umwelt-online: VV zum Bundes-Immissionsschutzgesetz Schleswig-Holstein (5)

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12.7 Zulassung einer Kompensation

12.7.1 Durch § 17 Abs. 3 Buchst. a wird der Überwachungsbehörde für den Regelfall aufgegeben, von einer nachträglichen Anordnung abzusehen, wenn der Anlagenbetreiber einen Kompensationsplan vorlegt. Dies gilt allerdings nur, soweit es um Vorsorgeanforderungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 und des § 17 Abs. 1 Satz 1 geht; bei Anordnungen zum Schutz der Allgemeinheit oder der Nachbarschaft scheidet eine Kompensation nach § 17 Abs. 3 Buchst. a aus. Dasselbe gilt, wenn die fraglichen Vorsorgeanforderungen bereits als Auflage nach § 12 Abs. 1 einer Genehmigung beigefügt oder dem Anlagenbetreiber im Wege einer nachträglichen Anordnung gemäß § 17 Abs. 1 auferlegt wurden; in diesen Fällen sind die zwangsweise Durchsetzung oder Maßnahmen nach § 20 Abs. 1 zu prüfen.

Nicht erforderlich ist, daß alle in einem Kompensationsplan einbezogenen Anlagen bereits errichtet sind und betrieben werden. Allerdings muß für die Anlagen zumindest ein Vorbescheid vorliegen oder eine Teilgenehmigung erteilt sein.

12.7.2 Die Anwendung des § 17 Abs. 3 Buchst. a setzt eine Vergleichsrechnung voraus zwischen

  1. den Immissionen, die bei Erfüllung der rechtlich durchsetzbaren Anforderung entstehen würden, und
  2. den Immissionen, die voraussichtlich bei Anerkennung der vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen entstehen.
Dabei sind alle an der Kompensation beteiligten Anlagen in die Betrachtung einzubeziehen. Bezogen auf einen überschaubaren Zeitraum, der in der Regel zwei Jahre nicht überschreiten soll, müssen die zu erwartenden Emissionsfrachten nach dem Kompensationsplan niedriger sein als die durch nachträgliche Anordnungen nicht weiter zu vermindernden Emissionsfrachten.

Eine weitere wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung eines Kompensationsplanes ist die Förderung des Gesetzeszwecks aus § 1. Zur Erfüllung dieser Voraussetzung genügt es nicht, daß sich der Schutz der in § 1 genannten Rechtsgüter trotz des Absehens von Maßnahmen bei einer Anlage nicht verschlechtert. Die Förderung des Gesetzeszwecks verlangt vielmehr, daß sich die Gesamtsituation - also unter Berücksichtigung aller in den Kompensationsplan einbezogenen Anlagen - im Hinblick auf die von der Kompensation erfaßten Stoffe und die Vorbeugung von schädlichen Umwelteinwirkungen verbessert.

Die Emissionsminderung muß außerdem auf technischen Maßnahmen beruhen; der Einsatz anderer Brenn- oder Arbeitsstoffe bei unveränderter Anlage, eine geringere Anlagenauslastung oder eine Anlagenstillegung sind nicht anrechenbar.

12.7.3 Ein Ausgleich ist nur zwischen den selben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. In ihrer Wirkung auf die Umwelt sind Stoffe vergleichbar, wenn sie bei allen in Betracht kommenden Akzeptoren ähnliche Beeinträchtigungen hervorrufen können. Führen zwei Stoffe zwar bei allen Akzeptoren zu ähnlichen schädlichen Wirkungen, treten die Wirkungen bei dem einen Stoff aber verstärkt auf, so kann eine Kompensation nur zugelassen werden, wenn die Emissionen des Stoffes mit dem höheren Schädigungspotential überproportional vermindert werden.

12.7.4 Ob zwischen den Anlagen, die in die Kompensationsregelung einbezogen werden sollen, ein räumlicher Zusammenhang bestehen muß, ist abhängig von den Wirkungen der in die Kompensation einbezogenen Emissionen. Werden in die Kompensation Stoffe einbezogen, deren Emissionen sich nur in der Ferne oder nur atmosphärisch auswirken können, so ist - abgesehen von der Gelegenheit im Geltungsbereich des BImSchG - ein näherer räumlicher Zusammenhang der von der Kompensation erfaßten Anlagen nicht erforderlich. Demgegenüber ist ein derartiger Zusammenhang bis hin zur Überschneidung von Beurteilungsgebieten in mindestens einer Beurteilungsfläche erforderlich, wenn sich die Emissionen kleinräumig auswirken und die Immissionssituation im näheren Bereich der Anlagen beeinflussen können. Diese Voraussetzung dient der Förderung des in § 1 beschriebenen Gesetzeszwecks und berücksichtigt außerdem, daß die Durchführung einer Kompensation nicht zu einer Einschränkung des Schutzes vor Immissionen, insbesondere in der Nachbarschaft, führen darf.

Eine Förderung des Gesetzeszwecks durch die Anerkennung eines Kompensationsplans kann darüber hinaus nur angenommen werden, wenn die Anlage, bei der von einer nachträglichen Anordnung abgesehen werden soll, nicht auf Dauer hinter dem Stand der Technik zurückbleibt. Daraus folgt, daß die betroffene Anlage innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (in der Regel nicht länger als zehn Jahre) entweder stillzulegen oder dem Stand der Technik anzupassen sein muß.

12.7.5 Absatz 3 Buchst. a letzter Satz verlangt, die Durchführung des Kompensationsplanes durch Anordnungen sicherzustellen. Dabei ist das Einverständnis derjenigen Adressaten von Anordnungen erforderlich, die über das rechtlich Geforderte hinaus Verbesserungen an ihren Anlagen durchführen. Das hat zur Folge, daß die zuständige Behörde von an sich gebotenen Anforderungen erst dann absehen darf, wenn die Ordnungsverfügungen an die überobligatorisch tätig werdenden Anlagenbetreiber bestandskräftig geworden sind.

12.8 Der Verweis in § 17 Abs. 4 auf § 16 ist eine Rechtsgrundverweisung. Nicht gefordert ist, daß in jedem Fall einer nicht abschließenden Anordnung ein Genehmigungsverfahren nach § 16 durchgeführt werden muß, sondern nur in den Fällen, die die Tatbestandsvoraussetzungen von § 16 erfüllen.

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