen hervorgerufen werden, ist ein Nachweis mittels physikalisch-chemischer Messverfahren äußerst aufwändig oder überhaupt nicht möglich. Hinzu kommt, dass die belästigende Wirkung von Geruchsimmissionen stark von der Sensibilität und der subjektiven Einstellung der Betroffenen abhängt. Dies erfordert, dass bei Erfassung, Bewertung und Beurteilung von Geruchsimmissionen eine Vielzahl von Kriterien in Betracht zu ziehen ist.

So hängt die Frage, ob derartige Belästigungen als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, nicht nur von der jeweiligen Immissionskonzentration, sondern auch von der Geruchsqualität (es riecht nach ...), der Geruchsintensität, der Hedonik (angenehm, neutral oder unangenehm), der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Einwirkungen, dem Rhythmus, in dem die Belästigungen auftreten, der Nutzung des beeinträchtigten Gebietes sowie von weiteren Kriterien ab (vgl. Nr. 3.1 und Nr. 5). Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass mit der Geruchshäufigkeit eine sachgerechte und hinreichend genaue Beschreibung des Belästigungsgrades von Anwohnerinnen und Anwohnern möglich ist.

In der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft ( Ta Luft 2002) wird die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Gerüche geregelt; sie enthält keine Vorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen. Daher sind bis zum Erlass entsprechender bundeseinheitlicher Verwaltungsvorschriften die in dieser Richtlinie beschriebenen Regelungen zu beachten, um sicherzustellen, dass bei der Beurteilung von Geruchsimmissionen und bei den daraus ggf. folgenden Anforderungen an Anlagen mit Geruchsemissionen im Interesse der Gleichbehandlung einheitliche Maßstäbe und Beurteilungsverfahren angewandt werden.

Für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen kann die Richtlinie sinngemäß angewandt werden.

Handelt es sich um eine Tierhaltungsanlage, so kann die Genehmigungsbehörde auf die Ermittlung der Kenngrößen nach Nr. 4 verzichten und das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen mit der Einhaltung des Abstandsdiagrammes (Nr. 5.4.7.1 Ta Luft) begründen, sofern nicht die besonderen Umstände des Einzelfalles (z.B. besondere topografische Verhältnisse, Geruchsvorbelastung) eine andere Vorgehensweise erfordern. Bei nicht genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen kann in derartigen Fällen die Genehmigungsbehörde die Entscheidung auf die Einhaltung der Abstände nach den entsprechenden Richtlinien VDI 3471 (1986) und VDI 3472 (1986) gründen.

Zur Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchseinwirkung werden in dieser Richtlinie in Abhängigkeit von verschiedenen Nutzungsgebieten Immissionswerte als regelmäßiger Maßstab für die höchstzulässige Geruchsimmission festgelegt. Mit diesen Immissionswerten sind Kenngrößen zu vergleichen, die auch die durch andere Anlagen verursachte vorhandene Belastung berücksichtigen. Die Geruchsqualität (Tierhaltungsanlagen; vgl. Nr. 4.6) und die Hedonik (Industrieanlagen; vgl. Nr. 5) können dabei ergänzend durch Gewichtungsfaktoren berücksichtigt werden.

Die Ermittlung der vorhandenen Belastung hat im Allgemeinen durch olfaktorische Feststellungen im Rahmen von Rasterbegehungen entsprechend Richtlinie VDI 3940 Blatt 1 (2006) oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen.

Die Ermittlung der zu erwartenden Zusatzbelastung erfolgt durch Geruchsausbreitungsrechnung (vgl. auch Nr. 4.5). Sie ist auf der Basis der Richtlinie VDI 3788 Blatt 1 (2000), des Anhangs 3 der Ta Luft und der speziellen Anpassungen für Geruch (Janicke L. und Janicke, U. 2004) durchzuführen. Die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung ergeben die Gesamtbelastung, die mit dem Immissionswert zu vergleichen ist.

Die Richtlinie enthält auch Regelungen für die Fälle, in denen bereits die Kenngröße für die vorhandene Belastung auf einer Beurteilungsfläche einen Immissionswert überschreitet (vgl. Nr. 3.3 und Nr. 5) oder Geruchsimmissionen durch andere als in Nr. 3.1 aufgeführte Quellen auf einer Beurteilungsfläche relevant sind (vgl. Nr. 5).

In den Fällen der Nr. 3.3 soll eine Genehmigung wegen der Überschreitung der Immissionswerte nicht versagt werden, wenn die zu erwartende Zusatzbelastung durch die zu beurteilende Anlage die in Nr. 3.3

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