umwelt-online: VV zum Bundes-Immissionsschutzgesetz Schleswig-Holstein (4)

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11.3 Unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 2 ist ein Genehmigungsverfahren nicht durchzuführen; die Anzeigepflicht bleibt davon jedoch unberührt. § 16 Abs. 1 Satz 2 setzt voraus, daß die zu erwartenden nachteiligen Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 offensichtlich gering sind und die Erfüllung der Betreibergrundpflichten sichergestellt ist.

11.4 Bei der Beurteilung, ob nachteilige Auswirkungen "offensichtlich gering" sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen. "Offensichtlich" geringfügig sind nachteilige Auswirkungen, von denen ohne nähere Prüfung einsichtig ist, daß sie im Hinblick auf die Erfüllung der Betreibergrundpflichten unbedeutend sind. Auszugehen ist von dem bisherigen genehmigungskonformen Betriebszustand. Bereits vorhandene nachteilige Auswirkungen dürfen sich - soll § 16 Abs. 1 Satz 2 herangezogen werden nur in geringfügigem Umfang erhöhen, so daß sie praktisch nicht ins Gewicht fallen. Ohne nähere Prüfung muß auf der Hand liegen und dem sachverständigen Beurteiler unmittelbar einleuchten, daß die Betreiberpflichten nach wie vor eindeutig erfüllt ("sichergestellt") sind.

11.5.1 Kann nicht ausgeschlossen werden, daß die nachteiligen Auswirkungen infolge einer Änderung zwar offensichtlich gering sind, die Auswirkungen insgesamt (z.B. durch höhere Lärmemissionen) aber relevant erhöht werden können, ist dies kein Fall des § 16 Abs. 1 Satz 2.

11.5.2 Bestehen im Hinblick auf sonstige Gefahren Zweifel, ob die Erfüllung der Anforderungen aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 gewährleistet ist, handelt es sich um eine wesentliche Änderung. Können Zweifel hinsichtlich der erforderlichen Abwehr sonstiger Gefahren nicht sicher ausgeschlossen werden, liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 ("können") vor, die Erfüllung der Anforderungen ist dann nicht i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 2 sichergestellt. Trägt eine der Anzeige beigefügte Sicherheitsbetrachtung die Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 1 Satz 2 nicht eindeutig, ist die beabsichtigte Änderung als wesentlich anzusehen.

11.6 Soweit die Änderungsgenehmigung im förmlichen Verfahren zu ergehen hat, soll die Behörde von einer Öffentlichkeitsbeteiligung absehen, wenn dies ausdrücklich beantragt wird und durch die Änderung "erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter" nicht zu besorgen sind. Über einen Antrag nach § 16 Abs. 2 wird nicht gesondert entschieden. Seine Behandlung wird in der abschließenden Genehmigungsentscheidung dargestellt und begründet (vgl. § 44a VwGO).

Im Rahmen der Beratungspflicht soll auf die Möglichkeit, einen derartigen Antrag zu stellen, hingewiesen Werden, sofern eine derartige Möglichkeit nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Wird für eine UVP-pflichtige Änderung ein begründeter Antrag nach § 16 Abs. 2 gestellt, entfällt die UVP-Pflicht; wird beantragt, gleichwohl ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, besteht keine Verpflichtung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ( § 1 Abs. 3 Satz 1 der 9. BImSchV). Für den Verzicht auf Beteiligung der Öffentlichkeit ist nunmehr darauf abzustellen, ob im konkreten Fall die Änderung erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann. Dabei ist von der Möglichkeit der Beeinträchtigung auszugehen, wie sich aus den Worten "zu besorgen" ergibt.

Hinsichtlich Grad und Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung kommt es auf die Größe und den Umfang der möglichen Risiken an. Je schwerwiegender Schadensart und -folgen sind, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit zu stellen.

Es kommt in § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG auf erhebliche nachteilige Auswirkungen an. Der Wortlaut macht deutlich, daß die Verursachung nachteiliger Auswirkungen nur dann relevant ist, wenn sie erheblich nachteilig sein können. Das Wort "erhebliche" ist daher in Absatz 2 anders als in Absatz 1 nicht wie "einschlägig" auszulegen, sondern gleichsam wie eine Steigerung im Verhältnis zu dem für die Erfüllung des Merkmals "wesentlich" maßgeblichen Standard anzusehen.

Zur Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle spielen alle von der bisherigen Anlage ausgehenden Auswirkungen oder Gefährdungen keine Rolle, da es lediglich auf die durch die Änderung sich ergebenden Auswirkungen ankommt. Als besondere Regelbeispiele werden in Absatz 2 Satz 2 zwei Sonderfälle (Schutzvorkehrungen und Saldierung) genannt, die aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 alter Fassung hergeleitet wurden. Diese Regelbeispiele des Satzes 2 stellen keine abschließende Auslegungsregel des Satzes 1 dar ("insbesondere").

11.7.1 Ist aus einer Eingabe nicht klar ersichtlich, ob der Antragsteller eine beabsichtigte Änderung lediglich anzeigen oder ob er nach § 16 Abs. 4 eine Genehmigung beantragen will, hat die Immissionsschutzbehörde den Sachverhalt aufzuklären, den Antragsteller zu beraten und auf eine sachgerechte Präzisierung des Antrags hinzuwirken.

11.7.2 Für das Genehmigungsverfahren und die Genehmigungsentscheidung gelten auch im nach § 16 Abs. 4 eingeleiteten Verfahren die allgemeinen Bestimmungen, insbesondere der 9. BImSchV.

11.7.3 Die Wirkung des § 14 tritt für durch Antrag nach § 16 Abs. 4 veranlaßte Änderungsgenehmigungen ein, sofern nach § 16

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